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Sind in den russischen Volkserzählungen bis auf Nadeža und Igru- šeČka in den gleichnamigen Erzählungen jedoch aktive Gestalten

vorherrschend, die versuchen, ihre Situation im P.ahmen des

Mög-־ 17 ו

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lic h e n zu beeinflussen, so finden w ir in den ukrainischen Erzäh- lungen solche Gestalten le d ig l ic h i n der späteren Erzählung " I n

-• s t y t u t k a ” - sonst dominieren h ie r d ie Leidenden, Passiven.

Können sich in Turgenevs C h a ra k te ris tik kunstbeflisseneund an P hi- losophie in t e r e s s ie r t e Gutsbesitzer wiedererkennen, die ihren

Leibeigenen gegenüber g le ic h g ü lt ig und deshalb grausam sind, so i s t e in ähnliches Herrenbild bei Marko Vov<iok le d ig lic h in " I g r u - secka" und v i e l l e i c h t auch in "Saša" zu finden, die übrigen Her- ren, insbesondere aber d ie in den ukrainischen Erzählungen, be- handeln ih r e Leibeigenen n ic h t wie Gegenstände, sondern wie Objek- te zur Befriedigung ih r e r sadistischen Neigungen.

Die ukrainischen und die russischen Volkserzählungen u n te rsch e i- den s ic h aber auch in bezug auf ih re Einordnung in die l i t e r a r i - sehen Strömungen ih r e r Z e it.

Während d ie russischen Volkserzählungen ־ der T ra d itio n der "na- t u r a i ' naja Škola"entsprechend - den Bauern als Menschen m it e i - ner Seele d a r s te lle n , der durchaus imstande i s t , die Ursachen s e i- ner tragischen S itu a tio n zu erkennen, die veränderbar i s t und a l l e i n sein Schicksal bestimmt, und somit vor a lle n Dingen an das Gefühl der G le ic h h e it und Menschlichkeit beim Leser a p p e llie re n , wollen d ie ukrainischen Erzählungen vor a lle n Dingen rühren. Ih re Gestalten lehnen sich n ic h t auf und lassen kein Bewußtsein ih r e r S itu a tio n erkennen; sie leiden auch aus anderen Anlässen als s o l- chen, d ie durch ih re so zia le S itu a tio n bedingt sind, wie die Er- zählungen aus dem fre ie n Bauernleben zeigen.

In den ukrainischen Erzählungen i s t Marko VovČok n ic h t w e it über den Ethnographismus der Romantiker 74, etwa Hulak-Artemovs * k y j , Osnov'janenko, Hrebinka in ihren ukrainischsprachigen Werken, hinausgegangen, dem sie l e d ig l ic h das emotionale und soziale En- gagement h in z u fü g te ; wie d ie voraufgegangenen K a p ite l gezeigt ha- ben, fand s ie d ie V o rb ild e r f ü r ih re Gestalten weniger durch re - ale Anschauung a ls vielmehr in der Volksdichtung und bei ihren e b e n fa lls aus der Volksdichtung schöpfenden Vorläufern in der ukrainischen L i t e r a t u r .

In den voraufgegangenen K apiteln wurde mehrfach auf die Dominanz der Frauenfiguren in den russischen und ukrainischen Volkserzäh- lungen hingewiesen; diese Dominanz und d ie größere c h a ra k te rlic h e Stärke der Frauengestaltung könnten dahingehend i n t e r p r e t i e r t wer- den, daß Marko Vovžok h ie r der T ra d itio n der

Emanzipationsbestre-־ 118

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bung der Frau im 19. Jh. e n ts p ric h t - dafür sprächen auch e in ig e Frauengestalten aus ihren russischen Romanen.

A lle rd in g s muß h ie r f ü r die ukrainischen Volkserzählungen die Einschränkung gemacht werden, daß auch im ukrainischen V o lk s lie d die Frau eine dominierende Rolle einnimmt - sei es in G e s ta lt der verlassenen, leidenden M utter, sei es in G estalt des Mädchens, das, wenn dem Mann n ic h t überlegen, so doch moralisch in der Rol- le der Verlassenen oder Verführten s tä rk e r i s t oder wenigstens eingehender g e s c h ild e rt w ird .

Zusammenfassend kann man f e s t s t e lle n , daß sowohl die russischen als auch die ukrainischen Volkserzählungen von ih r e r Thematik und ih r e r Zielsetzung her in der T r a d itio n der ,.,n a t u r a l

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na ja Skola"

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stehen; ih re Gestaltung i s t jedoch vor allem in bezug auf d ie

ukrainischen Erzählungen noch sehr s ta rk von den ethnographischen, romantischen T raditio nen der ukrainischen L it e r a t u r geprägt, über die sie l e d i g l ic h im H in b lic k auf i h r g e s e lls c h a ftlic h e s Engage־

ment hinausgehen.

Die vorherrschende E m o tio n a litä t in den Erzählungen, d ie a l l e r - dings in den ukrainischen Erzählungen weitaus s tä rk e r i s t a ls in den russischen, s t e l l t sie zwar in die Nähe der Erzählungen von G rigoroviè, n ic h t jedoch der Zielsetzung und der T ra d itio n e n der

" n a t u r a l

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naja š k o la " .

