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B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

B.5 Wandel der Arbeitswelt

B.5.2 Restrukturierung

Alles in Veränderung – Die Mitarbeiterperspektive

Der Wandel der Arbeitswelt bringt sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den öffentlichen Dienst Anpas-sungsdruck und damit zunehmende Veränderungsdynamik mit sich. Restrukturierungen auf organisationaler Ebene sind für die Vielzahl der Beschäftigten zur alltäglichen Belastungsprobe geworden und werden nicht selten auch als existenzbedrohend wahrgenommen – etwa wenn der Fortbestand des Arbeitsplatzes auf dem Spiel steht.

Gleichsam sind Wachstum und Entwicklung immer auch mit Transformationen und systemischen Veränderun-gen verbunden. Veränderung ist also grundsätzlich notwendig und daher vom Grundsatz her positiv. Es lohnt sich indes die Frage zu stellen, welche Kontextfaktoren, Prozessaspekte und individuelle Eigenschaften und Verhaltensweisen erfolgreiche Veränderungen begünstigen.

Die Auswirkungen von Restrukturierungen auf die Beschäftigten – ob positiv oder negativ – sind in der be-triebswirtschaftlichen Literatur und entsprechenden Handlungsleitlinien und Ratgebern zur Durchführung von Veränderungsprozessen nur von randständigem Interesse, obwohl die Auswirkungen gravierender Veränderun-gen am Arbeitsplatz auf die Beschäftigten mithin nicht unerheblich sind. RestrukturierunVeränderun-gen gehen meistens einher mit der Zunahme von Stress, Arbeitsdruck und psychischen Belastungen (KÖPER, 2013). Statistiken der WHO und die Gesundheitsberichte verschiedener gesetzlicher Krankenkassen zeigen, dass die Bedeutung psy-chischer Erkrankungen für Fehlzeiten und Arbeitsunfähigkeit in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat.

Schätzungen der WHO zufolge wird Depression im Jahr 2020 den Hauptgrund für Arbeitsunfähigkeit darstel-len.

Der vorliegende Beitrag beleuchtet vor diesem Hintergrund die Perspektive der Beschäftigten auf gravierende organisationale Veränderungen und diskutiert mögliche Probleme und Reibungsverluste. Grundlage dafür ist vor allem ein durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gefördertes und von der Universität Leipzig umgesetztes Projekt (RIGOTTI et al., 2014). Die folgenden Abschnitte stellen zunächst dar, was unter Restrukturierung zu verstehen ist, fassen zusammen, in welchen Bereichen besonders viele Restrukturierungen stattfinden und widmen sich dann den potenziellen Auswirkungen auf die Mitarbeiter.

Restrukturierung – Was ist das?

Der Begriff Restrukturierung wird in Literatur und Praxis bisher undifferenziert genutzt, um eine Vielzahl ver-schiedener organisationaler Veränderungsprozesse zusammenzufassen (GREIF et al., 2004). Dazu gehören etwa Standortverlagerungen, Abwanderungen ins Ausland, Ausgliederung von Funktionseinheiten („outsourcing“), Betriebsstillegungen, Fusionen, interne Reorganisationen oder auch Geschäftserweiterungen (STORRIE &

WARD, 2007). Eine Standarddefinition findet sich in der Literatur nicht.

In Abgrenzung zu allgemeinem Wandel definieren wir Restrukturierung als „maßgeblicher Wandel in der Or-ganisation, ausgelöst durch eine strategische Entscheidung, die die Aufbau- und/ oder Ablauforganisation ver-ändern und damit Auswirkungen auf die Arbeitssituation der Beschäftigten und deren Befinden haben – und zwar unterschiedlich je nach Art der Restrukturierung“ (KÖPER et al., in Vorbereitung). Diese Definition be-tont drei wesentliche Aspekte: Restrukturierungen betreffen alle verschiedenen Ebenen der Organisation (Stra-tegie / Organisation, Arbeitsumfeld und individuelle Ebene), sie stellen einen Prozess dar, der im Zeitablauf verschiedene Phasen mit sich ändernden Prioritäten und Problemen beinhaltet. Zudem sind – je nach Art der Veränderung – die Wirkungen auf die Mitarbeiter unterschiedlich und potenziell sehr komplex (KÖPER et al., in Vorbereitung).

