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5. Diskussion

5.2 Kalibrierung von Thiamin und Thiaminphosphaten

Bei der Analyse von Standardlösungen fiel eine Sonderrolle des TP3 auf (siehe Kapitel 4.1, Abb. 44). Während Stammlösungen von T, TP sowie TP2 in 0,05 molarer HCl bei Lagerung in Dunkelheit bei –20 °C innerhalb von 3 Monaten immer noch ihrem an-gegebenen Reinheitsgrad entsprachen (siehe Kapitel 4.1, Abb. 43 und Kapitel 8.2, Chemikalienverzeichnis), zeigte die Analyse einer TP3-Stammlösung in 0,05-molarer HCl selbst bei der in der Literatur empfohlenen Lagerung in Dunkelheit bei -60 °C (KAWASAKI und EGI, 2000), auch Anteile von TP2 und TP. Folglich konnte TP3 nicht zusammen mit freiem Thiamin und den anderen Thiaminphosphaten kalibriert werden, sondern erforderte eine Einzelanalyse.

Das Vorhandensein von 10 bis 20 % TP2 und 3 bis 10 % TP (je nach Lagerungsdauer) in der Stammlösung von TP3 war als Zeichen eines Abbaus zu werten und erforderte eine neue Berechnung der einzelnen Thiaminphosphatanteile bei jeder Einzelkalibrierung.

TP3 war bei -60 °C instabiler als niedriger phosphorylierte Thiaminbindungsformen und spaltete Phosphatreste ab. Bei Abspaltung eines Phosphatrestes erhöhte sich der TP2 -Anteil und bei Abspaltung gleich zweier Phosphatreste erhöhte sich entsprechend der TP-Anteil in der Lösung.

Eine Abspaltung von Phosphatresten von den neu entstandenen Thiaminphosphaten war unwahrscheinlich, da sie unter den angegebenen Bedingungen über Monate stabil zu lagern waren. Anscheinend fand vorrangig die Abspaltung nur eines Phosphorsäurerestes statt, ersichtlich in dem im Vergleich zum TP-Peak größeren TP2-Peak (siehe Kapitel 4.1, Abb. 44). Freies Thiamin, das Folge der Abspaltung gleich dreier Phosphatreste gewesen

wäre, war nicht nachweisbar, somit schien die dreifache Phosphatrestabspaltung in Lösung unter den angegebenen Bedingungen nicht stattzufinden.

Folge des Abbaus war, dass die Peakfläche des TP3 in der Kalibrierlösung nicht mehr mit der eingewogenen Stoffmenge übereinstimmte. Die Stoffmenge, die der aktuellen Peakfläche entsprach, musste neu errechnet werden. Dazu wurden über externe Kalibriergeraden die Gehalte von TP2 und TP in nmol bestimmt und von der theoretisch eingewogenen Menge des TP3 in nmol abgezogen. Das Ergebnis wurde anschließend mit der aktuellen Peakfläche von TP3 in der Kalibrierlösung gleichgesetzt. Dieses Verfahren führte vermutlich nur zu einem Näherungswert, da nicht mit Sicherheit gesagt werden konnte, ob ausschließlich Transformationsprozesse des TP3 während der Lagerung stattgefunden hatten. Möglicherweise war es zusätzlich zu einem Abbau in Spaltprodukte gekommen, die nicht nachweisbar waren und deswegen bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden konnten.

Der Gehalt des vermeintlichen TP4 konnte nicht über eine Vergleichssubstanz bestimmt werden, da ein regelmäßiger Nachweis von TP4 in Schweinefleisch 30 min p.m. im Rahmen dieser Forschungsarbeit erstmalig diskutiert wird. Aus diesem Grund wurde der TP4–Gehalt durch Extrapolation ermittelt (siehe Kapitel 3.5).

Die Anwendung dieses Verfahrens war möglich, weil Thiochrom und Thiochromphosphate sich durch eine unterschiedliche Fluoreszenzstärke unterschieden. Bei der Derivatisierung wurde nur das Thiaminmolekül in eine fluoreszierende Verbindung umgewandelt. Die Phosphatreste am Molekül fluoreszierten auch nach der Derivatisierung weiterhin nicht.

Folglich führte Thiochrom im Vergleich zur gleichen Menge Thiochromphosphat zu einer stärkeren Fluoreszenz und einer größeren Peakfläche. Die Fluoreszenzstärke nimmt linear mit steigender Anzahl der Phosphatreste am Thiochrom ab. Ein vermeintliches TP4 würde somit die geringste Peakfläche aufweisen. Diese angenommene Peakfläche ließ sich durch Extrapolation bestimmen.

Die Extrapolation führte vermutlich ebenfalls zu Näherungswerten, wie die Berechnung des TP3, bot aber die einzige Möglichkeit den TP4-Gehalt zumindest halbquantitativ zu bestimmen und ihn mit dem Gehalt anderer Proben vergleichen zu können.

5.3 Vergleich unterschiedlicher Extraktionswege

Die unterschiedlichen Wiederfindungsraten, bezogen auf die Zugabe von HCl oder TCA, lassen sich zunächst durch einen Vergleich der Matrix erkären, in der Thiamin und Thiaminphosphate bestimmt werden sollen.

Sind die Substanzen in Lösung, so sind sie weniger stabil als in einer komplexen Matrix wie Schweinefleisch (siehe Kapitel 2.4), somit hatte eine Lösung in 4 %iger TCA eine gößere Zerstörung des Thiamins aufgrund der stärkeren Säurekonzentration zur Folge, als eine Lösung in 0,05-molarer Salzsäure (siehe Kapitel 4.3, Abb. 46).

