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2. Literaturübersicht

2.11 Minimierung der Thiaminverluste bei der Verarbeitung

Der Thiamingehalt von Nahrungsmitteln ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Zum einen ist der ursprüngliche Thiamingehalt verschiedener unbehandelter Nahrungsmittel extrem unterschiedlich (Tab. 4), zum anderen nehmen aber auch Lagerung und Ver-arbeitung eines Nahrungsmittels einen hohen Stellenwert hinsichtlich des Thiamingehaltes und -erhaltes ein (ENSMINGER et al., 1993).

Die Verbindung des Pyrimidinringes mit dem Thiazolring ist nur schwach, aber die Einhaltung einiger Regeln hinsichtlich der Nahrungsmittelverarbeitung können den Thiaminverlust so gering wie möglich halten.

Im Allgemeinen wird der Thiamingehalt auf dem Verarbeitungsweg eines Nahrungsmittels zum Endprodukt durch den pH-Wert, die Temperatur, seine Wasserlöslichkeit, durch Oxidation und Reduktion sowie Bestrahlung beeinträchtigt (ENSMINGER et al., 1993;

MACRAE et al., 1993).

Beginnend mit dem mittlerweile gut erforschten Thiamingesamtgehalt der Schale, genauer der Silberhaut, des Reiskorns, kommt es bei diesem Lebensmittel hinsichtlich eines möglichst hohen Thiamingehaltes darauf an, unbehandelten Reis zu sich zu nehmen (Tab. 4). Eine mögliche Alternative ist der „parboiled“ Reis. Bei diesem Verfahren werden wasserlösliche Vitamine und Mineralstoffe aus der Silberhaut gelöst und durch Dampf und Druck in das Korn gepresst. Durch nachfolgende Trocknung werden die Vitamine und Mineralstoffe im Korn eingeschlossen und gehen so beim anschließenden Schleifen und Polieren des Reiskorns nicht mehr verloren (ENSMINGER et al., 1993; MACRAE et al., 1993). Auch bei anderen Produkten wie den Cerealien werden gute Ergebnisse hinsichtlich des Thiaminerhaltes durch Trocknung erzielt.

Es sind jedoch nicht alle getrockneten Lebensmittel durch den Erhalt des Thiamins gekennzeichnet. In getrockneten Früchten wie Aprikosen und Pfirsichen sind beispielsweise große Thiaminverluste nachweisbar. Diese sind aber nicht so sehr durch die Trocknung selbst, als eher durch den üblichen Schwefelzusatz bedingt, der zu einem raschen Thiaminzerfall führt (ENSMINGER et al., 1993).

Gemüse sollte möglichst sofort nach der Ernte tiefgefroren werden, um das Thiamin zu erhalten.

Bei in Dosen konserviertem Gemüse sind noch geringere Gehalte als ursprünglich messbar, da Thiamin als wasserlösliches Vitamin aus dem Gemüse herausgelöst wird und sich in der Dosenflüssigkeit anreichert, welche jedoch im Normalfall nicht verzehrt, sondern abgegossen wird (ENSMINGER et al., 1993; MACRAE et al., 1993).

Bestrahlung zerstört das Thiamin ebenfalls. So wurde nachgewiesen, dass der Thiamingehalt von Schweinefleisch deutlich vermindert wird, wenn es zur Konservierung bestrahlt wird. Auch hier ist der schonendere Weg für das Vitamin in der Tiefgefrierung zu sehen, da sich die Thiamingesamtverluste in gefrorenem Muskelfleisch bei einer Lagerung von 2 bis 8 Monaten nur auf 20 bis 40 % belaufen (MACRAE et al., 1993).

GRAHAM et al. untersuchten 1998 ebenfalls die Folgen einer Bestrahlung von Hühnerfleisch und kamen zu dem Ergebnis, dass Bestrahlung und Kochen zu ungefähr den gleichen, geringen Thiaminverlusten führen. Frühere Veröffentlichungen, die einen stärkeren Thiaminverlust durch Bestrahlung postulierten, sind auf den Fehler zurückzuführen, dass nicht das Lebensmittel selbst untersucht wurde, sondern Vitamin-lösungen mit höheren Strahlendosen als allgemein üblich bestrahlt wurden (GRAHAM et al., 1998). Es ist bekannt, dass die Komplexität eines Lebensmittels einen gewissen Schutz einiger Vitamine bewirkt (KILKAST, 1994).

Thiamin ist das wasserlösliche Vitamin, das am sensibelsten auf Strahlung reagiert und wird somit häufig als Indikator für den Vitamingehalt in Lebensmitteln nach Bestrahlung verwendet (JOSEPHSON et al., 1978). Neben der Strahlendosis hat die Temperatur, bei der bestrahlt wird, einen Einfluss auf den Thiaminerhalt, je tiefer die Temperatur, desto geringer die Thiaminverluste (GRAHAM et al., 1998).

Fleisch aus Konservendosen hat bereits 25 bis 85 % seines ursprünglichen Thiamin-gehaltes verloren (MACRAE et al., 1993; Tab. 6), während auch bei der Zubereitung von Speisen durch Hitze mit Thiaminverlusten zu rechnen ist (ENSMINGER et al., 1993;

TERNES, 2008; Abb. 20 ).