Im Hinblick auf diese Auswirkungen auf Mitarbeiter werden in der Literatur vor allem Fusionen, Personalabbau (Downsizing) und interne Reorganisation diskutiert (PROBST, 2003).

– Nach NERDINGER (2011) werden Fusionen von Betriebsübernahmen wie folgt abgegrenzt: Bei Fusionen (Mergers) erwirbt ein Unternehmen das Vermögen eines anderen (ganz oder teilweise) oder zwei Unterneh-men schließen sich auf der Basis einer gemeinsaUnterneh-men Vereinbarung zusamUnterneh-men. Bei einer Übernahme (Ac-quisition) geht ein Unternehmen in den Einfluss- und Entscheidungsbereich eines anderen über und verliert damit teilweise oder ganz seine Autonomie. Bei beiden Formen – insbesondere aber der Übernahme – ist die Zusammenführung der verschiedenen Organisationskulturen ist beim Verschmelzen ehemals eigenständiger Organisationen eine ernst zu nehmende Herausforderung.

Personalabbau ist in der Regel keine isolierte Restrukturierungsstrategie aber eine Maßnahme, die in der Mehrzahl der Restrukturierungsmaßnahmen Anwendung findet. Denn die Mehrzahl größerer betrieblicher Veränderungsmaßnahmen ist in der Regel mit dem Ziel der Einsparung von Kosten verbunden. Personalkos-ten biePersonalkos-ten aus Sicht der Unternehmen ein großes und kurzfristig zu realisierendes EinsparpoPersonalkos-tenzial. Für die Beschäftigen gehen damit gravierende Unsicherheiten einher – im Hinblick auf das Fortbestehen des eigenen Arbeitsplatzes oder bezüglich neuer Anforderungen.

Interne Reorganisationen beziehen sich ganz allgemein auf alle Veränderungen der organisationalen Struk-tur mit dem Zweck, sich an Markt- und Wettbewerbsbedingungen anzupassen. Dies beinhaltet oft den Weg-fall von Hierarchieebenen und das Schaffen von Synergien mit dem Ziel, Kosten zu reduzieren (PROBST, 2003).

Die Schwere und Art der Auswirkungen auf die Mitarbeiter hängt von der Breite und Intensität der konkreten Veränderungen ab. Je mehr Veränderungen gleichzeitig stattfinden und je gravierender sie sind – etwa indem sowohl Strukturen als auch wesentliche Routinen verändert werden – desto stärker sind die Auswirkungen auf die Mitarbeiter im Hinblick auf Motivation und Gesundheit (DAHL, 2011).

Restrukturierung – Wie verbreitet ist das?

Als maßgebliche Treiber eines hohen Veränderungsdruckes, der auf Organisationen lastet, werden die Globali-sierung, technologische Entwicklungen und rasche Marktveränderungen gesehen. Aber auch strukturelle Markt-veränderungen erfordern Reaktionen von Organisationen. Der Einzelhandel erhielt Konkurrenz durch Online-Märkte; Dienstleistungen, vor allem in der Finanz-, Versicherungs- und Touristikbranche unterliegen starken Rationalisierungstendenzen unter Einsparung von Personal. Aber auch im produzierenden Gewerbe und den Tab. B 15: Zusammenfassung verschiedener Datenbankrecherchen zur Prävalenz und den Auswirkungen von

Restrukturierungen

Kriterium Befund Datenbanken,

die dies stützen Art der Restrukturierung Interne Restrukturierung und „outsourcing“ sind besonders häufig ERM, WSI Unternehmensgröße Restrukturierungen finden insbesondere in großen Unternehmen statt.

Im Hinblick auf Personalabbau und den Einsatz prekär beschäftigter Mitarbeiter gibt es aber zu größeren mittelständischen Unternehmen keinen Unterschied

ERM, BIBB/BAuA, DGB-Index

Branchen Insbesondere die Industrie ist „betroffen“. Andere Branchen sind der

öffentliche Dienst, die Finanzbranche und Transport und Verkehr ERM, BIBB/BAuA Stellenabbau Restrukturierung geht in aller Regel mit Stellenabbau einher ERM, BIBB/BAuA,

DGB-Index Stress, Arbeitsdruck,

Zunahme von Anforde-rungen

Stress, Arbeitsdruck und Anforderungsvielfalt bzw. Zunahme der An-forderungen steigen insgesamt und zwar stärker in restrukturierten Organisationen. Je mehr Veränderungen stattfinden, desto stärker ist der Anstieg von Stress, Arbeitsdruck und Anforderungen.

