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Diskussion der Ursachen der unterschiedlichen Entwicklung der

Nach dem Stokes-Einsteinschen Gesetz ist die Translationsdiffusion indirekt proportional zur Viskosität und dem hydrodynamischen Radius. Wenn die Stokes-Einstein-Gleichung während der gesamten Polymerisation gültig ist, sollte das Verhältnis der Diffusionskoeffizienten von PDI-G0 zu PDI-G3 konstant sein. Der Wert des Quotienten wäre dann lediglich von den hydrodynamischen Radien der Farbstoffe abhängig. Dieser liegt im vorliegenden Fall bei circa 3. Wie in Abbildung 4-16 gezeigt, ist das für die hier betrachteten Polymerisationen nicht der Fall, denn die Diffusion des größeren Farbstoffs nimmt schneller ab als die des kleineren. Dadurch nimmt der Quotient bei steigendem Umsatz stark zu. Die Bewegung von PDI-G3 wird also stärker gehindert als die von PDI-G0. Dieser größenabhängige Effekt legt nahe, dass im Laufe

der Reaktion ein physikalisches Netzwerk aus Polymerketten entsteht, dessen Maschengröße mit steigendem Umsatz abnimmt. Das Netzwerk bildet sich durch lose Verschlaufungen der Polymerketten, wodurch seine Struktur flexibel bleibt. Ob sich Verschlaufungen bilden, ist von der Konzentration und dem Molekulargewicht der Ketten abhängig.[139, 167] Wenn die Maschengröße des Netzwerks im Laufe der Polymerisation schrumpft, wird zunächst nur der größere Farbstoff in seiner Bewegung gehindert, während der kleine noch relativ ungehindert durch die Maschen schlüpfen kann. Damit wird die Bewegung des Farbstoffs nicht mehr nur durch die Makroviskosität beeinflusst, sondern auch durch die Mikroviskosität der Umgebung.[168]

In FCS-Messungen wurde bereits beobachtet, dass die Änderung der Translationsdiffusion während einer Styrolpolymerisation von der Sondengröße abhing. Die Entwicklung der Rotationsdiffusion dagegen war für alle untersuchten Sonden ähnlich.[79]

Abbildung 4-16: Entwicklung des Quotienten DPDI-G0/DPDI-G3 in Abhängigkeit vom Umsatz während der Styrolpolymerisation (orangene Rechtecke) und während der MMA-Polymerisation (blaue Kreise).

(Stempfle, B.; Dill, M.; Winterhalder, M. J.; Müllen, K.; Wöll, D., Single Molecule Diffusion and its Heterogeneity during the Bulk Radical Polymerization of Styrene and Methyl Methacrylate. Polym. Chem.

2012, (3), 2456;Reproduziert mit Erlaubnis von The Royal Society of Chemistry)

Bei niedrigeren Polymerkonzentrationen in Lösung liegen die Ketten als isolierte Einheiten vor (Abbildung 4-17, c < c*).

Abbildung 4-17: Schematische Darstellung von linearen Polymerketten in Lösung bei verschiedenen Konzentrationen: a) verdünnte Lösung (c < c*); b) Polymerketten beginnen zu überlappen (c ~ c*); c) halbverdünnter Bereich, die Kreise stellen die Segmenteinheiten ξb dar (c* < c < 10×c*).

Wenn die Polymerkonzentration in einer Lösung erhöht wird, beginnen die Ketten sich ab der sogenannten Überlappkonzentration c* zu überlagern. Der Bereich zwischen c*

und 10 × c* wird als halbverdünnter Bereich bezeichnet. Obwohl die Gesamtkonzentration des Polymers im Verhältnis zur der des Lösungsmittels in diesem Bereich sehr gering ist, bestimmt das gelöste Polymer die Eigenschaften der Lösung. Die Überlappkonzentration c* kann aus dem Molekulargewicht MW der jeweiligen Ketten berechnet werden[169]:

(4-16)

In diese Gleichung gehen zusätzlich noch die sogenannten Mark-Houwink-Koeffizienten K und a ein. Die Mark-Houwink-Gleichung ermöglicht es, das Molekulargewicht einer Kette aus der intrinsischen Viskosität [η] abzuschätzen:

(4-17)

Dafür müssen allerdings die Mark-Houwink-Koeffizienten bekannt sein. Diese werden für die jeweilige Polymer-Lösungsmittel-Kombination bei einer bestimmten Temperatur empirisch durch angleichen ermittelt. Da die Mark-Houwink-Gleichung eine einfache Möglichkeit darstellt um Molekulargewichte zu ermitteln, sind K und a für viele Systeme tabelliert.

