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Fazit der Literaturrecherche zu Evaluationen der Pflegestütz- Pflegestütz-punkte

4. Überblick zur bundesweiten Entwicklung von Pflege- Pflege-stützpunkten und zur Situation in den einzelnen

4.5 Fazit der Literaturrecherche zu Evaluationen der Pflegestütz- Pflegestütz-punkte

Die Pflegestützpunkte verstehen sich in erster Linie als Beratungsstellen. Die Auf-gabenerfüllung in den Bereichen Information, Auskunft und Beratung, insb. die Durchführung der Beratungen nach § 7 a SGB XI, standen in den Evaluationen im Vordergrund, mit den Themen Zielgruppen, Erreichbarkeit, Beratungsanlässe und -themen, Häufigkeit der Inanspruchnahme, Beratungsumfang und -qualität, Zu-friedenheit der Klienten mit dem Beratungsergebnis etc.

Dies dürfte unter anderem der Tatsache geschuldet sein, dass die meisten Studien im Zeitraum 2011 bis 2013 entstanden und ihr Fokus auf der Bewertung des (er-folgreichen) Aufbaus der Pflegestützpunkte lag. Die Aufgabe der Koordinierung und Vernetzung der regionalen Versorgungsstrukturen wird in den meisten Stu-dien angesprochen, meist jedoch auf Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktaufnahme zu anderen Akteuren reduziert und in der Regel als ausbaufähig bewertet. Auch dies dürfte auf den relativ frühen Zeitpunkt der meisten Studien zurückzuführen sein, zu dem die Aufbauphase der PSP noch nicht ganz abgeschlossen war.

Überall dort, wo die PSP auf Vorgängerstrukturen aufbauen konnten bzw. wo vor-handene, meist kommunale Beratungsstellen (einschl. des Personals) integriert wurden, ist die Vernetzung über den Bereich der Pflege hinaus ausgeprägter. D. h.

die PSP profitierten von den Anstrengungen in der Vergangenheit. Das führte nach Ansicht mehrerer Evaluatoren teilweise dazu, dass die PSP zu wenig Eigeninitiative bei der Weiterentwicklung der Strukturen zeigten und keine aktiven Impulsgeber waren, sondern sich auf die passive Teilnahme an Netzwerktreffen etc. beschränk-ten.

Hinsichtlich der Erfassung der für die Klienten regional verfügbaren Unterstüt-zungsangebote kann zwischen vertraglichen und formellen Anbietern (insbeson-dere den Erbringern von Leistungen auf der Grundlage von SGB V und XI) sowie den Anbietern informeller und niedrigschwelliger Hilfen unterschieden werden (z. B. Ehrenamtliche, Nachbarschaftshilfen, Selbsthilfegruppen, Vereine). Wie gut der Zugang der Pflegeberatung zum vorhandenen Netz von

Unterstützungsange-boten und deren Gestaltung im Sinne eines Care-Managements gelingt, ist abhän-gig vom Einzugsbereich der Pflegestützpunkte und deren personeller Ausstattung sowie deren Vorerfahrung.

Die meisten Kooperationen zwischen Pflegestützpunkten und anderen Akteuren basieren nicht auf systematisierten Abstimmungsprozessen, sondern auf persönli-chen Kontakten und vertraglich nicht geregelten Absprapersönli-chen (Joost und Metzen-rath 2012: 99). Während manche Pflegestützpunkte sich intensiv um die Einbezie-hung von Dritten in die Beratung bemühen und sich auch inhaltlich anderen, im konkreten Fall relevanten Themen öffnen, beschränken andere PSP ihre Beratung weitgehend auf eine Beratung zu Antragsverfahren bei der Pflegekasse (GKV-SV 2012: 312).

Die vom Gesetzgeber (PfWG 2008) hervorgehobene Beteiligung der Träger der Al-tenhilfe und der Hilfe zur Pflege wird nicht überall umgesetzt. Fehlt diese, kommt es auch nicht zur systematischen Zusammenarbeit und Abstimmung von Pflege-kassen und Sozialhilfeträgern bei der Verbesserung der Versorgungsangebote und -strukturen. Auch die Beteiligung der vielen weiteren im Gesetz genannten Ak-teure an den PSP wird in den wenigsten Fällen umgesetzt. Es werden lediglich an-lassbezogen Dritte hinzugezogen, Informationsmaterial ausgelegt und der Aufbau ehrenamtlicher Strukturen unterstützt (Mickley 2016: 73).

Vieles deutet darauf hin, dass eine systematische Vernetzung und Koordination von Versorgungsstrukturen und Beratungsangeboten sowie deren Weiterentwick-lung in den Pflegestützpunkten kaum umgesetzt wird (ebd.: 74). Es wird allerdings in den Evaluationsberichten an dieser Stelle immer wieder betont, dass eine inten-sivere Aufgabenerfüllung mit den derzeitigen Ressourcen (insb. Personal) auch kaum leistbar wäre.

