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Nationale Befunde zum Medienbesitz und Medienkonsum

3 Theoretische Grundlagen

3.3 Weitere familiäre Anregungsbedingungen

3.3.3 Die Auswirkungen der Medien auf die Schulleistungen

3.3.3.3 Nationale Befunde zum Medienbesitz und Medienkonsum

zeigten, dass die Internetnutzung, das Schreiben von E-Mails und die Lesekompetenz positiv korrelierten. In diesem Zusammenhang konnte Bertschi-Kaufmann (2003) weiter zeigen, dass vor allem für Jungen, die vielleicht sonst nie lesen würden, das Lesen am Computer, bei-spielsweise Kinderliteratur auf CD-Rom, attraktiv war.

schen den jüngeren Kinder der KIM-Studie und den Jugendlichen der JIM-Studie feststellen:

Quantitativ verbrachten die sechs- bis 13-jährigen Kinder täglich 91 Minuten vor dem Fern-seher, während die Jugendlichen täglich 124 Minuten, also gut zwei Stunden vor dem Fernse-her zubrachten. Darüber hinaus verbrachten die jüngeren Kinder der JIM-Studie täglich 41 Minuten vor dem Computer, während die 12- bis 19-jährigen Jugendlichen den Computer täglich 134 Minuten, also etwas über zwei Stunden nutzten. Weiter zeigten sich qualitativ in beiden Studien aufschlussreiche Details zum bevorzugten Fernseh- und Computerkonsum:

Die sechs- bis 13-jährigen Kinder schauten sich am liebsten Kindersendungen und Daily Soaps an und setzten den Computer vorwiegend für Spiele ein. Wurde hingegen nach der In-ternetnutzung des Computers bei den jüngeren Kindern gefragt, so wurde das Internet am häufigsten für die Informationsbeschaffung für die Schule eingesetzt. Mit steigendem Bil-dungsgrad der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigen nahm die Dauer der Fernsehnutzung ab und die aufgewendete Zeit für das Lesen, für den Computer und für die Internetnutzung zu.

Bei den 12- bis 19-jährigen Jugendlichen nahm die Internetnutzung ebenfalls sehr deutlich zu.

Fast die Hälfte den Jugendlichen verfügte über einen eigenen Internetanschluss und setzte das Internet deutlich mehr für die Schule als für Computerspiele ein. Daneben erfreute sich das Chatten auch einer großen Beliebtheit bei den Heranwachsenden. Obwohl zwei Drittel der Jugendlichen täglich Zeit mit dem Fernseher verbrachten, waren für die meisten Jugendlichen der Computer oder das Internet weniger verzichtbar als der Fernseher.

Einen Zusammenhang zwischen dem Bildungshintergrund der Eltern und dem Umgang mit Fernseher, Computer und Videokonsole bei Kindern wurde an der Bonner Universität gefun-den. Röhr-Sendlmeier et al. (2008) fanden in der ersten Studie der im vorherigen Kapitel be-schriebenen beiden Studien, dass nur 15% der Kinder einen eigenen Fernseher auf dem Zim-mer hatten, und dass in der zweiten Studie fast doppelt so viele, also 31% ein eigenes Gerät im Zimmer hatten. Die Kinder der Studie eins kamen vorwiegend aus eher bildungsnahen Elternhäusern im Gegensatz zu den Kindern der Studie zwei, deren familiärer Bildungshinter-grund gemischt war. In der zweiten Studie wurde - zusätzlich zum Fernseher - nach dem Computer und nach der Videokonsole gefragt. 42% der Dritt- und Viertklässler hatten in die-ser Studie einen eigenen Computer im Zimmer. Die Fernsehzeiten der Kinder betrugen im Durchschnitt täglich 67 bzw. 84 Minuten. Diese Ergebnisse können im Zusammenhang zur Bildungsnähe des Elternhauses gesehen werden, da die Kinder der nicht so homogen bil-dungsnahen Familien in Studie 2 mehr fern sahen. Der Computer wurde am Tag durchschnitt-lich 46 Minuten und die Videokonsole 44 Minuten tägdurchschnitt-lich genutzt. Es wurde die meiste Zeit am Computer gespielt, davon allerdings 69% für Lernspiele laut den Elternangaben. 35% der

Kinder nutzten den Computer mehrmals die Woche für ein Lernprogramm und zu 50% zu-mindest ab und zu für schulische Zwecke. Es ließen sich auch bedeutsame Zusammenhänge zwischen der elterlichen Medienerziehung und dem Fernseh- und Computerkonsum finden.