Bei niedrigen Polymerkonzentrationen sind Wechselwirkungen zwischen einzelnen Polymerketten vernachlässigbar. Diese liegen in Lösung meist als Knäuel vor. Die Konformation des Knäuels wird durch Umgebungsparameter, wie Lösungsmittel und Temperatur beeinflusst. Zudem tragen die Wechselwirkungen zwischen den Monomereinheiten zur Gestalt des Kettenknäuels bei. Diese Wechselwirkungen werden als Wechselwirkungen des ausgeschlossenen Volumens bezeichnet.[169]

Vereinfacht kann die Größe einer Polymerkette in Lösung über den durchschnittlichen mittleren Abstand der Monomereinheiten zum Massenzentrum, den sogenannten Gyrationsradius Rg beschrieben werden. Im halbverdünnten Regime ist er nach Broseta et al.[170] wie folgt definiert:

(4-18)

Dabei ist NA die Avogadrokonstante und c* die Überlappkonzentration.

Steigt die Polymerkonzentration weiter an liegt die Polymerkette nicht mehr isoliert als Knäuel in Lösung vor, sondern steht in Wechselwirkung mit anderen Ketten. Die Knäuel durchdringen sich gegenseitig. Nun tragen auch die intermolekularen Wechselwirkungen mit den anderen Polymerketten des entstandenen Netzwerks zum sogenannten ausgeschlossenen Volumen bei. Dadurch ändert sich die Konformation der Polymerkette hin zu einer Form, die durch die Maschenweite des Netzwerks bestimmt wird.

Die Abschirmungslänge ξ beschreibt den Abstand oberhalb dem die Wechselwirkung des ausgeschlossenen Volumens durch andere Polymerketten abgeschirmt wird. Damit kann ξ qualitativ als mittlerer Abstand zwischen den Polymerketten angesehen werden.

[171] Wenn mit steigender Polymerkonzentration die Dichte im Netzwerk weiter ansteigt und dadurch die Maschengröße sinkt, sinkt auch die Abschirmungslänge.

Wird eine Polymerkette auf deutlich größeren Längenskalen als ξ betrachtet, kann sie als Aneinanderreihung von unabhängigen Segmenten betrachtet werden, wie in Abbildung 4-17 c) gezeigt. Innerhalb eines Segments ist die Bewegung der Monomere

(4-19)

Nach Viovy und Duke[171] kann die Segmentgröße ξb als Maschengröße eines Netzwerks im halbverdünnten Bereich angesehen werden. Somit kann ξb benutzt werden um die Änderung der Maschengröße bei steigendem Umsatz der Polymerisation abzuschätzen.

Dafür wird zunächst c* über Gleichung (4-16) berechnet. Die dazu nötigen Mark-Houwink-Koeffizienten a und K wurden der Literatur entnommen.[164] Da keine Daten für die jeweiligen Monomere zur Verfügung standen, wurden Werte vergleichbarer Lösungsmittel herangezogen. Für Styrol wurden die Parameter von Toluol benutzt, für MMA diejenigen von Essigsäureethylester. Die Werte sind in Tabelle 4-4 aufgeführt.

Mit diesen Parametern erhält man für die Styrolpolymerisation eine Überlappkonzentration c* von 0.050 g mol-1 (Umsatz 4.8%) und für die MMA-Polymerisation eine Überlappkonzentration von 0.032 g mol-1 (Umsatz 2.7%).

Tabelle 4-4: Koeffizienten für die Berechnung der Überlappkonzentration und -umsatz

Styrol / PS MMA / PMMA Mark-Houwink Koeffizient K (ml g-1) 0.0105

(PS/Toluol)

0.011

(PMMA/EtOAc) Mark-Houwink Koeffizient a 0.73 (PS/Toluol) 0.69 (PMMA/EtOAc) Gewichtsmittlere Molmasse Mw (g mol-1) 54 000 180 000 (4-19) die Abnahme der Maschengröße ξb bei steigender Polymerkonzentration, d.h. bei steigendem Umsatz, berechnet werden. Wenn die Maschengröße des Polymernetzwerks auf die Größe des Farbstoffs gesunken ist, würde man eine Änderung des Diffusionsverhaltens erwarten.

