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Prozesse der beruflichen und sozialen Integration bzw. Ausgrenzung am Beispiel junger Italiener

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Integration und Ausgrenzung: Junge Italiener in Deutschland

8. Prozesse der beruflichen und sozialen Integration bzw. Ausgrenzung am Beispiel junger Italiener

Obwohl junge Italiener und Italienerinnen der Aufnahmegesellschaft Bundesrepublik auf­

geschlossener gegenüber stehen und einige Indikatoren auf ihre fortschreitende soziale Integration hindeuten, hat dies auf ihre Chancen, einen qualifizierten Schul- bzw. Aus­

bildungsabschluß und damit Zugang zu qualifizierter Berufsarbeit zu erhalten, d.h. auf ihre berufliche Integration, offensichtlich wenig Einfluß. Demgegenüber gelingt Jugendlichen und jungen Erwachsenen nichttürkischer Herkunft eine stärkere berufliche Eingliederung, wenngleich verschiedene Indikatoren darauf hinweisen, daß sich ihre soziale Integration und Hinwendung zu einem Leben in Deutschland im Untersuchungszeitraum nicht so stark entwickelt hat wie bei jungen Italienern.

Dies läßt die Vermutung zu, daß den Prozessen von Integration und Ausgrenzung un­

terschiedliche Verläufe zugrunde liegen können. Bei jungen Italienern verläuft die Entwick­

lung eher dahingehend, daß eine fortschreitende soziale Eingliederung, ohne feststellbare positive Auswirkungen auf die berufliche Eingliederung bleibt. Die These Hoffmann- Nowotnys, nach der der Prozeß der beruflichen Integration der sozialen Eingliederung vorausgeht, lässt sich mit den Untersuchungsergebnissen der jungen Italiener nicht bestäti­

gen.

Zu beobachten ist eher umgekehrt, ein fortschreitender Prozeß sozialer Integration bei stagnierender beruflicher Integration, insgesamt also ein ungleichgewichtiger Prozeß zwi­

schen Integration (im sozialen Bereich) und Stagnation bzw. partieller Ausgrenzung (im

beruflichen Bereich). Demgegenüber vollzieht sich die Entwicklung bei nichttürkischen Befragten eher in einem gleichgewichtigen Prozeß.

Anmerkungen

1 Der von Hoffmann-Nowotny anstelle von „soziale Integration“ in diesem Zusam­

menhang benutzte Begriff „Assimilation“ wird u.a. wegen seiner negativen Konno- tation des Sprachgebrauchs in Deutschland nicht verwendet.

2 Die zweite Erhebung fand vor der Wiedervereinigung in Deutschland statt.

2 Trotz der langen Anwesenheit italienischer Arbeitsmigranten der ersten Generation in Deutschland ist nur ein Viertel der befragten jungen Italiener in der Bundesre­

publik geboren. Mit mehr als 16 Jahren ist jeder dritte Italiener, aber nur jeder vierte andere Jugendliche und jeder fünfte Jugendliche türkischer Herkunft hier eingereist. 30% der italienischen Befragten haben die Schule ausschließlich in Italien besucht. 17% der italienischen Probanden sind auf eigene Initiative hin, d.h.

ohne ihre Eltern, nach Deutschland gekommen, überdurchschnittlich häufig im Vergleich zu den anderen Nationalitäten (10%) (Granato 1994).

Auch geschlechtsspezifische Aspekte werden in diesem Beitrag nur gelegentlich berücksichtigt. Vgl. hierfür Granato 1994.

3 Italienerinnen wie auch andere junge Frauen verlassen die Schule deutlich seltener ohne Abschluß, und sie haben häufiger mittlere Reife oder Abitur als junge Männer italienischer Herkunft: Vgl. Granato 1994.

4 1992 lag die Ausbildungsquote italienischer Jugendlicher laut Berufsbildungs­

bericht bei rund 50%, die deutscher Jugendlicher bei fast 70 % (BMBW 1992:104).

5 Die erste Schwelle stellt insbesondere für Italienerinnen trotz besserer

Schulabschlüsse eine größere Hürde als für junge Männer italienischer Herkunft dar (Granato 1994).

6 Dabei wird jeweils die zum Befragungszeitpunkt aktuelle berufliche Stellung der ersten und zweiten Generation als Indikator herangezogen. Dies bedeutet, daß jeweils verschiedene Zeitpunkte im Berufsleben der Befragten für den Vergleich verwendet werden: Die Beschäftigten der ersten Generation stehen bereits seit Jahrzehnten im Erwerbsleben und gehen eher auf das Ende ihres Berufslebens zu, während die jungen Erwachsenen der zweiten Generation sich erst am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn befinden, und sie im Hinblick auf ihre berufliche Position noch Entwicklungsmöglichkeiten haben. Erhebungsdaten zur beruflichen Stellung der ersten Generation im Alter von 20-30 Jahren liegen jedoch nicht vor.

Zudem könnten auch diese Angaben nicht ohne weiteres mit der aktuellen berufli­

chen Position der zweiten Generation in der Bundesrepublik verglichen werden, da ein Teil der ersten Generation sich in diesem Alter noch im Heimatland befand, und ihre Aussagen vor dem Hintergrund des Beschäftigungssystems und der ökonomischen Situation des jeweiligen Herkunftslandes zu betrachten wären.

Ein Teil der Italienerinnen befindet sich noch in der Qualifizierungsphase, so daß über ihre spätere Stellung im Beschäftigungssystem nur Tendenzaussagen gemacht werden können.

8 Der folgende Abschnitt bezieht sich auf alle untersuchten Nationalitäten; eine Differenzierung nach Nationalität und Geschlecht ist wegen der zu geringen Fallzahl der italienischen Befragten, die erwerbstätig sind, nicht möglich.

9 Ihr Anteil an allen Arbeitskräften wird von heute 16% voraussichtlich auf 13% im Jahre 2010 sinken (Jansen u.a. 1993, S.23; Brinkmann 1994)

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Ethnische Diskriminierung in der Schule1

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