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4.1 F&E-Aktivitäten schweizerischer Unternehmen im Ausland

4.1.3 Entwicklung und Struktur der ausländischen F&E-

Einleitung

In diesem deskriptiv orientierten Abschnitt sollen anhand von Daten der F&E-Statistik des Bundesamtes für F&E-Statistik (BFS) sowie von zwei Panelerhebungen der KOF (Internationalisierung 1998, Innovation 2002) Aussagen gemacht wer-den über die Entwicklung der im Ausland getätigten F&E-Ausgaben (seit 1980) und deren Struktur, insbesondere nach Sektoren/Branchengruppen, Grössenklas-sen und Zielregionen sowie der institutionellen Form der AuslandspräGrössenklas-senz.

Durch eine Kombination mehrerer dieser Merkmale lassen sich Aussagen ma-chen zu den in unserem Zusammenhang relevanten Hypothesen gemäss Ab-schnitt 4.1.1. So liefert z.B. eine Strukturierung der Daten nach Zielregionen und Grössenklassen Hinweise darauf, wie stark multipolare Strategien verbreitet sind und ob solche Strategien nur von grossen multinationalen Unternehmen verfolgt werden.

Von besonderer Bedeutung ist die Analyse der Motive für F&E-Investitionen im Ausland, liefert diese doch eine erste Antwort auf die Frage, ob sich die F&E-Aktivitäten im Inland und im Ausland ergänzen («Komplementaritäts-Hypo-these»), oder ob letztere inländische F&E-Investitionen im Sinne einer Verlage-rung von F&E-Kapazitäten ersetzen («Substitutions-Hypothese»). Eine de-saggregierte Analyse der Motive kann zudem zeigen, ob z.B. das «technology-sourcing» auf Grossunternehmen beschränkt ist, während kleinere Firmen im Ausland primär «produktions- und verkaufsunterstützende» Entwicklungsarbei-ten durchführen («asset exploiting»).

Die Entwicklung der F&E-Tätigkeit an ausländischen Standorten

Das BFS erhebt jedes vierte Jahr (früher jedes dritte) die F&E-Investitionen der in der Schweiz ansässigen Unternehmen getrennt nach Inland und Ausland.

Auch wenn die Datenqualität, insbesondere für weiter zurückliegende Jahre so-wie die Aufteilung nach Branchen, nicht über alle Zweifel erhaben ist (Verände-rung des Adressatenkreises, Voll- vs. Stichprobenerhebung, Verände(Verände-rung der Branchendefinitionen usw.), lassen sich doch einige wesentliche Grund-tendenzen nachzeichnen.

Tabelle 4.2 zeigt für den Unternehmungssektor insgesamt sowie für Chemie/

Pharma und Metall/Maschinenbau/Elektrotechnik/Elektronik (ohne Informa-tionstechnologie), für welche sich konsistente Zeitreihen berechnen lassen, die Entwicklung der F&E-Investitionen und des Anteils der im Ausland getätigten

F&E-Ausgaben. Auf die beiden Branchengruppen entfallen 80% der gesamten F&E-Aufwendungen, auf die in der Tabelle nicht ausgewiesenen Forschungs-labors weitere 12%.

Die F&E-Ausgaben der Privatwirtschaft haben bis Mitte der achtziger Jahre äus-serst stark zugenommen. Da die inländischen und ausländischen Aufwendungen zwischen 1980 und 1986 etwa gleich stark expandierten, blieb der Anteil der ausländischen an den gesamten F&E-Ausgaben etwa konstant (38%). In den darauffolgenden zehn Jahren nahmen die inländischen F&E-Investitionen kaum mehr zu (1989-1992: +4%, 1992-1996: -3%), wogegen die Ausgaben für F&E im Ausland weiterhin kräftig stiegen. Als Ergebnis dieser divergierenden Ent-wicklung erhöhte sich der Auslandsanteil an den gesamten F&E-Ausgaben in der Dekade 1986-1996 von 38% auf 54%. Die Ausgaben im Ausland übertrafen damit erstmals diejenigen im Inland. Zwar war die inländische Investitions-schwäche teilweise konjunkturbedingt (konjunkturelle Flaute 1992-1996, die länger dauerte als im Ausland), die Ursachen sind jedoch – wie im Rahmen die-ser Studie gezeigt wird – auch struktureller Natur. Nach 1996 entwickelten sich die inländischen und ausländischen F&E-Ausgaben wieder im Gleichschritt; der Auslandsanteil blieb damit konstant.

