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Die Entdeckung des sowjetischen Erdölpotentials

6.1  Rückkehr zum Kaspischen Meer

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die sowjetischen Führungskader gemeinsam mit den verantwortlichen Neftjaniki verschiedene konkrete Fragen zu klären. Die Entscheidung zugunsten einer Aufwertung des Erdöl sektors und das Bekenntnis zur Notwendigkeit einer gesicherten Treibstoffversorgung hatten mit dem unabdingbaren Ausbau der Förderleistung zwar ein Ziel konstatiert, gleichsam jedoch auch Fragen aufgeworfen: Selbst wenn sich die Produktion binnen weniger Jahre auf 60 Millionen Tonnen Erdöl würde steigern lassen, wo sollte damit begonnen werden?1 Bereits die Erfolge – oder eher Misserfolge – der Kriegsjahre lieferten diesbezüglich eine erste Antwort. Da der Mangel an Erdölprodukten in erster Linie auf die Kapazitätsverluste des Kaukasus zurück-geführt werden konnte, erachtete das Narkomneft’ eine »Abwendung des [wei-teren] Rückgangs« im Kaukasus und die Sicherstellung eines erneuten Anstiegs ab 1943 als wesentliche Ziele.2 Wie in vielen anderen Wirtschaftszweigen wurde in der Folge mit dem Wiederaufbau begonnen.

Was folgte, ähnelte ab 1944 einer forcierten Kampagne zur Rehabilitierung des im Erdölsektor in der Vorkriegszeit allgegenwärtigen Primats des Kauka-sus. Nicht nur begannen die zuständigen Behörden mit der Rückverlegung vormals evakuierter Anlagen und Ausrüstung, sondern planten alsbald auch die Lend-Lease-Lieferungen aus den USA prioritär zur Wiederherstellung der Förderleistung in Baku, Groznyj und Majkop ein.3 Plakate riefen bereits Ende 1944 die Neftjaniki der westlichen und südlichen Regionen zum schnellst-möglichen Wiederaufbau unter Verwendung der neuesten und

überlegens-1 Siehe dazu auch Kapitel 4.2.

2 RGASPI, f. 644, op. 1, d. 132, l. 11; ebd., op. 2, d. 188, l. 106. Dazu auch Čadaev: Ėkonomika SSSR, S. 270; Bajbakov: Neftjanoj front, S. 26.

3 GARF, f. R5446, op. 46a, d. 1022, l. 15; ebd., d. 1056, l. 119, l. 114 sowie ll. 50–39; ebd., d. 1057, l. 165 und ll. 130–128; ebd., d. 1059, ll. 117–116 und ll. 113–111; ebd., d. 1060, ll. 68–57; ebd., op. 47a, d. 982, l. 73; ebd., d. 982, ll. 71–64; ebd., d. 999, ll. 1–2; ebd., d. 1019, ll. 43–26. Dazu auch Bajbakov: Sache des Lebens, S. 154–55.

ten Technik auf.4 Einflussreiche Parteikader aus dem Kaukasus bemühten sich unentwegt, die Vorzüge der in ihren Machtsphären befindlichen Ölfelder aufzuzeigen. Aus der Liste der Bittsteller sticht besonders Bagirov hervor, der sich wiederholt an seinen engen Vertrauten Berija wandte, um auf die Nöte der Neftjaniki in Baku hinzuweisen. Am 5. Mai 1944 äußerte die aserbaid-schanische Parteielite unter seiner Führung erstmals verhaltene Kritik an der Prioritätenverlagerung der Vorjahre: Um die aus den Evakuierungen hervor-gehenden Materialdefizite auszugleichen und den Niedergang aufhalten zu können, müsste in Baku nicht nur das Personal massiv aufgestockt, sondern

4 Vecrumb, S. A.: Neftjaniki južnych i zapadnych rajonov! Bistree vosstanavlivajte neftedobyči, primenjajte peredovye metody burenija, vnedrjajte novejšuju neftjanuju techniku! Plakat, [Moskva] 1944, online verfügbar unter: http://www.gelos.ru/2010/bigimages/nb5795–12.jpg [10.10.2017]. Ein ähnliches Plakat für die östlichen Regionen aus der Hand desselben Künst-lers folgte erst drei Jahre später, siehe Abb. 6.

