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2.4 Formen des Zelltodes

2.4.2 Modulation der Apoptose bei neutrophilen Granulozyten

Bei inflammatorischen Prozessen kann es von Vorteil sein, dass die Lebensdauer neutrophiler Granulozyten verlängert wird, damit bakterielle Erreger effizienter phagozytiert und getötet werden können. Durch ihre ROS-Bildung und Enzyme sind sie allerdings auch in der Lage, umliegendes Gewebe zu beschädigen. Die Apoptose von Neutrophilen ist die effektivste

Möglichkeit, Zellen ohne pro-inflammatorische Wirkung durch Freisetzung der aktiven Sau-erstoffradikale und Enzyme zu eliminieren. Die Apoptose kann somit als regulativer Kon-trollmechanismus angesehen werden, der für eine ausgewogene Balance zwischen der Funk-tion und der sicheren EliminaFunk-tion von neutrophilen Granulozyten sorgt (FANNING et al.

2002; LUO u. LOISON 2008).

Die Apoptose der Neutrophilen wird u.a. über Zytokine und Chemokine gesteuert (TSUCHIDA et al. 1995). Auch eine Induktion der Apoptose durch direkten Zellkontakt mit Makrophagen wurde beschrieben (ALIPRANTIS et al. 1999). Für TNF-α wurde sowohl eine pro-apoptotische als auch eine anti-apoptotische Wirkung festgestellt. In geringen Konzentra-tionen wirkt TNF-α anti-apoptotisch, während hoch dosiertes TNF-α den Zelltod einleitet (VAN DEN BERG et al. 2001; AKGUL u. EDWARDS 2003). LILES et al. (1996) beschrie-ben die Möglichkeit des autokrinen Todes von Neutrophilen durch die konstitutive Koexpres-sion von CD95 (Fas) und Fas-Ligand auf ihrer Zelloberfläche. Neutrophile sind hochempfind-lich gegenüber einer Induktion einer Fas-vermittelten Apoptose in vitro nach Stimulation mit einem Antikörper gegen Fas. Durch die Inkubation mit z.B. G-CSF, GM-CSF, IFN-γ, TNF-α oder Dexamethason kann die Fas-vermittelte Apoptose gehemmt werden (LILES et al. 1996).

Arachidonsäure und verschiedene Arachidonsäure-Metaboliten (Leukotriene und Prostaglan-dine) wirken anti-apoptotisch auf neutrophile Granulozyten (KOLLER et al. 1997). Für PGE2

wurde ein anti-apoptotischer Effekt für neutrophile Granulozyten beobachtet (WALKER et al.

1997). Für Stickoxid (NO) sind verschiedene Effekte bei unterschiedlichen Spezies beschrie-ben (ADLER et al. 1995), wohingegen von FORTENBERRY (1998) dem NO ein pro-apoptotischer Effekt auf humane Granulozyten zugewiesen wurde.

Es wird vermutet, dass in neutrophilen Granulozyten der intrinsische Apoptosepfad von großer Bedeutung ist, da neutrophile Granulozyten spontan einen raschen Zelltod ohne exter-ne Einflussfaktoren durchlaufen. Allerdings ist dieser Apoptoseweg noch nicht hinreichend geklärt (MAIANSKI et al. 2004b).

Die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies führt zur Apoptose von neutrophilen Granulozyten, da vermutlich durch die Generierung von NADPH die Gehalte an Cytochrom C in der Zelle sehr gering sind. Folglich wird die Aktivität der respiratorischen Kette reduziert und es kommt zu einer Akkumulation von Elektronen, und einem daraus resultierenden Zusammen-bruch des Mitochondrienmembranpotentials (MMP) (MAIANSKI et al. 2004b). SCHEEL-TOELLNER et al. (2004) konnten allerdings zeigen, dass ausschließlich die nicht-phagosomale Generation von ROS, die durch an der Zelloberfläche anhaftenden Bakterien hervorgerufen wird, die Apoptose einleitet und somit für die Lokalisation der

ROS-Produk-tion entscheidend ist. Die Bildung von ROS hat direkten Einfluss auf die Aktivität von NFКB und MAPK, die eine tragende Rolle in der Signaltransduktion (Überlebens-/Todessignale) spielen (FORTENBERRY et al. 2001; KWON et al. 2003).