Tabelle 4.2: F&E-Aufwendungen schweizerischer Unternehmen im Ausland Chemie Metall/Maschinenbau,

Elektrotechnik/Elektronik Angaben in Mio. Fr.; Quelle: F&E-Statistik des BFS.

Trotz der lückenhaften und teilweise verzerrten Angaben sind auch für Bran-chen(gruppen) Aussagen zu grundlegenden Trends möglich. Die Chemie- und Pharmaindustrie tätigt mehr als die Hälfte der Auslandsinvestitionen; ein

weite-res Drittel entfällt auf den Bereich Metall/Maschinen/Elektrotechnik/Elektronik (ohne Informationstechnologie). In den letzten Jahren stark zugenommen haben die Investitionen in ausländische Forschungslabors (2000: 12% der ausländi-schen F&E-Ausgaben). Ein Vergleich der Auslandsquote mit dem gesamtwirt-schaftlichen Durchschnitt zeigt, dass diese in den Branchen Chemie/Pharma und Elektrotechnik/Elektronik/Instrumente deutlich höher liegt, und zwar in beiden Fällen mit steigender Tendenz. In den Bereichen Nahrungsmittel und For-schungslabors entspricht der Auslandsanteil etwa dem Durchschnitt, wogegen Metall/Maschinen, Steine/Erden, Bau sowie Informationstechnologie eine deut-lich geringere Auslandsorientierung aufweisen. Die Unterschiede zwischen den Branchen dürften in hohem Mass auf die unterschiedliche Grössenstruktur (z.B.

Chemie/ Pharma vs. Metall/Maschinen) und die generell unterschiedliche Aus-landsorientierung zurückzuführen sein: ausgeprägte Ausrichtung auf den In-landsmarkt der Branchen Bau und Steine/Erden, aber auch der Informatikdiens-te, die im Fall der Schweiz vielfach die Funktion eines «Zulieferers» für andere inländische Firmen einnimmt, sowie – von Ausnahmen abgesehen – der Nah-rungsmittelindustrie.

Insgesamt stellen wir fest, dass der Anteil der im Ausland getätigten F&E-Investitionen seit Mitte der achtziger Jahre stark zugenommen hat, wobei die Dynamik vor allem auf die Bereiche Chemie/Pharma, Elektrotechnik/Elektronik und Forschungslabors zurückzuführen ist. Mittlerweile sind die F&E-Ausgaben der in der Schweiz ansässigen Firmen im Ausland höher als in der Schweiz.

Soweit zur Entwicklung der Investitionen in F&E. Die Dynamik der Internatio-nalisierung von F&E lässt sich auch anhand von Angaben der Unternehmen zum Zeitpunkt ihrer erstmaligen Präsenz mit F&E an ausländischen Standorten nach-zeichnen. Gemäss Tabelle 4.3 schritt die Internationalisierung von F&E – wir betrachten zunächst den Unternehmenssektor insgesamt – bis zum Jahr 1990 ziemlich kontinuierlich voran. Danach jedoch kam es zu einer geradezu «explo-sionsartigen» Zunahme der Präsenz von Firmen an ausländischen Standorten.

Auch wenn die Entwicklung der letzten Dekade durch diese Daten etwas über-schätzt wird (keine Berücksichtigung von Fusionen und Abspaltungen von Fir-men(teilen) usw.), so kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich die Internatio-nalisierung von F&E, was die Zahl der involvierten Firmen betrifft, im Verlauf der neunziger Jahre rasant beschleunigt hat.

Im Weiteren zeigt die Tabelle, dass vor allem die kleinen und mittelgrossen Un-ternehmen zu dieser äusserst hohen Dynamik beigetragen haben. So begannen 69.5% bzw. 57.5% der Firmen dieser beiden Grössenklassen erst nach 1995 im Ausland F&E zu treiben. Über die Zeit hinweg wesentlich gleichmässiger

ver-teilt ist der Erstauftritt mit F&E im Ausland bei den Grossunternehmen. Ausge-hend von einer bereits ausgeprägten Auslandspräsenz im Jahr 1970 – damals waren 44% der grossen Firmen im Ausland aktiv – ist zwar ebenfalls eine Be-schleunigung festzustellen; diese ist jedoch nicht mit der Dynamik der anderen beiden Grössenklassen zu vergleichen.