Die Abnahme der Maschengröße ist in Abbildung 4-18 dargestellt. Für PDI-G3 würde man eine Beeinflussung des Diffusionskoeffizienten ab einem Umsatz von ca. 10%

erwarten. Allerdings nehmen die Maschengrößen in beiden Systemen in ähnlicher Weise ab. Der große Unterschied im beobachteten Diffusionsverhalten von PDI-G3 kann damit nicht über die eher geringen Unterschiede der Porengrößen im Polymernetzwerk erklärt werden, sondern muss andere Ursachen haben.

Abbildung 4-18: Änderung der berechneten Maschengröße ξ abhängig vom Umsatz einer Styrolpolymerisation (blaue, durchgezogene Linie) und einer MMA-Polymerisation (rote, gestrichelte Linie). Die hydrodynamischen Radien der Farbstoffe PDI-G3 (gepunktete Linie) und PDI-G0 (Punkt-Striche) sind zum Vergleich als horizontale Linien eingetragen. (Stempfle, B.; Dill, M.; Winterhalder, M. J.;

Müllen, K.; Wöll, D., Single Molecule Diffusion and its Heterogeneity during the Bulk Radical Polymerization of Styrene and Methyl Methacrylate. Polym. Chem. 2012, (3), 2456; Reproduziert mit Erlaubnis von The Royal Society of Chemistry)

Im oben verwendeten Modell werden keine Wechselwirkungen der Ketten untereinander berücksichtigt. Diese könnten sich durchaus auf die Eigenschaften des entstehenden Netzwerks und damit auch die Diffusion auswirken. Die beobachteten Unterschiede können aber auch eine andere Ursache haben. Zhu et al.[149] berichten von

verschwand der Signalanteil der Radikale in Lösung nach wenigen Minuten. Das ESR-Spektrum der gefangenen Radikale war dagegen über längere Zeit stabil. In den beschriebenen WFM-Experimenten konnten ähnliche Beobachtungen gemacht werden, so war die Diffusion von PDI-G3 bei mittleren Umsätzen sehr heterogen. Es wurden gleichzeitig schneller und langsamer diffundierende Moleküle in unterschiedlichen Bereichen beobachtet. Im Gegensatz zur EPR-Spektroskopie hat die EMWFM den Vorteil, dass ihre Bewegung direkt, ohne die Zwischenschaltung von mathematischen Modellen, analysiert werden kann.

Es ergibt sich folgendes Bild für den Verlauf der Polymerisationen: Bei niedrigem Umsatz sind nur wenige Ketten entstanden, beide Farbstoffe können frei diffundieren (Abbildung 4-19). Mit fortschreitender Reaktion beobachtet man, dass der Diffusionskoeffizient beider Farbstoffe bei der MMA-Polymerisation stärker sinkt als bei der Styrolpolymerisation. Auch die Entwicklung der relativen Diffusionskoeffizienten der beiden Farbstoffe in einem System unterscheidet sich. Bei der Styrolpolymerisation verlaufen die relativen Diffusionskoeffizienten von PDI-G0 und PDI-G3 bis zu einem Umsatz von 40% sehr ähnlich. Bei der MMA-Polymerisation dagegen dauert diese Phase nur bis zu einem Umsatz von 20%.

Abbildung 4-19: Schematische Skizze der Polymerisation bei niedrigem Umsatz. Die Polymerketten (schwarz) überlappen sich noch nicht, sie sind aus dem Monomer (schwarze Punkte) entstanden. Die Sterne stellen die radikalischen Kettenenden dar. Die Farbstoffe (orangene Kreise) können frei diffundieren (rote Pfeile symbolisieren Diffusion).

