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5 DISKUSSION

5.3.2 Messwerte/Kinetik der konzentrationsabhängigen Glukoseaufnahmen

Die in Kapitel 4.3.6. beschriebenen Verläufe der konzentrationsabhängigen Glukose-aufnahmen sind mit den von KIRCHOFF (2007), WOOD et al. (2000), WOLFFRAM et al. (1986), und ZHAO (1998) dargestellten konzentrationsabhängigen Glukoseaufnahmen in intestinale BSMV von Wiederkäuern vergleichbar.

Die für die Fütterungsgruppen ermittelten Steigungen der Na+-unabhängigen

Aufnah-men (0,3 bis 0,6 µl · mg-1 Protein · 15 s-1) lagen in demselben Größenbereich wie die von ZHAO et al. (1998), WOLFFRAM et al. (1986) und KAUNITZ u. WRIGHT (1984) mit 0,3 bis 0,4 µl · mg-1 Protein · 15 s-1 beschriebenen Steigungen.

Die Vmax- und Km-Werte der Na+-abhängigen Glukoseaufnahmen sind in Tabelle 5.2 aufgeführt und entsprechenden Literaturdaten für Na+-abhängige Aufnahmen in intestinale BSMV von Wiederkäuern gegenübergestellt. Neben den Vmax-Werten als Indikatoren für die Anzahl an Transportern bzw. für deren intrinsische Aktivität deckten sich auch die Km-Werte als Indikatoren für die Affinität der Transporter mit den jeweiligen Literaturangaben.

Tabelle 5.2: Transportkapazitäten (Vmax) und Transportaffinitäten (Km) der Na+-abhängigen Glukose-aufnahmen in intestinale BSMV im Vergleich zwischen den Fütterungsgruppen „Heu“, „Weizen“ und

„Mais“ und Literaturdaten. Vmax und Km sind als Mittelwerte (x) aufgeführt.

Vmax

[nmol · mg-1 Protein · 15 s-1] Km [mmol · l-1] Fütterungsgruppe „Heu“

5 – 6 Monate, Heu, proximales Jejunum 0,45 0,09

Fütterungsgruppe „Weizen“

5 – 6 Monate, Stroh + Weizenkraftfutter, proximales Jejunum

1,20 0,10

Fütterungsgruppe „Mais“

5 – 6 Monate, Stroh + Maiskraftfutter, proximales Jejunum

1,59 0,10

Schafe (MABJEESH et al. 2003) 35 kg Körpergewicht, Heu + Kraftfutter, Duodenum/mittleres Jejunum/Ileum

4,11/1,75/3,30 0,13/0,08/0,09

Schafe (KIRCHHOFF 2007)

6 – 8 Monate, Heu, mittleres Jejunum 0,51 0,23

Schafe (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991)

20 Tage, Milch, Duodenum 9,03 0,04

Schafe (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991)

35 Tage, Milch + Gras, Duodenum 2,25 0,05

Schafe (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991)

35 Tage, Milchaustauscher, Duodenum 7,82 0,04

Schafe (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991), 2 – 3 Jahre, Kraftfutter + duodenale Glukoseinfusion, Duodenum

8,03 0,04

Schafe (WOLFFRAM et al. 1986)

3 – 4 Monate, mittleres Jejunum 0,48 0,13

Rinder (ZHAO et al. 1998) 600 - 650 kg Körpergewicht, Raufutter + Kraftfutter, Duodenum/Jejunum/Ileum

0,62/0,41/0,08 0,15/0,12/0,10

Die großen Spannweiten der in der TabeIle gegenübergestellten Vmax- und Km-Werte dürften darauf zurückzuführen sein, dass diese Parameter nicht nur durch metho-dische Faktoren (Glukosekonzentrationen, Inkubationstemperatur, Zusammen-setzung der Lösungen u. a.) sondern auch durch den Dünndarmabschnitt, die Wie-derkäuerart und v. a. durch das Alter und die Fütterung der Tiere beeinflusst werden.

Beeinflussung der Na+-unabhängigen Glukoseaufnahmen durch die Fütterung Die Na+-unabhängigen Glukoseaufnahmen stiegen in der Fütterungsgruppe „Heu“

weniger stark an als in den Fütterungsgruppen „Weizen“ und „Mais“, deren Steigungen sich nicht nennenswert unterschieden (Kapitel 4.3.6).

