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2.3.1 Zytokine

Die Aktivität der Zellen des Immunsystems wird durch pro- und anti-inflammatorische Zyto-kine reguliert. Pro-inflammatorische ZytoZyto-kine und ChemoZyto-kine erhöhen die bakterizide Akti-vität von Makrophagen und neutrophilen Granulozyten, fördern Immigration von Neutrophi-len in das infizierte Gewebe, induzieren die Reifung von dendritischen ZelNeutrophi-len und kontrollie-ren die Antwort des erworbenen Immunsystems (SORDILLO et al. 1991; HORNEF et al.

2002). In der Literatur werden für die gesunde und infizierte Milchdrüse eine große Bandbrei-te an Zytokinen, wie InBandbrei-terleukine (IL-1β, IL-2, IL-6, IL-12), Chemokine (CXCL2, 6, 8), Co-lony-stimulating factors (CSF), Interferon-γ (IFN-γ) und TNF-α erwähnt. Im Folgenden wird deren Bedeutung in Hinblick auf die Mastitis besprochen und in Tab. 3 zusammenfassend dargestellt.

TNF-α wird von Makrophagen, neutrophilen Granulozyten und Milchdrüsenepithelzellen gebildet. Dieses Zytokin wirkt Migrations-fördernd auf Neutrophile, da es die Expression von Adhäsionsmolekülen auf Endothelzellen fördert. Das zelluläre Adhäsionsmolekül (E-Selektin), das interzelluläre Adhäsionsmolekül (ICAM-1) und das vaskuläre Adhäsionsmole-kül (VCAM-1) werden folglich auf der Oberfläche der Gefäßendothelien exprimiert. Dies ermöglicht die Bindung von neutrophilen Granulozyten an das Endothel, die Migration der Neutrophilen durch die epitheliale und subepitheliale Matrix und ihre Immigration ins Zen-trum der Infektion. TNF-α ist das Hauptzytokin in der frühen Phase der Infektion und ist für den endotoxischen Schock bei einem perakuten Mastitisverlauf verantwortlich (SLEBOD-ZINSKI et al. 2002; PERSSON WALLER et al. 2003).

IFN-γ wird nach mitogenen und antigenen Stimuli von CD4+- und CD8+-Lymphozyten so-wie NK-Zellen produziert. Funktionell steht die Stimulation der Makrophagen durch IFN-γ im Vordergrund, wodurch wichtige pro-inflammatorische Zytokine und Chemokine bereitge-stellt werden. Außerdem wird die phagozytotische Leistung der neutrophilen Granulozyten und NK-Zellen gesteigert sowie die Differenzierung von zytotoxischen T-Zellen gefördert.

Zudem aktiviert es die Bildung von IL-12 durch Monozyten, Makrophagen und dendritischen Zellen (NONNECKE et al. 2003).

IL-1β reguliert in der inflammatorischen Reaktion ähnlich wie TNF-α die Expression von Adhäsinen auf Endothelzellen des Gefäßsystems und wirkt indirekt chemotaktisch auf

Neu-trophile. Es stimuliert die Synthese von CXCL8 und IL-6 in neutrophilen Granulozyten und Monozyten, wodurch eine Amplifikation der Entzündung begünstigt wird (HOLLÄNDER 2006). Nach der Stimulation mit bakteriellen Endotoxinen (LPS) und Lektinen wird dieses Zytokin von Milchdrüsenepithelzellen und Monozyten bzw. Makrophagen gebildet. Bei In-fektionen mit S. aureus hat IL-1β nur in der frühen Phase der Infektion eine Bedeutung (YAMANAKA et al. 2000).

IL-2 reguliert die erworbene Immunität, indem es das Wachstum und die Proliferation von B-Lymphozyten stimuliert, die NK-Zellen aktiviert und T-B-Lymphozyten-Aktivierung induziert.

Es wird von CD4+-T-Lymphozyten produziert. Es konnte gezeigt werden, dass eine Vermin-derung der IL-2-Produktion zu einer reduzierten Immunkompetenz führt, welche die Anfäl-ligkeit für Erkrankungen erhöht. Kolostrumproben, die in der letzten Trächtigkeitswoche ge-wonnen wurden, wiesen geringe IL-2-Gehalte auf, die mit einer reduzierten Funktion der Im-munzellen korrelierte und die Anfälligkeit für Mastitiden erhöhte. Auf Grund von In-vitro- und In-vivo-Studien wird vermutet, dass IL-2 die funktionelle Kompetenz der lymphoiden Zellpopulationen steigern kann (DALEY et al. 1991; SORDILLO et al. 1991).