BIBB/BAuA (DGB-Index, WSI)1

1 DGB-Index und WSI Betriebsrätebefragung stellen einen generellen Zuwachs an Stress und Arbeitsverdichtung fest. Sie bringen dies nicht

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Gesundheitsdienstleistungen wie der Kranken- und Altenpflege ist ein zunehmender Kostendruck spürbar.

Prognosen zufolge ist jedes dritte Krankenhaus von der Schließung bedroht (MCKINSEY, 2006). Als zusätzli-che Motoren der Veränderungsdynamik können die Finanz- und Wirtschaftskrise(n) der letzten Jahre angesehen werden. Diese zeigten auch Auswirkungen auf den öffentlichen Sektor. So stellen Fusionen und Standortverla-gerungen auch bei Organisationen der öffentlichen Hand keine Seltenheit mehr dar.

Verschiedene Befragungen geben umfassende Einblicke in das Restrukturierungsgeschehen der letzten Jahre in Deutschland (European Restructuring Monitor / ERM; WSI Betriebsrätebefragung; St. Gallener Datenbank zu Merges und Acquisitions / M&A; DGB-Index Gute Arbeit / DGB; BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung).

Übereinstimmend zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit von Restrukturierungsmaßnahmen mit der Größe der Organisation zunimmt. Im Branchenvergleich wies der Produktionssektor die stärkste Verbreitung von Restruk-turierungen auf – hier finden sich auch die größten Organisationen. Laut Daten des WSI-Betriebsrätepanels waren vor allem Produzenten von Verbrauchsgütern betroffen. Die M&A Database weist zudem auf weitrei-chende Veränderungen im Finanzwesen in den letzten Jahren hin), vermutlich als direkte Auswirkung der Fi-nanzkrise. Weitere Branchen mit hohen Restrukturierungsraten sind Transport-, Verkehrs- und Nachrichtenwe-sen.

Die Auswertungen der o. g. Datenbanken zeigen, dass Restrukturierungen zumeist mit dem Abbau von Personal einhergehen. Beschäftigte in restrukturierten Unternehmen berichteten auch häufiger als andere, dass Stress, Zeitdruck und Arbeitsanforderungen zugenommen hätten und nehmen eine erhöhte Arbeitsbelastung war.

Tabelle B 15 fasst zusammen, in welchen Sektoren, Betriebsgrößen etc. besonders viele Restrukturierungen stattgefunden haben und welche Auswirkungen auf die Mitarbeiter besonders stark zutage traten.

In der BIBB/BAuA-Befragung, einer repräsentativen Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufs-bildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), werden im Abstand von ca. 6 Jahren etwa 20.000 Personen telefonisch befragt. Dabei wird konkret nach (nicht näher spezifizierter) Restrukturierungserfahrung in den vergangenen zwei Jahren sowie nach acht betrieblichen Veränderungen ge-fragt, welche direkte Auswirkungen auf den eigenen Arbeitsplatz haben (z. B. Einführung neuer Maschinen, Wechsel der Führungskraft).

44 % der befragten Personen gaben bei der Befragung im Jahr 2006 Restrukturierungserfahrungen an. Fasst man die neun verschiedenen Indikatoren zusammen, zeigt sich sogar, dass lediglich 10 % der Beschäftigten berichteten, dass sie keine der aufgeführten Veränderungen erlebt hätten. Abbildung B 6 zeigt, dass Restruktu-rierungen in allen Sektoren und Unternehmensgrößen bei der aktuellen Befragung 2012 im Vergleich zu den Daten 2006 leicht abgenommen haben (KÖPER, 2013). Für die Gründe dieses Rückgangs gibt es in den Daten keine Anhaltspunkte. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise 2008/2009 wäre einerseits zu erwarten gewesen, dass sich die Anzahl der Restrukturierungen erhöht. Andererseits haben sich die Unternehmen in der schwieri-gen Situation eher konsolidiert. Der intensive

Einsatz von Kurzarbeit anstelle von Entlassun-gen, der im Europäischen Vergleich häufig als Erfolgsfaktor für die Bewältigung der Krise dargestellt wird, mag hierfür ein Hinweis sein.

Wie wirkt sich Restrukturierung auf Be-schäftigte aus?

