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3.2 Forschungs- und Innovationsoutput: Publikationen, Patente,

3.2.2 Patente / Spitzentechnologien

Die Patentaktivität ist in keinem Land so hoch wie in der Schweiz, sowohl ge-mäss den europäischen Patentanmeldungen (EPO) als auch den sogenannten

«Triade»-Patentanmeldungen (Tabelle 3.15). Die Positionen 2 und 3 werden von Finnland und Deutschland (EPO) bzw. Schweden und Finnland (Triade) einge-nommen. In einer dynamischen Perspektive ist die Entwicklung aber nicht güns-tig. In den neunziger Jahren hat sich die Differenz zu den skandinavischen Län-dern, die ebenfalls ein überdurchschnittlich hohes Niveau der Patentaktivitäten aufweisen, merklich verringert. Die Zahl der Patentanmeldungen beim EPO ist – ausgehend von einem sehr hohen Niveau – in der Periode 1991-1999 um 44.8%

im Ländervergleich schwach gestiegen; nur die USA und Japan weisen ähnlich niedrige Wachstumsraten aus. Bei den «Triade»-Patentanmeldungen ist das Wachstum noch bescheidener (11.0%), etwa von der gleichen Grössenordnung wie für Japan, Frankreich und Italien, beträchtlich schwächer als bei den in der Innovationsperformance führenden skandinavischen Ländern.

Tabelle 3.15: Patentanmeldungen EPO, Triade

EPO Triade

Schweden 239.2 123.4 107.4 125.2 Finnland 264.6 218.4 74.9 121.0 VR: Veränderungsrate. EPO: Europäisches Patentamt; Triade: Anmeldungen beim EPO, beim USPTO (US Patent and Trademark Office)und beim JPO (Japanese Patent Office); Quelle: OECD (2003a), S. 63, 65; eigene Berechnungen.

Auch hier steht der Spezialisierungsgrad im internationalen Vergleich im Vor-dergrund. Die Spezialisierung auf den spitzentechnologischen Bereich «Bio-technologie» entspricht nur etwa dem EU-Durchschnitt (Tabelle 3.16, Spalte 3).

Auch in dynamischer Hinsicht ist die Entwicklung bei den Biotech-Patenten aus dem Inland nicht günstig. Wie in einer neuen Studie zum technologischen Port-folio der Schweiz auf der Basis von Patentanmeldungen gezeigt wird, ist beson-ders bei den Grossfirmen eine stetige Abschwächungstendenz zu verzeichnen (siehe Hotz-Hart/Küchler 2005, S.61). Allerdings sollte in Rechnung gestellt werden, dass viele Biotech-Patente von den grossen Pharma-Unternehmungen beim USA-Patentamt bzw. von den ausländischen Forschungsstandorten aus (besonders in den USA) angemeldet werden. Davon profitiert dank dem Wis-sens- und Technologietransfer innerhalb der grossen Firmen letztlich auch der Standort Schweiz (siehe dazu den Exkurs zum Biotech-Bereich weiter unten sowie die Ausführungen zu den Auslandsaktivitäten im F&E-Bereich im Kapitel 4).

Tabelle 3.16: Spezialisierungsindex für IKT- und Biotechnologie-Patentan-meldungen (EPO) sowie für Nanotech-Publikationen

IKT IKT VR: Veränderungsrate. Spezialisierungsindex des Landes i: Anteil der Patente (Publikationen) einer bestimmten Kategorie des Landes i dividiert durch den Anteil dieses Landes am Total der OECD-Patente (Publikationen); OECD-Spezialiserungsindex=1; Quelle: OECD (2003a), S. 27, 33, 45; eigene Berechnungen.

Auch im Bereich der «Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)»

entspricht die Spezialisierung nur etwa dem EU-Durchschnitt (Spalte 1 in Tabel-le 3.16). In den neunziger Jahren haben die IKT-Patentanmeldungen in der Schweiz abgenommen, eine Tendenz, die nur noch für Japan und Frankreich festzustellen ist (Spalte 2 in Tabelle 3.16). In diesem Bereich hat die Schweiz an Terrain eingebüsst. Dies widerspiegelt die schwache Präsenz der Schweizer In-dustrie im Computer- und Elektronikbereich, die sich in den neunziger Jahren weiter verringert hat.

