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5.1. NBS1-Expression und strahleninduzierte Phosphorylierungen in NBSLD-Zelllinien Neben den Tumorsuppressorproteinen BRCA1 und BRCA2, deren Mutation mit einer

5.2.3.1.2. Mutationen der Probe A1230 a) Synonyme Mutationen

Diese Mutation 2310G→C führt nicht zu einem Aminosäureaustausch; die neutrale, nukleophile Aminosäure Threonin bleibt erhalten (T770T).

Die Mutation 4203C→T führt ebenfalls zu keinem Aminosäureaustausch; die kleine, neutrale Aminosäure Glycin bleibt erhalten (G1401G). Ich habe sie bei jenen Proben getestet, die die Insertion 3855ins123bp aufweisen. Hierbei zeigte sich ein Kopplungsungleichgewicht mit der Insertion (5.2.3.1.2.d)). Allerdings ergaben Berechnungen für diese Mutationsstelle einen erhöhten Spleißstellen-Score, der sogar höher ist, als der Wert für die normalerweise genutzte Spleißstelle. Dieses könnte zu alternativen Spleißprodukten führen, die Funktionseinbußen des Proteins beinhalten könnten. Die Analyse auf mRNA-Ebene wurde im Rahmen meiner Arbeit nicht mehr vorgenommen; sie wird durch die komplexe Exonstruktur erschwert.

b) Aminosäuresubstitutionen

Die Mutation 535C→T bewirkt einen Aminosäureaustausch von dem basischen, positiv geladenen Arginin zum neutralen, nukleophilen Cystein (R179C). Die klinische Auswertung zeigte einen potentiellen Zusammenhang mit dem Auftreten der Mutation. Je höher das Tumorstadium bei der Erstdiagnose, desto häufiger weisen die Patienten die Mutation R179C auf (p = 0,02). Vermutlich hat diese Mutation aber wenig Einfluss auf die Funktion des Proteins und die Erkrankungswahrscheinlichkeit an einem Malignom.

Bei der Mutation 5234C→G kommt es zu einem Ersatz des neutralen, hydrophoben Prolins zu dem basischen, positiv geladenen Arginin (P1745R), bei der Mutation 5372T→A zu einem Ersatz des hydrophoben, neutralen Valins durch die saure, negativ geladene Glutaminsäure (V1791E). Ich untersuchte jene Proben, die die Insertion 1285ins41as aufweisen, wobei ein Kopplungsungleichgewicht festgestellt werden konnte. Interessanterweise errechnete SIFT

D i s k u s s i o n 115 bei der erstgenannten Mutation einen Toleranzindex von 0,00. Es bleibt allerdings ungeklärt wie ein möglicher Einfluss der Mutation auf die Funktion des Proteins aussieht. Um diese Frage zu klären, wären Funktionstest nötig, die Träger dieser Mutation mit Nicht-Trägern vergleichen.

c) Kombinierte synonyme und verändernde Mutationen

a) P1093P (3279C→T), P1100A (3298C→G) und S1112F (3335C→T)

Bei der Mutation 3279C→T bleibt die hydrophobe, neutrale Aminosäure Prolin erhalten (P1093P). Im Gegensatz dazu bewirken die Mutationen 3298C→G und 3335C→T jeweils einen Aminosäureaustausch. Zum einen von dem neutralen, hydrophoben Prolin zur kleinen, neutralen Aminosäure Alanin (P1100A), zum anderen von der neutralen, nukleophilen Aminosäure Serin zum neutralen, aromatischen Phenylalanin (S1112F). Diese Mutationen habe ich bei den Patienten getestet, die die Insertion 3855ins123bp aufwiesen, wobei ich feststellen konnte, dass entweder alle drei Mutationen auftraten oder keine der drei Mutationen nachzuweisen war, also die Wildtypsequenz vorlag. Dieses deutet auf ein absolutes Kopplungsungleichgewicht zwischen diesen Mutationen hin. Durch die letztgenannte Mutation könnte es zu einer Beeinflussung der Funktion des Proteins kommen.

