3 Eigene Untersuchungen
3.1 Analyse systematischer Einflüsse auf das Auftreten von
3.1.3 Ergebnisse
Die Landkreise und das Haltungssystem unterschieden sich signifikant in der Häufigkeit der linksseitigen und aller Labmagenverlagerungen. Betriebe mit Anbindehaltung wiesen eine Laktationsprävalenz für alle Labmagenverlagerungen von 5,31 % auf, während Betriebe mit Boxenlaufställen mit 3,27 % eine signifikant geringere Laktationsprävalenz hatten.
Zwischen den Betrieben bestanden in der Häufigkeit von allen und den linksseitigen Labmagenverlagerungen signifikante Unterschiede. Zwischen den Prävalenzen der Abkalbemonate konnte für die linksseitigen Labmagenverlagerungen eine Signifikanz ermittelt werden, während bei den rechtsseitigen Labmagenverlagerungen die Signifikanzgrenze von p < 0,05 knapp überschritten wurde. Die höchste saisonale Prävalenz für alle Labmagenverlagerungen bestand für den Abkalbemonat Februar (Abb. 5).
Die Verteilung der Kühe nach Laktationsnummer differierte zwischen den Kühen ohne und denen mit Labmagenverlagerung. In der zweiten bis fünften Laktationsnummer waren die Kühe mit Labmagenverlagerungen überrepräsentiert. Dementsprechend zeigten sich signifikant höhere Laktationsprävalenzen für Labmagenverlagerung in der dritten und vierten Laktation (Abb. 6).
Der Inzuchtkoeffizient war in beiden Gruppen niedrig (Abb. 7) und ohne signifikanten Einfluss auf das Auftreten der Labmagenverlagerung. Die Trächtigkeitsdauer und der Kalbeverlauf waren zwischen Kühen mit und ohne diagnostizierte Labmagenverlagerung gleichmäßig verteilt und ebenfalls ohne signifikanten Einfluss auf die Häufigkeit für das Auftreten der Erkrankung (Abb. 8, 9).
Dagegen zeigte sich bei Kühen mit Mehrlings- oder Einlingsgeburten männlicher Kälber eine signifikante Erhöhung des Risikos, an einer Labmagenverlagerung zu erkranken (Abb. 10).
Für die rechtsseitige Labmagenverlagerung konnte kein signifikanter Einfluss der Mehrlingsgeburt oder Einlingsgeburten mit männlichen Kälbern ermittelt werden. Da die
linksseitige Labmagenverlagerung drei Mal häufiger vorkam als die rechtsseitige, ist dieser Effekt auch für alle Labmagenverlagerungen signifikant.
Weder die Rasse des Kalbvaters (Abb. 11) noch die Kalbväter (59 Bullen) hatten einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Labmagenverlagerungen.
Bei der Auswertung aller Labmagenverlagerungen wie auch vor allem der linksseitigen Labmagenverlagerung erwies sich der zufällige Effekt des Vaters als signifikant. Unter den insgesamt 310 väterlichen Nachkommengruppen mit mindestens 3 Kühen befanden sich 68 (21,9 %) Halbgeschwistergruppen, die mindestens eine Kuh mit Labmagenverlagerung aufwiesen. Wenn nur Väter mit mindestens einer betroffenen Tochter und einer Nachkommengruppengröße von 20 und mehr Töchtern berücksichtigt wurden, lag die Häufigkeit der Labmagenverlagerung pro Halbgeschwistergruppe zwischen 1,89 und 12 % (Abb. 12). Die Prävalenz für die Labmagenverlagerung für die Kühe die zu den väterlichen Halbgeschwistergruppen mit mindestens einer betroffenen Kuh gehören, betrug 4,13 %.
Die Signifikanz der systematischen Effekte auf die Häufigkeit aller Labmagenverlagerungen, der linksseitigen und rechtsseitigen Labmagenverlagerung in den einfachen und multiplen Varianzanalysen mit Modell 1 bzw. 2 sind in den Tabellen 5 bis 8 dargestellt.
Bei der Varianzanalyse mit Modell 3 konnten signifikante Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit von Labmagenverlagerung und den Zuchtwerten für die Milchleistungsmerkmale der Kühe beobachtet werden (Tab. 9).