Die Schweiz ist auch im Software-Bereich unterdurchschnittlich spezialisiert.

Rund 5% aller Schweizer Patentanmeldungen lauten auf Software; Finnland oder die USA weisen aber einen Anteil von über 10% auf (Hotz-Hart/Küchler 2005, S. 61). Im Gegensatz aber zum Hardware-Bereich war die Entwicklung im Software-Bereich in den letzten Jahren günstig; das Wachstum der schweize-rischen Software-Patentanmeldungen im Zeitraum 1998-2003 war – allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau – sehr ausgeprägt (siehe Hotz-Hart/

Küchler 2005, S.61f). Dennoch bleibt die Schweiz – wie die Autoren der zitier-ten Studie schreiben – weiterhin ein quantitativ eher schwacher Software-Produ-zent, der einen Spezialisierungsnachteil in diesem Bereich aufweist.

Anders sieht es bei der Nanotechnologie aus: Nirgends ist der Anteil der Publi-kationen in diesem Bereich so hoch wie in der Schweiz (gefolgt von Deutsch-land; Spalte 4 in Tabelle 3.16). Der Rückgang dieses Anteils im Zeitraum 1997-2000, der auch bei den meisten anderen Vergleichsländern – teilweise in weit höherem Ausmass – zu verzeichnen war, ist auf das starke Aufholen einerseits einiger westlicher Länder wie Finnland und Italien, anderseits einer Reihe osteu-ropäischer Länder (Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn) sowie Korea zurück-zuführen.

Exkurs: Bio- und Gentechnologiebereich in der Schweiz

Die Bio- bzw. Gentechnologie wurde von den damals drei grossen Basler Fir-men (Ciba, Roche, Sandoz) zwar bereits zu Beginn der achtziger Jahre einge-führt, umsatzwirksam wurde sie aber erst zehn Jahre später (siehe dazu Arvani-tis/Schips 1996). Offenbar bestand eine relativ lange Anlaufzeit bis die ersten Gentech-Produkte auf den Markt gebracht werden konnten.

Die firmeninterne Technologieforschung und -entwicklung erfuhr in hohem Mass Impulse von firmenexternen Quellen wie Patente/Lizenzen, F&E-Kooperationen, Forschergruppen, Firmenakquisitionen; dabei war der Beitrag aus dem Ausland (primär USA) wesentlich grösser als derjenige aus inländi-schen Wissensquellen. Der intensive innerbetriebliche Wissens- und

Technolo-gietransfer hat aber dafür gesorgt, dass die Niveaus des Know-how ausgeglichen wurden. Im Gegensatz zur Entwicklung in den USA und Grossbritannien spiel-ten die sogenannspiel-ten «New Biotechnology»-Firmen, die typischerweise ein Bin-deglied zwischen Industrie und Hochschule darstellen, eine nur geringe Rolle bei der Einführung der neuen Technologien.

Trotz der guten Ausstattung mit Grundlagenwissen und der ansehnlichen inter-nationalen Präsenz im Gentech-Bereich war – gemessen an der Generierung von Produkten und Umsatz – bis etwa Mitte der neunziger Jahre eine gewisses Nachhinken der schweizerischen Chemie gegenüber der ausländischen Konkur-renz festzustellen. Dieser Rückstand wurde aber – nicht zuletzt dank massiven Zukaufs von Firmen und Know-how und der Restrukturierung der ursprünglich drei Grossunternehmen (Entstehung von Novartis, Actelion etc.) – rasch abge-baut, so dass heute die Basler Chemie im Bio-/Gentechbereich im interna-tionalen Massstab eine führende Position einnimmt.

Tabelle 3.17 enthält Angaben zur ausserordentlich hohen F&E-Intensität der grössten Schweizer Pharma-Unternehmungen, die auch stark im Bio-/Gentech-bereich engagiert sind. Novartis, Serono und Actelion weisen immer noch einen Anteil der F&E-Aufwendungen im Inland von über 50% auf. Roche und Vifor sind primär im Ausland tätig. Gegenüber den Anfängen haben sich allmählich die Gewichte zugunstender ausländischen (insbesondere USA)-Standorte ver-schoben. Inzwischen besteht aber auch in der Schweiz eine breitere Wissensba-sis ausserhalb der «Grossen».

