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Die bedingungslose Liebe

5 MARIA THERESIA VON ÖSTERREICH UND FRANZ STEPHAN VON

5.2 Das Ehegeschehen

5.2.3 Die bedingungslose Liebe

Um dieses Kapitel gebührend einzuleiten, will ein Zitat der Österreichische Volkszeitung aus dem Jahre 1853 angeführt werden. Vermutlich wird alles Weitere in diesem Kapitel Ergänzte jenes Zitat in seiner Eindringlichkeit á la „mehr als tausend Worte" nicht übertreffen.

„Sie liebte. Sie liebte mit all der Innigkeit eines reinen Herzens und mit all der Kraft eines lebhaften Gemüthes. Und der Gegenstand ihrer Liebe war - Franz Stephan von Lothringen. Ihre Liebe ward erwiedert (sic!), und sie war die abgöttisch angebetete dessen, der auch ihr Herz gerührt."228

Die Konstante, welche sich tatsächlich wie ein roter Faden durch alle zum Vergleich herangezogenen Werke zieht, ist die gestandene Liebe, die Maria Theresia zu ihrem Franz Stephan von Lothringen hegte. Dies wird in diversen Quellen mehr als nur einmal zum Ausdruck gebracht.

Duller spricht von einer beispiellosen Liebe, die Maria Theresia neben ihren Gatten auch in Bezug auf ihre Kinder hegte. Betont wird die Zuneigung, welche sie für ihren Franz Stephan empfand, die von Jahr zu Jahr zunahm.229

Ramshorn hebt besonders die innige, hingebungsvolle, zärtliche und wahre Liebe ihrerseits hervor. Maria Theresia liebte gemeinsame öffentliche Auftritte mit ihrem Gemahl. Die ihrerseits geschilderte Einheit ihrer Seelen gipfelte darin, dass sie immer wieder mit ihm gemeinsam genannt werden wollte. Wurde ein Bildnis der Herrscherin platziert, dann stets nur zusammen mit dem seinigen. Inschriften, welche nur ihren Namen zierten, ließ sie sogleich mit seinem ergänzen. Sie tat gut daran, Präsente in Form von Statuetten, die sie und ihren Gatten zu Pferde zeigten, an ihre Liebsten zu verschenken.230

228 Hrsg. Red. WEIS J. B., Maria Theresia, die große Kaiserin von Österreich. Ihr Leben und ihre Regierung.

Kapitel 3, Die Brautschaft. in: Österreichische Volkszeitung, S. 4.

229 Vgl. DULLER E., Maria Theresia und ihre Zeit. Band 3, S. 380.

230 Vgl. RAMSHORN C., Maria Theresia und ihre Zeit. S. 518.

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Badinter schreibt, als Franz Stephan im März 1729 wegen des Todes Leopolds kurzfristig von Wien Abschied nehmen musste, dass die zwölfjährige Maria Theresia ihm ein mit Edelsteinen verziertes Portrait ihrerseits mit auf die Reise gab, damit er sie nicht vergesse.

Weiters bezeugt sie, dass sich Maria Theresia nie von Gerede rund um seine unleidliche Wesensart und Arbeitsscheu beeinflussen ließ, im Gegenteil, sie himmelte ihn als Art Helden an und bestaunte ihn als Weltenbummler.231

Eine weitere Quelle beschreibt die Ehe als flammende Liebesbeziehung, die sich durch Warmherzigkeit hervortat. Sie habe nachts von ihm geträumt und am Tage unentwegt von ihm gesprochen.232

Am 2. November 1740 schrieb Graf Sylva-Tarouca, ein enger Vertrauter über die beiden:

„(...) Gott sei Dank, die Königin und der große Herzog haben nur ein Herz und eine Seele."233

Dennoch, eine Ehe die auf Liebe basierte verstieß sozusagen gegen zeitgemäße Standards.

