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5 DISKUSSION

5.2.1 Methodik

Das verwendete pH-Meter und die angeschlossene pH-Messkette (Kapitel 3.4) weisen gemäß Hersteller in dem für die Ingestaproben relevanten pH-Bereich eine Genauigkeit von 0,01 pH-Einheiten auf. Aufgrund dieser Spezifikation und der täglich erfolgten Kalibrierung des Messgeräts (Kapitel 3.4) kann davon ausgegangen werden, dass die Messung der pH-Werte mit hoher Präzision erfolgte.

5.2.2 Messwerte

5.2.2.1 Panseningesta

In den Panseningesta lagen die pH-Werte der drei Fütterungsgruppen (6,3 bis 6,4;

Kapitel 4.2.1) in dem für Wiederkäuer als physiologisch anzusehenden Bereich von 5,5 bis 7,0 (DIRKSEN 1985, 2002; DIRKSEN u. SMITH 1987; MARTENS 2004).

Beeinflussung des ruminalen pH-Werts durch die Fütterung

Der pH-Wert in den Panseningesta ergibt sich aus den Wechselwirkungen zwischen der Bildung kurzkettiger Fettsäuren, der Pufferung, die durch den Speichel und die Bikarbonatsekretion des Pansenepithels erfolgt, sowie dem Abtransport der kurzkettigen Fettsäuren (DIRKSEN 1985, 2002; MARTENS 2004).

Nach der Futteraufnahme sinkt der pH-Wert infolge der Bildung kurzkettiger Fettsäuren durch die ruminale Kohlenhydratfermentation. Innerhalb von 2 bis 6 h nach der Aufnahme erreicht er seinen tiefsten Punkt und steigt danach bis zur folgenden Mahlzeit wieder an (KAUFFOLD et al. 1977; ROGERS et al. 1982;

DIRKSEN 1985, 2002; SUTTON et al. 1986; KUNG et al. 1992).

Der maximale Abfall des pH-Werts wird wesentlich durch den Gehalt der Ration an strukturarmen und gut strukturierten Kohlenhydraten bestimmt. Bei Rationen mit einem hohen Anteil gut strukturierter Kohlenhydrate (Raufutter/Grundfutter) kommt es aufgrund einer gemäßigten Kohlenhydratfermentation, einer ausgeprägten

Wiederkauaktivität sowie einer hohen puffernden Speichelbildung zu geringen Abfällen des pH-Werts. Rationen mit einem verminderten Anteil gut strukturierten Raufutters zugunsten eines höheren Anteils strukturarmer Konzentrate (Kraftfutter) führen hingegen zu einer intensiven Kohlenhydratfermentation. Gleichzeitig sind die Wiederkauaktivität und puffernde Speichelbildung vermindert, so dass niedrigere pH-Werte im Pansen vorgefunden werden (HASKINS et al. 1969; MACKIE et al.

1978; MOULD u. ØRSKOV 1983/84; SUTTON et al. 1986; JENTSCH et al. 1992;

FLACHOWSKY et al. 1993; KENNELLY et al. 1999).

Da Maisstärke eine geringere ruminale Abbaubarkeit aufweist als andere Stärkearten (Kapitel 5.1.3.1), werden bei konzentratreichen Rationen auf Maisbasis vergleichs-weise hohe pH-Werte im Pansen vorgefunden (OLTJEN et al. 1966, 1967; FULTON et al. 1979; McCARTHY et al. 1989; LOOSE et al. 1998; PHILIPPEAU et al. 1999).

Entsprechend dieser Kenntnisse wäre bei der Fütterungsgruppe „Heu“ mit einem höheren pH-Wert als bei den Fütterungsgruppen „Weizen“ und „Mais“ zu rechnen gewesen. Beim Vergleich der beiden „Kraftfutter“-Gruppen hätte ein höherer pH-Wert in der „Mais“-Gruppe erwartet werden können.