Die Studien zur Glukoseaufnahme als Funktion der extravesikulären Osmolarität zeigten, dass Glukose bei den Na+-unabhängigen Aufnahmen aller Wahrscheinlich-keit nach in die BSMV aufgenommen und nicht an die Membranen gebunden wurde (Kapitel 4.3.5 und 5.3.1.5). Diese Aufnahmen könnten durch einfache Diffusion sowie durch erleichterte Diffusion via GLUT2 (KELLETT u. HELLIWELL 2000; KELLETT 2001) oder SGLT1 erfolgt sein, wobei die Na+-unabhängige Glukoseaufnahme durch den SGLT1 bei maximal 20% der Na+-abhängigen Transportkapazität liegen und über eine andere Bindungsstelle als beim Na+-abhängigen Transport erfolgen soll (KUMAR et al. 2007).

Aufgrund der aufgeführten möglichen Komponenten des Na+-unabhängigen Glukosetransports könnten die höheren Steigungen in den Fütterungsgruppen

„Weizen“ und „Mais“ auf eine vermehrte Anzahl an den genannten Transportern in der BSM und/oder auf deren gesteigerte intrinsische Aktivität zurückzuführen sein.

Diese wiederum könnten, wie in Abbildung 2.2 und 2.3 dargestellt, durch die in beiden Gruppen fütterungsbedingt vergleichsweise hohen intestinalen Glukose-konzentrationen (Kapitel 4.1.2 und 5.1.3.2) induziert worden sein.

Da die Steigungen in den Fütterungsgruppen „Weizen“ und „Mais“ trotz wahrschein-lich höherer intestinaler Glukosekonzentrationen in der Fütterungsgruppe „Mais“

(Kapitel 5.1.3.2) nahezu identisch waren, scheinen die Na+-unabhängigen Glukose-aufnahmen zudem durch weitere unspezifische Faktoren beeinflusst worden zu sein.

In diesem Zusammenhang ist daran zu denken, dass die Zusammensetzung und die biophysikalischen Eigenschaften der intestinalen BSM (BRASITUS et al. 1989;

CHRISTON et al. 1989; STENSON et al. 1989; KEELAN et al. 1991; GUPTA et al.

1992a, b; DAVELOOSE et al. 1993) und dadurch die Aktivität der in der BSM verankerten Transportproteine (BRASITUS et al. 1989) durch die Fütterung beeinflusst werden können. Hierbei sind Aktivitätsveränderungen der Transporter wahrscheinlich auf Strukturänderungen in der membranalen Mikroumgebung zurück-zuführen, die mit veränderten Konformationen oder Quartärstrukturen der Transport-proteine einhergehen (SPECTOR u. YOREK 1985). Zudem scheint die Aktivität der Transportproteine durch die Fluidität der BSM und somit durch die Beweglichkeit der in der BSM verankerten Transportproteine beeinflusst zu werden (DUDEJA et al.

1991).

Die molaren Anteile der kurzkettigen Fettsäuren werden wesentlich durch den Raufutter- bzw. Konzentratanteil der Ration beeinflusst (BREVES u. LEONHARD-MAREK 2004), so dass die Fütterung der Ziegen (Kapitel 3.1.2) möglicherweise zu voneinander abweichenden molaren Anteilen der kurzkettigen Fettsäuren zwischen den „Heu“-Ziegen und den Ziegen der Fütterungsgruppen „Weizen“ und „Mais“

führte. Hierdurch könnten Unterschiede in der Zusammensetzung der BSM, der Membranpermeabilität für Glukose sowie in der intrinsischen Aktivität der in der BSM verankerten Transportproteine und damit der Na+-unabhängigen Glukoseaufnahmen in die BSMV verursacht worden sein.

Beeinflussung der Na+-abhängigen Glukoseaufnahmen durch die Fütterung Die Transportkapazität (Vmax) der Na+-abhängigen Glukoseaufnahmen war in der Fütterungsgruppe „Heu“ niedriger als in den beiden anderen Fütterungsgruppen und in der „Weizen“-Gruppe tendenziell niedriger als in der „Mais“-Gruppe. Zwischen den jeweiligen Transportaffinitäten (Km) bestanden keine Unterschiede (Kapitel 4.3.6).

Wahrscheinlich wurde Glukose auch bei den Na+-abhängigen Aufnahmen in die BSMV aufgenommen und nicht an die Membranen gebunden (Kapitel 4.3.5 und 5.3.1.5). Diese Aufnahmen dürften zumindest teilweise durch den SGLT1 erfolgt sein, da mittels Western-Blot-Analyse (rabbit anti sodium glucose transporter 1; Fa.

