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sadistische Herrin gegenüber, deren grausames Verhalten den Leib- eigenen gegenüber von ihm gerade aufgrund seiner Nachgiebigkeit

nicht abgewendet werden kann.

Die Hauptgestalten in der Erzählung '*Pavlo Ćornokryl" sind zwar Leibeigene, doch s p i e l t dies f ü r den Handlungsverlauf keine Rolle;

der schwermütige Pavlo Ćornokryl l i e b t seine sanfte Frau n ic h t mehrf v e r li e b t sich in eine andere und t ö t e t seine Frau. Die neue Ehe b r in g t ihm kein Glück, er w ird wieder schwermütig, bekennt ö f f e n t l i c h seine Schuld, doch niemand glaubt ihm, man e r k lä r t ihn f ü r g e is te s g e s tö rt, und seine zweite Frau v e rlä ß t ihn.Wie in den Volkserzählungen e rz ä h lt auch h ie r eine Frau aus dem Dorf.

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-zu den Rekruten einberufenen Söhne, von denen der eine f ä l l t und der andere krank nach Hause zurückkehrt, um d o rt zu sterben.

In "Try d o l i " s c h ild e r t die E rzählerin das Schicksal ih r e r beiden Freundinnen; sie a l le d re i lieben denselben Mann, die s t i l l s t e von ihnen h e ir a t e t ih n , f ü h r t eine unglückliche Ehe, da er sie m it ei*־

ner schönen Schankwirtin b e trü g t; die Stolze geht in ein K lo s te r und wird zur menschenverachtenden Nonne; die E rzählerin fü h r t e in unscheinbares Leben als Dienstmädchen.

Diese Erzählung i s t von f o lk lo r is t is c h e n Motiven (junger Mann und Schankwirtin 55) ebenso bestinunt wie von a n t ik le r ik a le n Zügen sowie von der Id e a lis ie ru n g der passiven, demütigen G estalt der Frau, wie sie auch in den ukrainischen Volkserzählungen dom iniert.

Die übrigen Erzählungen und Märchen der A utorin haben a lle gemein- same Merkmale: die id e a lis ie re n d e D arstellung der heldenhaften Hauptgestalt, meist e in e r R ebellengestalt aus dem Volk m it aus- s c h lie ß lic h p o s itiv e n Merkmalen ( "K arm eljuk", "Vedmid1" , " N e v il* - nyéka") oder einer stolzen G e s ta lt, die lie b e r den Tod w ählt, a ls ein ungewolltes Schicksal auf sich zu nehmen ( "Lymerivna", "Ne do p a ry ") .

Die Erzählung "Karmeljuk" schrieb Marko Vovcok auf der Grundlage a u s fü h rlic h e r Studien der h is to ris c h e n Überlieferung und der über- lie fe ru n g in der F o lk lo r e . 5**

" D e v 'ja t

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b r a t iv i sestra H alja" i s t ein Märchen, geschrieben in einer s ta rk rh yth m isie rte n Sprache, über d ie jüngste Schwester von neun armen Brüdern, deren V erlobter von Räubern erschlagen w ird , die ih re Brüder sind.

"Marusja" i s t eine h is to ris c h e Erzählung über ein kleines Mädchen aus dem 17. J h ., das bei der Ausführung des Auftrags eines a lte n Kozákén den Tod fin d e t .

In ihren le tz te n Lebensjahren schrieb Marko Vovcok an weiteren ukrainischen Werken, die sie z.T. noch in den

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er Jahren begonnen h a tte , darunter an der a n t ik le r ik a le n Erzählung "D ja k "(1861-1907) sowie an der h isto risch e n Erzählung "Hajdamaky", in der Rebellen aus dem Volk sowie der Freiheitskampf des Volkes gegen die Leib- eigenschaft auf der Grundlage von Liedern und Dumen d a r g e s te llt

4 ^

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w ird .