Turgenev

Marko VovČok war s e lb s t bemüht, auch ih re ukrainischen Volkserzäh- lungen dem russischsprachigen Leserpublikum zugänglich zu machen.

Sie übersetzte ih re ukrainischen Texte ins Russische und v e rö ffe n t- l ic h t e sie v e re in z e lt in der Z e i t s c h r i f t "Russkij v e s tn ik " 75.

I h r persönlicher Freund Turgenev76, der Marko Vovcok auch als Au- t o r i n schätzte, nahm sich v o r, die eigenen Übersetzungen der Au- t o r i n zu verbessern, da der ukrainische Akzent in ihnen zu deut- lie h sei ( "sliškom javny j otpečatok m aiorossijs k o j r e č i^ ) , und versuchte in seiner Übersetzung sowohl die Reinheit der russischen Sprache zu bewahren ( " s o b l j u s t i . . .fe is to tu i p r a v i l ' n o s t

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rodnogo_

jazyka") a ls auch die poetische Grazie und den naiven Reiz ("n a iv

-^ ך g

---nuju pre l e s t

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i p o e tice sku ju g r ā c ij u " ) des O rig in a ls beizube- h a lte n .

Die Z e it s c h r if t e n , in denen die Übersetzungen der Autorin v e rö f- fentlichtw orden sind, waren le id e r n ic h t zugänglich, so daß ein Vergleich beider russischer Fassungen n ic h t möglich war. Die sprach

liehen Merkmale der Turgenev-Übersetzung so lle n h ie r auch n ic h t eingehender untersucht werden; im folgenden werden le d ig lic h die a u f f ä llig s t e n le x ik a lis c h e n Merkmale seiner Übersetzung genannt.

Turgenev übersetzte w ö r tlic h (soweit Lexik und Syntax beider Spra- chen dies zulassen) und bemühte sich s te ts , das ukrainische O ri- g in a l d e u tlic h durchscheinen zu lassen. So werden b e re its die

Grundbegriffe aus dem sozialen Bereich wie "le ib e ig e n " oder "h e rr- s c h a ft lic h " in der Form des O rig in a ls beibehalten, es heißt also

"krepost n y j " , "krep ak", *^>an

%

"p a n s k ij" und n ic h t " b a r s k i j " , "ba- ry n “ wie in den russischen Volkserzählungen der A utorin s e lb s t.

Neben weiteren Ukrainismen wie ,,divčatka" s t a t t "devočki" hat Turgenev auch die im ukrainischen O r ig in a lt e x t so zahlreichen Vergleiche, Diminutive, Phraseologismen und Anreden im Russischen in einer analogen Form beibehalten, so u.a. "slovno kukuška syra- j a " , "rezvaja s l ovno z a j e ik " , "detočki slovno p č e lo č k i", "rucen*- k i " , "slovecko", ^vestocka^, " venoèek" , "šfeepočka" , "rano-rane- chon

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ko" , "rasskazat

1

vse doč i s t a " , "vek svekovat *11, "s lezami ob- l i v a t

1

sja " , "glaza vyp la k a t1" , "poplaka t

1

tic h o n *k o 1'; bei den An- reden, die in ih r e r Zusammensetzung analog beibehalten sind,

schwankt Turgenev zwischen der russischen Nominativ-Form und

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ו ו

-îem ukrainischen Vokativ: "dočka moja milaja" , "milyj bat juška",

*sokol moj", "tetoÒka" - statt tetuśka - "naža milaja**, aber mit /okativ "pane-brate", "kozaòe", "divëyno".

ЧеЬеп den sozialen Begriffen wie ,,pan", "pani", "panšČina", die эеі D a l 1 79 als süd-und westrussische Form von "baryn", "barynja",

"barscina" angegeben sind sowie "krepak", "krepacka", die Dal*

ebenfalls als süd-und westrussische Гогтеп von "barskij" angibt, gebraucht Turgenev auch an anderen Stellen südrussische Ausdrücke, so u.a. "mesjac" statt "luna", "čerevik" statt "basmak", "mogila"

im Sinne von "kurgan", "devčata" statt "devuski", "gostinec*" statt

"podarok", "Йитак", "čumakovat*״.®°

Er gebraucht jedoch auch Ausdrücke, die bei Dal' nicht aufgeführt aind, so etwa "parobok", "gorilka", "svet" im Sinne von "mir",

"Ielejat *", "voly polovye" (im Russischen ist "polovyj" lediglich im Sinne von "strohfarben" gebräuchlich). Wörtlich übernommen hat Turgenev Redensarten, z.T. mit einer russischen Übersetzung in ei- ner Fußnote, so etwa "aby babo rjabo", "do ljuboji nebohy пета da- lekoji dorohy", "как Marko po рекlu". Beibehalten wurden auch ei- nige Pflanzennamen aus "Danylo Hurë" und "Maksym Нгутаб", so z.B.

"barvinok", "horobynyj horošok", "vovča stupa", "kopytnyk", "be- rizka", "smilka " , "zyvokistי״.

Diese Merkmale geben einen Hinweis darauf, daß diese Übersetzung