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B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

B.9 Arbeitsschutz in Branchen

B.9.2 Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen der Bundesrepublik. In der Branche arbeiten sieben Mal mehr Beschäftigte als in der Automobilindustrie, und die Gesundheitsausgaben von 300 Mrd. EUR in 2012 entsprechen knapp zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes.

Das Gesundheitswesen ist aber auch deshalb von hoher Bedeutung, weil ihm bei der Bewältigung der demogra-fischen Entwicklungen eine Schlüsselrolle zukommt. In der professionellen Pflege werden in Gegenwart und Zukunft mehr und gut ausgebildete, leistungsfähige Beschäftigte gebraucht. Gesundheits- und lernförderliche Arbeitsbedingungen sind hierfür eine zentrale Voraussetzung. Für den Arbeitsschutz in der Pflege bietet der demografische Wandel eine Chance, denn auch die Arbeit in der professionellen Pflege muss und wird sich wandeln, um den Anforderungen gerecht werden zu können.

Die professionelle Pflege im demografischen Wandel – Zahlen, Fakten und Entwicklungen

Zu den Einrichtungen im Gesundheitswesen zählten im Jahr 2012 laut Statistischem Bundesamt 2.017 Kran-kenhäuser und 1.212 Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (Krankenhausstatistik 2012) sowie 12.354 Pflegeheime und 12.349 zugelassene ambulante Pflegedienste (Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2011).

Insgesamt 5,2 Mio. Personen waren 2012 im Gesundheitswesen tätig – fast eine Million mehr als noch im Jahr 2000. Der Großteil der Beschäftigten (42 %) arbeitete in ambulanten Einrichtungen, ca. 13 Prozent davon in ambulanten Pflegediensten. Etwa 37 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen sind in stationären oder teilstationären Einrichtungen tätig (Statistisches Bundesamt, Beschäftigte im Gesundheitswesen).

Demgegenüber standen im Jahr 2012 18,6 Mio. behandelte Fälle in Krankenhäusern. Pflegebedürftig (im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes, SGB XI) waren laut Statistischem Bundesamt 2011 ca. 2,5 Mio. Menschen, von denen etwas mehr als die Hälfte Unterstützung durch professionelle Pflegedienstleister erhielt.

65 siehe Gerlmaier, A.;Latniak, E.: Arbeiten in der Bauwirtschaft – wer schafft es bis zum regulären Renteneintritt und wer nicht?; 2012.

www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2012/report2012-04.pdf und Bromberg, T. u. a.: Bis zur Rente arbeiten in der Bauwirtschaft – Tätigkeitswechsel als Chance für eine dauerhafte Beschäftigung; 2012. www.iaq.uni-due.de/iaq-report/2012/report2012-05.pdf

66 ausführliche Darstellung von Maßnahmen in Bechmann, S. u. a.: Fachkräfte und unbesetzte Stellen in einer alternden Gesellschaft. Problemla-gen und betriebliche Reaktionen; 2012. http://doku.iab.de/forschungsbericht/2012/fb1312.pdf sowie Bechmann, S. u. a.: Beschäftigungsmuster

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Auf Grund der demografischen Entwicklungen wird es in naher Zukunft nicht nur mehr und durchschnittlich ältere Patienten und Heimbewohner geben, sondern auch durchschnittlich ältere Beschäftigte (TIVIG et al., 2013) und weniger Berufsanfänger.

Die Altenpflege wird sich noch stärker als bisher auf die Pflege von Menschen mit Demenz einstellen müssen (SÜTTERLIN et al., 2011). In der täglichen Arbeit ist diese mit hohen Anforderungen an die Qualifikation und Kommunikationsfähigkeit der Pflegenden sowie mit hohen emotionalen Belastungen verbunden.