Tabelle 3.17: Bio- und Gentechnologie in der Schweiz: Grosse Unterneh-mungen im Pharma-Bereich; Interpharma-Firmen 2003

F&E-Intensität Novartis Roche Serono Actelion Vifor Umsatz (in Mio. Fr.) 21523 19781 2506 300 196

F&E-Ausgaben (in Mio. Fr.) 4136 3946 631 79 18 in % des Umsatzes 19.2 18.3 25.2 26.2 9.1 F&E-Ausgaben am Standort Schweiz

(in Mio. Fr.)

2155 914 354 65 5 in %der F&E-Ausgaben weltweit 52.1 23.2 56.1 82.3 27.8 Quelle: Pharma-Markt Schweiz, Ausgabe 2004, eigene Berechnungen.

Um die grossen Basler Firmen bildete sich allmählich ein Segment von kleinen Hightech-Unternehmen, die zu einem guten Teil als «Wissenszulieferer» für die F&E-Abteilungen der «Grossen» fungieren («management buyouts», univer-sitäre Spin-offs, Start-ups unterstützt von Venture Capital-Firmen, die – nicht zuletzt – mit den «Grossen» liiert sind, z.B. mit Novartis Venture Fund). Tabelle

3.18 enthält Angaben zu den Tätigkeitsbereichen der kleinen Biotech-Firmen.

Von den 335 Unternehmen, die im Jahr 2001 erfasst wurden, sind 48.4% Ent-wickler von Verfahren, Analytik-Instrumenten, Laborausrüstung etc. Weitere 37.6% sind direkt Produzenten von Gentech-Produkten wie Medikamente, Nah-rungsmittel, Reagenzien, Biomaterialien etc., davon aber lediglich ein Viertel Hersteller von Medikamenten (9.6% aller Biotech-Firmen).

Tabelle 3.18: Bio- und Gentechnologie in der Schweiz: KMU; nach Tätigkeits-bereichen 2001

Tätigkeitsbereiche Anzahl Unternehmen Prozesse: 162 Laborausstattung 56 Ausstattung/Verfahren für biologische Verfahren 36

Analytik-Instrumente (Reinigung, Separation biolo-gischer Moleküle)

15

Kontroll-/Analysegeräte 13 Plattformtechnologien 18 Bioinformatik 11 Umweltechnik/Entsorgung 8

Medizinaltechnik 5 Produkte: 126 Medikamente 32 Reagenzien für Laboratorien 31

Zellkulturen 8 Spezialitäten-/Basischemie 7

Nahrungsmittel 7 Landwirtschaft 6 Biomaterialien 5 Körperpflegemittel 3 Veterinärmedizin 3 Diagnostik 24 F&E-Dienstleistungen 22

Consulting 25

Total 335 Quelle: Swiss Biotechnology Industry Guide; CS Economic & Policy Consulting 2003; eigene

Berechnungen.

Die Schweizer Pharma-Firmen weisen weltweit auch auf der Produktstufe ein hohes Potential auf: Insgesamt 79 pharmazeutische Produkte befinden sich in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium, davon 34 in einer klinischen Ver-suchsphase (Tabelle 3.19). Unter den hier aufgeführten sieben Ländern verfügt nur Grossbritannien absolut und relativ über eine merklich höhere Zahl Produkte in der Pipeline.

Tabelle 3.19: Produktepipeline der Bio- und Gentechnologie in ausgewählten Ländern 2002

Land Vorklinische Entwicklung

Phase I Phase II Phase III Total

Schweiz 45 12 11 11 79

Schweden 14 8 10 0 32 Dänemark 14 5 5 4 28 Deutschland 7 4 3 1 15 Frankreich 16 8 6 1 31

Grossbritannien 65 50 56 23 194 Italien 9 0 4 3 16

Quelle: Ernst & Young, CS Economic & Policy Consulting 2003.