Tabelle 4.3: Erstmalige Präsenz mit F&E an ausländischen Standorten 2002 (prozentuale Anteile)

Unternehmensgrösse

Klein Mittel Gross Insgesamt Anzahl Firmen 59 59 27 145

Bis 1970 6.8 10.2 44.4 15.1 1971-1980 10.2 18.6 7.5 13.0 1981-1990 13.5 13.6 14.8 13.7 1991-2000 61.0 54.2 25.9 51.4

1991-1995 15.2 13.6 11.1 13.7 1996-2000 45.8 40.6 14.8 37.6

2001-2002 8.5 3.4 7.4 6.8

Gesamter Zeitraum 100 100 100 100 Quelle: KOF-Innovationsumfrage 2002.

Insgesamt ist festzuhalten, dass im Zeitablauf immer mehr Firmen auch bei F&E den Gang ins Ausland gewagt haben, und dass in den letzten Jahren eine rasch zunehmende Zahl insbesondere von KMU ihre F&E-Strategie international aus-zurichten begann.

F&E-Aktivitäten an ausländischen Standorten nach Wirtschaftssektoren

Die in diesem und den folgenden Abschnitten kommentierten Daten stammen aus einer von der KOF im Jahr 1998 durchgeführten, der Internationalisierung der in der Schweiz ansässigen Firmen gewidmete Panelerhebung. Diese lieferte zur Auslandspräsenz mit F&E detailliertere Daten als die Innovationsumfrage 2002. Ein Vergleich der Resultate zu Tatbeständen, die in beiden Umfragen er-fasst wurden, zeigt, dass sich an den strukturellen Gegebenheiten wie z.B. der Zusammensetzung der Auslandsaktivitäten nach Sektoren oder Zielregionen zwischen 1998 und 2000 wenig verändert hat. Die Strukturdaten von 1998 sind also für die heutigen Verhältnisse durchaus repräsentativ. Dennoch werden wir in Einzelfällen auch Informationen für 2002 beiziehen.

Aus Tabelle 4.4 geht hervor, dass 80% der Auslandsengagements in F&E auf die Industrie und nur 20% auf den Dienstleistungssektor entfallen. Der High-tech-Bereich (Chemie/Pharma, Kunststoffe, Maschinenbau, Elektrotechnik/

Elektronik/Instrumente) steht mit 57% eindeutig an erster Stelle. Die Lowtech-Industrie ist ebenfalls häufiger im Ausland vertreten als der Dienstleistungs-sektor. Dieses Muster gilt besonders ausgeprägt für die Grossunternehmen. Bei den Kleinunternehmen steht zwar ebenfalls der Hightech-Sektor vorn, aber in diesem Fall sind auch die Lowtech-Industrie und die modernen Dienstleistungen (Finanz-, Unternehmens- sowie F&E- und EDV-Dienstleistungen) relativ gut vertreten.

Tabelle 4.4: F&E an ausländischen Standorten nach Wirtschaftssektoren 1998 (prozentuale Anteile)

Industrie Dienstleistungen Insgesamt Firmengrösse Hightech Lowtech Moderne DL Übrige DL

Klein 48 26 19 7 100

Mittel 59 22 10 7 100

Gross 73 19 5 3 100

Insgesamt 57 23 13 7 100 Quelle: KOF-Internationalisierungsumfrage 1998.

Zentralisierung vs. Dezentralisierung der F&E-Aktivitäten

In der Internationalisierungsumfrage wurden die Aktivitäten an ausländischen Standorten nach zehn Zielregionen erfasst: EU-15, Ost-Mitteleuropa, Südost-europa, GUS-Staaten, Nordamerika, Lateinamerika, Asien I, Asien II, China sowie übrige Länder.