An dieser Stelle wäre es sicherlich sinnvoll, herauszufinden wie diese Beeinflussung aussieht und was sie bewirkt. Hierzu wären weiterführend vergleichende Funktionstests zu leisten.

b) T1201P (3601A→C), V1203V (3609G→C), L1207P (3620T→C) und T1224T (3672C→A)

Diese vier Mutationen fand ich bei demselben Patienten des Ausgangskollektivs. Zwei der vier Mutationen führen zu einem Aminosäureaustausch. Zunächst bewirkt die Mutation 3601A→C den Austausch von dem nukleophilen, neutralen Threonin zum neutralen, hydrophoben Prolin (T1201P). Die Mutation 3609G→C bewirkt keinen Austausch; die hydrophobe, neutrale Aminosäure Valin bleibt erhalten (V1203V). Weiterhin kommt es durch die Mutation 3620T→C zum Ersatz des neutralen, hydrophoben Leucins durch das ebenfalls neutrale, hydrophobe Prolin (L1207P). Die Mutation 3672C→A führt zu keinem Austausch;

das neutrale, nukleophile Threonin bleibt erhalten (T1224T). Ohne Analyse der Elternproben oder weitere Untersuchungen hinsichtlich der Verteilung bei Patienten mit unilateralem oder bilateralen Mammakarzinom sowie der Durchschnittsbevölkerung, sind hierzu allerdings keine weiteren Aussagen möglich. Es liegt jedoch die Vermutung nahe, dass auch diese vier Mutationen gemeinsam oder gar nicht auftreten und somit in einem Kopplungsungleichgewicht stehen könnten. Vermutlich gehören die gefundenen Mutationen zu jenen, die die Funktion des Proteins wenig beeinflussen.

d) Große Insertion Exon 9 (3855ins123bp)

Bei dieser Mutation handelt es sich um eine Insertion von 123 bp, die einer Wiederholung des Repeats IV entspricht. Diese Insertion verschiebt das Leseraster nicht, sondern führt voraussichtlich zu einer Insertion 41 Aminosäuren auf Proteinebene. Ich konnte drei verschiedene Formen der Insertion identifizieren: Eine ohne weitere Mutationen (die von mir so genannte Wildtyp-Form oder WT-Form), eine mit der Substitution 3898C→T (die von mir so genannte Serin-Form oder S-Form, da das neutrale, hydrophobe Prolin durch das neutrale, nukleophile Serin, P1300S, ausgetauscht wird), sowie eine mit den Substitutionen 3898C→T und 3947/8TG→GA (die von mir so genannte Serin-Arginin-Form oder SA-Form, da zum einen ein Austausch des Prolin zu Serin und zum anderen von dem neutralen, hydrophoben

D i s k u s s i o n 116 Methionin zum basischen, positiv geladenen Arginin, M1316R, stattfindet). Da Prolin als sogenannter "Helixbrecher" Strukturen verändern kann und die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen behindert, könnte sich die Struktur des Proteins durch die Mutationen verändern und eventuell weitreichende Folgen nach sich ziehen (zum Beispiel eine veränderte Bindungsaffinität der Interaktionspartner). Interessanterweise gab es keine Probe, die lediglich die Mutationen an den Positionen 3947/8 aufweist. Darüber hinaus habe ich weitere 7 Mutationen (535C→T, 3279C→T, 3298C→G, 3335C→T, 4203C→T, 5234C→G, 5372T→A) bei den Insertionsträgern getestet. Ich konnte feststellen, dass bei den Insertionsträgern mit WT-Form alle der weiterhin getesteten 7 Positionen ebenfalls dem Wildtyp entsprachen. Bei den Trägern der Insertion mit S-Form konnte ich an den anderen 7 Positionen ebenfalls ausschließlich Wildtyp-Formen finden. Im Gegensatz dazu wiesen Patienten mit SA-Form der Insertion an allen anderen 7 Positionen immer eine Mutation auf.