AbD serotec Morphosys AbD GmbH, Düsseldorf) SGLT1-spezifisches Protein in den jejunalen BSMV der Ziegen nachgewiesen wurde (HUBER u. HANSEN 2008, unveröffentlichte Daten).

In der Abbildung 5.4 ist der Nachweis des SGLT1-Proteins und des ß-Aktins als interner Standard exemplarisch von jeweils drei Tieren pro Fütterungsgruppe dargestellt. Das SGLT1-Protein wurde bei 75 bis 90 kDa detektiert. Dieser Größenbereich deckt sich mit demjenigen von 73 bis 80 kDa, der aus der Literatur für den Nachweis des SGLT1-Proteins in intestinalen BSMV von Wiederkäuern bekannt ist (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991; ZHAO et al. 1998; WOOD et al. 2000;

RODRIGUEZ et al. 2004; GUIMARAES et al. 2007). Eine mögliche Erklärung für die zwischen den Ziegen zu beobachtenden Größenunterschiede des SGLT1-Proteins von bis zu 15 kDa könnte in einer unterschiedlichen Phosphorylierung oder Glykosylierung der Transportproteine liegen, die aber fütterungsunabhängig waren.

Ferner könnten die Größenunterschiede durch unterschiedliche Spleiß-Varianten hervorgerufen worden sein, die ebenfalls von der Fütterung unabhängig waren.

Heu Weizen Mais

SGLT1 (75 kDa)

ß-Aktin (45 kDa)

Heu Weizen Mais

SGLT1 (75 kDa)

ß-Aktin (45 kDa)

Abbildung 5.4: Semiquantitativer Nachweis des SGLT1-Proteins in jejunalen BSMV bei jeweils drei Ziegen der Fütterungsgruppen „Heu“, „Weizen“ und „Mais“ (von links nach rechts) (HUBER u.

HANSEN 2008, unveröffentlichte Daten).

In den Kapiteln 2.1.1 und 2.2.2 wurde beschrieben, dass die Expression des SGLT1 und die Glukoseaufnahmen bei den meisten monogastrischen Spezies durch eine

kohlenhydratreiche Nahrung (BODE et al. 1981; DIAMOND et al. 1984;

BUDDINGTON et al. 1991; MARGOLSKEE et al. 2007; DYER et al. 2009) und bei Schafen durch duodenale Glukoseinfusionen (SHIRAZI-BEECHEY et al. 1991;

LESCALE-MATYS et al. 1993; DYER et al. 1994, 1997) erhöht werden können.

Dieses Hintergrundwissen ließ erwarten, dass die Na+-abhängigen Glukoseaufnah-men der Ziegen über die SGLT1-Expression durch die fütterungsbedingt unterschiedlichen intestinalen Glukosekonzentrationen (Kapitel 4.1.2 und 5.1.3.2) reguliert wurden.

Diese Erwartungen wurden jedoch durch den semiquantitativen Nachweis der SGLT1-Proteine in den jejunalen BSMV der Ziegen mittels Western-Blot-Analyse (Abbildung 5.4) nicht bestätigt. Bei diesem Nachweis wurden die spezifischen SGLT1-Banden von fünf Ziegen pro Fütterungsgruppe quantifiziert und auf ß-Aktin als internen Standard bezogen. Das Verhältnis von SGLT1 zu ß-Aktin unterschied sich nicht signifikant zwischen den drei Fütterungsgruppen (Abbildung 5.5). In der

„Heu“-Gruppe lag es bei 2,70 ± 0,27. Für die „Weizen“-Gruppe wurde ein Verhältnis von 3,03 ± 0,42 und für die „Mais“-Gruppe eines von 3,30 ± 0,24 ermittelt (HUBER u.

HANSEN 2008, unveröffentlichte Daten)

Abbildung 5.5: Verhältnis SGLT1/ß-Aktin in BSMV des proximalen Jejunums von Ziegen der Fütterungsgruppen „Heu“, „Weizen“ und „Mais“. Links sind die Einzelwerte und rechts die Mittelwerte mit Standardfehler (x± SEM) dargestellt; N gibt die Anzahl der Tiere der jeweiligen Fütterungsgruppe an (HUBER u. HANSEN, unveröffentlichte Daten).