Die obere Hälfte der Tabelle 4.5 zeigt die prozentuale Verteilung der Unterneh-men gemäss der Zahl ausländischer Zielregionen (Basis: 214 FirUnterneh-men mit F&E-Aktivitäten an ausländischen Standorten). Die untere Hälfte berücksichtigt zu-sätzlich die 772 nur im Inland F&E-treibenden Unternehmen. Von den im Aus-land aktiven Firmen ist die weit überwiegende Zahl an einem oder zwei auslän-dischen Standorten tätig (wenn man von den in der Umfrage nicht erfassten Standorten innerhalb der einzelnen Zielregionen absieht). Bei nur einem Stand-ort – dasselbe gilt auch für das Jahr 2002 – ist es meistens die EU, bei zwei Ziel-regionen kommt in der Regel Nordamerika hinzu. Lediglich 5.6% der Firmen sind in mehr als zwei Zielregionen präsent (bis zu 3, in Einzelfällen bis zu 6 der maximal 10 Zielregionen). Wenig überraschend ist die im Ausland betriebene

F&E-Tätigkeit der grossen Unternehmen regional wesentlich breiter abgestützt als diejenige der kleinen.

Tabelle 4.5: Anteil der Firmen nach der Zahl der Auslandsengagements 1998 (Prozentuale Anteile; basierend auf der Anzahl Zielregionen; Maxi-mum: 10)

Unternehmensgrösse

Anzahl Anzahl Klein Mittel Gross Insgesamt Zielregionen Firmen 97 80 37 214

1 165 83.5 78.7 56.8 77.1 2 37 11.4 18.7 29.7 17.3

3 6 2.1 1.3 8.1 2.8

4 3 1.0 0.0 5.4 1.4

5 2 1.0 1.3 0.0 0.9

6 1 1.0 0.0 0.0 0.5

Insgesamt 214 100 100 100 100 Unternehmensgrösse

Anzahl Anzahl Klein Mittel Gross Insgesamt Präsenzen Firmen 501 366 119 986 Nur Inland 772 80.6 78.1 68.9 78.3

Ausland

1 165 16.2 17.2 17.7 16.7 2 37 2.2 4.0 9.2 3.8 3+ 12 1.0 0.5 4.2 1.2 Insgesamt 986 100 100 100 100 Quelle: KOF-Internationalisierungsumfrage 1998.

Der «Grad» der Internationalisierung lässt sich noch besser abschätzen, wenn zusätzlich die generelle Neigung zu ausländischen F&E-Aktivitäten berück-sichtigt wird. So beträgt der Anteil von Firmen mit Auslands-F&E an allen F&E-treibenden Firmen im Durchschnitt 22%. Auch diesbezüglich liegt ein stark positiver Zusammenhang mit der Unternehmensgrösse vor, sind doch von den Grossunternehmen 31% im Ausland aktiv, bei den kleinen und mittleren nur 21% bzw. 22%.

Ein Gesamtbild zur relativen Bedeutung zentralisierter und dezentraler F&E-Tätigkeit ergibt sich, wenn die Informationen zur Ausrichtung auf ausländische Zielregionen («Breite» des Auslandsengagements) mit der generellen Neigung, im Ausland F&E zu betreiben, kombiniert werden. Die entsprechenden Angaben finden sich in der unteren Hälfte der Tabelle 4.5. Diese zeigt, dass in der Privat-wirtschaft insgesamt rund 78% der Unternehmen nach wie vor eine rein inlands-orientierte F&E-Strategie verfolgen. Gegen 17% zeichnen sich durch eine bipo-lare (inländischer Hauptsitz und zweites Standbein meistens in der EU) und knapp 4% durch eine tripolare Strategie aus (meistens – wenn auch nicht immer

– neben der Schweiz auch F&E-Standorte in der EU und in Nordamerika). Le-diglich bei gut 1% der Unternehmen ist die F&E-Strategie noch stärker dezent-ralisiert. Eine Betrachtung nach Grössenklassen zeigt erwartungsgemäss, dass die kleineren Unternehmen häufiger eine rein inländische Strategie verfolgen und nur selten an drei oder mehr ausländischen Polen aktiv sind. Zwischen den kleinen und den mittelgrossen Unternehmen bestehen nur geringe Unterschiede.

