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Genetische Analyse der Prävalenz von Labmagenverlagerung und deren

Im Dokument Labmagenverlagerung beim Rind (Seite 69-82)

3 Eigene Untersuchungen

3.2 Genetische Analyse der Prävalenz von Labmagenverlagerung und deren

3.2.1 Einleitung

In verschiedenen Arbeiten wurden Heritabilitäten für Labmagenverlagerungen in der Höhe von h2 = 0,04 bis h2 = 0,24 im linearen Modell und bis zu h2 = 0,36 im Schwellenmodell geschätzt (LYONS et al. 1991, URIBE et al. 1995, GEISHAUSER et al. 1996, WOLF et al.

2001). In Kapitel 3.1.3 wird ein signifikanter Einfluss der Zuchtwerte für die Milchleistung bzw. der Eiweissmenge auf die Häufigkeit der Labmagenverlagerung beschrieben. LYONS et al. (1991), URIBE et al. (1995) und WOLF (2001) untersuchten die additiv-genetischen Korrelationen zwischen den Milchleistungsmerkmalen und der Häufigkeit der Labmagenverlagerung. Dabei konnten keine eindeutigen positiven oder negativen Beziehungen festgestellt werden.

Ziel dieser Arbeit ist es, bei Deutschen Holstein Kühen die genetischen Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Labmagenverlagerung und den Milchleistungsmerkmalen zu analysieren. Damit soll geklärt werden, ob korrelierte Effekte der Selektion auf hohe Milchleistung die Prävalenz von Labmagenverlagerung begünstigen.

3.2.2 Material und Methoden

Das der hier vorliegenden Arbeit zugrunde liegende Datenmaterial beruht auf der Feldstudie, die in Kapitel 3.1.2 genauer beschrieben wird. Diese wurde vom 1.7.2001 bis zum 31.1.2003 in 50 Betrieben, die an der Milchleistungsprüfung (MLP) teilnahmen, im Einzugsgebiet der Klinik für Rinder der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt. Eine detaillierte Beschreibung des Probandenmaterials findet sich in Kapitel 3.1.2. Die Verteilung der Labmagenverlagerung pro Laktationsnummer sowie die Mittelwerte der Milch-kg-, Fett- und Eiweiss-%-Leistung sind der Tabelle 14 zu entnehmen.

Tab. 14: Prävalenz der Labmagenverlagerung, Mittelwerte (x) und Standardabweichungen (SD) für Milch-kg, Fett- und Eiweiss-% insgesamt und nach Laktationsnummern

Prävalenz Milchleistung

Von den Vereinigten Informationssystemen Tierhaltung (VIT) Verden wurden die Daten der Milchleistungsprüfung aller Kühe aus dem Kammergebiet Hannover, die in diesen Betrieben zwischen dem 1.1.1994 und 31.1.2003 gehalten wurden, zur Verfügung gestellt.

Von den 3706 Tieren konnten bei 3578 eindeutig Vater und Mutter zugeordnet werden. Von den 147 erkrankten Kühen war dies bei 143 Probanden der Fall. Von den 3578 Tieren konnten 2225 Kühen Milchleistungsergebnisse zugeordnet werden. Bei den erkrankten Tieren wurde jeweils die der Labmagenverlagerung vorausgehende Laktation verwendet. Somit fielen 38 Erstlaktierende aus dieser Auswertung heraus. Bei den Kontrolltieren wurde die letzte Laktation mit mindestens 250 Melktagen in die Auswertung aufgenommen.

Die Analyse der genetischen Parameter für die Häufigkeit der Labmagenverlagerung erfolgte mittels Methoden des verallgemeinerten linearen Modells und der Varianz-Kovarianzkomponentenschätzung mittels Residual Maximum Likelihood (REML). Für die Analysen wurde VCE4, Version 4.2.5 (GROENEVELD 1998), verwendet.

Es wurde der Einfluss von Betrieb, Abkalbemonat, Laktationsnummer und Geschlecht sowie Anzahl der Kälber im Modell für die Prävalenz der Labmagenverlagerung berücksichtigt.

Alle Betriebe, die weniger als 50 Abkalbungen im Beobachtungszeitraum hatten, wurden zu einem Pseudobetrieb zusammengefasst. Somit verblieben 41 Betriebe und ein Pseudobetrieb.