Im mittleren Umsatzbereich beginnen sich schließlich Regionen mit höherer Polymerdichte zu bilden. Dort nimmt die Kettenabbruchgeschwindigkeit etwas ab, da die radikalischen Kettenenden weniger beweglich sind. Dadurch steigt die Radikalkonzentration und damit auch die Polymerisationsgeschwindigkeit in diesen Bereichen, denn Monomere können sich immer noch zügig im Netzwerk bewegen und

für Kettenwachstum sorgen. Kettenlänge und –zahl steigen, die Beweglichkeit der Ketten nimmt im immer stärker verschlauften Geflecht weiter ab. Dadurch sinkt die Terminierungsgeschwindigkeit weiter, wodurch die Radikalkonzentration steigt. Der durch geringe Unterschiede in der lokalen Polymerkonzentration ausgelöste Prozess ist selbstverstärkend. So entstehen Regionen mit hohem Umsatz neben Bereichen mit deutlich niedrigerem Umsatz, wie in Abbildung 4-20 gezeigt.

Abbildung 4-20: Mittlerer Umsatz: Dichtere Regionen entstehen, da die Polymerketten (schwarz) beginnen sich zu überlappen. Linkes Bild: Die Diffusion von PDI-G3 (große orangene Kreise) wird durch das engmaschigere Netzwerk in den dichten Regionen stärker gehindert, als in den weniger dichten.

(Länge der roten Pfeile symbolisiert die Diffusion der Farbstoffe) Dadurch wird eine sehr heterogene Verteilung des Diffusionskoeffizienten von PDI-G3 beobachtet. Rechtes Bild: Die Diffusion von PDI-G0 (kleine orangene Kreise) wird dagegen kaum beeinflusst.

Die Bewegung der Farbstoffmoleküle wird von ihrer näheren Umgebung beeinflusst.

Die sich entwickelnden dichteren Regionen wirken sich stärker auf die Diffusion des großen Farbstoffs aus als auf den kleinen. Die Diffusion von PDI-G0 (Abbildung 4-20, rechts) wird erst bei höheren Umsätzen gehindert als das größere PDI-G3. Für wachsende Polymerisationsketten kann ähnlich argumentiert werden wie für unterschiedlich große Farbstoffe. Zunächst wird besonders die Diffusion von längeren Ketten durch Verschlaufungen mit anderen Ketten in dichteren Regionen behindert. Die Diffusion kurzer Ketten und besonders der Monomere wird in diesen Mikrogelregionen zunächst nicht behindert. Bei höher Kettendichte kann das Massenzentrum einer langen Polymerkette schließlich nur noch über Konformationsänderungen verschoben werden

Abbildung 4-21: schematische Skizze der Diffusion der Polymerketten bei mittlerem und hohem Umsatz.

Die Diffusion der Polymerketten (hellblau) wird durch die begrenzte Flexibilität der Kette gehindert.

Die Bewegung der Ketten hängt also von der lokalen Dichte und Verschlaufungen mit schon existierenden Ketten ab. Bei der MMA-Polymerisation entwickelt sich früher als bei der Styrolpolymerisation ein relevantes Ausmaß an Heterogenitäten, wodurch die Polymerisationsgeschwindigkeit in den Regionen mit erhöhtem Umsatz weiter erhöht wird. Es ergibt sich der in Abbildung 4-9 beobachtete Unterschied in der Reaktionskinetik.

Ein denkbarer Grund für den Unterschied in der Entwicklung der Heterogenitäten ist die deutlich größere Kettenlänge bei PMMA (Tabelle 4-3). MMA zeigt eine vier Mal höhere Kettenfortpflanzungsgeschwindigkeit und eine halb so große Terminierungs-geschwindigkeit als Styrol. Eine PMMA-Kette hat dadurch ein deutlich größeres mittleres Volumen verglichen mit einer Polystyrolkette bei gleichem Umsatz. Längere Polymerketten werden sich eher verschlaufen, wodurch dann die diskutierten Effekte entstehen.

Des Weiteren kann sich das Lösungsmittel auf den Verlauf des Geleffekts auswirken.