Die Kühe der Kontrollgruppe hatten einen um 0,026 % signifikant höheren Zuchtwert für Eiweiss-% als die Gruppe der an Labmagenverlagerung erkrankten Tiere (Tab. 10). Wurden nur die Kühe mit linksseitiger Labmagenverlagerung betrachtet, so stieg diese Differenz auf 0,037 % an (Tab. 11).
Der durchschnittliche Zuchtwert für die Milchmenge in der 1. bis 3. Laktation der Kühe mit linksseitiger Labmagenverlagerung lag mit +433 kg um 107 kg signifikant höher als in der Kontrollgruppe (Tab. 11). Dagegen war bei der rechtsseitigen Labmagenverlagerung der mittlere Zuchtwert für die Milchmenge der Kontrollgruppe höher als der mittlere Zuchtwert der erkrankten Tiere (Tab. 12).
Für den Relativ-Zuchtwert somatische Zellzahl (RZS) bestanden zwischen den Kühen mit rechtsseitiger und ohne Labmagenverlagerung signifikante Unterschiede. Kühe mit rechtsseitiger Labmagenverlagerung zeigten einen um 2,5 Einheiten höheren mittleren
Relativzuchtwert für die somatische Zellzahl im Vergleich zu den nicht an Labmagenverlagerung erkrankten Kühen (Tab. 12).
Der Heritabilitätsschätzwert im linearen Tiermodell betrug für die Häufigkeit aller Labmagenverlagerungen h² = 0,04 ± 0,017. Die entsprechenden Schätzwerte für die Häufigkeit der linksseitigen und der rechtsseitigen Labmagenverlagerung betrugen h² = 0,019
± 0,020 bzw. h² = 0,020 ± 0,011 (Tab. 13). Die Heritabilitätsschätzwerte im Schwellenmodell nach DEMPSTER u. LERNER (1950) ergaben einen Wert für alle Labmagenverlagerungen von h2 = 0,20, für die Häufigkeit der linksseitigen Labmagenverlagerung einen Schätzwert von h2 = 0,12 und für die Häufigkeit der rechtsseitigen Labmagenverlagerung von h2 = 0,26.
Die additiv-genetische Korrelation zwischen linksseitiger und rechtsseitiger Labmagenverlagerung lag bei einem Wert von rg = 0,671 ± 0,798 und die Residualkorrelation bei einem Wert von re = -0,039 ± 0,014.
Tab. 5: Mittlere Abweichungsquadrate (MSR x 10-2) und Irrtumswahrscheinlichkeiten (P) der systematischen Einflussfaktoren auf das Auftreten von Labmagenverlagerung
Einfache Varianzanalyse Multiple Varianzanalyse Einflussfaktoren
MSR x 10-2 P MSR x 10-2 P
Landkreis 7,77 0,017 2,76 0,003 Haltungssystem 21,78 0,012 9,40 0,002 Betrieb innerhalb
Landkreis und
Haltungssystem 6,35 <0,001 1,49 0,037
Abkalbejahr und
-monat 4,44 0,208 1,41 0,138
Laktationsnummer 13,33 0,004 3,24 0,012
Inzuchtkoeffizient 2,72 0,559 - -
Abkalbealter 0,28 0,455 - -
Trächtigkeitsdauer 5,25 0,195 - -