Sollten die Substanzen aber aus Schweinefleisch extrahiert werden, musste mindestens eine Säurekonzentration von 4 % im Hinblick auf die TCA vorhanden sein. Eine nur 2 %ige TCA führte zu einer schlechteren Extraktion (siehe Kapitel 4.3, Abb. 50), weil die Konzentration nicht ausreichte, um das Thiamin vollständig zu extrahieren. Im Vergleich dazu extrahierte eine 8 %ige TCA zwar wahrscheinlich genauso viel Thiamin wie eine 4 %ige TCA, führte aber durch ihre höhere Konzentration zum Teil zur Zerstörung des Thiamins und resultierte damit ebenfalls in einer schlechteren Wiederfindung (siehe Kapitel 4.3, Abb. 49).

Die schlechteste Wiederfindung bezüglich des Thiamingesamtgehaltes und vor allem bezüglich der für diese Forschungsarbeit wichtigen Thiaminphosphate zeigte jedoch die Extraktion durch 0,1 molare HCl mit nachfolgender Hochdruckbehandlung (siehe Kapitel 4.3, Abb. 49). Die Wiederfindung des freien Thiamins betrug nur ca. 65 % der Wiederfindung nach Extraktion durch 4 %ige TCA und das TP2 war gar nicht mehr nachweisbar.

Denkbar sind mehrere Ursachen. Zum einen extrahierte 0,1-molare HCl als schwächere Säure wahrscheinlich weniger Thiamin aus der Probe, zum anderen führte die Hochdruckbehandlung und vor allem das gleichzeitige Erhitzen vermutlich zur völligen Zerstörung des TP2. TP2 befand sich nach der Extraktion durch HCl aus der Matrix in Lösung und hatte somit nicht die Stabilität, die es in der Matrix Schweinefleisch hatte. Es war in Lösung deutlich instabiler als das freie Thiamin und wurde unter sonst gleichen Bedingungen durch Hitzeeinwirkung schneller zerstört (siehe Kapitel 2.4). Die Hitzeeinwirkung war durch die nach der Extraktion folgende Hochdruckbehandlung über einen Zeitraum von 10 Min gegeben mit der Folge, dass im Chromatogramm kein TP2

mehr nachweisbar war. Momentan im Institut durchgeführte Studien zeigen, dass eine länger als 10 min andauernde Hitze- und Hochdruckbehandlung zur Erhöhung des Gehaltes an freiem Thiamin führte, TP2 war aber auch dann nicht mehr nachweisbar.

Der TP-Gehalt war bei der TCA- und der HCl-Extraktion gleichbleibend. Entweder war es bei der letzteren vollständig extrahiert worden und hat die Hitzebehandlung nahezu unbeschadet überstanden, oder aber es war ein Abbauprodukt des TP2. KAWASAKI und EGI wiesen 2000 nach, dass TP2 gelagert über mehrere Monate bei 38 °C zum Teil in T und TP zerfiel. Dies war hier wahrscheinlich auch der Fall und die analysierten TP-Mengen resultieren bei der HCl-Extraktion aus der Abspaltung eines Phosphatrestes vom TP2.

Neben der Zugabe verschiedener Säuren hatte auch die Zugabe verschiedener Mengen BrCN Auswirkungen auf die Wiederfindung. Eine Zugabe von 0,8 mL zu 2 mL extrahierter Probe (= 400 mg Feuchtsubstanz) resultierte ebenso wie die Zugabe von 1,2 mL in einer geringeren Wiederfindung als die Zugabe von 1 mL. Vermutlich reichte die Oxidationskraft von 0,8 mL nicht aus, um T, TP, TP2 und TP3 vollständig zu derivatisieren. Nicht deri-vatisierte Analyten besaßen jedoch keine Fluoreszenz und entgingen somit dem Nachweis. 1,2 mL des starken Oxidationsmittels könnten zu einer Zerstörung von Analyten geführt haben, so dass sich 1 mL als optimale Menge erwies.

Nach der Derivatisierung folgte die Festphasenextraktion. In der Literatur wurde bislang keine Beschreibung für eine gleichzeitige Aufreinigung von Thiochrom und Thiochromphosphaten gefunden, die jedoch für die Analytik dieser Forschungsarbeit essentiell war. Somit wurde institutsintern (BÄCKERMANN et al., 2008) eine Festphasenextraktion entwickelt, die zunächst nur für die Trennung von T, TP und TP2

ausgelegt war. Die Untersuchungsreihen dieser Forschungsarbeit konnten jedoch beweisen, dass auch höher phosphorylierte Phosphate aufgereinigt werden konnten.

Die Festphasenextraktion bestand aus einer kombinierten SAX-und einer C-18-Säule (siehe Kapitel 3.3.2.6; Abb. 34). Einzeluntersuchungen ergaben, dass die Thiochrom-phosphate auf der SAX-Säule gebunden wurden, während die C-18-Säule das Thiochchrom gebunden hatte. Aufgrund der sehr starken Wechselwirkungen der Thiochromphosphate mit der SAX-Säule musste zur Elution ein hoch konzentiertes Phosphatpuffer-ACN-Gemisch verwendet werden (250 mM, Mischungsverhältnis: 80:20),

um die Thiochromphosphate von den Bindungsstellen zu verdrängen. Die Wiederfindungsrate von den Vergleichssubstanzen T, TP, TP2 und TP3 nach der Festphasenextraktion betrug mindestens 95 %.