Es ist davon auszugehen, dass Restrukturierun-gen mit BeeinträchtigunRestrukturierun-gen der Motivation und Gesundheit bei den Beschäftigten einhergehen.

Wissenschaftlich gut belegt sind die Auswir-kungen von Downsizing auf die Motivation und das Arbeitsverhalten von Beschäftigten (für einen Überblick siehe DATTA et al., 2010).

Die bisherige Forschung sowie unsere Analysen der einschlägigen Datenquellen (BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung, DGB-Index Gute Arbeit) können zudem belegen, dass

betriebli-Abb. B 6: Restrukturierungserfahrungen der Beschäftig-ten nach Wirtschaftssektoren 2006 und 2012

53,1

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 und 2012

che Veränderungen als bedeutsamer Stressor für die Beschäftigten einzustufen sind.

Im Vergleich mit nicht restrukturierten Organisationen berichten Beschäftigte in restrukturierten Organisationen von einer Zunahme an Belastungen in ihrer Arbeit. So zeigen die Ergebnisse der BIBB/BAuA-Erwerbstätigen-befragung aus den Jahren 2006 und 2012 das in Abbildung B 7 dargestellte Ergebnis. Weit mehr als die Hälfte der Befragten mit Restrukturierungserfahrungen gab an, dass Stress und Arbeitsdruck in den letzten beiden Jahren vor der Datenerhebung zugenommen habe (52 % in 2012 bzw. 61 % in 2006). Dagegen traf dies nur auf etwas mehr als ein Drittel der Befragten ohne Restrukturierungserfahrungen zu (34 % in 2012 bzw. 40 % in 2006). Ein vergleichbares, jedoch stärker ausgeprägtes Verlaufsmuster zeigt sich bei der Zunahme an fachlichen Anforderungen. So berichten 56 % der Befragten mit Restrukturierungserfahrung im Jahr 2012 bzw. 63 % im Jahr 2006 davon, dass höhere fachliche Anforderungen an sie gestellt werden.

Restrukturierungen gehen insbesondere mit psychosomatischen Beschwerden einher, wie Abbildung B 8 ver-deutlicht. Die BIBB/BAuA-Daten der Jahre 2006 sowie 2012 zeigen, dass Beschäftigte mit Restrukturierungser-fahrung häufiger von gesundheitlichen Beschwerden berichten (KÖPER, 2013). Gegenüber 2006 gaben in der Befragung von 2012 noch mehr Beschäftigte an, häufig unter psychosomatischen Beschwerden zu leiden.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Unternehmen schnell auf immer dynamischere Marktprozesse in einer zu-sammenwachsenden Welt reagieren müssen. Sie stehen unter dem Druck, ihre Organisationsstruktur, ihre Ar-beitsabläufe und ihre Produktpalette dem Marktumfeld und steigendem Kostendruck anzupassen. Die Notwen-digkeit zu betrieblichen Veränderungen wird vorrangig externen Faktoren zugeschrieben (CASCIO, 2005). Dem scheint die Prämisse zugrunde zu liegen, dass die Dynamik der Veränderungsprozesse und betrieblicher Rest-rukturierungsmaßnahmen selbst nicht beeinflusst werden könne und betriebliche Veränderungen durch eine

„Störung“ von außen ausgelöst seien.

Dem ist gegenüberzustellen, dass es sich bei betrieblichen Veränderungen um bewusste und willentliche Ma-nagemententscheidungen handelt (CASCIO, 2005). Diese können freilich eher kurzfristig und abrupt getroffen werden, etwa als Reaktion auf eine Krise oder planvoll mit einem längerfristigen Zeithorizont. Wie der Prozess in der Organisation letztlich umgesetzt wird, ist jedoch nie alternativlos. Auch bei einer kriseninduzierten Rest-rukturierung bestehen in der Ausgestaltung des Prozesses Freiheitsgrade – etwa im Hinblick auf Kommunikati-on, Transparenz, Beteiligung und dem Bemühen um Fairness.

Wie gezeigt wurde, sind Restrukturierungen häufig mit Personalabbau verbunden. Dieser dient nicht selten als eine Strategie, Kosten (insbesondere Fixkosten) zu senken und damit den Profit von Unternehmen kurzfristig zu steigern – eine Rechnung, die allerdings allzu oft nicht aufgeht. So weisen verschiedene Studien bezüglich des Erfolges von Restrukturierungsmaßnahmen darauf hin, dass sich der erhoffte wirtschaftliche Nutzen bei etwa zwei Drittel der Maßnahmen nicht einstellt. Ein Grund dafür liegt vermutlich in der unzureichenden Berücksich-tigung der Mitarbeiterperspektive (CARTWRIGHT & SCHOENBERG, 2006).

