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b)

Abbildung 5-2: a) Kristallstruktur (nach Rockwood Inc.) und b) Dimensionen eines Tonpartikels[188]. Nur an den seitlichen Rändern der Partikel liegen die koordinierten Gegenionen Mg2+ und Li+ frei, dadurch sind diese Flächen partiell positiv geladen. Die Ober- und Unterseite der Plättchen wird von Silikatgruppen und ihren positiven Gegenionen gebildet, welche in wässriger Lösung ausgetauscht werden können. Dadurch sind diese Flächen partiell negativ geladen.

Die Tonpartikel sind in wässrigen Lösungen dispergierbar und bilden eine klare Lösung.

Die Kristallstruktur quillt, und Aggregate spalten sich auf. Aufgrund der unterschiedlichen Partialladungen von Flächen und Kanten bilden die Plättchen in Lösung eine Kartenhausstruktur, wodurch sich die Lösung verfestigt. Da sich daraus schlecht Hydrogele herstellen lassen, werden modifizierte Tonpartikel verwendet, bei denen die positiven Partialladungen laut Hersteller Rockwood Inc. an den Rändern z.B.

durch Phosphate abgeschirmt sind.

5.4 Nanokomposit-Hydrogele

Im Nanokomposit-Hydrogel adsorbieren mehrere Polymerketten auf der Oberfläche eines Partikels. Da diese Wechselwirkung sehr stark ist, wirken die Tonplättchen als multifunktionale Vernetzer.[190] Die Wechselwirkungen zwischen Tonplättchen und Polymer sind überwiegend physikalischer Natur, es bestehen koordinative Wechselwirkungen zwischen Polymer und Metallionen des Tons. In wässriger Lösung werden die löslichen Gegenionen der Silikatgruppen frei, welche nun ihrerseits mit den nukleophilen Aminogruppen des Polymers wechselwirken können.[191] Dabei kann auch Kristallwasser vom Polymer von den Koordinationsstellen verdrängt werden. Das Polymer wirkt wie ein sterischer Stabilisator und verhindert die Aggregation der

eingestellt werden. In diesen Nanokomposit-Hydrogelen ist die Vernetzerdichte wesentlich niedriger als in einem rein organischen Gel. Dadurch sind die Polymerketten deutlich beweglicher, wie in Abbildung 5-3 dargestellt. Die makroskopischen Materialeigenschaften werden dadurch dahingehend positiv beeinflusst, dass die Nanokomposit-Hydrogele eine hohe Transparenz besitzen. Zudem sind sie im Vergleich zu rein organisch vernetzten Hydrogelen wesentlich flexibler, stärker dehnbar und weniger brüchig.[194] Mit dynamischer Lichtstreuung (engl.: dynamic light scattering, DLS) und Kleinwinkel-Neutronenstreuung (engl.: small-angle neutron scattering, SANS) konnte nachgewiesen werden, dass die Plättchen homogen im Hydrogel verteilt sind.[195]

Abbildung 5-3: Schematische Darstellung der Netzwerkstruktur eines ungestreckten A und eines gestreckten B Hydrogels. Abbildung C stellt ein wesentlich stärker verknüpftes, rein organisches Hydrogel dar. (Copyright 2002 Wiley. Verwendet mit Erlaubnis aus Haraguchi, K.; Takehisa, T., Nanocomposite Hydrogels: A Unique Organic–Inorganic Network Structure with Extraordinary Mechanical, Optical, and Swelling/De-swelling Properties. Adv. Mater. 2002, 14 (16), 1120[177])

Die erhaltenen organisch-anorganischen Hydrogele quellen in Wasser bis sie einen Gleichgewichtszustand erreicht haben, ohne sich aufzulösen. Wenn Polymere verwendet werden, die eine LCST zeigen, sind die Systeme zusätzlich thermosensitiv.

Ursprünglich wurden Hydrogele direkt in situ erzeugt, indem radikalische Initiatoren an die Tonpartikel adsorbiert und dann die Polymerisationsreaktion thermisch initiiert durchgeführt wurde.[177] Andere Forscherteams zeigten, dass auch eine Photopolymerisation möglich ist.[192] Diese Methode eignet sich besonders für mechanistische Studien, da die Polymerisation immer wieder auf beliebigen Stufen unterbrochen werden kann. Die Vorgänge konnten mit Hilfe von DLS verfolgt werden und so mehrere Polymerisationsphasen nachgewiesen werden. In der ersten Phase

beginnen Polymerketten um die Tonplättchen zu wachsen. Im DLS-Signal ist aber noch keine Änderung zu erkennen, obwohl mit NMR-Spektroskopie das Fortschreiten der Polymerisation nachgewiesen werden konnte. Im nächsten Schritt beginnen die mit Polymer ummantelten Plättchen sich zu verbinden und es bilden sich Aggregate aus.

Diese werden immer größer bis der Gelpunkt erreicht wird. Dann erst verbinden sich die Aggregate zu einem dichten Netzwerk.

Abbildung 5-4: Schema des konzentrationsabhängigen Zustands von Polymer-Tongemischen in Wasser.

Links: Ist die Polymerkonzentration im Vergleich zur Tonpartikelkonzentration niedrig, sind die Ketten vollständig auf der Oberfläche der Tonpartikeln adsorbiert, Wird nun die Polymerkonzentration erhöht ändert sich das System je nach Tonpartikelkonzentration folgendermaßen: a) Bei hoher Tonkonzentration geht das System bei steigender Polymerkonzentration über ein Sol in den Gelzustand über. b) Bei niedriger Tonkonzentration kommt es bei der Erhöhung der Polymerkonzentration zuerst zur Bildung von Aggregaten aus mehreren Tonpartikeln. Wird die Polymerkonzentration weiter erhöht, verschwinden diese wieder da die Oberfläche der Tonpartikel zunehmend mit Polymer bedeckt wird.

Für die Gelbildung ist die Adsorption von Polymerketten auf mehreren Partikeloberflächen der entscheidende Schritt (Abbildung 5-4). Nur wenn die Zahl der

„freien Bindungsstellen“ im richtigen Verhältnis zur Polymerkonzentration steht, kann

komplett „belegt“, wodurch wieder keine Verknüpfung zwischen mehreren Plättchen (Aggregatbildung) erfolgen kann.[196]

Die Herstellung von Nanokomposit-Hydrogelen ist nicht nur durch eine an Partikeln initiierte Polymerisation, sondern auch durch Mischen von Lösungen von Tonplättchen und Polymer möglich. Die Gelbildung kann dann durch Scherung erreicht werden, wie von Zebrowski et al.[187] am Beispiel Laponit ® mit Polyethylenoxid gezeigt wurde.

Diese Mischung bildet innerhalb bestimmter Konzentrationsbereiche ein Gel, wenn sie für 15 - 20 s geschüttelt wird. Das Gel ist allerdings nicht stabil und zerfließt nach einer gewissen Zeit wieder, d.h. es findet ein Übergang vom Gel zum Sol statt. Bei fixem Tonpartikelgehalt verringert sich die Stabilität mit steigender Polymerkonzentration.

Wenn die Verknüpfungsstellen der Tonplättchen bei höherem Polymergehalt schon weitgehend abgesättigt sind, werden durch das Schütteln nur wenige neue Verknüpfungen gebildet. Dadurch ist die Langzeitstabilität der erhaltenen Gele gering.

Diese „Schüttelgele“ können auch mit PNIPAM als Polymerkomponente hergestellt werden, wodurch auch stabile Gele hergestellt werden können.[197]