Demgegenüber heben sich die grossen Firmen (500 und mehr Beschäftigte) von den anderen beiden Grössenklassen deutlich ab. Zwar sind auch hier gut 2/3 der Unternehmen in ihren F&E-Aktivitäten rein inlandsorientiert; aber immerhin verfolgen über 9% eine tripolare Strategie, und bei 4% ist die F&E-Tätigkeit noch stärker dezentralisiert.

Insgesamt ist festzuhalten, dass in allen Grössenklassen eine ausschliesslich in-landsorientierte F&E-Strategie klar dominiert. Indessen verfolgt ein beträcht-licher Teil der Grossunternehmen eine multipolare Strategie, die vorwiegend auf zwei (Schweiz und meistens EU) oder drei (primär in der Kombination Schweiz, EU, Nordamerika), selten auch auf vier Zentren ausgerichtet ist. Selbst unter den KMU verfolgt ein – wenn auch kleiner – Teil der Firmen eine mehrpolige F&E-Strategie. Schliesslich ist zu beachten, dass der Grad der Dezentralisierung et-was unterschätzt wird, da wir die beiden grossen Zielregionen EU und Nord-amerika nicht weiter unterteilen können.

F&E-Aktivitäten an ausländischen Standorten nach Zielregionen

Im Hinblick auf die Kontroverse «Komplementarität» vs. «Substitutionalität»

ausländischer und inländischer F&E-Aktivitäten ist die Frage relevant, in wel-chen Zielregionen die Unternehmen aktiv sind. Welche Bedeutung kommt wirt-schaftlich hoch industrialisierten Ländern zu, die grosse Absatzmärkte darstel-len, über hohe Wissenspotentiale verfügen und die sich hinsichtlich des Kosten-niveaus nicht allzu sehr von der Schweiz unterscheiden. Umgekehrt: wie gross ist das F&E-Engagement schweizerischer Unternehmen in wirtschaftlich weni-ger entwickelten Ländern, die in erster Linie bezüglich des Kostenniveaus Vor-teile aufweisen.

Tabelle 4.6 liefert für den Unternehmenssektor – gegliedert nach drei Grössen-klassen – Informationen zur F&E-Aktivität der in der Schweiz ansässigen Fir-men in fünf Zielregionen. Da Mehrfachnennungen möglich waren, beträgt die Summe der auf die einzelnen Zielregionen entfallenden Anteile mehr als 100%.

Für die Grossunternehmen beträgt dieser Wert 159.5%, ein (nochmaliger) Hin-weis auf die in regionaler Hinsicht im Vergleich zu den KMU (Zeilensummen von gut 120%) wesentlich breiter gefächerte Internationalisierungsstrategie.

Tabelle 4.6: F&E an ausländischen Standorten nach Zielregionen 1998 (pro-zentualer Anteil Firmen; Mehrfachnennungen möglich

Die Gliederung nach fünf Zielregionen ergibt sich durch eine Aggregation der Angaben nach zehn Regionen. Quelle: KOF-Internationalisierungsumfrage 1998.

Im Weiteren geht aus der Tabelle hervor, dass als Ziel ausländischer F&E-Tätig-keit europäische Standorte ganz klar bevorzugt werden, was aufgrund der geo-grafischen Nähe nicht überrascht. An zweiter Stelle folgt Nordamerika, wo im-merhin beinahe 30% der auslandsaktiven Unternehmen F&E-Standorte besitzen.

Dieses Ergebnis widerspiegelt die Tatsache, dass die USA hinsichtlich der Grös-se des Absatzmarkts und des WisGrös-senspotentials die Nummer 1 der Welt dar-stellt. Engagements in den anderen drei Regionen, die das Resultat einer Aggre-gation der übrigen acht Zielregionen darstellen, sind von geringer Bedeutung (je rund 6%), obwohl die F&E-Kosten an diesen Standorten viel geringer sind als in Europa und Nordamerika. Allerdings erwarten wir, dass gewisse Standorte in Asien rasch an Bedeutung gewinnen werden; denn Asien ist ein stark wachsen-der Markt mit einem riesigen noch unausgeschöpften Potential. Zudem steht be-reits heute in gewissen Gebieten (z.B. in Teilen von Indien) – absolut gesehen – ein grosser Bestand an (billigen) hochqualifizierten F&E-Kräften zur Verfü-gung, der zudem aufgrund der intensiven Anstrengungen im Bildungsbereich stark zunimmt.