IL-6 ist ein pro-inflammatorisches Zytokin und wird im Wesentlichen von Makrophagen ge-bildet. Es kann bei akuten coliformen oder S.-aureus-Mastitiden zum septischen Schock bei-tragen. Es ermöglicht auch, dass die Anzahl von Neutrophilen in der infizierten Milchdrüse reduziert wird und die Anzahl der MNC steigt. Darüber hinaus ist IL-6 eines der wichtigsten Zytokine, welches die Akute-Phase-Protein-Produktion in Hepatozyten steuert (SLEBOD-ZINSKI et al. 2002; PERSSON WALLER et al. 2003).

CXCL8 (IL-8) ist ein Chemokin, das von Makrophagen, Monozyten, T-Lymphozyten sowie von Milchdrüsenepithelzellen und Endothelzellen produziert wird. Bei Mastitiden nach E.-coli-Infektion kann CXCL8 nachgewiesen werden, bei Infektionen mit S. aureus ist es nur in geringen Konzentrationen vorhanden (PERSSON WALLER et al. 2003; ALLUWAIMI 2004; BANNERMAN et al. 2004; STRANDBERG et al. 2005).

IL-12 wird von Monozyten, Makrophagen, dendritischen Zellen, B-Lymphozyten und neu-trophilen Granulozyten gebildet. Als Hauptfunktion induziert IL-12 die Bildung von IFN-γ.

Gemeinsam mit anderen Kostimulatoren fördert es die T-Zell- und die NK-Zell-Proliferation und stimuliert in beiden Zelltypen die Ausreifung zu zytotoxischen Effektorzellen (HORNEF et al. 2002; HOLLÄNDER 2006).

Tab. 3 Übersicht über die Wirkungsweise der Zytokine modifiziert nach OVIEDO-BOYSO (2007).

Zytokine Quelle Funktion Mastitistyp und

Erreger

IL-1β Makrophagen und MEC Rekrutierung von PMN Klinische Mastitis durch E. coli Subklinische Masti-tis durch S. aureus IL-2 CD4+-T-Lymphozyten Induziert Zellteilung und

Diffe-renzierung von B-Lymphozyten Aktiviert NK-Zellen

Aktiviert CD8+T-Lymphozyten

Nicht definiert

IL-6 Makrophagen Reguliert die

Akute-Phase-Protein-Produktion

Rekrutierung von PMN in die Milchdrüse

Klinische Mastitis durch E. coli Subklinische Masti-tis durch S. aureus IL-12 Dendritische Zellen und

T-Lymphozyten

TNF-α Makrophagen, PMN und MEC Fördert die Expression von Ad-häsionsmolekülen auf Endothel-zellen

Klinische Mastitis durch E. coli

2.3.2 Histamin

Seit Anfang der achtziger Jahre ist bekannt, dass in der bovinen Milchdrüse ein erhöhter Ge-halt an Histamin nach Infektion mit E. coli gemessen werden kann (AURAND et al. 1980).

Seither wird die Bedeutung dieses Amins in der Milchdrüse untersucht und diskutiert. Hista-min nimmt in vielerlei Hinsicht Einfluss auf physiologische und pathologische Vorgänge, wie zum Beispiel auf die Kontraktion der glatten Muskulatur, die Sekretion der Magensäure, die Neurotransmission, das Zellwachstum und die Entzündung (CORUZZI et al. 2001).

Histamin wird aus L-Histidin von einer L-Histidin-Decarboxylase (HDC) synthetisiert. Inak-tiviert wird es hauptsächlich durch zwei Enzyme: Histamin N-Acetyltransferase (HMT) über

eine Methylierung (im zentralen Nervensystem und in der Peripherie) und Diamin-Oxidase (DAO) über die oxidative Deamination (nur in der Peripherie) (MASLINSKI 1975b; a).

Der Effekt von Histamin wird über Rezeptoren vermittelt, die G-Protein gekoppelt sind: H1, H2, H3 und H4. Histamin ist in Mastzellen, basophilen Granulozyten, enterochromaffinen Zel-len und Neuronen enthalten. Zusätzlich konnten Histamin-Systeme auch in EndothelzelZel-len des Blutgefäßsystems (YAMAKAMI et al. 2000) und in Milchdrüsenepithelzellen der Ratte nachgewiesen werden (CRICCO et al. 1994; DAVIO et al. 1995; WAGNER et al. 2003). Der Histamingehalt in der Milchdrüse der Maus schwankt stark während des Zyklus und der Trächtigkeit. Am Anfang der Trächtigkeit liegt der Gehalt vierfach höher als in ruhenden Michdrüsengeweben und wie auch zu Beginn der Laktation (WAGNER et al. 2003). Die wichtigste immunreaktive Quelle von Histamin in der Milchdrüse ist die Mastzelle, aber auch Epithelzellen sollen Histamin bilden können (KIERSKA et al. 1997).

