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4. Überblick zur bundesweiten Entwicklung von Pflege- Pflege-stützpunkten und zur Situation in den einzelnen

4.4 Zur Situation in den einzelnen Bundesländern

4.4.10 Nordrhein-Westfalen

 Allgemeinverfügung: 29.05.2009

 Rahmenvereinbarung: 01.05.2009

In NRW herrscht ein vielfältiges Nebeneinander verschiedener Pflege- und/oder Wohnberatungsangebote. Grundsätzlich fällt die Gesamtzahl der bisher errichte-ten PSP in Bezug zur Gesamteinwohnerzahl eher gering aus. Von den rund 160 ur-sprünglich anvisierten PSP - drei PSP je Kreis bzw. kreisfreier Stadt - wurden bisher 85 PSP realisiert (Stand Januar 2018), da sich nur rund die Hälfte der Kreise für die Einrichtung von PSP entschieden hat. Die Versorgungsdichte der PSP bezogen auf die Einwohnerzahl ist somit im bundesweiten Vergleich geringer als in anderen Bundesländern und liegt bei 1: 210.183 Einwohner (Platz neun, vgl. Tabelle 2 im Abschnitt 4.1).

Begonnen hat die Entwicklung bzw. der Ausbau der Beratungsinfrastruktur in den 90er Jahren mit der flächendeckenden Etablierung von Pflegeberatungsstellen ge-mäß dem Landespflegegesetz sowie der Entstehung von Wohnberatungsstellen und etwas später den Demenz-Servicezentren. Im Jahr 2008 gab es über 200 gelis-tete Pflegeberatungsstellen und ca. 100 Wohnberatungsstellen. Die damals noch recht jungen Demenz-Servicezentren haben sich bis heute etabliert und ausgewei-tet (Verbraucherzentrale NRW 2008).

Sowohl die Pflege- als auch Wohnberatungsstellen wurden von verschiedenen Trä-gern betrieben. Der Großteil der Pflegebratungsstellen war in kommunaler Träger-schaft, einige gehörten zu freien Trägern (z. B. der Verbraucherzentrale im Kreis Aachen und Unna) bzw. Wohlfahrtsverbänden. Ähnlich verhielt es sich auch mit den Wohnberatungsstellen, die u. a. teilweise als Modellprojekt vom Land oder

den Landesverbänden der Pflegekassen und der jeweiligen Kommune finanziert wurden. Die Finanzierung der Demenz-Servicezentren erfolgte durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Spitzenverbände der Pflegekassen gemäß § 45 c SGB XI (ebd.).

Die bisher genannten Angebote boten alle eine trägerunabhängige und neutrale Beratung an. Über die Jahre haben sie sich etabliert und gelten auch heute noch als wichtiger Bestandteil des Altenhilfenetzes vor Ort. Dabei bildeten sich regionale Netzwerke, die z. B. im Kreis Unna durch Verbundarbeit mit Partnern der Pflege- und Wohnberatung, einem Demenz-Infotelefonservice sowie der psychosozialen Beratung neutral beraten und Fallmanagement anbieten (abgestimmte Kooperati-onsstrukturen). Weitere Beratungseinrichtungen, angebunden an die Leistungs- und Kostenträger (z. B. und Pflegekassen, die Sozialdienste der Kranken-häuser, Beratung durch Pflegedienste, Pflegeheime und Wohlfahrtsverbände), er-gänzen das Beratungsangebot (ebd.).

Dieses nach wie vor bestehende dichte Netz sowie die langjährig gewachsenen lo-kalen Netzwerkstrukturen spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung der kom-munalen Altenhilfestrukturen. Ziel der PSP war es daher, eine wohnortnahe Bün-delung aller Unterstützungsangebote rund ums Alter und Pflege vorzunehmen, eine neutrale Beratung zu gewährleisten sowie Anstöße für Dienstleister und Kom-munalpolitik zu geben (ebd.).

Seitens des Sozialverband Deutschland, Landesverband NRW e. V., wurde 2014 festgestellt, dass eine sehr unterschiedliche Umsetzung von Konzeption und Aus-stattung, sei es der kommunalen Pflegeberatung, der Angebote der Pflegekassen oder – dort wo vorhanden − der Pflegestützpunkte, zwischen den Kommunen be-stand (SoVD e. V. 2014). Obwohl im Rahmenvertrag „nach Start- und Erprobungs-phase (31.12.2010)“ vorgesehen, konnte für NRW kein Evaluationsbericht zum Aufbau der PSP gefunden werden.

Exemplarisch vermitteln die Jahresberichte einiger PSP einen Eindruck der Arbeit.

Am Beispiel der Stadt Mönchengladbach wurde deutlich, weshalb die Strukturen der Pflegestützpunkte in NRW im Vergleich zu anderen Bundesländern schwerer zu beurteilen sind: Beim Fachbereich Altenhilfe der Stadt Mönchengladbach ist die

‚Beratungsstelle Pflegen und Wohnen‘ seit 2010 angesiedelt und vom Land Nord-rhein-Westfalen als zentraler Pflegestützpunkt der Stadt Mönchengladbach mit 13 dezentralen Außenstellen in den einzelnen Stadtgebieten akkreditiert. Die Bera-tungsstelle ist zwar ein PSP, trägt jedoch zwei Bezeichnungen. Dies liegt einerseits in den historisch gewachsenen und bereits etablierten Strukturen begründet und zum anderen in der Ablehnung gegenüber der Bezeichnung „Pflegestützpunkt“.