Abb. B 7: Belastungen durch Restrukturierung

42,4

39,5

63,3

60,8 40,3

34,4

56,2

52,4

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Zunahme von fachlichen Anforderungen

Zunahme von Stress / Arbeitsdruck

Häufigkeit in % 2006 nicht restrukturiert 2006 restrukturiert 2012 nicht restrukturiert 2012 restrukturiert

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 und 2012.

Gefragt wurde, ob sich Stress/Arbeitsdruck bzw. fachliche Anforderungen in den letzten zwei Jahren verändert haben. Die Antwortmöglich-keiten waren „hat zugenommen“, „ist gleich geblieben“ und „hat abgenommen“. Ausgewertet wurde die Antwort „hat zugenommen“.

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

Was ist zu tun?

Restrukturierungen betreffen die überwiegende Zahl von Unternehmen und Beschäftigten in immer schneller werdender Abfolge. Die deutsche Wirtschaft wird sich weiter wandeln – von der klassischen industriellen Pro-duktion hochqualitativer Güter hin zu dienstleistungsorientierten innovativen Produkten – und Organisations-formen werden zunehmend fluider sein. Restrukturierungen werden damit weiterhin und zukünftig noch stärker den Arbeitsalltag prägen. Sie stellen – zusätzlich zu den eigentlichen Belastungen und Anforderungen der Ar-beit – eine massive Quelle von ArAr-beitsverdichtung und Stress dar und können die Motivation, Zufriedenheit und Gesundheit der Beschäftigten empfindlich beeinträchtigen.

Sowohl die Restrukturierungsmaßnahmen selbst als auch Konzepte und Interventionen in der Verhaltens- und Verhältnisprävention, die sich ausschließlich auf die „Mikro-Ebene“ beschränken und die „Veränderung von außen“ nicht berücksichtigen, können auf Dauer nicht erfolgreich sein. Denn Restrukturierungen überlagern die ohnehin komplexen Zusammenhänge von Belastungen in der Arbeitswelt und deren Einflüsse auf die Beschäf-Abb. B 8: Restrukturierungserfahrungen und Auftreten von Gesundheitsbeschwerden im Vergleich der

Jahre 2006 und 2012

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2006 und 2012.

tigten. Sie konterkarieren gegebenenfalls entsprechende Interventionsmaßnahmen (RICHTER et al., 2010) oder verhindern deren nachhaltige Umsetzung. Wenn Unternehmen bzw. deren Verantwortliche in Reorganisations-phasen über die strukturellen Veränderungen hinaus auch stärker auf die Mitarbeitersituation und die Gestaltung der Arbeit bei veränderten Belastungen fokussieren sollen, müssen sie für die Perspektive der Mitarbeiter und für potenzielle Probleme sensibilisiert werden. Sie benötigen praktikable Konzepte, um die Veränderungen der Arbeitsanforderungen und Belastungen für die Mitarbeiter abzupuffern. Solche Konzepte sollen allgemeine Gestaltungshinweise, die sich empirisch als förderlich erwiesen haben – etwa zu Transparenz, organisationaler Fairness oder Partizipation (KIESELBACH et al., 2009; RIGOTTI & OTTO, 2012) – konkretisieren und für die Praxis anwendbar machen. Qualifizierung kann wichtigen Schlüsselgruppen (z. B. Führungskräften oder Be-triebsräten) den Umgang mit drastischen Veränderungssituationen erleichtern und negativen Auswirkungen auf sich selbst und die Beschäftigten entgegenwirken. Die dafür benötigten praxistauglichen Hilfestellungen für die genannten Hauptakteure von Restrukturierungen fehlen allerdings noch weitgehend. Ziel eines neuen BAuA-Projekts ist daher die bedarfsgerechte Entwicklung, Erprobung und Begleitevaluation je eines Qualifizierungs-programms für dieser beiden Gruppen (Führungskräfte und Betriebsräte) auf der Grundlage ihrer spezifischen Bedarfe zur Begleitung und Gestaltung mitarbeiterorientierter Restrukturierungsprozesse

(www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Restrukturierung/Projekt.html).

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