Die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung in den kommenden Jahren wird vor allem in ländlichen Regio-nen zu einer Herausforderung. Die BinRegio-nenwanderung der vergangeRegio-nen Jahrzehnte führt dazu, dass ländliche Gebiete stärker altern. Gleichzeitig schrumpft das Erwerbspersonenpotenzial in diesen Regionen deutlich (ROTHGANG et al., 2012). Damit fehlen nicht nur pflegende Angehörige sondern auch potenzielle Pflegekräfte vor Ort.

Vor allem für die ambulante Pflege werden hohe Wachstumsraten erwartet – auch weil sich der Großteil alter Menschen wünscht, so lange wie möglich in der häuslichen Umgebung bleiben zu können (ZOK, 2011).

Arbeit und Gesundheit in der professionellen Pflege

Als Hauptmotive für ihre Berufswahl geben Pflegende häufig die folgenden Punkte an: Die Arbeit in der Pflege ist sinnvoll und wichtig, sie ist von Bedeutung. Sie lebt von zwischenmenschlichen Beziehungen, von Zuwen-dung. Sie ist abwechslungs- und anforderungsreich und sie wird nachgefragt.

Dennoch denken 18 Prozent der Pflegekräfte in Deutschland mehrmals im Monat an einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Beruf (HASSELHORN et al., 2005) und zahlreiche Auszubildende brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab (Ausbildungsreport Pflegeberufe 2012).

Was sind die Gründe für die sinkende Attraktivität des Pflegeberufes, für hohe Krankenstände und für die teil-weise kurze Verweildauer? Wie so oft ist eine einfache Antwort auf diese Fragen nicht möglich. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen sind – angefangen bei strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen bis hin zu Defiziten in der Gestaltung des konkreten Arbeitsplatzes.

Ökonomisierungsprozesse haben das Gesundheitssystem grundlegend verändert, zu mehr Wettbewerb und zahl-reichen Restrukturierungen geführt. Mit Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) verkürzte sich die durchschnittliche Verweildauer in den stationären Einrichtungen und die Gesamtzahl behandelter Fälle nahm zu. Die 2008/2009 eingeführten Pflege-Transparenzvereinbarungen definieren Qualitätskriterien, nach denen Pflegeeinrichtungen bewertet werden. Hinzu kommen hohe Anforderungen auf Grund einer zunehmen-den Anzahl pflegebedürftiger Menschen, alters- und diagnosespezifische Veränderungen, die vor allem im ho-hen Alter zum Tragen kommen (BALTES, 2003) sowie eine aufwändige Pflegedokumentation.

Die genannten Entwicklungen haben Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in der Pflege. Zahlreiche Studien belegen, dass die professionelle Pflegearbeit durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist: hohes Arbeitspen-sum, hohe Arbeitsdichte, Risiko von Stich- und Schnittverletzungen, Infektionsgefahr, schweres bzw. häufiges Heben, Tragen, Lagern und damit einhergehend hohe Belastungen des Bewegungs- und Stützapparates, emotio-nale Anforderungen durch den Umgang mit schwierigen oder sterbenden Patienten und Bewohnern, Schicht-dienst, häufige Arbeitsunterbrechungen und Störungen.

Die Ergebnisse der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012 bestätigen viele dieser Faktoren und werden im Folgenden dargestellt. Grundlage ist eine Stichprobe von 464 Gesundheits- und (Kinder-)KrankenpflegerInnen (inkl. Hebammen und Entbindungspfleger), 282 AltenpflegerInnen sowie die – um diese beiden Gruppen redu-zierte – Gesamtstichprobe von 19.290 Erwerbstätigen.

Zu den häufig genannten Arbeitsanforderungen in Pflegeberufen gehörten verschiedene Arbeiten gleichzeitig betreuen, Termin- und Leistungsdruck, Störungen und Unterbrechungen, Arbeiten im Stehen, schweres Heben und Tragen sowie der Umgang mit Mikroorganismen (Abbildung B 25).

In einem zweiten Schritt wurde gefragt, ob sich die Beschäftigten von dem jeweiligen Faktor belastet fühlen.

