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2.3 Protein- und Aminosäurenverdaulichkeit beim Vogel

2.3.5 Proteinqualität

Proteine erfüllen im Organismus vielfältige Funktionen. Zum einen sind sie beteiligt am Gewebeaufbau durch Membran- und Muskelfaserbildung, zum anderen wirken sie als Enzyme und sind damit Voraussetzung für den Ablauf chemischer Reaktionen im Körper (JEROCH et al. 2013).

Die Qualität eines Proteins leitet sich von seiner AS-Zusammensetzung ab, und da-mit aus den Mengenverhältnissen der essentiellen AS zueinander. Aber auch die Verdaulichkeit der AS und deren anschließende Verwertung im Organismus

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men den Proteinwert. Letztere werden durch die Biologische Wertigkeit des Proteins dargestellt. Ein qualitativ hochwertiges Protein zeichnet sich dadurch aus, den Bedarf an AS für die Erhaltung und Leistung des Tieres zu decken (KAMPHUES et al.

2014).

Dabei ist zu beachten, dass für die Erhaltung ein anderes AS-Muster notwendig ist als für die Leistung. Gewebe, die zum Erhaltungsbedarf beitragen, besitzen eine ho-he Regenerationsrate. Dazu zählen beispielsweise die Darmwand oder das Pan-kreas. Der Leistungsbedarf für zum Beispiel Körpermassenzuwachs, Milch, Gefieder oder Eier, wird hingegen von Geweben geringerer Regenrationsrate beeinflusst (KAMPHUES et al. 2014). Aus beiden ergibt sich für die jeweilige Tierart das soge-nannte AS-Bedarfsmuster, welches je nach Alter, Genotyp, Geschlecht und Leis-tungsart variiert (HÄFFNER et al. 1998; KAMPHUES et al. 2014).

Von besonderer Bedeutung sind die limitierenden AS. Für die Eiweißsynthese im Organismus erfolgt ein Aneinanderreihen bestimmter essentieller und nicht essentiel-ler AS anhand einer bestimmten Gensequenz. Fehlt eine der dafür erforderlichen AS, kommt es zum Erliegen der Synthese. Im Falle einer nicht-essentiellen AS kann die-se vom Körper die-selbst gebildet werden, handelt es sich dabei jedoch um eine esdie-senti- essenti-elle AS, ist die Eiweißsynthese nicht möglich (HÄFFNER et al. 1998). Letztere kön-nen eben nicht vom Körper selbst synthetisiert werden. Daher muss die Aufnahme über das Futter erfolgen (JEROCH et al. 2013). Die essentielle AS, die im Futterpro-tein, im Vergleich zum Bedarf, am wenigsten enthalten ist, wird als erstlimitierende AS bezeichnet. Dementsprechend gibt es auch eine zweit- und nächstlimitierende AS.

Es ist also notwendig, dass das Futter einen ausreichenden Gehalt an limitierenden AS aufweist, um den Bedarf des Tieres sicher zu decken.

Für eine effiziente Nutzung des Proteins sind demnach das AS-Muster (g AS / 100g Rp) und seine Biologische Wertigkeit entscheidend. Es ist daher notwendig, die AS-Muster der einzelnen Futterkomponenten bei der Mischfutterherstellung zu berück-sichtigen, um durch deren Zusammenfügen die erforderliche AS-Zufuhr zu erreichen.

Dies kann auch durch die Zugabe von synthetischen AS erfolgen. Zudem ist es von Wichtigkeit, keine Imbalanzen zu erzeugen. Dies ist der Fall, wenn das

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Muster des Futterproteins erheblich von dem Bedarfsmuster des Tieres abweicht.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Gehalt an einzelnen AS zu hoch oder zu gering ist. Die Folge ist in jedem Fall eine verminderte AS- und Proteinverwertung. Eine stärker ausgeprägte Divergenz wirkt sich zusätzlich negativ auf die Futteraufnahme und das Wachstum des Tieres aus (KAMPHUES et al. 2014).

Für die Visualisierung des oben Beschriebenen wird gerne das sogenannte „Lie-bigsche Fass“ genutzt (siehe Abbildung 1). Sein Fassungsvermögen steht für das Proteinsynthesevermögen des Tieres. Die essentiellen AS bilden die Dauben des Fasses. Dabei stellt die kürzeste Daube die erstlimitierende AS dar. Durch Zugabe dieser AS nimmt die Daube an Länge zu und ermöglicht eine Steigerung des Fas-sungsvermögens bis zur nächsthöheren Daube, die von der zweitlimitierenden AS gebildet wird. Demnach ermöglicht die gezielte Zugabe von einzelnen limitierenden AS dem Tier eine effizientere Nutzung des vorhandenen Futterproteins (HÄFFNER et al. 1998).

In der Arbeit von SERRANO et al. (2013) gab es Hinweise darauf, dass SES aus verschiedenen Ursprungsländern unterschiedliche Rp-Gehalte und AS-Muster auf-weisen. So beobachteten die Autoren bei SES aus Argentinien, Brasilien und den USA Variationen im Lysin-Gehalt zwischen 2,69 % (Brasilien) und 3,02 % (USA) in der uS. Die Rp-Gehalte variierten ebenfalls. Zudem ergaben sich Unterschiede in der AS-Verdaulichkeit. Für das aus Brasilien stammende SES ermittelten die Autoren

Abbildung 1: Darstellung des "Liebigschen Fasses“ (HÄFFNER et al. 1998)

Methionin Lysin

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eine scheinbare praecaecale ileale Lysin-Verdaulichkeit von 85 %, wohingegen das SES aus den USA einen Wert von 89 % erreichte. Für diesen Effekt haben die Auto-ren mehrere Erklärungsansätze: Zu diesen zählen mögliche Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung und Struktur der ursprünglichen Sojabohnen, Varia-tionen in den Herstellungsbedingungen der SES, die zu unterschiedlichen Gehalten an ANF geführt haben könnten oder eine stärkere Hitzeeinwirkung, welche eventuell eine Maillard-Reaktion begünstigt und eine Reduzierung des nutritiven Wertes von Rp, besonders aber Lysin, zur Folge gehabt haben könnte.

Eine bedarfsgerechte Versorgung der Tiere ist auch aus Sicht der Umwelt erstre-benswert. Bei einer ineffizienten Nutzung des Futterproteins wird ein Großteil der resorbierten AS nicht für die Eiweißbildung verwendet, sondern wieder abgebaut.

Dies erfolgt vor allem in der Leber und in den Nieren. Der dabei entstehende Stick-stoff wird beim Vogel im Wesentlichen als Harnsäure ausgeschieden (HÄFFNER et al. 1998). Ein gezielter AS-Einsatz ermöglicht einen geringeren Rp-Gehalt im Misch-futter. Dies reduziert die Stickstoffausscheidung und trägt so zu einer Entlastung der Umwelt bei. Dies ist vor allem in Gebieten mit einer hohen Nutztierdichte von Bedeu-tung (KAMPHUES et al. 2014).