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Dieser Reparaturweg findet in der späten S- und der G2-Phase des Zellzyklus statt.

Auch hier liegen initial Doppelstrangbrüche vor, doch werden diese durch den Mre11/Rad50/NBS1-Nuklease-Komplex so verändert, dass 3´-Einzelstrangüberhänge entstehen. Im folgenden besitzt Rad52 die Fähigkeit, die DNA-Enden zu schützen und außerdem die Bildung von Heteroduplex-DNA zu bewirken. Zur Reparatur sind darüber hinaus Rad51 und einige weitere Proteine erforderlich (siehe Abbildung 1-7), darunter auch BRCA 2 (Xia et al. 2001). Die intakte DNA des Schwesterchromatids oder des homologen Chromosomes dient als Ausgangsmaterial ("template"), um die im Zuge des nukleolytischen Prozesses verloren gegangene genetische Information zu ersetzen.

Um die Rekombinationsreparatur abzuschließen werden zunächst so genannte Holliday-Strukturen gebildet, wodurch sodann die Heteroduplex-Regionen durch Strangextension dieser Verbindungen verlängert werden können. Durch die sich anschließende Lösung der Holliday-Verbindungen kommt es nach der Ligation zu den fertigen Rekombinanten mit oder ohne Austausch von Allel-Informationen ("crossover") (Dasika et al. 1999).

Abbildung 1-7: HR und NHEJ im Vergleich (Lisby et al. 2004, Dasika et al. 1999)

Die linke Abbildung (a) zeigt eine schematische Verdeutlichung des HR; die rechte (b) stellt den HR im Vergleich zur NHEJ dar.

a) b)

E i n l e i t u n g 15 1.4.3. Zeitliche Abfolge der Doppelstrangbruch-Reparatur

Der MRE11-RAD50-NBS1 (MRN)-Protein-Komplex steht in Verbindung mit DNA-Doppelstrangbrüchen. In Wirbeltierzellen werden alle drei Komponenten von essenziellen Genen kodiert, wobei hypomorphe Mutationen in jedem dieser Gene in Syndromen mit genomischer Instabilität münden können.

MRN ist einer der frühesten Komplexe, welche an den DNA-Läsionen lokalisiert werden können, wo er scheinbar initial eine strukturelle Rolle spielt und die gebrochenen Chromosomen zusammenfügt und stabilisiert. Dieses legt nahe, dass MRN eine Funktion als

"läsionsspezifischer Sensor" übernimmt. Neben der Fähigkeit an DNA zu binden, erfüllt MRN noch weitere Aufgaben in der Rekrutierung von großen makromolekularen Komplexen, den Foci, die eine effiziente Doppelstrangbruch-Erkennung ermöglichen. Hierbei ist ebenfalls das MDC1-Protein involviert; es wird koimmunpräzipiert mit dem MRN-Komplex und reguliert die Bildung der MRN-Foci. Allerdings ist weiterhin unklar ob die initiale Rekrutierung von MRN an Doppelstrangbrüche die Präsenz von MDC1 voraussetzt (van den Bosch et al. 2003).

Die Abbildung 1-8 zeigt die Proteine MRE11, RAD50 und NBS1 jeweils mit ihren bekannten strukturellen Domänen (A). Im Abschnitt B des Bildes wird die Struktur des MRE11-RAD50-NBS1 (MRN)-Komplexes modellhaft dargestellt. Dieser Komplex bindet an DNA-Enden durch das Protein MRE11. Mit Hilfe der "gewundenen Spiralstruktur" des RAD50 wird dieser Vorgang nach außen verlängert und ist in der Lage, mit einem MRN-Komplex der anderen Seite des DNA-Doppelstrangbruchs zu interagieren. Dieses geschieht über Cys-X-X-Cys (CXXC)-Motive unter Bindung von Zn2+-Ionen. Um diese Interaktion zu verdeutlichen, sind in der Abbildung lediglich zwei Moleküle dargestellt, doch sind es stets mehrere MRN-Moleküle, die an diesem Prozess teilhaben und an die Doppelstrangbrüche lokalisiert werden.

Jene Interaktionen zwischen den RAD50-Armen werden auch als "molekulare Velcro" (=

"Klettband") bezeichnet (van den Bosch et al. 2003; de Jager et al. 2001).

