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Rolle und Umsetzung des Fallmanagements in den Pflegestützpunkten Analog zur Beantwortung der Frage zur Versorgungsplanung gaben rund 10 % der

6. Ergebnisse der Befragung der Pflegestützpunkte

6.2 Koordinierung der wohnortnahen Versorgung im Einzelfall Schwerpunkte der Befragung im Fragenblock zwei bildeten das Fallmanagement,

6.2.2 Rolle und Umsetzung des Fallmanagements in den Pflegestützpunkten Analog zur Beantwortung der Frage zur Versorgungsplanung gaben rund 10 % der

PSP an, generell kein Fallmanagement durchzuführen (Schleswig-Holstein, Thürin-gen, teilweise in Niedersachsen und NRW). Wenn Fallmanagement durchgeführt wird, erfolgt dies in der Regel in Fällen „mit komplexen Bedarfen“. Dies wird von einigen PSP beispielsweise folgendermaßen konkretisiert:

 es liegen mindestens drei Problemlagen vor,

 ab zwei Maßnahmen im Versorgungsplan, welche von dem Pflegeberater durchgeführt werden müssen,

 bei Beteiligung mehrerer/vielfältiger Akteure,

 wenn mehrere Rechtsbereiche betroffen sind.

Ein weiteres, sehr häufig genanntes Kriterium sind mangelnde Ressourcen auf Sei-ten der KlienSei-ten zur selbständigen Bewältigung der Pflegesituation (mangelndes Selbsthilfepotenzial, keine Angehörigen oder soziale Netzwerke, drohende Ver-wahrlosung, nach einem Akutereignis etc.).

Weitere Antworten enthielten eher allgemeine Hinweise auf Dienstanweisungen, Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Case- und Care-Management sowie auf Fälle gem. § 7 a-c SGB XI.

Gefragt nach ihrer konkreten Rolle im Fallmanagement sehen sich zwei Drittel der Pflegestützpunkte als Fallmanager, d. h. es findet auch eine Überwachung der Um-setzung des Versorgungsplans sowie eine Überprüfung der Wirksamkeit der Maß-nahmen statt (vgl. Abbildung 41). Immerhin knapp 23 % sehen sich jedoch nur in der Position des Vermittlers, was auf ein eher reduziertes Verständnis von FM hin-deutet. Die restlichen 9 % führen keine FM durch.

Abbildung 41: Die Funktion des Pflegestützpunktes im Rahmen des Fallmanage-ments (n = 184, Angaben in %)

Quelle: IGES

Auf personeller Ebene wird das Fallmanagement in der überwiegenden Mehrzahl der Pflegestützpunkte (75 %) bei Bedarf von allen Beratern durchgeführt. Wo dies verneint wurde, nannten die PSP folgende, für das FM zuständige Personen:

 Pflegeberater der Pflegekassen (qualifiziert nach § 7 a SGB XI),

 Berater mit ausreichender Berufserfahrung und speziellen Kompetenzen,

 Pflege- und Sozialberater,

 die Mitarbeiter im Bereich Psychosoziale Begleitung,

 qualifizierte Case-Manager.

Ein Pflegestützpunkt gab an, keine personellen Ressourcen für ein Fallmanage-ment zur Verfügung zu haben. Bei einem anderen Pflegestützpunkt wurde im Rah-men einer Kooperationsvereinbarung eine halbe Vollzeitstelle explizit ohne die Übernahme von Fallmanagement vereinbart.

Über die Hälfte der Pflegestützpunkte (rd. 58 %) berichtete, in ausgewählten Fällen das Fallmanagement nicht selbst durchzuführen, sondern an andere Akteure ab-zugeben. Dies erfolgte z. B. wenn:

 vorhandene Fachberatungsstellen eher qualifiziert sind (z. B. gerontopsy-chiatrische Beratungsstellen, Sozialpsygerontopsy-chiatrischer Dienst, Stützpunkte mit Kinderbeauftragten, Sozialpädiatrisches Zentrum, Beratungsstellen

8,7

22,8

68,5

0 10 20 30 40 50 60 70 80

weder noch Der PSP ist vorwiegend als Vermittler tätig.

PSP übernimmt Rolle des Fallmanagers und überprüft auch die Wirksamkeit der

eingeleiteten Maßnahmen.

für körperbehinderte Menschen, Suchtberatungsstellen, Rechtsberatung, Gesundheitsamt, bezirkliche Seniorenberatung, palliative Beratung, kom-munale Sozialdienste, Schuldnerberatungsstelle),

 die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung notwendig ist,

 eine eindeutige Zuständigkeit anderer Rechtsbereiche vorliegt (z. B. durch die Rentenversicherung (SGB VI), Unfallversicherung (SGB VII), Sozialhilfe (SGB XII), Jobcenter (SGB II), Eingliederungshilfe (SGB XII – bis 2020, da-nach SGB IX), Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten oder Ausländerbehörde),

 Personen privat versichert sind,

 eine Sterbebegleitung erforderlich ist oder

 der Wohnort/die Arbeitsstelle der Klienten näher an einem anderen PSP liegt.

Einzelne Pflegestützpunkte ergänzten, dass sie aufgrund der Zuständigkeit einer anderen Institution das Fallmanagement zwar abgeben, aber dennoch versuchen

„abschließend“ zu beraten, andere wiederum geben das Fallmanagement generell an Dritte ab.