Abb. 4: Plakat »Neftjaniki južnych i zapadnych rajonov!«

aus dem Jahr 1944

vor allem in kurzer Zeit wesentlich mehr investiert und geleistet werden als in den gesamten 1930er Jahren.5

Berija ließ seinen Parteifreund nicht im Stich und sammelte unmittelbar Ver-bündete für die Durchsetzung dessen Anliegens. Am 11. Mai schlug er gemein-sam mit Voznesenskij und Sedin Stalin eine entsprechende Verlagerung der Prio-ritäten vor: Infolge des Ausrüstungs- und Personalmangels sei es zielführender, das vorhandene Material – wie in den 1930er Jahren – auf die Erschließung der ergiebigsten bekannten Erdölvorkommen zu konzentrieren. Hauptprofiteur die-ser bald durch eine entsprechende Verordnung bestätigten Neuordnung waren infolge der wesentlich genaueren geologischen Vorarbeiten in den alten Förder-gebieten die Erdölfelder im Westen des Landes – ebenjene Regionen, die aus der Sicherheitsperspektive zuvor kritisiert worden waren.6

Unmittelbar nach dem Kriegsende setzte Bagirov im Kontext der Rück-kehr zur Planungsnormalität noch einmal nach, um auch die inzwischen aus-getauschten Führungskader des Narkomneft’ zu überzeugen. In einem Brief an Bajbakov bemühte er sich, die Alternativlosigkeit seines Ansinnens zu ver-deutlichen:

[D]ie schnellstmögliche Erneuerung der grundlegenden Erdölbasis der Union – Baku – stellt unserer Meinung nach die vordringlichste Aufgabe dar, ohne diese Aufgabe in einen Gegensatz zu der Entwicklung neuer Erd-ölregionen im Osten zu bringen. Allerdings darf man nicht […] missachten, dass die neuen Regionen selbst mit erheblichen Investitionen von Kräften und Mitteln in den nächsten Jahren eine große Fördermenge nicht gewähr-leisten können, während die Wiederherstellung des Vorkriegsniveaus der Erdölförderung im Bakuer Bezirk, der über eine mächtige industrielle Basis verfügt, weniger Schwierigkeiten bereitet.7

Ähnlich argumentierten auch die für Groznyj und Krasnodar zuständigen Partei-organisationen, die sich ebenfalls anstrengten, Berija und andere Führungs-kader in Moskau von der Notwendigkeit ihrer Unterstützung zu überzeugen.8

5 GARF, f. R5446, op. 46a, d. 1057, l. 110.

6 RGASPI, f. 644, op. 2, d. 332, ll. 92–93; Die endgültige Verordnung findet sich in ebd., op. 1, d. 252, ll. 5–19. Dazu auch Komarov, N. J. (Hg.): Gosudarstvennyj Komitet Obrony postan-ovljaet … Dokumenty. Vospominanija. Kommentarii, Moskva 1990, S. 350–352.

7 GARF, f. R5446, op. 47a, d. 1032, l. 85.

8 Zu Groznyj etwa GARF, f. R5446, op. 47a, d. 999, ll. 1–2; ebd., op. 49a, d. 772, ll. 155–148. Zu Krasnodar finden sich vergleichbare Briefe in ebd., op. 46a, d. 1059.

Die Bemühungen waren äußerst erfolgreich. Bereits 1945 wurden Ex plo-rations arbeiten wieder prioritär im Kaukasus durchgeführt. Während die Erkun-dungsbohrungen in allen östlichen Regionen aufgrund des zurücktransferierten Equipments teils deutlich reduziert werden mussten, wurde mehr als die Hälfte der diesbezüglichen Arbeiten erneut auf den Südwesten der Sowjetunion fixiert.9 Selbst neue Ausrüstungsbetriebe und Ausbildungseinrichtungen innerhalb der Strukturen des Erdölsektors planten die Berija unterstellten Mitarbeiter des Sov-narkom in enger Kooperation mit der Führung des Narkomneft’ primär im Kaukasus. Von dort aus sollten Material und Personal nach dem Ermessen des Volkskommissars Bajbakovs dem Bedarf entsprechend im Land verteilt werden.10 Wenngleich die konkreten territorialen Bestimmungen in der endgültigen, von Stalin abgesegneten Fassung des Dekretes teilweise unerwähnt blieben,11 wird die von den führenden Neftjaniki und den Mitarbeitern Berijas präferierte Stoß-richtung aus den Entwürfen mehr als deutlich.