Möglicherweise wurden diese Effekte nicht erkannt und somit kein Hinweis auf eine unterschiedliche ruminale Abbaubarkeit zwischen Weizen- und Maisstärke erlangt, da die Messung der pH-Werte ca. 45 min nach der morgendlichen Fütterung erfolgte (Kapitel 3.2). Maximale pH-Abfälle finden sich jedoch 2 bis 6 h nach der Fütterung.

Vorstellbar ist aber auch, dass zu keinem Zeitpunkt nach der Fütterung Gruppen-unterschiede bestanden. Bei den „Kraftfutter“-Tieren könnte eine Stabilisierung des pH-Werts im physiologischen Bereich durch die Strohaufnahme (Kapitel 3.1.3), die dadurch angeregte Wiederkauaktivität und puffernde Speichelbildung sowie durch die Verabreichung der Gesamtfuttermenge in drei Portionen (Kapitel 3.1.3) erfolgt sein. So erzielten SUTTON et al. (1986) einen stabilisierenden Effekt auf den pH-Wert in den Panseningesta durch die Aufteilung der Gesamtfuttermenge in mehrere kleine Portionen. In ihren Studien wiesen Kühe bei einer stündlichen Fütterung geringere pH-Abfälle auf als bei zweimaliger Fütterung. Auch in den von BRAGG et al. (1986) durchgeführten Untersuchungen war die achtmal tägliche Futteraufnahme

der Kühe mit geringeren pH-Abfällen verbunden als der zweimalige Futterverzehr.

Zudem könnte bei den „Kraftfutter“-Tieren ein stabilisierender Effekt auf den pH-Wert durch eine erhöhte Resorptionskapazität der Pansenschleimhaut ausgeübt worden sein. Die Pansenschleimhaut der Wiederkäuer reagiert auf steigende Konzentratio-nen an kurzkettigen Fettsäuren im Vormageninhalt bei konzentratreicher Fütterung mit einer Proliferation der Zotten (BROSI 1983; DIRKSEN et al. 1984, 1985;

PFAHLER 1987; SCHWARZ 1987). Da sich mit zunehmender Schleimhautober-fläche die Resorptionskapazität für flüchtige Fettsäuren erhöht, können unter diesen Bedingungen Fettsäuren vergleichsweise schneller und in größerem Umfang aus den Ingesta entfernt und ein Abfall des pH-Werts vermindert werden (BROSI 1983;

DIRKSEN et al. 1984, 1985; WEISS 1994). Um die Schleimhaut an eine strukturarme und konzentratreiche Fütterung zu adaptieren, bedarf es 4 bis 6 Wochen (DIRKSEN et al. 1984; 1985). Infolgedessen wäre eine Adaptation der Pansenschleimhaut an die Versuchsrationen der beiden „Kraftfutter“-Gruppen während der acht- bis zwölfwöchigen Fütterung der Ziegen (Kapitel 3.1.3 und 3.2.2) möglich gewesen.

Die nach 1 bis 2 Wochen eintretende Zunahme der ruminalen Protozoenpopulation bei konzentratreichen Rationen (WARNER 1962; NAKAMURA u. KANEGASAKI 1969; ABE et al. 1973; MACKIE et al. 1978) könnte bei den „Kraftfutter“-Ziegen ebenfalls zu einem stabilisierenden Effekt auf den pH-Wert im Pansen geführt haben.

So ist bei Wiederkäuern mit Protozoen die mikrobielle Stärkefermentation im Vergleich zu defaunierten Tieren vermindert (KURIHARA et al. 1968; MACKIE et al.

1978; VEIRA et al. 1983; MENDOZA et al. 1993). Gleichzeitig werden bei ihnen nach der Fütterung weniger starke pH-Abfälle gemessen (CONRAD et al. 1958;

WHITELAW et al. 1970; MACKIE et al. 1978; VEIRA et al. 1983). Die Beeinflussung des Stärkeabbaus und des ruminalen pH-Werts durch die Protozoen kann dadurch erklärt werden, dass sie leicht fermentierbare Kohlenhydrate speichern (ABOU AKKADA u. HOWARD 1960; MAENG u. BALDWIN 1976) und so deren schnelle bakterielle Umsetzung einschränken. Ferner können sie durch Nährstoffkonkurrenz und Bakterienaufnahme die Bakterienpopulation reduzieren (EADIE u. HOBSON 1962; COLEMAN 1964; KLOPFENSTEIN et al. 1966; WALLIS u. COLEMAN 1967;

KURIHARA et al. 1968) und somit den Stärkeabbau zusätzlich verzögern.