Die Länder haben in unterschiedlicher Weise in ihren Rahmenverträgen Gremien vorgesehen, von Runden Tischen über Lenkungs- und Steuerungsgremien bis zu Koordinierungsausschüssen. Diese Orte scheinen in unterschiedlicher Weise mit

„Leben“ erfüllt zu sein. Wenn sie genutzt werden, werden in den entsprechenden Gremien unterschiedliche Auffassungen, Interessengegensätze und Konflikte sicht-bar, die ausgetragen werden müssen. Die Aufgabe der Pflegeberatung braucht für ihre Implementation auf der Landesebene Orte, an denen um eine effiziente Ge-staltung eines aufeinander bezogenen Care- und Case Management gerungen und Verständigung erzielt wird (GKV-SV 2012: 204).

Folgende Erkenntnisse waren für die in der vorliegenden Untersuchung geplante Befragung von Bedeutung:

 Die Aufgabenerfüllung durch die PSP (alle Aufgaben gem. § 7 c Abs. 2 SGB XI) ist abhängig von den jeweiligen Strukturen der PSP in Bezug auf die Trägerschaft, die Dienst- und Fachaufsicht für die Pflegeberater, die Größe des Einzugsgebietes und die Personalausstattung sowie die Quali-fikation und Vorerfahrung der Beschäftigten.

 Weiterhin ist die Aufgabenerfüllung hinsichtlich der Koordinierung und Vernetzung abhängig vom Verständnis des Beratungsumfangs in den PSP im Gegensatz zur Pflegeberatung nach § 7 a SGB XI, d. h. ob diese unein-geschränkt von allen Beschäftigten in den PSP zu leisten ist oder nicht.

 Auch im Hinblick auf die Qualitätssicherung spielt die Frage der Dienst- und Fachaufsicht eine entscheidende Rolle. In mehreren Berichten wurde darauf hingewiesen, dass infolge uneinheitlicher Zugehörigkeiten unter-schiedliche Dokumentationssysteme und Weiterbildungsmaßnahmen greifen, was die Qualitätssicherung erschwert.

Aus der bisherigen Analyse geht hervor, dass die Durchführung der Pflegeberatung nach § 7 a SGB XI in den einzelnen Bundesländern mit Blick auf die Pflegestütz-punkte wie folgt geregelt ist:

Tabelle 7: Übersicht zu den Regelungen zur Durchführung der Pflegebera-tung gem. § 7 a SGB XI nach Bundesländern

Bundesland* Aufgaben der PSP

Baden-Würt-temberg

Kooperationsvereinbarung 2008: Verweis auf Aufgaben nach § 92 c SGB XI sowie Hinweis, dass im PSP keine Leistungsentscheidungen getroffen wer-den. „Gelebte Praxis“: PSP erbringen auch Case-Management, Kranken- und Pflegekassen werden i. d. R. erst bei Leistungsentscheidungen hinzuge-zogen (Tebest 2017)

Bayern RV 2009, Konzept: „Definition zur Übergabe an Pflegeberater nach

§ 7 a SGB XI - Sollte es sich in der Beratungssituation („PSP organisiert“) er-geben, dass zwei oder mehrere Maßnahmen durch einen Pflegeberater or-ganisiert werden müssen (auch Einbindung Dritter) und ein zweiter Kon-takt zum Klienten notwendig ist, muss eine Fallübergabe an den

zuständigen Pflegeberater erfolgen.“ Praxis: PSP-Mitarbeiter dürfen keine Hausbesuche machen, die Beratung der PSP erstreckt sich auch auf Fall-steuerung und Versorgungsplanung.

Berlin Landesrahmenvertrag 2009, Anlage Mustervertrag: Pflegeberatung nach

§ 7 a SGB XI wird in den PSP persönlich durch Pflegeberater der Kassen er-bracht. Mitarbeiter der landesseitigen PSP gewährleisten eine Pflegebera-tung im Sinne des § 7 a für Personen, die nicht gem. § 7 a SGB XI anspruchs-berechtigt sind (…) im Rahmen der gemeinsamen Sprechstunden mit den Beratern der Kassen. Praxis: Auch in den landesseitigen PSP findet durch alle Berater „komplexe Beratung“ im Sinne von Fallmanagement statt.

Brandenburg PSP-Konzept des Landesministerium 2009: Die Pflegeberatung gemäß § 7a SGB XI soll im Pflegestützpunkt angesiedelt werden. Unterscheidung zwi-schen Pflegeberatung (Fallmanagement) und Sozialberatung (Systemma-nagement). Praxis: FM werde nur selten angewandt, da die PSP vor allem Auskünfte erteilen und Erstberatung durchführen (Ruschmeier 2011).