A lle ukrainischen Werke von Marko Vovcok haben gemeinsame Merkmale, die f ü r d ie Volkserzählungen b e re its d a r g e s t e llt wurden: die

deut-lic h e i n h a l t l i c h e und sprachdeut-liche Anlehnung an Volksdichtung; die starke Typisierung der Gestalten und der S c h ic k s a ls h a ftig k e it i h ״*

res Handelns; b is auf die beiden Märchen "Marusja" und "Dev

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j a t

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b r a t i v i sestra H alja" haben a lle Erzählungen einen meist w e ib li- chen Erzähler aus dem Bauernstand.

In a lle n ukrainischen Werken von Marko Vovcok werden ausschließ־

lie h Gestalten aus dem Bauernstand d a r g e s t e llt . Keine Erzählung i s t innerhalb der Herren ־ Beamten ־ oder Kaufmannsschicht in der Stadt angesie delt. H istorische Ereignisse finden ־ b is auf

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'Kar- meljuk" ־ keinen Niederschlag in den Erzählungen.

b. Weitere russische Werke

Nach dem Erscheinen der russischen Volkerzählungen und neben der A rb e it an den genannten ukrainischen Erzählungen schrieb Marko Vovcok vor a lle n Dingen in russischer Sprache w e ite r, überwiegend

Romane und p o v e s ti.

In einigen ih r e r russischen Werke i s t der Handlungsort in der Ukraine angesiedelt, jedoch n ic h t innerhalb des Bauernstandes, sondern innerhalb der städtischen M it te ls c h ic h t ("T ju le v a ja baba", 1861, "Gluchoj gorodok",1862) oder innerhalb des Dorfklerus ("Za-p is k i ("Za-p r iŽ e t n ik a " ,1869-1890). Das le tz te r e i s t das umfangreichste Werk der A u to rin , es sind die Aufzeichnungen eines rebellischen

Djak, in denen d ie negativen Merkmale des Dorfklérus sowie der Nonnen eines nahegelegenen Klosters g e s c h ild e rt werden (Beobach-tungen zum Klosterleben konnte Marko VovČok im Frauenkloster von

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Nemyriv machen) . Das Werk i s t in e in e r von Kirchenslavismen, Tier-und Pflanzenvergleichen und Metaphern durchsetzten

Semina-ristensprache geschrieben 59. Der a n t ik le r ik a le I n h a lt i s t vergleich- bar m it zahlreichen russischen zeitgenössischen Werken, so etwa Pryzov, " I z d e re v n i", P o m ja lo vskij, "Očerki bursy", G . I . Uspen- s k i j , "Derevenskie v s tre & i" u .ä .^ ° .

In den боег und 70er Jahren schrieb Marko Ѵоѵйок mehrere r u s s i- sche Romane, in denen Fragen und Probleme der russischen ré vo lu - tionär-demokratischen Bewegung a u fg e g riffe n werden, so etwa die Frage nach dem neuen Typ des bewußten Staatsbürgers und Révolu־

tio n ä rs ("Ž iv a ja dusa",1868), der Glaubwürdigkeit v o lk s fr e u n d li־

eher und l i b e r a l e r Gesinnung ("Otdych v derevne",1876-1899), nach dem Typ der neuen, am g e s e lls c h a ftlic h e n Leben b e t e ilig t e n Frau

(Maša in "Ž iv a ja dusa") und in denen eine passive g e s e lls c h a f t li-0004742Б

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che Haltung angegriffen w ird ("Teploe gnezdySko",1873), um nur die w ich tig ste n zu nennen.

A lle diese Romane sind im M ilie u des Kleinadels und der M i t t e l - Schicht der russischen G esellschaft angesiedelt, innerhalb d e re r sich die Diskussion der revolutionär-demokratischen Z ir k e l ab- s p ie lt e , sie a l l e g re ife n m it ihren Gestalten die Diskussion d ie - ser Z ir k e l auf.