Tatsächlich rechnete nach den Misserfolgen der 1930er Jahre auch außerhalb des Kaukasus kaum jemand mit einem schnellen Aufbau des Zweiten Baku. Im Juli 1945 publizierte die Pravda einen längeren Artikel unter dem Titel »Das Land benötigt mehr Erdöl!«, welcher die langfristigen Perspektiven der östli-chen Regionen als »gewaltig« bezeichnete, sodass die Erdölförderung dort »Jahr für Jahr wachsen soll und wird. In der Gegenwart bleiben die süd lichen Erdöl-regionen und vor allem Baku jedoch ausschlaggebend.«12 Bezeichnend ist dies-bezüglich, dass Bajbakov im Frühjahr 1946 zwar auf die Erfolge der Kriegsjahre hinwies, in denen »34 neue Erdöl- und Erdgasvorkommen« entdeckt worden waren, während in der gesamten Zwischenkriegszeit nur 83 Reservoire erschlos-sen worden waren. Auch betonte er die Erfolge im Zweiten Baku, wo sich die meisten neuen Vorkommen befanden. Im Juni 1944 war es einigen Neftjaniki mithilfe der aus dem Kaukasus evakuierten und durch Lend-Lease ergänzten Ausrüstung in Baschkirien sogar gelungen, erstmals in den Devonschichten fast 2000 Meter unter der Erdoberfläche größere Erdölmengen

9 RGAE, f. 4372, op. 46, d. 189, l. 223.

10 GARF, f. R5446, op. 47a, d. 1019, ll. 43–26.

11 RGASPI, f. 644, op. 1, d. 414, ll. 23–54.

12 Pravda 172, 20.7.1945, S. 1. Ähnlich auch in Pravda 55, 6.3.1946, S. 1.

sen – dort hatte Gubkin schon in den 1930er Jahren die Hauptreservoire des Zweiten Baku vermutet.13

So imposant die von Bajbakov genannten Erfolge insgesamt jedoch wir-ken mochten, sie hatten sich bis dahin nur geringfügig auf die Produktionska-pazitäten der Regionen ausgewirkt und sagten nur wenig über die tatsächlich erschlossenen Erdölmengen aus. Wenngleich 1946 bereits nahezu ein Drittel der in der Sowjetunion bekannten Vorkommen des begehrten Rohstoffes zwi-schen Volga und Ural lag, wiesen andere Landesteile und primär der Kaukasus nach wie vor ebenfalls große Erdölmengen auf.14

Aus pragmatischen Gesichtspunkten sprach zugleich vieles gegen eine Kon-zentration auf die östlich gelegenen Landesteile und das Zweite Baku. Einer von Bajbakovs Stellvertretern, Vartan Kalamkarov, argumentierte gemeinsam mit dem Erdölgeologen Anatolij Kozlov im Januar 1946 bezüglich der Standort-frage zugunsten der südlichen Förderregionen: Trotz der teilweise irreparab-len Schäden an der Ausrüstung und dem immensen zu erwartenden Aufwand sei der im Vergleich zum Osten milde Winter am Kaspischen Meer ein erheb-licher Vorteil. Nicht nur die Ausrüstung müsse dort weniger robust und tempe-raturbeständig sein, auch die Versorgung, Ausstattung und Unterbringung der Arbeiter würde vereinfacht, was im Angesicht allgemein knapper Ressourcen

zu berücksichtigen sei.15

Die in der Nachkriegszeit meist aus dem Kaukasus stammenden Neftjaniki hatten mit den klimatischen Bedingungen im Osten des Landes schon wäh-rend des Krieges erhebliche Probleme gehabt. Wähwäh-rend auf den Ölfeldern des Kaukasus ganzjährig gearbeitet werden konnte, mussten in vielen Regionen östlich der Volga längere Winterpausen eingelegt werden, in denen verschie-dene Bau- und Erschließungsaktivitäten infolge der Wetterbedingungen nicht möglich waren.16 Wenngleich der einige Jahre später einsetzende Drang nach