Wird ausschließlich diese subjektiv empfundene Belastung betrachtet, liegen Termin- und Leistungsdruck, schweres Heben und Tragen, Störungen und Unterbrechungen, schnell arbeiten und Multitasking (mehrere Auf-gaben gleichzeitig) vorn.

Die genannten Anforderungen werden in beiden pflegerischen Berufsgruppen häufiger berichtet als in der restli-chen Stichprobe. Groß ist dieser Unterschied auch bei gefühlsmäßig belastenden Situationen und beim Umgang mit Mikroorganismen (Abbildung B 25).

Insgesamt wird deutlich, dass all jene Anforderungen in der Pflege häufig vorkommen, die zu einer hohen Ar-beitsintensität beitragen. Aus der Forschung ist bekannt, dass dies mit negativen Folgen für die Gesundheit der Beschäftigten verbunden ist (beispielsweise NIEUWENHUIJSEN et al., 2010). Viele Pflegende belastet die hohe Arbeitsdichte auch deshalb, weil die sowieso knapp bemessenen Zeiträume für soziale Zuwendung – ei-nem immanenten Bestandteil ganzheitlicher Pflege – weiter reduziert werden (TACKENBERG et al., 2009;

SCHMIDT et al., 2014).

Zusätzlich zu den beschriebenen Anforderungen charakterisieren die verfügbaren Ressourcen die Arbeitsbe-dingungen, die der jeweilige Beschäftigte an seinem Arbeitsplatz vorfindet. Zu den bekanntesten und wissen-schaftlich gut untersuchten Ressourcen gehören der Handlungs- und Entscheidungsspielraum (zeitliche und

Abb. B 25: Arbeitsanforderungen und Belastungen dadurch in Pflegeberufen

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B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

inhaltliche Freiheitsgrade, die in der Tätigkeit enthalten sind) sowie die soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen.

Dass letztere häufig vorhanden ist, berichten in der Erwerbstätigenbefragung ca. 80 Prozent (Abbildung B 26).

Häufige Unterstützung durch Vorgesetzte geben 55 bis 59 Prozent der Befragten an. In beiden Kriterien unter-scheiden sich die drei untersuchten Gruppen nur geringfügig. Wird nach Kriterien des Handlungs- und Ent-scheidungsspielraums gefragt, berichten 64 bis 72 Prozent, dass sie ihre Arbeit selbst planen und einteilen kön-nen. 31 bis 37 Prozent haben häufig Einfluss auf die Arbeitsmenge. Die Unterschiede zwischen den Gruppen sind gering. In der Pflege kann jedoch weniger oft selbst entschieden werden, wann Pause gemacht wird (41 und 47 % vs. 59 %).

Die hohen Anforderungen und damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen spiegeln sich in häufi-gen Fehlzeiten, einer hohen Fluktuation, vorzeitihäufi-gen Berufsausstiehäufi-gen und Frühverrentunhäufi-gen wider – Pflegebe-rufe liegen hier oft über dem Durchschnitt.

Laut Erwerbstätigenbefragung gehören Schmerzen im unteren Rücken, im Nacken- und Schulterbereich mit Abb. B 26: Arbeitsbedingte Ressourcen in Pflegeberufen

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Tab. B 19: Gesundheitliche Beeinträchtigungen in Pflegeberufen Gesundheits- und

Krankenpflege Altenpflege Andere Berufe

Schmerzen unterer Rücken, Kreuzschmerzen 63,0 69,2 45,6

Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich 65,2 66,5 47,8

Hautreizungen, Juckreiz 21,2 18,2 9,6

Nervosität, Reizbarkeit 40,4 39,4 27,4

Niedergeschlagenheit 30,7 29,8 20,8

nächtliche Schlafstörungen 49,1 37,4 25,8

körperliche Erschöpfung 55,7 55,9 34,7

emotionale Erschöpfung 43,9 37,1 23,6

Häufigkeiten in %

Quelle: BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2012

Abstand zu den häufigsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der befragten Gruppen (Tabelle B 19). Be-schäftigte aus der Gesundheits- und Kranken- (GKP) sowie der Altenpflege (AP) berichten diese im Vergleich zur restlichen Stichprobe (andere) zudem deutlich öfter. Ähnliches gilt für emotionale und körperliche Erschöp-fung sowie nächtliche Schlafstörungen. Insgesamt weniger häufig aber im Vergleich zur restlichen Stichprobe überproportional oft berichten Pflegende von Hautreizungen oder Juckreiz.