Pro Abkalbemonat (August 2001 bis Oktober 2002) waren zwischen 160 und 338 Beobachtungen verfügbar.

Bei den Laktationsnummern wurden 5 Klassen unterschieden, wobei die ersten vier Laktationen jeweils einer Stufe entsprachen und alle höheren Laktationen einer weiteren. Die Anzahl der Beobachtungen pro Stufe lag zwischen 475 und 1332.

Geschlecht und Anzahl der Kälber wurden in männlich (1), weiblich (2), Mehrlinge (3) und unbekannt (4) eingeteilt. In diesen einzelnen Gruppen waren zwischen 57 und 1957 Beobachtungen vertreten.

Das lineare Modell wurde zum einen bivariat für die Merkmale alle Labmagenverlagerungen und jeweils ein Milchleistungsmerkmal (305-Tage-Leistung für Milch-kg, Fett-kg, Eiweiss-kg, %, Eiweiss-%, %/tägliche Milch-Eiweiss-kg, Eiweiss-%/tägliche Milch-kg und

Fett-%/Eiweiss-%) ausgewertet. Da die Labmagenverlagerung als eine binäre Variable (0: keine Labmagenverlagerung in der betreffenden Laktation, 1: Labmagenverlagerung in der betreffenden Laktation) betrachtet wurde, entsprachen höhere Werte für die Labmagenverlagerung einer größeren Wahrscheinlichkeit zu erkranken. Zum anderen wurde ein multivariates Modell unter Einbeziehung der binären Variablen linksseitige und rechtsseitige Labmagenverlagerung und die 305-Tage-Laktationsleistung für jeweils ein Milchleistungsmerkmal verwendet:

Modell 5 für die Varianz-Kovarianzkomponentenschätzung:

yijklmn = µ + BETRi + MONj + LAKk + KALBl + am + eijklmn

yijklmn = phänotypischer Beobachtungswert für das Auftreten von

Labmagenverlagerung oder die 305-Tage-Leistung in Milch-kg, Fett-kg, Fett-%, Eiweiss-kg, Eiweiss-%,

Fett-%/tägliche Milchmenge, Eiweiss-%/tägliche Milchmenge und Fett-%/Eiweiss-% bei der ijklmn-ten Kuh

µ = Modellkonstante

BETRi = fixer Effekt des landwirtschaftlichen Betriebes (i = 1-42) MONj = fixer Effekt des Abkalbejahrs und -monats (j = 1-15) LAKk = fixer Effekt der Laktationsnummer (k = 1-5)

KALBl = fixer Effekt des Auftretens von männlichen oder weiblichen Einlingskälbern oder Mehrlingsgeburten in der vorhergehenden Abkalbung (l = 1-4)

am = additiv-genetischer Effekt des Tieres (m = 1 – 9890 Tiere, davon 3610 Basistiere und 6380 Nichtbasistiere)

eijklmn = Resteffekte

Die Ergebnisse der Modelle sind den Tabellen 15 - 17 zu entnehmen.

Tab.15: Irrtumswahrscheinlichkeiten (P), mittlerer Restfehler (MSE) und Bestimmtheitsmaß (R2) für die Prävalenz von Labmagenverlagerung

Merkmale Effekt

LMV LMVL LMVR

Betrieb 0,001 0,016 0,418

Abkalbemonat 0,076 0,007 0,058

Laktationsnummer <0,001 0,002 0,095

Geschlecht und Anzahl der Kälber <0,001 <0,001 0,362

MSE 0,037 0,018 0,010

R2 0,037 0,035 0,021

Tab. 16: Irrtumswahrscheinlichkeiten (P), mittlerer Restfehler (MSE) und Bestimmtheitsmaß (R2) für die Milchleistungsmerkmale

Merkmale Effekt

Milch-kg Fett-kg Eiweiss-kg Fett-% Eiweiss-%

Betrieb <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 Abkalbemonat <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 Laktationsnummer <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 <0,001 Geschlecht und Anzahl der

Kälber 0,044 0,017 0,028 0,021 0,024

MSE 6417776 10641 7159 2,322 1,648

R2 0,645 0,650 0,652 0,640 0,646

Tab. 17: Irrtumswahrscheinlichkeiten (P), mittlerer Restfehler (MSE) und

Bestimmtheitsmaß (R2) für die Verhältnisse Fett-% zu tägliche Milchmenge, Eiweiss-% zu tägliche Milchmenge und Fett-% zu Eiweiss-%

