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Bereitstellung der physiologisch wirksamen Thiaminverbindungen

2. Literaturübersicht

2.5 Physiologische Chemie

2.5.1 Bereitstellung der physiologisch wirksamen Thiaminverbindungen

Insgesamt ist ungefähr die Hälfte des Thiamingesamtgehaltes des Organismus in der Muskulatur zu finden (BALL, 2004).

Essentiell für die Stoffwechselfunktionen im Körper und mit Ausnahme des Hühner- und Schweinefleisches in tierischen Matrices am weitesten verbreitet, ist das TP2 mit 80 % des Thiamingesamtgehaltes. 10 % entfallen auf das TP3 während die restlichen 10 % sich auf

TP und freies sowie proteingebundenes Thiamin verteilen (MACRAE et al., 1993;

KAWASAKI und EGI, 2000; ZHAO et al., 2002; BALL, 2004; STEPURO, 2005).

Abweichungen finden sich in der Hühner- und Schweinemuskulatur, die einen TP3-Gehalt von bis zu 80 % des Thiamingesamtgehaltes aufweisen (EGI et al., 1986; KAWASAKI und EGI, 2000).

Der Körper kann das besonders in tierischen Lebensmitteln reichlich vorhandene TP2 nicht gesamthaft aufnehmen, sondern muss es zunächst im Darm mit Hilfe von Phosphatasen zu Thiaminhydrochlorid dephosphorylieren (ENSMINGER et al., 1993; BALL, 2004;

BATIFOULIER et al., 2005). Das Thiaminhydrochlorid kann nachfolgend über zwei ver-schiedene Transportmechanismen intestinal resorbiert werden. Die Wahl des Mechanismus hängt zum einen vom Thiaminangebot und zum anderen von der Thiamin-löslichkeit ab. Beiden Mechanismen ist gemein, dass sie hauptsächlich im Duodenum und im proximalen Jejunum lokalisiert sind (MACRAE et al., 1993; BALL, 2004).

Abb. 6: Duodenum

modifiziert nach: www.medizinfo.de/gastro/anatomie/zwölffingerdarm.shtml

Bei Konzentrationen von unter 2 µmol/L Thiamin im Nahrungsbrei kommt ein natrium- und energieabhängiger Carriermechanismus zum Einsatz, der entgegengesetzt zum

Entero-zyten

Blut- und Lymph-gefäße zum Abtransport des resobierten Thiamins in die Leber

Konzentrationsgefälle arbeitet und Thiamin aktiv in die Enterozyten (siehe Abb. 6) transportiert (LAFORENZA et al., 1997).

Anders ist es bei Gehalten oberhalb von 2 µmol/L, die eine Resorption durch Diffusion möglich machen (LAFORENZA et al., 1997).

Die passive Diffusion ist je nach Löslichkeit des Thiamins unterschiedlich effektiv. Beim klassischen hydrophilen Thiaminhydrochlorid (Abb. 1), ist die Effektivität gering, während lipophile Thiaminanaloga wie das Benfothiamin (Abb. 7) sehr gut und ausschließlich über passive Diffusion resorbiert werden können (BITSCH, 1997).

N N N

CH3 S

C O

CH3

NH2 P

O HO

OH

H O

O

Benfothiamin

Abb. 7: Benfothiamin

Es kann auf diesem Wege schnell eine große Menge an Thiamin enteral aufgenommen werden. SAID et al. untersuchten 1999 die Thiaminaufnahme hinsichtlich ihrer Ab-hängigkeit von definierten Bedingungen und fanden heraus, dass eine konzentrations-abhängige Sättigung der Carrier erreicht wird, die zu einer kompetitiven Inhibition und folgend einem Thiaminmangel führen kann, wenn die Sättigung durch nicht funktionelle Thiaminanaloga bewirkt wird (SAID et al., 1999).

Unabhängig von der Wahl des Transportweges finden beim lipophilen wie beim hydrophilen Thiamin während des Transports durch die Darmwand Phosphorylierungs- und Dephosphorylierungsreaktionen in den Enterozyten (Abb. 6) statt. Zunächst erfolgt eine Phosphorylierung des Thiaminhydrochlorids im Enterozyten, wodurch hauptsächlich TP2 entsteht. Durch diese Phosphorylierung kann der unkontrollierte Austritt des Vitamins aus der Zelle verhindert werden (RICCI und RINDI, 1992).