Zusammengefasst bestätigen die Befragungsergebnisse einmal mehr, dass die Arbeit in der Pflege mit hohen Anforderungen verbunden ist. ISFORT et al. (2010) fanden heraus, dass diese bzw. die daraus häufig resultie-rende Überforderung ein Grund für die häufige Teilzeitbeschäftigung in der Pflege ist.

In engem Zusammenhang mit den hohen Anforderungen stehen folgende Beobachtungen:

(1) Die häufigen Ausfallzeiten müssen durch die verbliebenen Beschäftigten aufgefangen werden, eine noch höhere Arbeitsdichte ist die Folge.

(2) Pflegende gehen häufig auch dann zur Arbeit, wenn sie sich krank fühlen. Im Bundesdurchschnitt berichten 17 Prozent, dass sie mehr als zehn Tage krank zur Arbeit gehen, in der Pflege sind es 39 Prozent (ver.di Sonder-auswertung des DGB Index Gute Arbeit).

(3) Überforderung, Personal- und Zeitmangel werden am häufigsten als Motiv für das Verlassen der Tätigkeit angegeben (BORCHART et al., 2011).

(4) Nicht mehr als die Hälfte der Pflegenden plant, den Beruf bis zum Rentenalter auszuüben (ISFORT et al., 2010), in anderen Studien ist dieser Anteil noch geringer.

Lösungsansätze für die Praxis

Antworten auf die Frage, wie mit den beschriebenen Herausforderungen und Problemstellungen im Gesund-heitswesen umgegangen werden kann, liefert ein klassischer, noch immer hochaktueller Ansatz der Arbeitswis-senschaften: die menschengerechte Gestaltung von Arbeit. Diese zielt auf die Sicherheit der Beschäftigten und den Schutz ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit, aber auch auf die Lern- und Persönlichkeitsförderlichkeit einer Tätigkeit. Hierzu bedarf es wirksamer präventiver Maßnahmen im Arbeitsschutz. Der folgende Abschnitt skizziert drei ausgewählte Ansätze, die diesem Ziel Rechnung tragen.

Einen praxisorientierten und zugleich wissenschaftlich fundierten Lösungsansatz bietet das betriebliche Ge-sundheitsmanagement, welches laut Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der EU (1997) die folgenden Ansätze beinhaltet: Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitsbedingun-gen, Förderung einer aktiven Mitarbeiterbeteiligung sowie Stärkung persönlicher Kompetenzen.

Die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Beschäftigten wird für Einrichtungen im Gesundheitswesen zu-nehmend zum Wettbewerbsfaktor und kann auf vielfältigen Wegen gefördert und erhalten werden (praxisorien-tierte Hilfestellungen bieten die Materialien der Reihe „Kein Stress mit dem Stress“ der Initiative Neue Qualität der Arbeit; vgl. Abschnitt B.2.4). Voraussetzung ist ein fundiertes, unter Beteiligung aller relevanten Akteure erarbeitetes Gesamtkonzept, welches sowohl personen- als auch bedingungsbezogene Ansätze berücksichtigt.

Laut BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung gab immerhin die Hälfte der Befragten in Pflegeberufen an, dass Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung in ihrer Einrichtung angeboten werden.