0 20 40 60 80 100

roh

tiefgefroren

gekocht

gebraten

frittiert

Verabeitungsweise

Thiamingehalt in %

Abb. 22: Thiaminverluste von Schweinefleisch in Prozent nach Hitzebehandlung

(modifiziert nach TERNES, 2008)

Das Kochen von Speisen für maximal eine Stunde führt zwar nur zu geringen Verlusten, aber bis zu einem Drittel des Gesamtgehaltes an Thiamin löst sich im Kochwasser und wird so meistens nicht mitverzehrt (ENSMINGER et al., 1993). Die beschriebenen Verlustraten von bis zu 60 % des Thiamins beim Kochen sind abhängig von der Art und der Dauer des Kochens. Langes Kochen bei hohen Temperaturen führt zu größeren Verlusten als beispielsweise das Dampfgaren, nicht nur durch Herauslösen, sondern auch durch thermische Zerstörung des Thiamins (MACRAE et al., 1993; Abb. 22).

Weitere Verfahrensweisen wie die Zugabe von Backpulver zum Kochwasser, um die grüne Farbe vom Gemüse zu erhalten, führen ebenfalls zu erhöhten Verlusten. Ursächlich ist die Alkalisierung des Kochwassers, die zu einer gesteigerten Hitzeempfindlichkeit führt (WILLIAMS und RUEHLE, 1935; WILLIAMS und SPIES, 1938; ENSMINGER et al., 1993).

Generell lässt sich sagen, dass die Thiaminverluste beim Kochen von Fleisch noch höher sind als beim Kochen anderer Lebensmittel.

Zum Vergleich führt das Braten von Rind- und Schweinefleisch nur zu Verlusten von 36 bis 53 % (MACRAE et al., 1993; Abb. 22).

Neben Fleisch und Gemüse wird auch Brot erhitzt. Beim Backen von Brot ist hingegen nur mit geringen Verlusten von 15 bis 20 % zu rechnen (ENSMINGER et al., 1993).

Um Thiaminverluste auszugleichen oder Nahrungsmittel aufzuwerten, kann synthetisches Thiamin, im Allgemeinen als Thiaminhydrochlorid (Abb. 1) oder Thiaminmononitrat (Abb.

5), substituiert werden (ENSMINGER et al., 1993).

Die Thiamingehalte von Schweinemuskulatur pro 100 g im Vergleich zu einigen ausgewählten, unterschiedlich behandelten Schweinefleischprodukten sind in Tab. 6 aufgelistet. Um den Verlust am Thiamingesamtgehalt durch die Weitererarbeitung von Schweinefleisch in absoluten Zahlen zu verdeutlichen, wurde der Gehalt auf die fettfreie Trockenmasse berechnet. So können unterschiedliche Wasser- und Fettgehalte der Produkte unberücksichtigt bleiben.

Gehalt [mg/100g

Frischgewicht] Lebensmittel

Gehalt [mg/100g

ffreie TM] Literaturstelle Jahr der Veröffentlichung 0,90 reines Muskelfleisch, Schwein 3,84 SOUCI et al 2000 0,55 Schweinebauch, geräuchert 2,35 SOUCI et al 2000 0,43 Schweinespeck, durchwachsen 2,86 SOUCI et al 2000 0,32 Schweinebauch 1,72 SOUCI et al 2000 0,16 Schweinefleisch in Dosen 0,80 SOUCI et al 2000 0,03 Dosenwürstchen 0,19 SOUCI et al 2000

Tab. 6: Thiamingehalte in Schweinefleisch und Schweinefleischprodukten

Über den Abbau des Gesamtthiamins und seine Abhängigkeit von bestimmten Zusatzstoffen, die Schweinefleisch während der Verarbeitung zugegeben werden, ist in der Literatur bis auf einzelne Untersuchungen von SZYMANDERA-BUSZKA, 2003 zur Zugabe von jodiertem Speisesalz noch nichts veröffentlicht. Es konnte ein erheblicher Thiaminverlust in rohem Schweinefleisch nach der Zugabe von jodiertem Speisesalz im Vergleich zu nicht jodiertem Speisesalz festgestellt werden. Dieser Verlust erhöhte sich bei gekochtem Schweinefleisch sogar auf bis zu 50 %.

Neben Zusatzstoffen spielen auch Temperatureinflüsse oder bestimmte Verarbeitungstechniken, wie bereits am Anfang dieses Kapitels erwähnt, eine Rolle. So kann Schweinefleisch bespielsweise über mehrere Monate mit nahezu gleich bleibendem Thiamingehalt tiefgekühlt gelagert werden, während beim Auftauen erhebliche Verluste entstehen können (MACRAE et al., 1993).

Wie schon beim Gehalt der Thiaminphosphate in von Tieren stammenden Nahrungsmitteln ist auch über den Abbau von Thiaminphosphaten in diesen Nahrungsmitteln wenig veröffentlicht. Aus der Literatur bekannt ist lediglich die Tatsache, dass in den frischen Proben der meisten Spezies die Thiaminphosphate vorherrschen (EGI und KOYAMA, 1986; IWATA und MATSUDA, 1988; BRUNNEKREFT und EIDHOF,

1989), diese aber in verarbeiteten Produkten nur noch in geringen Mengen oder gar nicht mehr nachweisbar sind. Eine Erklärung für diese Diskrepanz gibt es bisher nicht.