Schon Norrish et al.[137] beobachteten bei der Polymerisation von MMA in Lösung, dass die Selbstbeschleunigungsreaktion bei der Polymerisation von MMA in Lösung bei Verwendung eines schlechten Lösungsmittels zu einem früheren Zeitpunkt einsetzt, als in einem guten Lösungsmittel. Außerdem wurde berichtet, dass der Geleffekt bei höherer Polymerisationstemperatur erst bei höheren Umsätzen einsetzt.[141] Um eine Beeinflussung des Geleffekts durch unterschiedliche Kettenlängen auszuschließen, wurden bei den jeweiligen Temperaturen unterschiedliche Initiatorkonzentrationen verwendet. Dadurch war das Molekulargewicht der Polymerketten bei allen Polymerisationen ähnlich. Da bei PMMA und PS eine Temperaturerhöhung zu einer besseren Löslichkeit führt, ist das spätere Einsetzten des Geleffekts bei höheren

Temperaturen ebenfalls ein Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Löslichkeit und Einsetzen des Geleffekts. O’Neil et al.[141] weisen ebenfalls darauf hin, dass sich die Art des Lösungsmittels auf den Geleffekt auswirken könnte, geben allerdings keine quantitative Bewertung ab.

Um die Löslichkeit eines Polymers in seinem Monomer abzuschätzen, kann der Löslichkeitsparameter χ herangezogen werden. Je niedriger χ ist, desto besser ist ein Stoff löslich. So beträgt χ für die Löslichkeit von Polystyrol im schlechten Lösungsmittel Aceton bei 40 °C bei 1.08, für das gute Lösungsmittel Benzol dagegen 0.26.[164, 169] Für die Löslichkeit von Styrol in Polystyrol ermittelten Vanzo et al.[172] bei 30 °C einen Wert von χ = 0.30, Morton et al.[173] dagegen χ = 0.45. Für ein MMA-Butylacrylat-Copolymer mit einem Anteil von 20Gew% MMA ermittelten Yurekli et al.[174] für das Lösungsmittel MMA einen Löslichkeitsparameter von 0.55. Für ein reines MMA/PMMA-System konnten keine Angaben gefunden werden, deshalb werden alternativ die Werte ähnlicher Verbindungen herangezogen. Nach den Experimenten von Norrish et al.[137]

ist MMA für PMMA als ein etwas schlechteres Lösungsmittel als Pentylacetat einzuordnen. Für das ähnliche Butylacetat findet man Löslichkeitsparameter im Bereich von 0.49, für Isopentylacetat 0.52.[164] Der Löslichkeitsparameter ist allerdings unter anderem vom Molekulargewicht der Ketten abhängig, deshalb sind die Literatur-Werte nur beschränkt auf die hier untersuchten Polymerisationen übertragbar. Es lässt sich aber durchaus die Tendenz ableiten, dass die für Styrol/Polystyrol gefundenen Löslichkeitsparameter generell etwas niedriger sind als die von PMMA in den Acrylaten.

Damit scheint Polystyrol allgemein besser in seinem Monomeren löslich zu sein als PMMA in MMA.

Eine schlechtere Qualität des Lösungsmittels führt nach der Theorie des freien Volumens zu kompakteren Polymerknäueln.[141, 169] Diese kompakteren Regionen könnten ebenfalls zur verstärkten Bildung von Heterogenitäten beitragen, wie sie bei der MMA-Polymerisation beobachtet wurden.

5 Nanokomposit-Hydrogele

Aufgrund ihrer vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten, wie z.B. künstliche Muskeln, Mikromaschinen oder gezielte Freigabe von Medikamenten stieg in den letzten Jahren das Interesse an „intelligenten“ Hydrogelen. Viele dieser Materialien basieren auf vernetzten organischen Polymeren, die mit Wasser quellbar sind. Die Materialeigenschaften dieser rein organischen Netzwerke entsprechen meist nicht den an sie gestellten Anforderungen, da sie trübe und instabil gegen mechanische Belastungen sind. Ursachen sind die breite Verteilung des Molekulargewichts der Kettenabschnitte zwischen zwei Verknüpfungspunkten und die ungleichmäßige Verteilung der Verzweigungen bei hoher Vernetzerkonzentration, wodurch das System sehr heterogen wird. In den rein organischen Hydrogelen ist es außerdem nicht möglich die Verzweigungsdichte und das Molekulargewicht der Ketten unabhängig voneinander zu variieren und damit die Materialeigenschaften anzupassen.[175, 176]

Haraguchi et al.[177] berichteten von einem Nanokomposit-Hydrogel das ebenfalls mit Wasser quellbar ist. Es besteht aus einem organischen Teil (Polymer) und einem anorganischen Teil (synthetische Tonpartikel). Auf die verwendeten Bestandteile soll in den folgenden Abschnitten genauer eingegangen werden.