Der Standort Europa dominiert in allen drei Grössenklassen, aber die Euro-zentrierung ist bei den kleinen Unternehmen besonders ausgeprägt. Die Präsenz in Nordamerika ist stark grössenabhängig, wobei die grossen und mittelgrossen Firmen mit über 54% bzw. 35% stark involviert sind. Bei den drei anderen Ziel-regionen ist zu unterscheiden zwischen dem relativ nahen Osteuropa und den beiden entfernt gelegenen Regionen (Asien, übrige Länder). Die mittelgrossen Unternehmen sind in Osteuropa relativ gut vertreten, die grossen – wenig über-raschend – auch in den ferneren Gebieten. Dass die kleinen Firmen in Asien gleich häufig F&E betreiben wie die grossen, ist ein (überraschendes) Ergebnis, für das wir keine Erklärung haben.

Die überragende Bedeutung der EU-15 und Nordamerikas als Zielregionen der ausländischen F&E-Tätigkeit schweizerischer Unternehmen spricht für die Komplementaritäts-Hypothese. Sogar bei den übrigen Zielregionen ist es unklar, ob das Kostenargument, das tendenziell für die Substitutions-Hypothese spricht, derart im Vordergrund steht, wie man auf den ersten Blick denken könnte. Denn gerade bei den weit entfernt liegenden Regionen (primär Asien) fragt es sich, ob die Nähe zu den Märkten (um so mehr als diese gross sind und rasch wachsen) nicht eine (ebenso) bedeutende Triebfeder der F&E-Präsenz darstellt.

Die institutionelle Form der F&E-Tätigkeit an ausländischen Standorten Die Unternehmen können ihre internationale F&E-Tätigkeit in rechtlich-institu-tioneller Hinsicht unterschiedlich organisieren. Konkret unterscheiden wir zwei

«kapitalbasierte» Formen, nämlich F&E in Tochtergesellschaften oder in eige-nen Forschungslabors bzw. Joint Ventures mit Kapitalbeteiligung (Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung), sowie, drittens, vertraglich fixierte F&E-Koopera-tionen (ohne Kapitalunterlegung). Angaben zur Häufigkeit der drei Arten der institutionellen Regelung der F&E-Auslandspräsenz finden sich – getrennt nach Unternehmensgrösse – in Tabelle 4.7.

Insgesamt steht die kapitalbasierte Organisation der internationalen F&E-Tätigkeit im Vordergrund, wobei eine vollständige Kontrolle wesentlich häufi-ger ist als Joint Ventures. Der Vorrang kapitalbasierter Organisationsformen wi-derspiegelt die grosse Bedeutung der Geheimhaltung von neuem Wissen und neuen Technologien. Die Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeit der drei Or-ganisationsformen sind wesentlich ausgeprägter, wenn nach Grössenklassen dif-ferenziert wird. Die grossen Unternehmen tendieren eindeutig zur vollständigen Kontrolle über die F&E-Tätigkeit im Ausland, während die kleinen Kooperati-onslösungen den Vorzug geben. Diese Unterschiede sind darauf zurückzuführen, dass die kleineren Firmen hinsichtlich Kapitalausstattung und -beschaffung und der Fähigkeit, grössere Risiken einzugehen, mit den Grossunternehmen nicht Schritt halten können. Angesichts solcher Probleme ist es jedoch bemerkens-wert, dass selbst unter den kleinen Unternehmen die Hälfte eine kapitalbasierte Organisation der internationalen F&E-Tätigkeit gewählt hat. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass Grossunternehmen stärker als die KMU alle drei Or-ganisationsformen pflegen (siehe Spaltensumme). Teilweise widerspiegelt dies die grössere Zahl von Auslandsengagements. In der Literatur wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass je nach Technologiefeld unterschiedliche Organisati-onsformen optimal sind; so scheint gerade in neuen Technologiefeldern die

Va-riante «Kooperation» – primär wegen hoher Risiken und zur Wahrung der Fle-xibilität – besonders attraktiv zu sein (Cantwell/Narula 2001).