Merkmale Effekt

Fett-%/Milch-kg Eiweiss-%/

Milch-kg

Fett-%/

Eiweiss-%

Betrieb <0,001 <0,001 <0,001

Abkalbemonat <0,001 <0,001 <0,001

Laktationsnummer <0,001 <0,001 <0,001

Geschlecht und Anzahl der Kälber 0,029 0,029 <0,001

MSE 0,115 0,109 0,417

R2 0,643 0,644 0,648

Die im linearen Modell geschätzten Heritabilitäten (h2 = σa2/[σa2 + σe2]) für das Auftreten von Labmagenverlagerung wurden mittels der Transformation von DEMPSTER u. LERNER (1950) in das Schwellenmodell umgewandelt:

ho2 = (h2 z2) / (p q)

ho2 = im linearen Modell geschätzte Heritabilität h2 = Heritabilität im Schwellenmodell

p = Häufigkeit der nicht von Labmagenverlagerung betroffenen Tiere im Datenmaterial q = Häufigkeit der Tiere mit Labmagenverlagerung

z = Ordinate für den Schwellenwert.

3.2.3 Ergebnisse

Bei der Auswertung aller Labmagenverlagerungen betrug der Heritabilitätsschätzwert im linearen Tiermodell für die Häufigkeit aller Labmagenverlagerungen h² = 0,034 ± 0,014, für Milch-kg h² = 0,308 ± 0,019, für Fett-kg h² = 0,199 ± 0,055, für Eiweiss-kg h² = 0,255 ± 0,043, für Fett-% h² = 0,447 ± 0,042, für Eiweiss-% h² = 0,530 ± 0,049, für den Quotienten aus Fett-% und täglicher Milchmenge h² = 0,326 ± 0,038, für den Quotienten aus Eiweiss-%

und täglicher Milchmenge h² = 0,304 ± 0,040 und für den Quotienten aus Fett- und Eiweiss-%

h² = 0,385 ± 0,047 (Tab. 18, 19).

Die additiv-genetische Korrelation zwischen Labmagenverlagerung und Milch-kg lag bei rg = 0,083 ± 0,025, zwischen Labmagenverlagerung und Fett-kg bei rg = -0,156 ± 0,324, zwischen Labmagenverlagerung und Eiweiss-kg bei rg = 0,041 ± 0,239, zwischen Labmagenverlagerung und Fett-% bei rg = -0,197 ± 0,234, zwischen Labmagenverlagerung und Eiweiss-% bei rg = -0,079 ± 0,201, zwischen Labmagenverlagerung und Fett-%/tägliche Milch-kg bei rg = -0,152 ± 0,203, zwischen Labmagenverlagerung und Eiweiss-%/tägliche Milch-kg bei rg = -0,111 ± 0,224 und zwischen Labmagenverlagerung und Fett-%/Eiweiss-%

bei rg = -0,180 ± 0,214.

Bei den residualen Korrelationen zwischen Labmagenverlagerung und den Milchleistungsmerkmalen ergab sich für Milch-kg re = -0,043 ± 0,020, für Fett-kg re = -0,025

± 0,026, für Eiweiss-kg re = -0,031 ± 0,028, für Fett-% re = 0,023 ± 0,037, für Eiweiss-% re = 0,044 ± 0,037, für Fett-%/Milch-kg re = 0,057 ± 0,031, für Eiweiss-%/Milch-kg re = 0,067 ± 0,029 und für Fett-%/Eiweiss-% re = -0,001 ± 0,033.

In der multivariaten Auswertung wurde für die linksseitige Labmagenverlagerung eine Heritabilität von h² = 0,017 ± 0,013 geschätzt, für die rechtsseitige Labmagenverlagerung von h² = 0,029 ± 0,011, für die Milchmenge h² = 0,307 ± 0,041, für die Fettmenge h² = 0,197 ± 0,050, für die Eiweissmenge h² = 0,255 ± 0,043, für den Fettgehalt h² = 0,446 ± 0,044, für den Eiweissgehalt h² = 0,529 ± 0,048, für den Quotienten aus Fett-% und durchschnittlicher Tagesmilchmenge h² = 0,326 ± 0,037, für den Quotienten aus Eiweiss-% und durchschnittlicher Tagesmilchmenge h² = 0,303 ± 0,038 und für den Quotienten aus Fett- und Eiweiss-% h² = 0,384 ± 0,044 (Tab. 20, 21).