Ein weiteres Standbein im präventiven Arbeitsschutz ist die systematische Förderung von Forschungs- und Transferprojekten und in diesem Zuge die Bereitstellung praxistauglicher Handlungshilfen. Auf Grundlage wis-senschaftlicher Erkenntnisse werden beispielhafte Lösungen entwickelt und in der betrieblichen Praxis imple-mentiert. Die Offensive Gesund Pflegen (www.inqa-pflege.de) ist in diesem Bereich (unter dem Dach der Ini-tiative Neue Qualität der Arbeit) aktiv. Sie will Einrichtungen des Gesundheitswesens bei der Umsetzung men-schengerechter und persönlichkeitsförderlicher Arbeitsgestaltungsmaßnahmen unterstützen und sieht darin die Grundlage für eine leistungs- und zukunftsfähige professionelle Pflege. Hierfür stehen vielfältige Handlungshil-fen, Informationsmaterialien und auch eine Wanderausstellung bereit. Seit Kurzem ergänzen zwei neue Produk-te das Portfolio der Offensive Gesund Pflegen: Eine Medienmappe hilft, VerbesserungspoProduk-tenziale in AlProduk-tenpfle- Altenpfle-geeinrichtungen zu identifizieren, Pflegende im Umgang mit emotional belastenden Situationen zu unterstützen und gibt Anregungen für gute Praxis in der Demenzpflege. Die Broschüre „Den Alltag gestalten – Praktische Hilfestellung für die Pflege von Menschen mit Demenz“ bietet Hintergrundwissen und Handlungsanleitungen für die Altenpflege.

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Ein weiterer Ansatzpunkt zur Bewältigung demografisch bedingter Herausforderungen in der professionellen Pflege wird im Einsatz technischer Systeme gesehen und ist mit Schlagworten wie „Ambient Assisted Living“, „Ambient Intelligence“, „Smart Home“ oder „technische Assistenzsysteme“ verbunden. Im häuslichen und ambulanten Bereich werden diese Systeme bereits vermehrt angewandt. Einfache Abschaltvorrichtungen für elektrische Geräte, das Wasser oder die Heizung gehören genauso dazu wie aufwändige Überwachungssys-teme, die beispielsweise Vitalparameter und Lebensweise eines Menschen kontrollieren und abweichende Wer-te an ein medizinisches oder pflegerisches Zentrum übertragen.

In die stationäre Pflege finden technische Assistenzsysteme nur langsam Eingang. Erste Pilotprojekte zeigen mögliche Einsatzgebiete auf. Es ist jedoch grundsätzlich nach den Chancen und Risiken dieser innovativen Technologien zu fragen, denn der vermehrte Technikeinsatz kann vielfältige Folgen haben: Anforderungen an die Pflegenden ändern sich, Fortbildungsbedarf entsteht, die neuen Systeme müssen in den gewohnten Pflegeall-tag, d. h. in etablierte Arbeitsprozesse integriert werden, das Verhältnis zwischen Pflegebedürftigem und Pfle-gekraft muss in Teilen neu gestaltet werden etc.

Welche Konsequenzen dies für die tägliche Arbeit und das Beanspruchungserleben der Pflegenden hat, ob die erwarteten Freiräume für soziale Kontakte im Pflegeprozess tatsächlich entstehen oder eine noch höhere Ar-beitsdichte zu erwarten ist, welche Hindernisse einer gelungenen praktischen Anwendung entgegen stehen, wo eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen Technikentwicklung und Anwendungsfeld notwendig ist und weitere Fragen sind derzeit noch unbeantwortet.

Fazit

Es ist eine Tatsache, dass an die Pflegeberufe und auch an das Gesundheitswesen als Ganzes in Gegenwart und Zukunft hohe Anforderungen gestellt werden. Eine menschengerechte Gestaltung der Rahmen- und Arbeitsbe-dingungen in der Pflege bis hin zur individuellen Unterstützung des einzelnen Beschäftigten sind essenzielle Voraussetzungen, um diesen gerecht werden und eine hohe Qualität der pflegerischen Versorgung gewährleis-ten zu können. Nachhaltige Verbesserungen können nur erfolgen, wenn alle Beteiliggewährleis-ten dies als wichtige Auf-gabe wahrnehmen.

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