A lle russischsprachigen Werke der A u to rin haben demnach einen e in - deutigen in h a ltlic h e n Bezug zu a ktu e llen Fragen der z e itg e n ö s s i- sehen g e s e lls c h a ftlic h e n Entwicklung. Sind die Volkserzählungen m it ih r e r K r i t i k an der Leibeigenschaft ein Beitrag zur Diskussicn um die Bauernfrage vor der Aufhebung der Leibeigenschaft, so wen- det sich die A utorin nach 1861 in ihren russischen Werken den Fragen der kle in a d e lig e n und bürgerlichen Revolutionäre zu.

Die Volkserzählungen sind im Gesamtwerk der A utorin in bezug auf Entstehungszeit und A k t u a lit ä t der Beginn eines Werkes, das in seinem russischsprachigen T e i l auch w e ite rh in a k tu e lle zeitgenös־

sische Probleme a u f g r e i f t .

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9. Die S tellu ng der Volkserzählungen innerhalb der russischen zeitgenössischen L it e r a t u r

Im folgenden werden die Grundzüge der Richtung innerhalb der

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'natu- r a l 'n a j a Skola" angedeutet, denen die Volkserzählungen i n h a l t l i c h am nächsten stehen.

B e re its s e i t den Зоег Jahren des 19. Jh. e n tw ic k e lt sich in n e r- halb der romantischen Strömung der russischen L it e r a t u r m it Puskin und Gogol' der russische Realismus, der m it der " n a t u r a l' naja sko- la " in den 40er Jahren seinen Anfang f i n d e t

. ^ 1

Die theore tische Ausrichtung dieser Strömung wirde von B e lin s k ij u .a . in seinen Aufsätzen "Russkaja l i t e r a t u r a v 1840 godu", "Russ-kaja l i t e r a t u r a v 1841 godu" sowie in seinen Aufsätzen über Gogol

1

(u.a. "O russkoj povesti i povestjach Gogolja") f o r m u lie r t.

Für B e lin s k ij mußte L it e r a t u r und Kunst g e s e lls c h a ftlic h bedeut*

sam sein, er lehnte eine Kunst um ih r e r se lb st w ille n ab ebenso wie eine romantisierende und sentimentale Darstellungsweise; dem g e s e lls c h a ftlic h e n Bedürfnis nach einem aufgeklärten, k r itis c h e n Staatsbürger entsprechend s o l l t e die L it e r a t u r zur Erziehung eben dieses Staatsbürgers beitragen, indem sie das Leben w ir k lic h k e its -getreu s c h ild e r te . Der S c h r i f t s t e l l e r s o l l t e dabei n ic h t nur

beob-achten, sondern auch werten ( "ne t o i 1ko n a b lju d a t*, no i s u d i t 1" ).62 Der B e g r if f " n a t u r a l

1

n y j" , den B e lin s k ij auch in bezug auf Gogol*

anwandte, w ird von Annenkov 1849 nach B e lin s k ijs Tod m it " r e a l i -s ti-s c h ttg le ic h g e -s e tz t, a lle rd in g -s auf die Thematik und die Au-swahl der Typen beschränkt. Nach Kulešov umfaßt " n a t u r a l' n y j " demnach

zwei B e g riffe - Realismus und zugleich Naturalismus in der

Dar-Stellung.^3 Die "natural * naja skola" - ein Begriff, von Bulgarin

1846, zum erstenmal in dieses Form, negativ gebraucht 64, der bald die ganze lit e r a r i s c h e Strömung bezeichnete, die in den 40er Jah- ren die bedeutendste in der russischen L it e r a t u r wurde - v e r e i- n ig t S c h r i f t s t e l l e r verschiedener Richtungen, d ie , auf der Grund״

läge der Werke Gogol's und der theoretischen Ausführungen B e lin - s k i j s 6^ neben den b e re its von Puskin, Lermontov und^Gogol' aufge- g riffe n e n und nun w e iterentw ickelten Themen des "Helden der Z e i t " ^ vor a lle n Dingen i n h a l t l i c h von der gemeinsamen Ablehnung der