Bei den additiv-genetischen Korrelationen ergab sich zwischen linksseitiger Labmagenverlagerung und Milch-kg ein Wert von rg = 0,683 ± 0,227 und zwischen rechtsseitiger Labmagenverlagerung und Milch-kg ein Wert von rg = -0,415 ± 0,192. Für Fett- und Eiweiss-kg waren die additiv-genetischen Korrelationen zur linksseitigen Labmagenverlagerung im mittleren Bereich positiv, für die rechtsseitige Labmagenverlagerung jedoch negativ. Bei den Milchinhaltsstoffen und den drei gebildeten Quotienten für die Milchinhaltsstoffe kehrten sich die Vorzeichen zwischen linksseitiger und

rechtsseitiger Labmagenverlagerung um. Aus dem antagonistischen Verhalten der additiv-genetischen Korrelation zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung erklären sich die niedrigen additiv-genetischen Korrelationen zwischen den Milchleistungsmerkmalen und der Prävalenz von Labmagenverlagerung. Die additiv-genetische Korrelation zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung lag bei einem Wert von rg = 0,588 ± 0,387.

Für die residualen Korrelationen konnten zwischen linksseitiger bzw. rechtsseitiger Labmagenverlagerung und Milchmenge Werte von re = -0,065 ± 0,227 und re = 0,007 ± 0,024 geschätzt werden, für die Fettmenge re = -0,076 ± 0,297 und re = 0,033 ± 0,023, für die Eiweissmenge re = -0,062 ± 0,250 und re = 0,017 ± 0,024, für den Fettgehalt re = -0,020 ± 0,037 und re = 0,014 ± 0,030, für den Eiweissgehalt von re = 0,057 ± 0,354 und re = -0,002 ± 0,161, für den Fett-%-Milch-kg-Quotienten re = 0,067 ± 0,028 und re = 0,008 ± 0,0,024, für den Eiweiss-%-Milch-kg-Quotienten re = 0,086 ± 0,026 und re = 0,003 ± 0,024 und für den Fett-%-Eiweiss-%-Quotienten re = -0,017 ± 0,037 und re = 0,017 ± 0,028. Die residuale Korrelation zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung lag bei einem Wert von re = -0,034 ± 0,013.

Tab. 18: Heritabilitäten im linearen (Diagonale) und im Schwellenmodell (h2L), additiv- genetische (oberhalb der Diagonalen) und residuale Korrelationen (unterhalb der Diagonalen) zwischen der Prävalenz von Labmagenverlagerung und

Milchleistungsmerkmalen.

Merkmal LMV Milch-kg Fett-kg Eiweiss-kg Fett-% Eiweiss-%

LMV 0,034

Tab. 19: Heritabilitäten (Diagonale), additiv-genetische (oberhalb der Diagonalen) und residuale Korrelationen (unterhalb der Diagonalen) zwischen der Prävalenz von Labmagenverlagerung und Milchleistungsmerkmalen

Tab. 20: Heritabilitäten im linearen (Diagonale) und im Schwellenmodell (h2L), additiv- genetische (oberhalb der Diagonalen) und residuale Korrelationen (unterhalb der Diagonalen) zwischen der Prävalenz von linksseitiger oder rechtsseitiger

Labmagenverlagerung und Milchleistungsmerkmalen

Merkmal LMVL LMVR Milch-kg Fett-kg Eiweiss-kg Fett-% Eiweiss-%

LMVL 0,017

Tab. 21: Heritabilitäten (Diagonale), additiv-genetische (oberhalb der Diagonalen) und residuale Korrelationen (unterhalb der Diagonalen) zwischen der Prävalenz von linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung und

Milchleistungsmerkmalen

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, bei Deutschen Holstein Kühen genetische Parameter für das Auftreten der Labmagenverlagerung zusammen mit den Milchleistungsmerkmalen zu analysieren.