Kalbeverlauf 1,95 0,998 - -
Geschlecht und Anzahl
Kälber 21,47 <0,001 8,02 <0,001
Rasse Kalbvater 4,01 0,620 - -
Kalbvater innerhalb
Rasse 3,37 0,550 - -
Vater der Kuh 4,25 0,003 - -
Tab. 6: Mittlere Abweichungsquadrate (MSR x 10-2) und Irrtumswahrscheinlichkeiten (P) der systematischen Einflussfaktoren auf das Auftreten von linksseitiger Labmagenverlagerung
Einfache Varianzanalyse Multiple Varianzanalyse Einflussfaktoren
MSR x 10-2 P MSR x 10-2 P
Landkreis 4,29 0,090 2,25 0,017 Haltungssystem 7,31 0,092 7,58 0,006 Betrieb innerhalb
Landkreis und
Haltungssystem 3,88 0,015 1,37 0,078
Abkalbejahr und
-monat 4,13 0,069 1,87 0,025
Laktationsnummer 8,27 0,012 2,59 0,035
Inzuchtkoeffizient 1,71 0,648 -
Abkalbealter 1,35 0,589 -
Trächtigkeitsdauer 4,79 0,114 -
Kalbeverlauf 1,95 0,997 - Geschlecht und Anzahl
Kälber 19,42 <0,001 9,58 <0,001
Rasse Kalbvater 2,09 0,487 -
Kalbvater innerhalb
Rasse 2,28 0,707 -
Vater der Kuh 3,48 0,001 - -
Tab. 7: Mittlere Abweichungsquadrate (MSR x 10-2) und Irrtumswahrscheinlichkeiten (P) der systematischen Einflussfaktoren auf das Auftreten von rechtsseitiger Labmagenverlagerung
Einfache Varianzanalyse Multiple Varianzanalyse Einflussfaktoren
MSR x 10-2 P MSR x 10-2 P
Landkreis 1,19 0,256 1,12 0,342
Haltungssystem 3,86 0,043 2,04 0,153
Betrieb innerhalb Landkreis und
Haltungssystem 0,98 0,381 0,86 0,690
Abkalbejahr und –
monat 1,56 0,058 1,49 0,107
Laktationsnummer 1,20 0,278 1,40 0,233
Inzuchtkoeffizient 1,31 0,227 1,26 0,277
Abkalbealter 0,39 0,590 - -
Trächtigkeitsdauer 0,49 0,724 - -
Kalbeverlauf 1,95 0,997 - -
Geschlecht und
Anzahl Kälber 1,26 0,262 1,12 0,338
Rasse Kalbvater 2,31 0,113 1,76 0,152
Kalbvater innerhalb
Rasse 1,06 0,379 - -
Vater der Kuh 0,78 0,991 - -
Tab. 8: Varianzen für den Vatereffekt (σs2 x 10-4), Residual- (σe2 x 10-4) und Gesamtvarianzen (σp2 x 10-4)
Auftreten von
Labmagenverlagerung σs2 σe2 σp2
alle 3,0 338,0 341,0
links 1,7 251,8 253,5
rechts 0,5 97,4 94,2
Tab. 9: Signifikanz der systematischen Einflussfaktoren auf die Zuchtwerte der Milchleistungsmerkmale
Einflussfaktoren
Labmagenverlagerung Zuchtwerte für die
Milchleistungsmerkmale Geburtsjahr
Inzucht-klasse alle links rechts
Milch-kg *** n.s. n.s. * n.s.
Fett-kg *** *** n.s. n.s. n.s.
Fett-% *** ** n.s. n.s. n.s.
Eiweiss-kg *** *** n.s. n.s. n.s.
Eiweiss-% * *** ** *** n.s.
RZS *** n.s. n.s. n.s. *
n.s.: p>0,10; *: p ≤ 0,05; **: p ≤ 0,01; ***: p ≤ 0,001; +: p ≤ 0,10.