Abbildung 1-8: Der humane MRE11-RAD50-NBS1-Komplex (van den Bosch et al. 2003)

Abbildung A zeigt die funktionellen Gruppen der Proteine MRE11, RAD50 und NBS1; Abbildung B die räumliche Interaktion dieser Proteine.

E i n l e i t u n g 16 Um die Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen zu gewährleisten, sind weitere Proteine notwendig. Hierzu gehören ATM, γ-H2AX und weitere Mediatorproteine. In der Abbildung 1-9 sind die bekannten strukturellen Domänen jedes dieser Proteine dargestellt (van den Bosch et al. 2003).

Abbildung 1-9: Das ATM, γ-H2AX und weitere Mediatorproteine beim Menschen (van den Bosch et al. 2003)

Die Abbildung zeigt die funktionellen Gruppen der Proteine ATM, γ-H2AX, MDC1, 53BP1 und BRCA1.

Im Folgenden soll im Detail auf den potentiellen Ablauf des DNA-Doppelstrangbruch-Reparaturzyklus eingegangen werden. Abbildung 1-10 veranschaulicht den zeitlichen Ablauf.

Abbildung 1-10: Modell des Doppelstrangbruch-Reparaturzyklus (van den Bosch et al. 2003)

Hier werden die im Text genauer beschriebenen Schritte A bis F des Doppelstrangbruch-Reparaturzyklus bildlich dargestellt.

E i n l e i t u n g 17 Teil A: Die Abbildung zeigt einen unbeschadeten Chromosomenbereich mit zwei

Chromatinschleifen und einem inaktiven ATM-Dimer.

Teil B und C: Hier werden zum einen die Induktion von DNA-Doppelstrangbrüchen mit folgender Modifikation des Chromatins (dünne schwarze Linie) dargestellt und die Aktivierung des ATM-Proteins über Autophsphorylierung an Serin 1989 mit folgender Dissoziation zum akiven ATM-Monomer. Zum anderen die Rekrutierung sowohl von ATM, als auch von MRN (MRE11/RAD50/NBS1).

Mre11 bindet an ATM und unterstützt ATM auf diese Weise bei der Rekrutierung zu den zu phosphorylierenden ATM-abhängigen Substraten.

Teil D und E: Die Schemata stellen eine Welle von H2AX-Phosphorylierungen dar. Diese wird von der Rekrutierung weiterer Mediatoren begleitet. MDC1, 53BP1 (p53-binding protein 1 = p53-bindendes Protein 1) sowie BRCA1 werden in der Folge zu dem wachsenden Focus lokalisiert und ATM-abhängig phosphoryliert.

Die genaue molekulare Architektur dieser Foci ist derzeit noch nicht näher bekannt; sie unterliegt vermutlich je nach Reparaturanforderungen einem dynamischen Wechselspiel. Weiterhin werden NBS1 und weitere hier nicht näher aufgeführte Reparaturproteine ATM-abhängig phosphoryliert.

Teil F: Die Abbildung zeigt die Dissoziation des Focus nach erfolgter Doppelstrangbruch-Reparatur, die Inaktivierung des Proteins ATM, sowie die Zurückbildung des zuvor modifizierten Chromatins.

Dieses Modell legt nahe, dass es mindestens zwei verschiedene Formen des ATM-Proteins gibt: Zum einen ein inaktives Oligomer, zum anderen ein aktives Monomer. Hinzu kommen vermutlich verschieden aktive "unlösliche" Formen: direkt an der Läsion bzw. im wachsenden Focus (van den Bosch et al. 2003; Kastan et al. 2004).

Die Ausführungen verdeutlichen die komplexen Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Proteinen, um eine optimale Reparatur von induzierten bzw. entstandenen DNA-Doppelstrangbrüchen zu gewährleisten. Dieses hoch entwickelte und komplizierte System dient letztlich auch der Verhinderung der Entstehung von Krebs und bedarf auch in Zukunft noch eines hohen Aufwandes an wissenschaftlicher Forschung, um gegenwärtig noch nicht bekannte Zusammenhänge und Vorgänge zu verstehen und dieses Wissen in Diagnostik und Therapie in der klinischen Medizin optimal umsetzen zu können.

E i n l e i t u n g 18 1.5. Ausgewählte DNA-Reparaturgene