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6.3 Datenauswertung

6.3.3 Hypothesenprüfung

6.3.3.1 Potentielle und tatsächliche Präsenz (Hypothese 1)

Die Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit lautete, inwiefern sich der Einsatz der virtuel-len Kommunikation auf die Zufriedenheit mit der Führungsqualität aus Sicht der Mitarbei-ter:innen auswirkt. Virtuelle Kommunikation impliziert den Kontakt ohne physische Prä-senz. Daher wird zunächst untersucht, inwiefern der Präsenzgrad die Führungsqualität be-einflusst. Die „potentieller Präsenz“ beschreibt das Ausmaß in Tagen pro Woche, welche die Führungskraft und ihre Mitarbeiter:innen am selben Dienstort verbringen, d.h. inwiefern die Führungskraft potentiell Einfluss auf die Mitarbeiter:innen nehmen kann. Dabei geht es zunächst nicht um die tatsächliche Kommunikation. Unter „tatsächlicher Präsenz“ versteht sich das Ausmaß in Stunden pro Woche, welche Führungskraft und Mitarbeiter:in in tatsäch-lichem persöntatsäch-lichem Austausch verbringen, d.h. die Führungskraft ihren Führungseinfluss auf den/die Mitarbeiter/-in tatsächlich ausführen kann, unabhängig des Kommunikationska-nals. Für beide Hypothesen wurde der Mann-Whitney-U-Test durchgeführt. Nachstehende Tabelle 13 fasst die Testentscheidung für die Hypothesen 1a und 1b zusammen.

274 Vgl. Diekmann (2016), S. 707.

Hypothese 1a Je geringer die potentielle Präsenz, desto weniger zufrieden sind die Mitar-beiter:innen mit der Führungsqualität ihrer Führungskraft.

Hypothese 1b Je höher die tatsächliche Präsenz, desto zufriedener sind die Mitarbeiter:in-nen mit der Führungsqualität ihrer Führungskraft.

Variablen &

Skalenniveau

UVs = potentielle Präsenz; tatsächliche Präsenz

AVs = Variablen zur Zufriedenheit mit der Führungsqualität (Items i1 – i18) Voraussetzungen ✓ abhängige Variable ist mindestens ordinalskaliert

✓ Unabhängigkeit der Stichproben Testverfahren Mann-Whitney-U-Test

Anmerkung: UV = unabhängige Variable; AV = abhängige Variable

Tabelle 13: Testentscheidung zu Hypothese 1

Die Items i1 bis i18, welche im Fragebogen die Zufriedenheit mit der Führungsqualität mit-tels der Likert-Skala von „1 – trifft nicht zu“ bis „4 – trifft voll zu“ messen, stellen die ab-hängigen Variablen dar. Die unabhängige Variable bildet sich aus den zwei Gruppen, die miteinander verglichen werden. Gruppe 1 ist mit dem Präsenzgrad „< 3 Tage/Woche“ und Gruppe 2 mit dem Präsenzgrad „> 3 Tage/Woche“ definiert. Hierbei handelt es sich um unabhängige Stichproben.

Aufgrund der Stichprobengröße von n = 173 wären trotz fehlender Normalverteilung zwar parametrische Verfahren zur Prüfung der Hypothesen möglich gewesen. Für Hypothese 1 wurden die Ergebnisse des t-test für unabhängige Stichproben und die des Mann-Whitney Test verglichen. Der Testvergleich ergab, dass die Ergebnisse robuster sind, wenn der U-Test verwendet wird. Die „weiß nicht“-Angaben wurden dabei nicht in die Berechnung mit-einbezogen, da diese keinen Wert für die Variable selbst darstellen und diese Antwortkate-gorie lediglich eine Ausweichmöglichkeit für die Probanden war, damit diese die Umfrage nicht abbrechen.

Potentielle Präsenz (Hypothese 1a)

Nachfolgende Tabelle 14 zeigt die Ergebnisse des Mann-Whitney-U-Tests für die zu prü-fenden Datensätze potentielle Präsenz und Variablen zur wahrgenommenen Führungsquali-tät. Es werden nur diejenigen Variablen dargestellt, die anhand des U-Tests einen signifi-kanten Gruppenunterschied ergaben. Die vollständigen Ergebnisse der insgesamt 18 Vari-ablen finden sich in Anhang 2.4.

i5 Ich erhalte

i18 Neue Ideen kann ich einbringen

Mann-Whitney-U-Test 2657.500 2548.500 2508.000

Wilcoxon-W 4487.500 4259.500 4219.000

Z -2.315 -2.010 -2.355

Asymp. Sig. (2-seitig) .021 .044 .019

Anmerkung: p < .05

Tabelle 14: Mann-Whitney-U-Test zu potentieller Präsenz und Variablen zur Zufriedenheit mit der Führungsqualität