Bestimmten die Eltern, in welchem Umfang und welche Art von Programmen genutzt wur-den, war der Medienkonsum deutlich verringert. Wurden die Geräte aus Gewohnheit oder damit das Kind sich nicht langweilt eingeschaltet, war der Konsum stark erhöht. Das elterli-che Vorbild spielte dabei eine große Rolle. Der Fernsehkonsum der Eltern und der Kinder war hoch signifikant mit einander verbunden (r = .567, p < .001). Folglich gab es in den Familien unterschiedliche Muster der Mediennutzung.

Pfeiffer und Mitarbeiter (2006, 2007) fanden zu diesem Zusammenhang in ihrer deutschland-weiten Studie ebenfalls interessante Befunde: Je mehr Zeit die befragten Kinder vor dem Fernseher oder vor der Spielkonsole verbrachten, desto schlechter waren ihre Schulleistungen.

Kinder der vierten Klasse mit einem eigenen Fernseher im Zimmer hatten deutlich schlechtere Schulnoten im Vergleich zu Kindern, die über keine eigenen Mediengeräte verfügten. In den Fächern Deutsch betrug dieser Unterschied circa ½ Notenstufe, in Mathematik circa 1/3 No-tenstufe und in Sachkunde circa ¼ NoNo-tenstufe zu Ungunsten der Kinder mit einem eigenen Fernseher im Zimmer. Diese Kinder sahen in der Woche täglich rund 50 Minuten und am Wochenende 84 Minuten mehr fern als Kinder ohne eigene Geräte in den Kinder- oder Ju-gendzimmern49. Die 10-jährigen Schüler, die einen eigenen Fernseher oder eine eigene Play-station im Zimmer hatten, erhielten nur halb so oft eine Empfehlung für das Gymnasium als die Schüler, die ohne ein solches Gerät aufwuchsen (vgl. ebd., 2006, 2007). Pfeiffer et al.

konstatierten, das der eigene Fernseher und der eigene PC im Kinderzimmer in bildungsfer-nen Familien mit einem niedrigen Sozialstatus oft als Statussymbole angesehen würden. Dem entsprechend waren auch in diesen Familien mehr eigene Mediengeräte vorhanden: Kinder aus Familien mit einem niedrigen Bildungsniveau50 waren erheblich stärker mit eigenen Bild-schirmgeräten (57.3%), eigenen Spielkonsolen (42.3%) und eigenen Computer (42.7%) aus-gestattet als die Vergleichsgruppe der Kinder aus Familien mit einem hohen Bildungsniveau.

Die Kinder aus Familien mit einem mittleren Bildungsniveau lagen dazwischen, wobei der Gerätebesitz bei diesen Kindern ebenfalls relativ hoch war. Der Unterschied im Medienbesitz bestätigte sich auch im Medienkonsum zwischen den Bildungsschichten: Kinder aus

49Kinder mit Fernseher im Zimmer: Werktags: 120 Minuten; Wochenende: 185 Minuten Kinder ohne Fernseher im Zimmer: Werktags: 70 Minuten; Wochenende: 101 Minuten

50Höchste Bildungskategorie (hoch): Mindestens ein Elternteil hat ein abgeschlossenes Studium oder Abitur Mittlere Bildungskategorie (mittel): Mindestens ein Elternteil hat die die Mittlere Reife

Niedrigste Bildungskategorie (gering): Mindestens ein Elternteils hat den Hauptschulabschluss