Leibeigenschaft sowie vom Interesse an der Darstellung des Lebens niederer s o z ia le r Schichten ("m alen'kie l j u d i " ) und dem Appell an das Gewissen des Lesers bestimmt wurden

.**7

M it der "n a tu ra l * naja škola" beginnt die Vorherrschaft der

Prosa-gattungen in der russischen L it e r a t u r . Das Streben nach Genauigkeit der Wiedergabe sowie nach der von B e lin s k ij geforderten Wahrschein-

l i c h k e i t begünstigte neben der Erzählung, der povest' und dem Ro- man vor a lle n Dingen die Entwicklung der neuen Gattung des ocerk - einer sujetlosen Skizze, in der Merkmale, Verhaltensweise, Ausdricks formen und Äußeres von Gestalten vor allem s tä d tis c h e r niederer Stän de g e s c h ild e rt werden. Eine f ü r die " n a t u r a l

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naja skola" typische Richtung war der " f i z i o l o g i c e s k i j oèerk", dessen Hauptvertreter D a l 'f G rigoro vic, Panaev u .a . und stellenw eise auch Turgenev Pe- tersburger Kutscher, Handwerker und k le in e Beamte, aber auch l e i b - eigene Bauern p o r t r ä t ie r t e n 69.

Das Neue, das die " n a t u r a l

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naja skola" in die L it e r a t u r einbrachte, i s t u.a. die Schilderung des Lebens le ib e ig e n e r Bauern, wie s ie e t - wa bei G rigoroviè (',V derevne", ',Anton Goremyka") und Turgenev ("Za- p is k i ochotnika") gegeben w ird ^°.

H ierbei g r e i f t die " n a t u r a l

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naja skola" die b e re its in der roman-tischen L it e r a t u r vertretenen ethnographischen Beschreibungen des Bauernlebens auf (so etwa bei D al1) und e rw e ite r t sie zu einer K r i t i k an den bestehenden Verhältnissen der Leibeigenschaft.

G rigorovič s c h ild e r t in seinen oèerki "V derevne" und "Anton Gore-тука" zusammenhängende Bauernschicksale und tragische Momente im Leben der Bauern, wie etwa Frondienst, Rekrutentum, Armut."On per-vyj dal počustvo v a t* , čto muSiki ne vse chorovodv v o d ja t, no paš u t, b o ro n ja t, s e ju t i voobsče vozdelyvajut zemlju; ëto sverch to -go, bespečnaja pose l janskaja ž i zn

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očen

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neredko o tte n ja e ts ja ta -kim i ja v le n ija m i, как baršŽina, o b ro k i, re k ru ts k ie nabory i . t . d . ״^

W ollte jedoch G rig o ro v ií m it seiner Schilderung der Bauernschick-sale vor a lle n Dingen den Leser rühren 72 und s t e l l t er in "Anton Goremyka" zudem einen sch riftku n d ig e n und somit "untypischen"

Bauern dar, so s c h ild e r t Turgenev in "Z apiski ochotnika" das Leben der Leibeigenen unter einem anderen Aspekt.

In seinen Skizzen und Erzählungen werden Bauern und Herren zum erstenmal nebeneinandergestellt. Während seine Bauerngestalten po- s i t i v e Merkmale haben und menschliche Würde, sind seine Gutsbesit- zer negative Gestalten; sie sind ihren Leibeigenen gegenüber jedoch keineswegs tyrannisch oder w i l l k ü r l i c h , sondern eher g le ic h g ü ltig und behandeln sie wie Gegenstände, indem s ie ihnen beispielsweise neue Namen geben oder durch Gedankenlosigkeit ih r Schicksal grau- sam bestimmen, wobei sie sich jedoch g le ic h z e it ig f ü r Kunst und

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