Außerdem ist die Aktivität von Calpainen entscheidend für die Einleitung des intrinsischen Apoptosepfades. Calpaine gehören zu der Familie der Nicht-Caspase-Proteasen und sind kon-stitutiv in frisch isolierten Neutrophilen nachzuweisen (KNEPPER-NICOLAI et al. 1998).

Beim Absterben der Zelle reduziert sich der Gehalt von Calstatin, einem hochspezifischen Calpain-Inhibitor, was zu einer verstärkten Calpain-Aktivität führt. Aktiviertes Calpain führt zur Freisetzung von Cytochrom C aus den Mitochondrien, zur Aktivierung von Caspase 3 und schließlich zum Zelltod.

Sowohl beim intrinsischen als auch bei dem extrinsischen Pfad sind Caspasen beteiligt. Sie liegen als Proenzyme vor. Die im Aktivierungspfad proximal gelegenen Signal-Caspasen (Caspase -2, -8, -9, -10) werden durch Dimerisierung und die im Aktivierungspfad distal posi-tionierten Effektor-Caspasen (Caspase-3, -6, -7) werden durch proteolytische Spaltung akti-viert. Die Mitglieder der Familie der BcL-2 Moleküle modulieren Vorgänge der Apoptose entweder über die Wirkung als pro-apoptotische Proteine (Bax, Bak, Bid, Bad, Bim und an-dere) oder als anti-apoptotische Proteine (Bcl-2, Bcl-xL) (HOLLÄNDER 2006).

Als Folge der Apoptose sind insbesondere die rezeptorvermittelten Funktionen der neutrophi-len Granulozyten herab reguliert. Sie verlieren ihre Fähigkeit zur Chemotaxis, zur Phagozyto-se, zur Degranulation und zur ROS-Bildung (MAIANSKI et al. 2004b). Eine Übersicht über intrazelluläre und extrazelluläre Modulatoren der Apoptose neutrophiler Granulozyten wird in Tab. 4 dargestellt.

Tab. 4 Intrazelluläre und extrazelluläre Modulatoren der Apoptose neutrophiler Granulozyten modifiziert nach LUO und LOISON (2008).

Modulatoren Mechanismen

Intrazelluläre Modulatoren

Reaktive Sauerstoffspezies DNA-Schädigung, Aktivierung von NFКB und MAP-Kinase Caspasen Aktivierung der Caspase-Kaskade und folgender DNA-Spaltung BcL-2 Familie Reguliert die Mitochondrienmembran-Permeabilität und folgende

Cytochrom C-Freisetzung und Caspase-Aktivierung

Calpain Aktiviert den pro-apoptotischen Faktor Bax, deaktiviert den Apoptoseinhibitor (IAP)

Extrazelluläre Modulatoren Pro-apoptotische Stimuli

Fas-Ligand (Fas L) Verstärkte Permeabilität der Mitochondrien und der Caspase-Aktivität

TNF-related apoptosis ligand (TRAIL)

Verstärkte Permeabilität der Mitochondrien und der Caspase-Aktivität durch TRAIL-Rezeptoren

Phagozytose ROS-Produktion, Caspase-Aktivierung, Genexpression von pro-apoptotischen Faktoren

TNF-α (hochdosiert) ROS-Produktion, Aktivierung MAP-Kinase, Calpain-Aktivierung

NO pro-apoptotisch

Anti-apoptotische Stimuli

Interferone vom Typ I und II Verstärkte Expression von „cellular inhibitor of apoptosis“ cIAP2 TNF-α (gering dosiert) CXCL8-Sekretion, Expression von Überlebensfaktoren, Hemmung

von pro-apoptotischen Faktoren G-CSF und GM-CSF Anti-apoptotisch

LPS Hochregulation von lebensverlängernden Faktoren, Hemmung von pro-apoptotischen Faktoren

Zelladhäsion Aktivierung von Überlebenssignalen

TNF-α (gering dosiert) Aktivierung von PI3-Kinase,CXCL-8-Sekretion, Expression von Überlebensfaktoren

IL-4, IL-6, CXCL8, IL-15,

IFN-γ Anti-apoptotisch

LTB4 Anti-apoptotisch

PGE2 Anti-apoptotisch