Die gefundenen Heritabilitätsschätzwerte für die Häufigkeit von Labmagenverlagerung bzw.

von linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung lagen in ähnlicher Höhe wie die schon berechneten Schätzwerte von h² = 0,04 ± 0,017, h2 = 0,019 ± 0,020 und h2 = 0,020 ± 0,011 im univariaten bzw. bivariaten linearen Modell (siehe Kapitel 3.1.3). Dies bestätigt diese Werte nochmals und somit auch die genetische Disposition von Deutschen Holstein Kühen für Labmagenverlagerung. Auch die dort gefundenen Korrelationen zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung mit rg = 0,671 ± 0,798 und re = -0,039 ± 0,014 stimmen annähernd mit den vorliegenden Ergebnissen überein. Auch für den Fett-Eiweiss-Quotienten sowie die Quotienten aus Fett- bzw. Eiweiss-% zur Milchmenge als Indikatoren für ein Energiedefizit lagen die Heritabilitäten im Bereich von h² = 0,30 bis h² = 0,38. Somit besteht für die Höhe des Energiedefizits auch eine genetische Disposition.

Die Schätzwerte für die additiv-genetischen Korrelationen zwischen allen Labmagenverlagerungen und den Milchleistungsmerkmalen waren sehr niedrig. Daher ist für diese Merkmale keine gesicherte Aussage über Zusammenhänge zu treffen. Auch LYONS et

al. (1991) fanden bei einer väterlichen Halbgeschwisteranalyse mit linearen Modellen bei 9187 Holstein Friesian in den USA mit rg = -0,15 für die Milchmenge eine geringe additiv-genetische Korrelation mit umgekehrten Vorzeichen. URIBE et al. (1995) werteten die Häufigkeit der Labmagenverlagerung mit einem Schwellenmodell über REML bei 2941 Kühen in einer väterlichen Halbgeschwisteranalyse aus und schätzten mit rg = -0,04 für die additiv-genetische Korrelation der Milchmenge einen leicht negativen Wert.

Dagegen lag die additiv-genetische Korrelation zwischen linksseitiger Labmagenverlagerung und den Mengenmerkmalen deutlich im positiven Bereich. Dies entspricht dem in Kapitel 3.1.3 gefundenen signifikanten Zusammenhang zwischen höheren Zuchtwerten für die Milchmenge und der Häufigkeit linksseitiger Labmagenverlagerung, was die schon von vielen Autoren vermutete genetische Prädisposition von Hochleistungsmilchkühen bestätigt (COPPOCK 1974, JUBB et al. 1991, KUIPER 1991, LOTTHAMMER 1992, FÜRLL u.

KRÜGER 1999b, c). Die hohen positiven Werte für Fett- und Eiweiss-kg sind durch die starke Abhängigkeit dieser beiden Merkmale von der Milchmenge zu erklären. WOLF (2001) fand in einer Studie mit 9315 Deutschen Holsteins in einem norddeutschen Praxisgebiet mit rg

= 0,098 nur eine geringe additiv-genetische Korrelation zwischen Milch-kg und Häufigkeit des Auftretens der linksseitigen Labmagenverlagerung. Sie sah auch keinen Zusammenhang zwischen den Zuchtwerten der Milchleistungsmerkmale und der Häufigkeit der Labmagenverlagerung. Deshalb sollten die Beziehungen zwischen der Milchleistung und der Prävalenz von Labmagenverlagerungen an größerem Datenmaterial aus möglichst verschiedenen Regionen Deutschlands nochmals untersucht werden.

Zwischen linksseitiger Labmagenverlagerung und Fett-% ergab sich eine additiv-genetische Korrelation von rg = -0,768. Dieser hoher Wert für die Korrelation, der sich auch beim Quotienten aus Fett-% und täglicher Milchleistung bestätigte, spricht dafür, dass ein geringer Milch-Fettgehalt ein gehäuftes Auftreten von linksseitiger Labmagenverlagerung zur Folge hatte. Ein solcher Zusammenhang ergab sich nur tendenziell bei WOLF (2001) mit einem Schätzwert von rg = -0,126. Ansonsten wurde dieser Zusammenhang bisher nicht in der Literatur erwähnt. Auch bei der Auswertung der Zuchtwerte für den Fettgehalt konnte in Kapitel 3.1.3 keine Relation zur Häufigkeit der Labmagenverlagerung festgestellt werden.