Tab. 10: Vergleich der LS-Mittelwerte (LSM) der Zuchtwerte zwischen den Kontrollkühen und den Kühen mit Labmagenverlagerung
Kontrollkühe LMV-Kühe Zuchtwert
LSM ± SE LSM ± SE P
Milch-kg 326,3 ± 10,20 389,78 ± 45,45 0,167 Fett-kg 8,08 ± 0,38 10,58 ± 1,69 0,142 Fett-% -0,063 ± 0,004 -0,067 ± 0,020 0,866 Eiweiss-kg 9,40 ± 0,29 9,51 ± 1,29 0,937 Eiweiss-% -0,017 ± 0,002 -0,043 ± 0,009 0,004 RZS 102,0 ± 0,15 102,3 ± 0,71 0,689
Tab. 11: Vergleich der LS-Mittelwerte (LSM) der Zuchtwerte zwischen den Kontrollkühen und den Kühen mit linksseitiger Labmagenverlagerung
Kontrollkühe LMVL-Kühe Zuchtwert
LSM ± SE LSM ± SE p
Milch-kg 326,1 ± 10,22 433,48 ± 53,13 0,045 Fett-kg 8,06 ± 0,38 10,59 ± 1,97 0,203 Fett-% -0,064 ± 0,004 -0,089 ± 0,023 0,283 Eiweiss-kg 9,40 ± 0,29 10,03 ± 1,51 0,680 Eiweiss-% -0,017 ± 0,002 -0,054 ± 0,010 < 0,001
RZS 102,1 ± 0,15 101,3 ± 0,86 0,412
Tab. 12: Vergleich der LS-Mittelwerte (LSM) der Zuchtwerte zwischen den Kontrollkühen und den Kühen mit rechtsseitiger Labmagenverlagerung
Kontrollkühe LMVR-Kühe Zuchtwert
LSM ± SE LSM ± SE p
Milch-kg 324,3 ± 10,23 270,13 ± 86,81 0,534 Fett-kg 8,06 ± 0,38 10,54 ± 3,21 0,442 Fett-% -0,063 ± 0,005 -0,007 ± 0,038 0,147 Eiweiss-kg 9,36 ± 0,29 8,08 ± 2,47 0,604 Eiweiss-% -0,017 ± 0,002 -0,012 ± 0,017 0,751 RZS 102,0 ± 0,15 104,5 ± 1,28 0,055
Tab. 13: Heritabilitätsschätzwerte im linearen (h²) und im Schwellenmodell (h²L), deren Standardfehler (SE), additiv-genetische Varianzen (σa2 x 10-4) und
Residualvarianzen (σe2 x 10-4) für die Prävalenz von Labmagenverlagerung bei Deutschen Holstein Kühen
Labmagenverlagerung σa2 σe2 h² ± SE h²L
alle 15,3 370 0,040 ± 0,017 0,20
links 5,5 281 0,019 ± 0,020 0,12
rechts 2,2 105 0,020 ± 0,011 0,26
Abb. 5: Prozentuale Verteilung der Abkalbungen im Untersuchungszeitraum nach Kontrollkühen und Kühen mit Labmagenverlagerung
0
Abb. 6: Verteilung der Laktationsnummern nach Kontrollkühen und den Kühen mit Labmagenverlagerung.
0 5 10 15 20 25 30 35 40
1 2 3 4 >4
Laktationsnummer
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
Abb. 7: Verteilung der Inzuchtkoeffizienten nach Kontrollkühen und Kühen mit Labmagenverlagerung
0 5 10 15 20 25 30 35 40
0 1 2 3 4 >4
Inzuchtkoeffizient (% )
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
Abb. 8: Verteilung der Trächtigkeitsdauer in Tagen nach Kontrollkühen und Kühen mit Labmagenverlagerung
0 10 20 30 40 50 60
unbekannt <273 273-277 278-282 283-287 >287 Trächtigkeitsdauer in Tagen
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
Abb. 9: Häufigkeit der Labmagenverlagerung in Abhängigkeit vom Kalbeverlauf
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
unbekannt 1 2
Kalbeverlauf
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
1: ohne Helfer oder 1 Helfer.
2: 2 oder mehr Helfer, mechanische Hilfsmittel, Schwergeburt, tierärztliche Hilfe ohne operativen Eingriff, Kaiserschnitt, Fetotomie.
Abb. 10: Häufigkeit von männlichen und weiblichen Einlingsgeburten sowie von Mehrlingsgeburten bei den Kontrollkühen und den Kühen mit
Labmagenverlagerung
0 10 20 30 40 50 60
männlich weiblich Zwillinge
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
Abb. 11: Häufigkeit der Rasse des Kalbvaters bei den Kontrollkühen und den Kühen mit Labmagenverlagerung
0 10 20 30 40 50 60 70
unbekannt DH Schwarzbunt DH Rotbunt andere Rasse Kalbvater
Prozent Kühe
Kontrollkühe LMV-Kühe
DH: Deutsche Holsteins.
Abb. 12: Verteilung der Bullen nach der Häufigkeit von Labmagenverlagerungen (%) bei den Töchtern ( ≥ 20)
0 2 4 6 8 10 12
Häufigkeit Labmagen- verlagerung (%)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 Anzahl Bullen (n=22)