Somit könnte man über die Reihenfolge des Auftretens der Mutationen spekulieren. Offenbar entstand die Repeat-Insertion zuerst, darauf folgte wahrscheinlich die Mutation, die zur S-Form des Repeats führte. Schließlich entstanden die beiden Mutationen, die die SA-S-Form hervorbrachten und die Mutationen an den weiterführend getesteten 7 Positionen. Zu klären bleibt die Frage, ob die Mutationen für die Träger eine Funktionsänderung des Proteins nach sich ziehen. Außerdem wäre interessant zu wissen, ob die bereits bestehenden 14 Repeats, wobei das 14. bereits stark von der strukturellen Einheit abweicht, ebenfalls nach und nach entstanden sind und somit für das Individuum einen Selektionsvorteil bieten. Vielleicht werden mit der Zeit noch weitere Repeats eingefügt, um diese Struktur weiter zu unterstreichen und zu stärken.

Dies wäre auch in Hinblick auf die zukünftige Entwicklung des Proteins von Bedeutung.

Eventuell wird die funktionelle Relevanz der SA-Variante allerdings auch durch die zusätzlichen Substitutionen mitbestimmt.

Bei der Untersuchung der Tumorstadien konnte ich außerdem einen Zusammenhang mit dem Auftreten der Insertion feststellen. Je höher das Tumorstadium bei der Erstdiagnose, desto häufiger weisen die Patienten die Insertion auf (p = 0,04). Weitere klinische Auffälligkeiten konnte ich nicht entdecken. Jedoch wären weitere Untersuchungen bei anderen Kollektiven, beispielsweise Patienten mit Karzinomen anderer Genese (Kolon, Bronchialsystem etc.) empfehlenswert.

5.2.3.1.2. Aminosäuresubstitutionen

Die Mutation 4634A→G führt zu einem Aminosäureaustausch von dem neutralen Amid Glutamin zur basischen, positiv geladenen Aminosäure Arginin (Q1545R).

Die Mutation 803G→A bewirkt einen Aminosäureaustausch von dem basischen, positiv geladenen Arginin zum ebenfalls basischen, positiv geladenen Lysin (R268K). Vermutlich hat diese Mutation wenig Einfluss auf die Funktion des Proteins und die Erkrankungswahrscheinlichkeit an einem Malignom. Allerdings zeigte die Interaktionsanalyse eine Häufung bei Trägerinnen der Mutation D501D im DNA-Ligase IV-Gen (5.2.1.).

Die Mutation 5648G→A bewirkt nahe den BRCT-Domänen einen Aminosäureaustausch von dem basischen, positiv geladenen Arginin zum neutralen Amid Glutamin (R1883Q). Meine Untersuchungen der Patientinnen mit unilateralem oder bilateralem Mammakarzinom im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung ergaben hier Hinweise auf ein gehäuftes Auftreten dieser Mutation bei Patientinnen mit bilateralem Brustkrebs für Trägerinnen der Mutation (p

= 0,039). Um diese Ergebnisse zu bestätigen, sollten nachfolgend Untersuchungen bei weiteren Brustkrebspatientinnen durchgeführt werden.

Interessanterweise konnte ich auch einen möglichen Zusammenhang mit Familienangehörigen 1. Grades, die Gastrointestinalkarzinome (GIT-Karzinome) aufweisen,

D i s k u s s i o n 117 herstellen. Patienten, deren Angehörige 1. Grades GIT-Karzinome aufweisen, hatten häufiger (p = 0,003) die beschriebene Mutation. Weiterführend sollten in weiteren Forschungsarbeiten direkt Patienten mit GIT-Karzinomen getestet werden, um die Frage zu klären, ob auch hier ein Zusammenhang nachzuweisen ist.

Das SIFT-System konnte einen Toleranzindex von 0,00 für diese Mutation errechnen. Es handelt sich also um eine gut konservierte Stelle im Genom, die die beschriebene Mutation nicht zu tolerieren vermag und möglicherweise zu Funktionseinbußen des Proteins führt.