Für den Zusammenhang zwischen dem Eiweissgehalt bzw. dem Quotienten aus Eiweiss-%

und täglicher Milchleistung sowie linksseitiger Labmagenverlagerung wurde eine

additiv-genetische Korrelation von rg = -0,643 bzw. von rg = -0,704 geschätzt. Dies bedeutet, dass ein geringer Eiweissgehalt in der Milch mit einem gehäuften Auftreten von linksseitiger Labmagenverlagerung in Zusammenhang stand. Auch dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit dem signifikanten Zusammenhang zwischen dem Zuchtwert für den Eiweissgehalt und der Häufigkeit der linksseitigen Labmagenverlagerung. Diese additiv-genetische Korrelation sollte im Zusammenhang mit den Ergebnissen für Milch-kg gesehen werden. Falls Nachkommengruppen mit einer hohen Milchleistung aber geringerem Eiweissgehalt eine höhere Erkrankungsrate aufweisen, spricht dies dafür, dass die Nachkommengruppen leichter in ein Energiedefizit geraten und somit genetisch bedingt anfälliger für Stoffwechselstörungen sind. Die Ursache dafür kann in einer unzureichenden Fütterungsqualität in Relation zum genetisch bedingten Milchleistungsvermögen der Kühe liegen. Als Folge dieser energetischen Unterversorgung treten oft Ketosen und das Lipomobilisationssyndrom auf (WALLACE 1975, CORREA et al. 1993, FÜRLL u.

KRÜGER 1999c, VAN DORP et al. 1999). Der Fett-Eiweiss-Quotient liegt ebenfalls bei der additiv-genetischen Korrelation deutlich im negativen Bereich und zeigt damit, dass Kühe mit einer genetischen Disposition zu einem niedrigen Fett-Eiweiss-Quotienten ein häufigeres Auftreten von linksseitiger Labmagenverlagerung zeigen als Kühe mit hohen Fett-Eiweiss-Quotienten. Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass Labmagenverlagerungen von Stoffwechselimbalancen abhängen.

Für die rechtsseitige Labmagenverlagerung lag die additiv-genetische Korrelation zu der Milchmenge in Übereinstimmung mit WOLF (2001) deutlich im negativen Bereich. Somit begünstigt eine hohe Milchmengenleistung nicht das Entstehen dieser Form der Labmagenverlagerung. Die Fett- und Eiweissmenge sind eng mit der Milchmenge korreliert, und daher ergab sich für diese Merkmale ebenfalls eine negative additiv-genetische Korrelation.

Fett- und Eiweissgehalt sowie deren Durchschnittswerte pro täglicher Milchleistung waren dagegen positiv im niedrigen Bereich mit der Prävalenz von rechtsseitiger Labmagenverlagerung additiv-genetisch korreliert. WOLF (2001) fand hingegen einen Wert nahe bei Null für den Fettgehalt und eine additiv-genetische Korrelation von rg = 0,637 für den Eiweissgehalt. Für den Fett-Eiweiss-Quotienten lag die genetische Korrelation für die rechtsseitige Labmagenverlagerung nahe bei Null.

Die residualen Korrelationen lagen sowohl für alle insgesamt, als auch für die linksseitigen und rechtsseitigen Labmagenverlagerungen im geringen positiven oder negativen Bereich.

Auch LYONS et al. (1991) fanden bei ihren Untersuchungen mit re = 0,06 eine geringe residuale Korrelation zwischen der Milchmenge und der Labmagenverlagerung. WOLF (2001) fand ebenfalls mit re = -0,047 bis re = 0,023 geringe Schätzwerte für die residuale Korrelation. Dies bedeutet, dass umweltbedingte Korrelationen zwischen Milchleistungsmerkmalen und der Häufigkeit von Labmagenverlagerungen ohne Bedeutung sind.

Aus den Ergebnissen dieser Untersuchung lassen sich somit folgende Schlussfolgerungen ziehen: Bei Deutschen Holstein Kühen konnte sowohl für die linksseitige wie auch für die rechtsseitige Labmagenverlagerung eine genetische Disposition nachgewiesen werden.

Eine Selektion auf hohe Milch-, Fett- und Eiweissmenge, wie dies über den Gesamtzuchtwert in der Deutschen Holstein Zucht praktiziert wird, bedingt einen Anstieg der Prävalenz von linksseitiger Labmagenverlagerung, jedoch nicht von rechtsseitiger Labmagenverlagerung.

Auch scheinen Zusammenhänge zwischen der genetischen Disposition zu einer erhöhten metabolischen Labilität und einer höheren genetischen Disposition für linksseitige Labmagenverlagerung zu bestehen.

3.3 Analyse der Überlebensdauer von Deutschen Holstein Kühen nach

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