Tabelle 4.7: Auslandspräsenz nach institutioneller Form 1998 (prozentualer Anteil Firmen; Mehrfachnennungen möglich)

Unternehmensgrösse

Klein Mittel Gross Insgesamt

Anzahl Firmen 99 80 37 216

Tochtergesellschaft 35 51 76 48

Joint Venture 21 19 16 19

Vertrag 62 43 35 50

Summe 118 113 127 117

Ergänzend:

Kapitalbasiert 49 66 84 62 Kapitalbasiert sind die Organisationsformen Tochtergesellschaft und Joint Venture. Da eine Firma bei beiden Arten der Organisation vertreten sein kann, ist die Summe der beiden Komponenten höher als die Gesamtkategorie «kapitalbasiert». Quelle: KOF-Internationalisierungsumfrage 1998.

Motive für F&E-Investitionen an ausländischen Standorten

Eine Analyse der Motive, die hinter der Entscheidung stehen, im Ausland F&E zu betreiben, liefert wichtige Hinweise zur Frage, ob ausländische F&E entspre-chende inländische Aktivitäten ergänzen (Komplementaritäts-Hypothese) oder diese durch Verlagerung ins Ausland ersetzen (Substitutions-Hypothese). Bei der Auswahl der Motive, die wir den Adressaten der Innovationsumfrage 2002 zur Beurteilung vorlegten, stützten wir uns auf die in Abschnitt 4.1.1 dargestell-ten theoretischen Konzepte.

Gemäss der auf dem Produktzyklusmodell aufbauenden Erklärung der inter-nationalen F&E-Aktivität ist letztere weitgehend am Standort des Headquarters, im vorliegenden Fall also in der Schweiz zentralisiert. Im Ausland wird in erster Linie Entwicklung betrieben mit dem Ziel, die (lokale) Fertigung bzw. den Ab-satz zu unterstützen: Anpassung der Produkte an die Bedürfnisse des lokalen Absatzmarkts (andere Präferenzen der Abnehmer, länderspezifische Regulierun-gen usw.). In diesem Konzept verwertet eine Firma weltweit ihre am Standort Schweiz dank F&E-Investitionen (und ergänzenden Investitionen in immateriel-le Fähigkeiten) geschaffenen «capabilities». Die Bedeutung des «Marktmotivs», das der «asset exploiting»-Strategie entspricht, findet sich jeweils in der ersten Zeile der den Motiven gewidmeten Tabellen 4.8 bis 4.10.

Nach den «modernen» Ansätzen zur Erklärung der internationalen F&E-Aktivitäten verfolgen namentlich grössere Unternehmen eine funktional diffe-renzierte F&E-Strategie, in deren Rahmen an gewissen ausländischen Standor-ten nach wie vor hauptsächlich fertigungs- und absatzorientierte F&E betrieben wird, an anderen jedoch der Schwerpunkt auf Wissensbeschaffung und -gene-rierung gelegt wird («technology sourcing»; «asset seeking»). Auf diese Weise versuchen die Firmen spezifische Vorteile ausländischer Innovationssysteme zu nutzen. An gewissen Standorten wird die Grundlagenforschung gepflegt, an an-deren steht eher die angewandte Forschung oder die Produkt-/Prozess-entwicklung im Vordergrund. Durch den – in der Regel vom Headquarter koor-dinierten – Wissenstransfer wird der Wissensbestand der Unternehmung zu

Nach den «modernen» Ansätzen zur Erklärung der internationalen F&E-Aktivitäten verfolgen namentlich grössere Unternehmen eine funktional diffe-renzierte F&E-Strategie, in deren Rahmen an gewissen ausländischen Standor-ten nach wie vor hauptsächlich fertigungs- und absatzorientierte F&E betrieben wird, an anderen jedoch der Schwerpunkt auf Wissensbeschaffung und -gene-rierung gelegt wird («technology sourcing»; «asset seeking»). Auf diese Weise versuchen die Firmen spezifische Vorteile ausländischer Innovationssysteme zu nutzen. An gewissen Standorten wird die Grundlagenforschung gepflegt, an an-deren steht eher die angewandte Forschung oder die Produkt-/Prozess-entwicklung im Vordergrund. Durch den – in der Regel vom Headquarter koor-dinierten – Wissenstransfer wird der Wissensbestand der Unternehmung zu