Das Fallmanagement ist der Regel zeitlich nicht von vornherein befristet (94 %). So ist dies grundsätzlich auch in den Standards des Case-Managements vorgesehen, wonach die Länge eines FM ausschließlich von sachlichen Gründen bestimmt wer-den sollte. Von 80 PSP nannte ein Drittel die Zielerreichung, weiterhin wurde auf die Abhängigkeit von den konkret umzusetzenden Maßnahmen und die Schnellig-keit der anderen Akteure verwiesen. PSP mit zeitlichen Vorgaben für FM-Fälle (n = 11, 6 %) nannten mehrheitlich ein bis max. sechs Monate und nur in zwei Fällen darüber hinaus bis zu acht oder 12 Monate.

Die Häufigkeit von Fallmanagement-Fällen (als Anteil an allen Beratungsfällen, Schätzwerte) fällt ähnlich wie bereits die Anzahl der Fälle je PSP sehr unterschied-lich aus: Die Spannbreite lag bei 1 % bis 80 %, mit einem Mittelwert von 19 % (n = 150 PSP). Aber auch die Durchschnittswerte nach Bundesländern liegen mit 1 % bis über 30 % weit auseinander (wobei erneut für einige Bundesländer nur ein bis zwei Datensätze vorliegen, so dass der sehr hohe Wert für Baden-Württemberg kaum aussagekräftig ist):

Tabelle 25: Anteil Fallmanagement nach Bundesländern (n = 150)

Bundesland Anteil Fallmanagement in %

Baden-Württemberg (n = 2) 59

Bayern 10

Berlin 8

Brandenburg 32

Bremen (n = 1) 1

Hamburg 6

Hessen 24

Mecklenburg-Vorpommern 31

Niedersachsen 26

Nordrhein-Westfalen 20

Rheinland-Pfalz 15

Saarland 12

Schleswig-Holstein 6

Thüringen (n = 1) 30

Quelle: IGES

Anhand der im Fragenblock 1 angegebenen Fallzahlen 2016 konnte für 64 PSP je-weils der Anteil von Fällen mit Fallmanagement an allen Beratungsfällen errechnet werden: Er lag im Durchschnitt bei 10 % (Median 5,6 %, Spannbreite 0,1 bis 48 %).

Aus veröffentlichten Daten von Berlin für das Jahr 2014 und 2015 geht hervor, dass der Anteil „komplexer Beratungsfälle“ bei unter 3 % lag. Der Jahresbericht 2016 aus Bremen weist einen Anteil von Fällen „mit Versorgungsplan“ von 2 % aus (Die Senatorin für Soziales 2017: 7). Eine Studie aus Baden-Württemberg hat einen An-teil der Case-Management-Fälle von knapp 18 % ermittelt (Mehnert und Tebest 2013). Insofern scheinen die Schätzwerte in der Befragung in einigen Bundeslän-dern (insb. den beiden PSP aus Baden-Württemberg) tendenziell zu hoch zu sein.

Nur die Hälfte der PSP, in denen Fallmanagement durchgeführt wird (74 von 150 PSP), gaben an, für alle FM-Fälle einen Versorgungsplan zu erstellen. Von diesen wiederum überprüfen 68 PSP zumindest einmalig auch die Wirksamkeit der einge-leiteten Maßnahmen. Ein relativ hoher Anteil der FM-Fälle (60 %) besteht vorwie-gend in der Vermittlung von Hilfen und Dienstleistern. In diesen Fällen wird selte-ner die Wirksamkeit der Beratung überprüft (nur in jedem zweiten Fall).

Insgesamt wird vor allem deutlich, dass der Begriff „Fallmanagement“ bundesweit sehr unterschiedlich ausgelegt wird. Ein PSP aus Mecklenburg-Vorpommern hat ein konkretes Beispiel zur Vorgehensweise geschildert:

1. Zielformulierung und Hilfeplan erstellen

2. Begleitung des Betroffenen durch mindestens einen Nachkontakt nach Er-stellung des VP

3. regelmäßige Draufsicht und Zwischenevaluation sowie Nachregulierung bei verändertem Hilfebedarf

4. das Fallmanagement endet mit einer Abschlussevaluation, wenn

- die Versorgungsbedarfe der Klienten beendet sind und zu deren Zufrie-denheit und Wünschen umgesetzt wurden,

- sich kein persönlicher Nachkontakt innerhalb von 2 Monaten ergeben hat,

- der Klient dauerhaft an einen anderen Zuständigkeitsbereich ohne wei-tere Einbindung des Pflegeberaters weitergeleitet wurde,

- der Klient keine Unterstützung mehr wünscht oder - der Klient verstorben ist.

Zur Durchführung eines Fallmanagements (Case-Management) konnten weitere Besonderheiten im Saarland und in Hamburg identifiziert werden. Dort gelten als Voraussetzung für ein FM die Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Care- und Case-Management (DGCC). Die PSP in Hamburg hätten zwar viele zeitaufwändige und komplexe Beratungsfälle, die jedoch die Bedingungen für ein CM trotzdem nicht erfüllten. Daher würde seltener ein Fallmanagement dokumentiert, obwohl viele Fälle komplex sind.

Die Pflegestützpunkte in Schleswig-Holstein führen dagegen kein Fallmanagement, sondern nur eine einfache Beratung durch. Das Fallmanagement soll ausschließlich von den Pflegeberaterinnen und -berater der Kassen erbracht werden: „Wir arbei-ten nicht mit einem Versorgungsplan. Der Rahmenvertrag in Schleswig-Holstein besagt, dass Aufgabe der PSP das Care-Management ist und kein Fallmanagement.

Für das Fallmanagement soll übergeleitet werden an die Pflegeberatung der Pfle-gekassen. Trotzdem geht unsere Beratung in Einzelfällen über die einfache Bera-tung hinaus.“