13 Izvestija 56, 6.3.1946, S. 3. Zu den kleinen Erfolgen der Kriegsjahre im Osten auf Basis der evakuierten Technologie auch Owen: Trek of the Oil Finders, S. 1368; Aldašova, Elena N.:

Istorija stanovlenija neftedobyvajuščej otrasli na territorii Baškirskoj ASSR v 1930-ch – pervoj polovine 1940-ch godov, in: Vestnik Čeljabinskogo gosudarstvennogo universiteta (2011) 9, S. 52–62, hier S. 59–61; Budkov/Budkov: Gody ispytanij; Šammazov/Mastobaev: Očerki po istorii, S. 51–53; Igolkin: Neftjanaja politika (1940–1950), S. 76 f.

14 Mal’cev, et al.: Neftjanaja promyšlennost’, S. 78; Keller: Neftjanaja promyšlennost’, S. 6. Zur regionalen Entwicklung der Produktion im Zweiten Baku während des Krieges Budkov/

Budkov: Gody ispytanij, S. 47.

15 RGAE, f. 8627, op. 9, d. 383, ll. 50–51.

16 So etwa sichtbar in GARF, f. R5446, op. 48, d. 332, ll. 14–15; ebd., op. 48a, d. 611, l. 18; ebd., op. 49a, d. 770, l. 200. Zu den klimabedingten Problemen der kaukasischen Neftjaniki im Osten siehe Agarunov: Geroičeskie sveršenija, S. 41–43; Sultanov: Vystojali by SSSR, S. 236–251.

Osten und vor allem die Entdeckung der sibirischen Erdölvorkommen in den 1960er Jahren die verantwortlichen Neftjaniki mit weitaus schwierigeren klima-tischen Bedingungen konfrontierten, boten die Ölfelder Bakus den Führungs-kadern des Narkomneft’ in der Nachkriegszeit eine immerhin als ebenbürtig erachtete Alternative.

Die nach wie vor geltende und durch die Zerstörungen des Krieges nochmals in den Vordergrund gerückte Planungsrichtlinie, nach welcher die größtmög-liche regionale Ressourcenautarkie zur Entlastung der Transportinfrastruktur und einer gleichmäßigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen würde, sprach einerseits für einen Vorrang der Fördergebiete außerhalb des Kaukasus.17 Die bereits in den 1930er Jahren angestrebte Unabhängigkeit der grundlegenden Wirtschaftsregionen sollte 1947 im Rahmen der Planungen für ein neues Par-teiprogramm sogar per Satzung zur besonderen »Notwendigkeit für den Auf-bau der wirtschaftlichen Basis des Kommunismus und die Festigung der Ver-teidigungsfähigkeit der UdSSR« erhoben werden.18 Wenngleich der Entwurf, befördert durch den Tod des damit beauftragten Andrej Ždanov, letztlich in den internen Machtkämpfen der späten 1940er Jahre versandete, waren die Planungsarbeiten bereits weit fortgeschritten und in den wirtschaftsbezogenen Punkten der Zustimmung Stalins sicher.19

Die Fokussierung der Nachkriegsbemühungen auf nur ein Erdölgebiet im Osten hätte allerdings lediglich die Abhängigkeit zahlloser Wirtschaftsregio-nen vom kaukasischen Erdöl durch eine Dependenz vom Zweiten Baku ersetzt und zur als wichtig erachteten »Beseitigung irrationaler und exzessiver Lang-streckentransporte«20 allenfalls partiell beigetragen. Aus Moskauer Perspektive hatte der Krieg hingegen eindrucksvoll bewiesen, dass auch andere Regionen östlich der Volga durchaus noch Steigerungspotential hatten21 – und umfas-sende Explorationsarbeiten zudem die Grundlage des Erfolges sind: Der immer deutlicher zutage tretende Erdölreichtum des Zweiten Baku schloss schließlich im Umkehrschluss keineswegs aus, dass es in den von den sowjetischen Wirt-schaftsplanern präferierten Regionen keine Vorkommen gab.