Bundesland* Aufgaben der PSP

Bremen RV 2009: „Es ist sicherzustellen, dass Pflegeberatung nach § 7a SGB XI im Pflegestützpunkt in Anspruch genommen werden kann. (…) Die Personal-kosten für die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI tragen die Kranken- und Pflegekassen.“

Hamburg RV 2009: „Die Pflegeberatung im Sinne des § 7a SGB XI (…) ist von den Pflege- und Krankenkassen soweit wie möglich in die Pflegestützpunkte zu integrieren. (…) [sie] erfolgt durch die Pflegeberaterinnen und -berater (…) der Pflegekassen in enger Kooperation mit (…) Mitarbeitern der jeweiligen Bezirksämter.“

Hessen RV 2009: Beratung nach § 7 a SGB XI erfolgt durch die Pflegeberater der Pflegekassen in deren Geschäftsstellen oder zusätzlich zu den genannten Aufgaben in den PSP.

Mecklenburg-Vorpommern

RV 2010: Verweis auf Aufgaben nach § 92 c SGB XI sowie Hinweis, dass im PSP keine Leistungsentscheidungen getroffen werden, personelle Ausstat-tung der PSP schließt Pflegeberater gem. § 7 a SGB XI ein

Nieder- sachsen

RV 2009: „Die Pflegekassen führen auf Initiative des Pflegestützpunktes Pflegeberatungen im Sinne des § 7 a SGB XI durch. Diese können auch im Stützpunkt erfolgen. (…) Grundsätzlich ist eine dauerhafte Abstellung von Personal der Kranken- und Pflegekassen an die Pflegestützpunkte nicht vorgesehen.“

Nordrhein-Westfalen

RV 2009: „Die Beratung gem. § 7a SGB XI ist soweit wie möglich integraler Bestandteil der Arbeit von Pflegestützpunkten. (…) [Sie] erfolgt durch die Pflegeberaterinnen und -berater der Kranken-/Pflegekassen in enger Ko-operation mit den …. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Kommune, sofern die Kassen diese Aufgabe nicht auf Dritte übertragen.“

Rheinland-Pfalz

RV 2009: „Die Träger der Pflegestützpunkte stellen sicher, dass in den Pfle-gestützpunkten neben den Fachkräften der Beratungs- und Koordinie-rungsstellen weitere geeignete und entsprechend qualifizierte Fachkräfte in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung stehen, damit das Angebot ei-nes Pflegestützpunktes nach § 92 c SGB XI einschließlich der Pflegebera-tung vorgehalten und die PflegeberaPflegebera-tung nach § 7a SGB XI zeitnah und um-fassend wahrgenommen werden kann.“ Weiterhin wird bestimmt, dass die Träger der PSP je zur Hälfte die Kosten der PSP tragen und: „Die

Personal- und Sachkosten für die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI bleiben hiervon unberührt.“

Saarland RV 2009: „Beratung nach § 7 a SGB XI und nach § 11 SGB XII wird in der Verantwortung der jeweiligen Pflegekassen bzw. der Sozialhilfeträger in deren Geschäftsstellen erbracht oder zusätzlich zu den genannten Aufga-ben in den Pflegestützpunkten/Beratungs- und Koordinierungsstellen er-bracht. Soweit die Beratung nach § 7 a SGB XI bzw. § 11 SGB XII in den Pfle-gestützpunkten/Beratungs- und Koordinierungsstellen erbracht wird, ist sie gleichgewichtig von den jeweiligen Leistungsträgern sicherzustellen.“

Schleswig- Holstein

RV 2009: PSP ist Anlauf- und Koordinierungsstelle und arbeitet eng mit den Pflegeberatern zusammen, Pflegeberater (der Kassen) übernehmen das Einzelfall-Management, Trennung der Aufgaben von PSP (gem. § 92 c Care-Management) und Pflegeberatung bzw. Case-Management (gem. § 7 a)

Bundesland* Aufgaben der PSP

Thüringen Allgemeinverfügung 2010: „Ziel der Pflegestützpunkte soll eine gemein-same Koordinierung und Steuerung von Leistungen und Hilfsangeboten sein, um eine an den individuellen Bedürfnissen pflege- und betreuungsbe-dürftiger Menschen ausgerichtete Beratung und Betreuung wohnortnah zu ermöglichen und präventiv auf die im § 3 SGB XI festgeschriebene Forde-rung „ambulant vor stationär" hinzuwirken.“

Quelle: IGES. * Nur Bundesländer mit Pflegestützpunkten.

Diese bundeslandspezifischen Ausgestaltungen der Aufgabenverteilung im Hin-blick auf die Beratung gem. § 7 a SGB XI zwischen den PSP und den Pflegekassen wirkt sich auf sämtliche Aspekte der Arbeit in den PSP aus, und ist daher bei der Interpretation der Befragungsergebnisse zu beachten.