Aus Tabelle 14 wird ersichtlich, dass von den 18 Variablen zur wahrgenommenen Führungs-qualität lediglich die Variablen i5, i17 und i18 einen signifikanten Gruppenunterschied auf-weisen. So konnte für die Variable i5 „Ich erhalte Hilfestellung im Arbeitsprozess“ festge-stellt werden, dass sich die Gruppen mit „< 3 Tage/Woche“ Präsenz und mit „> 3 Tage/Wo-che“ Präsenz hinsichtlich der Zufriedenheit mit der Führungsqualität signifikant unterschei-den, U(n1 = 112, n2 = 61) = 2657.500, z = -2.315, p = .021. Die Effektstärke nach Cohen (1992) liegt für diese Variable bei r = .18 und entspricht einem schwachen Effekt.275 Ebenso ergaben sich signifikante Gruppenunterschiede für die Variable i17 „Meine Eigenständigkeit und Selbstverantwortung werden gefördert“ mit einem schwachen Effekt nach Cohen (1992) von r = .17 und i18 „Neue Ideen kann ich einbringen“ mit r = .23.

Um nun herauszufinden, worin sich die beiden Gruppen hinsichtlich der drei entsprechenden Variablen unterscheiden, wurden die Ränge betrachtet (Tabelle 15).

Gruppen potentielle

Präsenz N Mittlerer Rang Rangsumme

i5 Ich erhalte Hilfestellung im Arbeitsprozess

275 Vgl. Cohen, J. (1992): A power primer, in: Psychological Bulletin, Vol. 112, Issue 1, pp. 155–159, p. 157.

Gruppen potentielle

Präsenz N Mittlerer Rang Rangsumme

i18 Neue Ideen kann ich einbringen

< 3 Tage/Woche 108 89.28 4259.50

> 3 Tage/Woche 58 72.74 9642.00

Gesamt 166

Tabelle 15: Rangverteilung des Mann-Whitney-Test zu potentieller Präsenz und Variablen zur Zufriedenheit mit der Führungsqualität

Tabelle 15 zeigt, dass für alle drei Variablen die Gruppe mit weniger als 3 Tage/Woche potentieller Präsenz (bzw. selber Dienstort) zufriedener mit der Führungsqualität waren als die Gruppe, die mehr als 3 Tage pro Woche vor Ort ist.

Die Variable i4 „In Entscheidungsprozesse werde ich mit einbezogen“ ergab mittels des Mann-Whitney-U-Test einen p-Wert von .051, n1 = 136, n2 = 36, U = 2803.000, z = -1.953, p = .051. Dies liegt knapp über dem hier verwendeten Signifikanzniveau von p < .050. Mit Blick auf die Ränge zeigt sich, dass diejenigen Mitarbeiter:innen, die weniger als 3 Tage pro Woche am selben Dienstort wie ihre Führungskraft tätig sind, zufriedener mit der Führungs-qualität sind (mittlerer Rang = 91.75) als die Gruppe derjenigen Mitarbeiter:innen, die über-wiegend vor Ort tätig sind (mittlerer Rang = 76.95).

Tatsächliche Präsenz (Hypothese 1b)

Hypothese 1b wird nach dem selbem Verfahren geprüft wie Hypothese 1a. Die Ergebnisse des Mann-Whitney-U-Tests für die tatsächliche Präsenz und die Variablen zur wahrgenom-menen Führungsqualität zeigen lediglich für i7 „Ich erhalte Feedback hinsichtlich der Zu-friedenheit mit meiner Leistung“ einen signifikanter Gruppenunterschied, U(n1 = 134, n2 = 37) = 1970.500, z = -2.015, p = .044 (zu den Ergebnissen aller Variablen siehe Anhang 2.4).

Hierbei handelt es sich nach Cohen (1992) um einen schwachen Effekt, r = .15.276 Mit Blick auf die Rangverteilung zeigt sich, dass die Gruppe mit mehr als 3 Tagen pro Woche tatsäch-licher Präsenz einen höheren Zufriedenheitsgrad mit der Führungsqualität aufweist (mittle-rer Rang = 99.74) als die Gruppe mit weniger als 3 Tage pro Woche tatsächlicher Präsenz (mittlerer Rang = 82.21).

276 Vgl. Cohen (1992), p. 157.

Schließlich ist festzuhalten, dass bei den Variablen, bei denen ein signifikanter Gruppenun-terschied festgestellt wurde, die Führungsqualität von der Gruppe mit weniger potentieller Präsenz besser bewertet wurde als von der Gruppe mit mehr potentieller Präsenz. Dies wi-derspricht der Annahme, dass bei geringer potentieller Präsenz, auch die wahrgenommene Führungsqualität abnimmt. Demnach wird Hypothese 1a abgelehnt. Hypothese 1b kann be-stätigt werden, da eine Zunahme an tatsächlicher Präsenz die Zufriedenheit mit der Füh-rungsqualität erhöht. Jedoch ergab lediglich i7 „Ich erhalte Feedback hinsichtlich der Zu-friedenheit mit meiner Leistung“ einen signifikanten Gruppenunterschied. Dabei sind die Mitarbeiter:innen zufriedener mit der Aussage „Ich erhalte Feedback hinsichtlich der Zu-friedenheit mit meiner Leistung“, wenn die tatsächliche Präsenz der Führungskraft mehr als 3 Tage pro Woche beträgt.