17 RGAE, f. 4372, op. 42, d. 371, l. 23.

18 RGASPI, f. 558, op. 11, d. 124, l. 136.

19 In dem Entwurf finden sich zahlreiche handschriftliche Kommentare und Änderungen Sta-lins, im zitierten Absatz jedoch nicht. Zum Scheitern des Programmes Tikhonov, Aleksei/

Gregory, Paul R.: Stalin’s Last Plan, in: Gregory (Hg.): Stalin’s Command Economy, S. 159–

192, hier S. 160–162.

20 RGASPI, f. 558, op. 11, d. 124, l. 136.

21 Shimkin: Minerals, S. 90.

Hinzu kamen nach wie vor bestehende Probleme bei der Verarbeitung des schwefelhaltigen Erdöls aus der Volgaregion. Während des Krieges waren die ohnehin schon niedrigen Qualitätsstandards der sowjetischen Erdölprodukte zugunsten der Quantität weiter gelockert worden. Die schwefelhaltigen Treib-stoffe bereiteten nach Kriegsende den zivilen Verbrauchern vor allem in der Landwirtschaft weit größere Probleme als den sowjetischen Panzern.22 Die Wirtschaftsplaner in Moskau und mit ihnen wohl auch die Führungskader des Erdölsektors standen dadurch vor einem Dilemma: Wie Panov als stellvertre-tender Gosplan-Vorsitzender im Sommer 1946 anlässlich der Gründung eines Erdölinstitutes innerhalb der Akademie der Wissenschaften verkündete, waren neben dem militärischen Bedarf »in erster Linie […], natürlich, die Bedürf-nisse der Landwirtschaft« dringend zu erfüllen, um »das Land mit Getreide und Lebensmitteln zu versorgen«.23

Mit den vorhandenen Technologien ließ sich jedoch im Osten des Landes eine Produktionssteigerung der Traktorentreibstoffe nur mit erheblichem Auf-wand und durch weitere Qualitätseinschnitte vornehmen. Wenngleich in den Kriegsjahren die bereits begonnenen Bemühungen fortgesetzt wurden, die Ver-arbeitungsprozesse dem hohen Schwefelanteil anzupassen, unterlagen diese in erster Linie den geltenden militärischen Prioritäten. Während so in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre Verfahren bekannt waren, wenigstens minderwertiges Flugbenzin aus dem Erdöl des Zweiten Baku herzustellen, befanden sich die Forschungen zu anderen Treibstofffraktionen gerade erst am Anfang.24

In der für Erdöltransporte zuständige Abteilung des Narkomneft’ stand bereits wenige Wochen vor Kriegsende im Rahmen einer perspektivischen Ent-wicklungsplanung deshalb erstmals zur Diskussion, zukünftig auch die Trak-toren in den östlich gelegenen Agrarregionen mit Kerosin aus dem Südwesten versorgen zu müssen.25 Distributionsstatistiken der einzelnen Treibstoffarten aus den späten 1940er Jahren legen nahe, dass derartige Überlegungen trotz der offensichtlichen Diskrepanz zu den politischen Leitlinien zur regionalen

22 RGAE, f. 8627, op. 9, d. 1693, ll. 12–13; ebd., f. 4372, op. 47, d. 354.

23 RGAE, f. 4372, op. 47, d. 352, l. 105.

24 RGAE, f. 4372, op. 48, d. 554, l. 100. Zur Entwicklung von Verfahren zur Entschwefelung von Flugbenzin siehe Igolkin: Neftjanaja politika (1940–1950), S. 130. Der hohe Schwefel-anteil blieb lange ein primäres Problem der sowjetischen Erdölindustrie, dazu auch Zieber:

Sowjetische Erdölwirtschaft, S. 50 f. und S. 147; Černyš: Razvitie neftepererabatyvajuščej promyšlennosti, S. 219 f.

25 RGAE, f. 8627, op. 10, d. 578, ll. 3–5.