Die intrazellulären Thiaminphosphate werden anschließend durch mikrosomale Phosphatasen wieder dephosphoryliert und können so kontrolliert aus der Zelle in den Blutkreislauf transportiert werden (RINDI, 1984). Der Transport über die Pfortader zur

Leber findet hauptsächlich in den Blutzellen statt, dort liegen über 90 % des Thiamin-gesamtgehaltes der Zellen als TP2 vor, wobei die Erythrozyten den Großteil transportieren und die Leukozyten nur eine untergeordnete Rolle spielen. DUTTA et al. untersuchten 1999, dass Thiamin durch einen spezifischen, natriumunabhängigen Transporter in die Zellen gelangt und diese Aufnahme pH-Wert-abhängig ist. So war die Thiaminaufnahme bei pH 8 dreimal höher als bei pH 6. Weitere Steigerung des pH-Wertes führte erneut zur Reduktion der Aufnahme (DUTTA et al., 1999).

In einer Mangelsitutation verlieren die Erythrozyten genau so schnell Thiamin, wie das menschliche Gewebe mit Ausnahme des Gehirns. Aus diesem Grund wird in der Humanmedizin der Thiaminstatus eines Menschen anhand der TP2-Konzentration in den Erythrozyten beurteilt (WEBER und KEWITZ, 1985; TALWAR et al., 2000).

Außerhalb von Zellen zirkulieren im Blutstrom neben TP2 auch TP und nicht phosphoryliertes Thiamin, wobei letzteres vor allem proteingebunden vorliegt (ENSMINGER et al., 1993). 20 bis 30 % des Thiamingesamtgehaltes im Plasma ist beim durchschnittlichen Erwachsenen proteingebunden (DAVIS et al., 1984). Der Gesamtblutspiegel liegt bei 5-12 µg/dl (RÖMPP, 2004).

Thiamin und TP werden im Körper generell nicht aktiv synthetisiert (Abb. 8).

TP2 entsteht in der Leber durch die Thiaminpyrophosphokinase, die freies Thiamin zu TP2, auch Thiaminpyrophosphat oder gemäß seiner Coenzymfunktion Cocarboxylase genannt, metabolisiert (ZHAO et al., 2002). Diese Reaktion ist theoretisch unter ATP-Verbrauch in allen Geweben durch die Übertragung eines Pyrophosphatrestes auf freies Thiamin unter ATP-Verbrauch möglich (Abb.8).

Im Gehirn, sowie im Nervengewebe wird das TP3 metabolisiert Es entsteht durch die Thiaminpyrophosphat-ATP-Phosphoryltransferase aus TP2 (Abb. 8).

Thiamin(T) TP2 TP3

TP

ATP AMP ATP ADP

P

P

P

Enzym a Enzym b oder c

Enzym d

Enzym e

Enzym f

Thiamin(T) TP2 TP3

TP

ATP AMP ATP ADP

P P

P P

P P

Enzym a Enzym b oder c

Enzym d

Enzym e

Enzym f

Abb. 8: Thiaminkonversion

Enzym a: Thiaminpyrophosphokinase

Enzym b: Thiaminpyrophosphat-ATP-Phosphoryltranferase aktiv im Nervengewebe Enzym c: TP2-Kinase aktiv in der Muskulatur von Schwein und Geflügel

Enzym d: Thiamintriphosphatase Enzym e: Thiaminpyrophosphatase

Enzym f: Thiaminmonophosphatase P: anorganisches Phosphat

Außerdem wird in der Muskulatur von Schwein und Geflügel TP3 durch TP2-Kinasen ge-bildet. MIYOSHI et al. konnten 1989 nachweisen, dass in der Muskulatur von Geflügel die Adenylat-Kinase im Zytosol in vitro sowie in vivo für die TP3-Synthese verantwortlich ist.

Dabei enthält die weiße Muskulatur eine größere Menge des Enzyms und bildet so in den ersten 16 Tagen nach dem Schlüpfen des Kükens größere Mengen an TP3 als die rote Muskulatur, bei abfallendem TP2-Gehalt,.

Neben der Bildung von Thiaminphosphaten findet ein Abbau derselbigen statt. Die Thiamintriphosphatase spaltet TP3 zu TP2 und anorganischem Phosphat (ZHAO et al., 2002), während die Thiaminpyrophosphatase kleine Mengen TP2 zu TP und an-organischem Phosphat zerlegt. Gleichzeitig wird TP durch die Thiaminmonophosphatase zu Thiamin hydrolysiert (Abb. 8).