Hinzu kommt die im Vergleich zu anderen Bundesländern in der Praxis gelebte kon-zeptionelle Verbindung der Wohn- und Pflegeberatungstätigkeit, deren Tätigkeiten sich auch im Namen widerspiegeln sollten. Im PSP der Stadt Mönchengladbach ist die Wohnberatung ein integrativer Bestandteil. Es sind jedoch nicht alle Pflege- und Wohnberatungsstellen zugleich PSP, was in der Praxis zu deutlichen Verwir-rungen führt (Stadt Mönchengladbach 2016: 3).

Bezüglich der Umsetzung der Koordinierung und Vernetzung sah die Rahmenver-einbarung bereits erste konkrete Ansätze vor. Zur Sicherstellung der Zusammenar-beit sollten entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen und detail-lierte Angaben in den jeweiligen Stützpunktverträgen geregelt werden. Dies galt z. B. für eine Kooperation mit den in NRW eingerichteten örtlichen Pflegekonfe-renzen als auch den Demenz-Servicezentren (RV NRW Abs. V).

Im Pflegestützpunkt der Stadt Mönchengladbach nahm die Kooperations- und Ver-netzungsarbeit laut Jahresbericht einen großen Stellenwert ein. Dazu gehörten re-gelmäßige oder bedarfsorientierte Austauschtreffen mit verschiedenen Akteuren der Region (z. B. Fachbereich Soziales und Wohnen, Fachbereich Gesundheit, Psy-chosozialen Begleitung, Kommunale Konferenz Alter und Pflege, Krankenhaussozi-aldienste, etc.) sowie Kooperationen mit anderen Beratungsstellen in der „Arbeits-gemeinschaft örtlicher Beratungsstellen für ältere Menschen mit eingeschränkten Alltagskompetenzen“. Außerdem informierten sich die Beschäftigten regelmäßig über das aktuelle Angebot im Stadtgebiet (Stadt Mönchengladbach 2016: 8ff.).

Insgesamt wurden die Synergieeffekte in Folge der Integration der Wohnberatung in den Pflegestützpunkt von den Betroffenen sehr gut angenommen und als ent-lastend empfunden (ebd.: 11).

Im Bereich der Qualitätssicherung ließen sich bis auf überwiegend strukturelle An-gaben keine konkreten Maßnahmen in der Rahmenvereinbarung identifizieren.

Der SoVD NRW bemängelte die bisherige Umsetzung der Anforderungen der Be-ratungsangebote (Beratung nach § 7 a) der Pflegekassen und der Pflegestütz-punkte, da die Kassen zu wenig Fallmanagement durchführen würden und vorran-gig zu gesetzlichen Ansprüchen beraten und informieren. Für die kommunalen Beratungsstellen war das Angebot eines Fallmanagements beispielsweise über-haupt nicht vorgesehen (SoVD e. V. 2014).

Insgesamt präsentiert sich NRW mit einer schwer überschaubaren Beratungsland-schaft, die sich von Ort zu Ort sehr unterschiedlich ausgestaltet und letztlich dazu führt, dass „gute“ Beratung wohnortabhängig wird. Um dem entgegen zu wirken, bedarf es einheitlicher Qualitätsstandards, die bisher eher unzureichend und regi-onal verschieden vorliegen.

2016 wurde von der Landesregierung ein Prozess zur Neuausrichtung der Pflege-beratung angestoßen mit dem Ziel, insbesondere die Transparenz zu den vielfälti-gen Beratungsangeboten für die Bevölkerung zu verbessern. Im Mittelpunkt steht die Etablierung eines „Kompetenznetzwerks Angehörigenunterstützung und Pfle-geberatung NRW“ (KoNAP NRW) - eine der eigentlichen Beratung vorgelagerte In-formationsplattform. „Im Rahmen eines Modellprojekts mit einer Laufzeit von drei Jahren soll eine für NRW einheitliche Struktur geschaffen werden, die vor allem die Transparenz über bestehende Beratungsangebote schafft und pflegende Ange-hörige über Beratungsmöglichkeiten berät und so schnell und zielgenau zu pass-genauen Angeboten vor Ort "Iotst". Ferner soll das KoNAP aufgrund des zu erar-beitenden vollständigen Überblicks über die Beratungsstruktur

Verbesserungs-bedarfe aufzeigen, weitere UnterstützungsVerbesserungs-bedarfe herausarbeiten und darauf ba-sierend entsprechende Impulse in die vorhandene örtliche Beratungsstruktur ge-ben.“ (MGEPA 2016: 10).

Getragen wird KoNAP von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V. in Kooperation mit der gemeinnützigen Gesellschaft für soziale Projekte mbH (GSP) und der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen Nordrhein-Westfalen e. V.

(LAG Selbsthilfe NRW). Mittlerweile steht den Ratsuchenden ein Pflegewegweiser mit einer kostenfreien Rufnummer zur Verfügung (www.pflegewegweiser-nrw.de).

Das Internetportal zur „Online-Suche rund um die Uhr“ enthält eine Pflegedaten-bank, in der man Postleitzahlenbezogen nach Beratungsstellen, haushaltsnahen Dienstleistungen und Pflegeselbsthilfe-Angeboten suchen kann.