Heu Weizen Mais

Möglicherweise wurde die Na+-abhängige Glukoseaufnahme bei den Ziegen nicht über die SGLT1-Expression durch die fütterungsbedingten intestinalen Glukose-konzentrationen reguliert, da die GlukoseGlukose-konzentrationen in den drei Fütterungs-gruppen zu niedrig waren, um eine verstärkte SGLT1-Expression zu bewirken. So könnte ein Schwellenwert für die Induktion einer verstärkten Expression des SGLT1 bestehen, der bei den Ziegen der drei Fütterungsgruppen nicht erreicht wurde.

Hingegen könnte er bei monogastrischen Spezies, bei denen eine kohlenhydrat-reiche Nahrung zu deutlich höheren Glukosekonzentrationen als den bei den Ziegen gemessenen Glukosekonzentrationen führt (postprandiale jejunale Glukose-konzentration bei Ratten und Hunden: 16 bis 48 mmol · l-1 und 6 bis 16 mmol · l-1; (MURAKAMI et al. 1977; FERRARIS et al. 1990)) und bei Schafen durch die duodenale Infusion von 30 mmol · l-1 Glukose überschritten werden.

Von domestizierten Katzen ist bekannt, dass sie keinen Sweet-Taste-Rezeptor T1R2 exprimieren (LI et al. 2005) und der Glukosetransport bei ihnen folglich nicht durch eine kohlenhydratreiche Nahrung gesteigert wird (BUDDINGTON et al. 1991). Auch von Hühnern ist bekannt, dass sie den Sweet-Taste-Rezeptor T1R2 nicht exprimieren (SHI u. ZHANG 2006) und eine erhöhte luminale Glukosekonzentration bei ihnen keine gesteigerte SGLT1-Expression auslöst (BARFULL et al. 2002).

Deshalb könnte auch eine fehlende Expression der Sweet-Taste-Rezeptoren als Ursache für die bei den Ziegen nicht erfolgte Hochregulation der SGLT1 durch die luminale Glukosekonzentration in Frage kommen.

In Kapitel 2.1.1 wurde beschrieben, dass die Regulation der Na+-abhängigen Glukoseaufnahme durch einen Austausch der SGLT1 zwischen intrazellulären Vesikeln und der BSM erfolgen kann (CHUNG et al. 2002; KIPP et al. 2003;

KHOURSANDI et al. 2004). Durch diese Regulation wären die Unterschiede zwischen der Na+-abhängigen Glukoseaufnahme der drei Fütterungsgruppen bei einer gleichen Menge an SGLT1-Protein in den BSMV erklärbar, da die präparierten BSMV noch Strukturen des Zytoskeletts enthielten (ß-Aktin wurde in der Western-Blot-Analyse als interner Standard detektiert) und bei der Western-Western-Blot-Analyse nicht zwischen SGLT1-Proteinen in der BSM und solchen in intrazellulären Vesikeln des Zytoskeletts unterschieden werden kann. Die Regulation könnte durch die luminale

Glukosekonzentration gesteuert worden sein und dazu geführt haben, dass die Menge an SGLT1 in der BSM der Ziegen in der Reihenfolge „Mais“ „Weizen“ und

„Heu“ abnahm und die Menge an SGLT1 in intrazellulären Vesikeln in der Reihenfolge „Mais“, „Weizen“ und „Heu“ zunahm.

Eine weitere bereits in Kapitel 2.1.1 vorgestellte Regulation der Na+-abhängigen Glukoseaufnahme besteht in einer Modulation der intrinsischen Aktivität des SGLT1 durch dessen Phosphorylierung bzw. Dephosphorylierung (SUBRAMANIAN et al.

2009). Deshalb könnte der SGLT1 in Abhängigkeit von der luminalen Glukose-konzentration bei den Ziegen unterschiedlich phosphoryliert und hierdurch eine unterschiedliche intrinsische Aktivität der SGLT1 hervorgerufen worden sein.

In Analogie zur Na+-unabhängigen Glukoseaufnahme könnte die Na+-abhängige Glukoseaufnahme auch durch von der luminalen Glukosekonzentration unabhängige Faktoren moduliert worden sein. Zu denken wäre hier wieder an eine Beeinflussung der intrinsischen Aktivität des SGLT1 durch die Zusammensetzung und die biophysikalischen Eigenschaften der BSM, die sich aufgrund der Fütterung v. a.

zwischen der Fütterungsgruppe „Heu“ und den beiden anderen Fütterungsgruppen unterschieden haben dürften.

5.4 Funktionelle Untersuchungen zum Glukosetransport in

Ussingkammern