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Wahre Liebe im royalen Milieu war zur Zeit Maria Theresias alles andere als gang und gäbe.

Umso erstaunlicher erscheint es, dass Maria Theresia und Franz Stephan von Lohringen eine innige Hingabe verband. Das Schicksal war es in letzter Konsequenz, welches die beiden zusammenführte. Weder sie, noch er waren für ihre schlussendlichen Positionen vorgesehen.

Sie, die durch die Pragmatische Sanktion und mehr oder weniger durch den Tod ihres Bruders begünstigte Nachfolgerin des Hause Habsburg. Er, der eigentlich wenig beachtete Sohn aus dem Hause Lothringen, der ebenfalls durch den unverhofften Tod des Bruders und einigen anderen glücklichen Fügungen zum Zuge kam.

Wie bereits in der Einleitung angesprochen wurde, nehmen es besonders ältere Werke mit der Gründlichkeit der Fakten nicht sehr genau. Wie man im Kapitel 2 Die Erbtochter schon erkennt, treten bezüglich der exakten Geburtstage bzw. Geburtszeiten diverser Akteure Unstimmigkeiten auf. Gänzliche Aussparungen der Fakten oder ungenaue Aussagen in älteren Werken stehen hier präzisen Zeitangaben aktuellster Forschungsliteratur gegenüber.

Des Weiteren kommt auch hier, bezogen auf die Empathie, zum Vorschein, dass ältere Werke eindeutig auf einfühlsamere Art und Weise das Ableben und den Umgang der Verbliebenen damit schildern (hier wird sich bezogen auf den Tod Leopolds). Auch betreffend des ersten Kennenlernen des späteren Paares, welches im Kapitel 4 Die Bewerber dargestellt wird, legt ältere Literatur mehr Wert auf das Ausschmücken der Ereignisse, das dem Zwecke dienen soll, die gemeinsame Geschichte des Paares hervorzuheben. Badinter zum Beispiel, betitelt jene märchenhafte Zusammenkunft als Legende.

Erwähnenswert ist aber, dass im Unterkapitel 2.4 Die Jugend wiederum Carl Ramshorn es ist, der entgegen die Erwartung direkt Kritik an Maria Theresia übt.

Teilweise unterscheidet sich die verglichene Literatur in Bezug auf die beigemessene Signifikanz von Abläufen. Betreffend der Festlichkeiten, die im Kapitel 5 Maria Theresia von Österreich und Franz Stephan von Lothringen beschrieben werden, lenken ältere Werke den Fokus eher auf die Verlobung des Paares, während dem Akt der Vermählung in rezenten Werken mehr Bedeutung beigemessen wird. Allgemein gilt wieder, dass ältere Literatur dazu neigt, sich ungern unangenehmen Themen anzunehmen.

Bezogen auf die Untreue Franz Stephans greift der Autor Carl Ramshorn jenes Thema sehr diskret auf und verpackt mögliche unsittliche Verhaltensmuster des Kaisers auf zurückhaltende Art und Weise. Hennings erwähnt zwar ebenfalls den Ehebruch seitens Franz

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Stephan, fügt aber hinzu, dass auch Maria Theresia Verehrer hatte. Interessant ist, dass Kretschmayr dezidiert von Gerüchten bezüglich der Untreue Franz Stephans ausgeht und auch aktuellste Forschungen sich dahingehend äußern und zumindest davon ausgehen, dass die sooft beschriebene große Anzahl an Franz Stephans Mätressen mit der Zeit überspitzt bzw.

dramatisiert wurde.

Eine eindeutige Kluft herrscht zwischen den Darstellungen des Kaisers per se.

Zusammengefasst sind es ältere Bücher, die ein Loblied auf Franz Stephan singen, während aktuelle Literatur dem kritisch gegenübersteht. Laut Stollberg-Rilinger und Badinter war er am Hofe alles andere als beliebt. Interessant ist, dass Ramshorn erneut auf taktvolle Art und Weise auf jene Unbeliebtheit eingeht, indem er ausschließlich von anfänglichen Diskrepanzen berichtet. Diesmal ist es Duller, der, wie Ramshorn im Unterkapitel 2.4, entgegen jegliche Erwartung kritisch auf die kaiserliche Stellung am Hofe eingeht und sogar davon spricht, dass er als Fremdling wahrgenommen wurde.

Im Kapitel 6 Bis das der Tod Sie schied werden sich die verglichenen Werke und auch die ergänzenden Quellen nicht einig, ob der Kaiser an einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall den Tod fand. Stollberg-Rilinger und Badinter gehen aber beide von einem Schlaganfall aus.

Betreffend des Umganges vonseiten Maria Theresia mit dem Tod des Kaisers sind sich alle Vergleichswerke einig. Den Tod ihres vielgeliebten Ehemanns hat sie zeitlebens nicht verkraftet.

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Maria Theresia und ihrem Sohn, dass im Kapitel 7 Das Leben nach Franz Stephan von Lothringen beschrieben wird, ist ganz klar das wiederkehrende Schema des Beschönigen von Autoren wie Duller erkennbar. Duller umschreibt, wie gehabt, auf eine diskretere Art und Weise, dass die Persönlichkeit des Sohnes temperamentvoll gewesen sei. Wieder interessant ist, dass es nun der sonst so rücksichtsvolle Heinrich Kretschmayr ist, der sich gegen das Verhalten Josephs II. ausspricht, indem er schildert, dass seine Mutter keineswegs konform mit seinen Entscheidungen und seiner Lebensweise ging. Auch Stollberg-Rilinger geht mit jener Darstellung konform.

Im weiteren Sinne und zusammenfassend sind es die 2017 erschienen Werke, die meist, aber nicht immer, präzisieren oder Informationen ergänzen.

Die in dieser Diplomarbeit ausgewählte Herangehensweise an das so viel erörterte Maria Theresia-Thema auf Gefühlsebene weckt Empathie und macht das Leben großer Herrscher greifbarer. Die menschliche Perspektive, in diesem Fall die Liebe, genauer zu untersuchen ist

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ohne Zweifel spannend auf seine Weise. Das persönliche Interesse an der Person wird eher geweckt und man tendiert dazu sich mit vorkommenden Personen zu identifizieren.

Über diese lobenden Worte hängt leider auch partiell der Schatten des Trugbildes.

Angesichts der vorliegenden Diplomarbeit kann man erkennen, dass es nicht immer einfach ist, zwischen Täuschung und Wahrhaftigkeit zu unterscheiden.

Es ist erstaunlich, wie viele teils konträre Informationen aus verschiedenen Quellen zum gleichen Thema gewonnen werden können.

Hinsichtlich der wissenschaftlichen Arbeit lässt sich bewusst werden, dass themengleiche Literatur nicht immer eine gemeinsame Marschrichtung haben. Verschiedene Schwerpunktsetzungen und voneinander abweichende Schilderungen desselben Geschehens sind hierbei keine Seltenheit. Ferner trifft man auch auf Ähnlichkeiten und Parallelen. Die Ergänzungen aber erst sind es, die Neugier und Interesse erregen.

Generell ist es wichtig, vergleichendes Lesen zu praktizieren, denn es ist nachhaltig gewinnbringend und erweitert den Horizont.

Wie schon der römische Redner und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero sagte:

„Der gute Redner wird Vergleiche anwenden und Beispiele vorbringen."

(Marcus Tullius Cicero, 106-43 v. Chr.)

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