Die etwas höhere Strohaufnahme (Kapitel 3.1.3) und die etwas geringere Stärkeaufnahme (Kapitel 3.1.2) der „Weizen“-Tiere im Vergleich zu den „Mais“-Tieren sind als weitere Gründe dafür anzusehen, dass zwischen diesen beiden Gruppen keine unterschiedlichen pH-Werte festgestellt werden konnten.

5.2.2.2 Ingesta des proximalen und distalen Jejunums

In den Ingesta des proximalen Jejunums lagen die pH-Werte der drei Fütterungs-gruppen in einem leicht sauren Bereich (5,2 bis 5,7), wohingegen sie sich in den Ingesta des distalen Jejunums in einem leicht alkalischen Bereich (7,6 bis 7,7) befanden (Kapitel 4.2.2 und 4.2.3).

Die pH-Werte lassen sich in den für Wiederkäuer beschriebenen pH-Gradienten entlang der Dünndarmachse einordnen. Im Duodenum lagen die pH-Werte in Studien mit Kühen zwischen 2,9 und 3,4 (BEYER et al. 1993). Schafe hatten pH-Werte von 1,6 bis 4,7 (MASSON u. PHILLIPSON 1952; HOGAN u. PHILLIPSON 1960; HARRISON u. HILL 1962; THOMPSON 1973; BEN-GHEDALIA et al. 1974). In den sich anschließenden Darmabschnitten des proximalen und mittleren Jejunums wurden höhere pH-Werte vorgefunden. Sie beliefen sich auf 5,4 bis 7,3 bei Kühen (WHEELER u. NOLLER 1977; McALLAN 1981), auf 5,4 bis 7,0 bei Schafen (BEN-GHEDALIA et al. 1974; WHEELER u. NOLLER 1977; NICOLETTI et al. 1984) und auf 7,2 bis 7,7 bei Ziegen (BUSCHE et al. 2007). Damit befanden sie sich in einem leicht sauren bis leicht alkalischen Bereich. Im distalen Jejunum und im Ileum wurden ebenfalls leicht alkalische pH-Werte bei Kühen und Schafen gemessen. Sie lagen zwischen 7,3 und 7,8 bei Kühen (KERN et al. 1974; McALLAN 1981; KREIKEMEIER et al. 1991) sowie zwischen 6,7 und 8,3 bei Schafen (HOGAN u. PHILLIPSON 1960;

SCOTT 1965; BEN-GHEDALIA et al. 1974; NICOLETTI et al. 1984).

Beeinflussung der intestinalen pH-Werte durch die Fütterung

Der pH-Gradient entlang der kraniokaudalen Dünndarmachse resultiert daraus, dass zu Beginn des Dünndarms saurer Labmageninhalt in das Duodenum gelangt. Durch den niedrigen duodenalen pH-Wert wird über vago-vagale Reflexe sowie lokal gebildetes Prostaglandin E die Bikarbonatsekretion des Dünndarmepithels stimuliert.

Diese führt zu einer Neutralisierung der sauren Ingesta und damit zu erhöhten pH-Werten. Weiterhin tragen das bikarbonatreiche Pankreas- und Gallensekret dazu bei, dass die pH-Werte in den weiter distal gelegenen Dünndarmabschnitten ansteigen (SCHARRER u. WOLFFRAM 2004).

In dieser Arbeit konnten keine unterschiedlichen intestinalen pH-Werte zwischen den Fütterungsgruppen aufgezeigt werden, obwohl sie als Folge einer fütterungsabhän-gigen Modulation der chemosensitiven Sekretionsprozesse denkbar gewesen wären.

5.3 Funktionelle Untersuchungen zur Glukoseaufnahme in

jejunale BSMV