Dass sie ihren zukünftigen Ehemann bereits vor der Hochzeit kannte, war ebenfalls äußerst unüblich. Damals war es bekanntlich herkömmlich, seine/n Angetraute/n frühestens bei der Hochzeit selbst zu begegnen.

Maria Theresia liebte ihren Gatten über alle Maßen, doch lag es ihr zeitlebens fern, sich ihm unterzuordnen, wie zeitgenössische Gepflogenheiten es verlangt hätten...

Dazu auch Duller:

„Wie zärtlich sie auch ihren Gemahl liebte, so vergaß sie über der Gattin nie die Herrscherin (...)."234

...Im Gegenteil, sie hatte ihn fest im Griff und verhielt sich ihm gegenüber nicht selten höchst überlegen. Jene herrische Haltung gegenüber seiner Person erlaubte Maria Theresia ausnahmslos keinem anderen. Sie setzte sich stets dafür ein, dass ihr Geliebter am Hofe rücksichtsvoll und angemessen behandelt wurde. Reichsfürsten mussten ihm sogar, allerdings unwillig, dreimal das Knie beugen. Die Herrscherin befand sich sozusagen im Zwiespalt.

231 Vgl. BADINTER E., Maria Theresia: Die Macht der Frau. S. 47, 50 u. 51.

232 Vgl. ETZLSTORFER H., Maria Theresia - Kinder, Kirche und Korsett: Die privaten Seiten einer Herrscherin. S. 85 u. 86.

233 Übersetzt aus dem Französischen von: Popodi Desiree, in: VON KARAJAN T. G., Maria Theresia und Graf Sylva-Tarouca. S. 17.

234 DULLER E., Maria Theresia und ihre Zeit. Band 2, S. 207.

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Einerseits verkörperte sie die über alle erhabene Herrscherin, andererseits die liebende Gattin.235

Fred Hennings und Heinrich Kretschmayr greifen dies in ihren Werken ebenfalls auf. So ernannte sie ihn auch zum Mitregenten, indem sie dies insofern rechtfertigte, dass die komplizierte Regierungsbelastung Hilfe bedürfe. Obwohl sie ihn als Mitregenten ausriefen ließ, war sie darauf bedacht ihr Eigentum zu sichern, sprich ihre Länder bleiben ihre Länder!

Immer wieder ließ sie verlautbaren, dass ihr Gemahl das Haupt von Haus und Familie sei.

Ebenfalls war es im Sinne Maria Theresias, dass Franz Stephan, im Falle ihres Ablebens, die Herrschaft als Vater und bevollmächtigter Vertreter übernehmen sollte, wenn keiner ihrer Nachkommen zu jenem Zeitpunkt das 18. Lebensjahr erreicht hätte.236

„Daraus ist deutlich zu erkennen, wie die Königin gehalten wissen wollte: Zum ersten, daß die Regierung der Erblande nur ihr allein zustehe, und zum zweiten, daß ihr Gatte in Haus und Familie als Oberhaupt anerkannt und geehrt werden. Bei ihrer leidenschaftlichen Liebe zu Franz Stephan hegte Maria Theresia keinen lebhafteren Wunsch, als ihn aus seiner untergeordneten Stellung zu ihrem eigenen Rang zu erheben."237

Badinter greift ebenfalls die Fürsorge Maria Theresias auf und beschreibt auf den Punkt bringend:

„(...) die Verliebte Ehefrau tat nach außen hin alles, um ihren Gatten den Schein von Autorität und Prestige zu erhalten. Franz Stephan war die große und einzige Liebe ihres Lebens."238

235 Vgl. STOLLBERG-RILINGER B., Maria Theresia - Die Kaiserin in ihrer Zeit: Eine Biographie. S. 261 u.

263 - 264.

236 Vgl. HENNINGS F., Und sitzet zur linken Hand (...) S. 212 u. 213 u. vgl. KRETSCHMAYR H., Maria Theresia. S. 26.

237 HENNINGS F., Und sitzet zur linken Hand (...) S. 213.

238 BADINTER E., Maria Theresia: Die Macht der Frau. S. 42.

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