Histamin inhibiert die T-Lymphozyten- und die NK-Zell-vermittelte Zytotoxizität. Es hemmt die chemotaktische Wirkung auf neutrophile Granulozyten und deren Superoxid-Bildung (SELIGMANN et al. 1983). Die Apoptose von humanen neutrophilen Granulozyten wird durch Konzentrationen von 10 mmol/L Histamin (entspricht 1,8 µg/mL) beschleunigt, was über den H1-Rezeptor vermittelt wird (HUR et al. 2003). Auch für peritoneale Makrophagen der Maus konnte eine Inhibition der Chemotaxis und eine Inhibition der Superoxid-Produktion bei Histaminkonzentrationen von 1 nmol/L und 100 nmol/L nachgewiesen werden (AZUMA et al. 2001). Außerdem wurden durch Histaminkonzentrationen von 1 nmol/L und 100 nmol/L (entspricht 18,4 ng/mL) eine reduzierte Phagozytoseleistung sowie eine geringere Produktion von IL-12 und TNF-α beobachtet. In humanen neutrophilen Granulozyten wurde eine verminderte Leukotrien-Biosynthese durch eine Histaminkonzentration von 30 nmol/L (entspricht 5,5 ng/mL) und 1 µmol/L (entspricht 184 ng/mL) festgestellt. Diese Effekte wer-den über wer-den H2-Rezeptor vermittelt. Hieraus ergibt sich folglich, dass Histamin das Potential hat, die initiale Phase der Milchdrüsenentzündung zu modulieren (FLAMAND et al. 2004).

In der Milchdrüse der Ratte wurde Histamin als Wachstumsfaktor für Karzinomazellen identi-fiziert (RIVERA et al. 1994). Histamin war auch in der Lage, allein oder in der Anwesenheit von Oxytocin die Milchsekretion bei Ziegen in vitro und in vivo zu erhöhen (ERIKSSON et al. 1999). Im humanen Zellmodell modulierte Histamin die Prolaktin-Freisetzung autokrin und parakrin (BUHIMSCHI 2004).

Der Gehalt an Histamin nach klinischer Klebsiellen-Infektion lag zwischen 44 ± 12 ng/mL bis 312 ± 104 ng/mL in den infizierten Eutervierteln und bei 72 ±24 ng/mL in der Milch von Kontroll-Eutervierteln (ZIA et al. 1987).

2.3.3 Andere lösliche Faktoren

Zu den unspezifischen bakteriostatischen Faktoren der Milchdrüse gehört Lactoferrin, ein Eisen-bindendes Protein aus der Transferrin-Familie. Es wird von den Epithelzellen, Makro-phagen und neutrophilen Granulozyten gebildet. In den Neutrophilen ist Lactoferrin in den sekundären Granula lokalisiert und kann im Milchsekret nachgewiesen werden. Da es weit reichende anti-bakterielle Eigenschaften hat, zählt es zu einem der wichtigen Komponenten der unspezifischen Abwehr der Schleimhäute (BROCK 2002; WARD et al. 2002). Es bindet freies Eisen in der Milchdrüse und macht es somit unzugänglich für Bakterien wie z.B.

E. coli, die dieses Element für ihren Stoffwechsel oder als Wachstumsfaktor brauchen (KUTILA et al. 2004). Lactoferrin kann auch an die äußere Membran von gram-negativen Bakterien binden, was zur Freisetzung von LPS führt und somit die Integrität der Zellmemb-ran schädigt (ELASS-ROCHARD et al. 1995). Darüber hinaus ist Lactoferrin in der Lage, die LPS-induzierte Zytokinausschüttung in vitro und in vivo zu reduzieren (HAVERSEN et al.

2002). Die Konzentration von Lactoferrin im Sekret der trockenstehenden Milchdrüse und des Kolostrums ist deutlich höher als die von Milch gesunder Milchdrüsen (0,02 bis 0,45 mg/mL) (WELTY et al. 1976). Der Gehalt nach intramammärer Infektion ist ebenfalls höher (KAWAI et al. 1999; HAGIWARA et al. 2003).

Das bovine Komplement-System übernimmt auch in der Milchdrüse wichtige Aufgaben bei der Infektabwehr. Die Proteine des Komplementsystems werden hauptsächlich von Hepatozy-ten, aber auch von Monozyten und Makrophagen produziert. Sie wirken chemotaktisch auf neutrophile Granulozyten, opsonisieren und lysieren Bakterien. Gram-negative Bakterien (wie E. coli) können durch Komplementproteine lysiert werden, während gram-positive Bakterien (wie S. aureus) durch C3b und C3bi opsonisiert werden können. Die bakteriziden Fähigkeiten von Komplementproteinen sind in entzündeten Eutervierteln gesteigert. Es ist bekannt, dass die C3-Konzentration in infizierten Milchdrüsen höher ist als in gesunden Milchdrüsen (KORHONEN et al. 2000; BARRIO et al. 2003; RAINARD 2003).