häusern mit einem geringen Bildungshintergrund verbrachten sehr viel Zeit vor dem Fernse-her und mit Computerspielen: Sie schauten durchschnittlich an Schultagen 134 Minuten fern, verbrachten davon 29.2% mit entwicklungsbeeinträchtigenden Computerspielen, die aufgrund ihres brutalen Inhalts erst ab 16 bzw. 18 Jahren nach dem Jugendschutzgesetz freigegeben waren. Kinder aus Elternhäusern mit einem mittleren Bildungshintergrund verbrachten an Schultagen 96 Minuten vor dem Fernseher und 28 Minuten vor dem PC, davon spielten 13.1% entwicklungsbeeinträchtigende Computerspiele. Kinder aus Elternhäusern mit einem formal hohen Bildungshintergrund verbrachten wesentlich weniger Zeit mit den Medien. Sie sahen an Schultagen 58 Minuten fern und verbrachten 19 Minuten durchschnittlich am PC, davon verbrachten 5.6% der Kinder ihre Zeit mit entwicklungsbeeinträchtigenden Computer-spielen. Die Differenzierung der Medienzeiten in Gruppen von Vielsehern, Normalsehern und Wenigsehern sowie Vielspielern und Wenigspielern bestätigten den ungünstigen Einfluss die-ser Medien auf die Schulleistungen der Kinder: Die Schülerinnen und Schüler mit hohen Mediennutzungszeiten erzielten in der Schule deutlich schlechtere Schulleistungen als ihre Altersgenossen mit geringen Mediennutzungszeiten. So waren beispielsweise die Schulleis-tungen in Deutsch der Schülerinnen und Schüler der vierten Grundschulklasse, die viel Zeit vor dem Fernseher verbrachten, um circa eine halbe Notenstufe schlechter als die der Wenigseher (vgl. ebd., 2006, S. 12). Der Bildungshintergrund der Eltern stand auch in einem Zusammenhang zu den Schulleistungen der Kinder: Kinder, deren Eltern beide höchstens den Hauptschulabschluss erreicht hatten, waren in der vierten Klasse im Durchschnitt um mindes-tens eine ganze Nomindes-tenstufe in Deutsch, Mathematik und Sachkunde schlechter als die Kinder, deren Eltern ein Studium oder die Hochschulreife absolviert hatten (ebd., 2006, S. 13). Inte-ressanterweise fanden sich bei den Kindern, deren Eltern einen mittleren Bildungsabschluss erreicht hatten, keine signifikanten Unterschiede zu den Kindern, deren Eltern einen hohen Schulabschluss vorweisen konnten.

Die Ergebnisse Pfeiffers ähnelten den Ergebnissen der nationalen PISA-2000 im Nord-Süd-Gefälle (vgl. Baumert et al., 2001, 2002, 2003, 2006): Die süddeutschen Schulkinder schnit-ten im innerdeutschen Vergleich zu den norddeutschen Schülerinnen und Schülern in allen Basiskompetenzen wesentlich besser ab51 (Baumert et al., 2003; Kraus et al., 2003). Analog hierzu fand Pfeiffer in seiner Untersuchung regionale Unterschiede im Gerätebesitz, im Medi-enkonsum und im Bildungshintergrund. Er fand heraus, dass 56% der 10-jährigen Dortmun-der Schüler ein eigenes Fernsehgerät im Zimmer hatten. In München waren es hingegen nur

51 Z. B. Bayern: Lesen 510 PISA-Punkte, Mathematik 516 PISA-Punkte, Naturwissenschaften 508 PISA-Punkte Bremen: Lesen 488 PISA-Punkte, Mathematik 452 PISA-Punkte, Naturwissenschaften 461 PISA-Punkte (Baumert et al., 2003; Kraus et al., 2003)

22 Prozent. 42 Prozent der Dortmunder Schüler verfügten über eine Playstation in ihren Zimmern, in München waren es hingegen nur 19 Prozent. Regional gesehen lebten in Nord-deutschland mehr ausländische Schülerinnen und Schüler als in SüdNord-deutschland. In Bremen wurde der Ausländeranteil auf bis circa 40% geschätzt (Kraus et al., 2003). Die berufliche Situation und das Bildungsniveau der Familien waren in Süddeutschland positiver als in Norddeutschland einzustufen. In Dortmund gab es erheblich mehr Familien, die von Arbeits-losigkeit und Armut betroffen waren als in München. In Dortmund betrug die Anzahl der Ar-beitslosen 17% und in München betrug die Anzahl der ArAr-beitslosen nur 8.1%. In München war der Anteil der Eltern mit formal hohen Bildungsabschlüssen mit 52.8% doppelt so hoch wie in Dortmund mit 24.7%. Pfeiffer fand in seiner Untersuchung weiter, dass die 10-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund zu 22% mehr Fernseher und Playstation in ihren Kinder-zimmern hatten als die 10-jährigen einheimischen Kinder. Als Gründe für die positiveren Be-dingungen der süddeutschen Familien führte Pfeiffer et al (2006, 2007) die intakteren Fami-lienverhältnisse, die besseren sozio-ökonomischen Familienstrukturen, ein aktiveres Vereins-leben, bessere Freizeitangebote, mehr Musikschulen und andere positivere Gesellschaftsstruk-turen in Süddeutschland an.