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Mehrebenenanalyse: Zusammenhänge zwischen Lehrer- und Klassenmerkmalen und Unterrichtsstörungen

Im Dokument Forschung & Entwicklung (Seite 136-140)

Item 8: Erzieherische Massnahmen bei Suchtmitteln und Erziehung allgemein In Item 8 geht es um den Konsum von Nikotin und Alkohol an Schulanlässen und

6 Eltern und Schülerverhalten im Unterricht

6.4 Empirische Überprüfung des Prozessmodells im Hinblick auf Unterrichtsstörungen

6.4.5 Mehrebenenanalyse: Zusammenhänge zwischen Lehrer- und Klassenmerkmalen und Unterrichtsstörungen

Neben elterlichen Einstellungen, Attributionsmustern und Verhaltensweisen sowie Schülermerkmalen geht unser Modell davon aus, dass ein Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Lehrperson durch den Jugendlichen sowie Klassenmerkmalen und dem Ausmass von Unterrichtsstörungen besteht. Im Folgenden wird zuerst auf den Ein-fluss von Lehrermerkmalen und in einem zweiten Schritt auf die Vorhersa

Klassenmerkmalen eingegangen. Die Tabelle 6.13 gibt einen Überblick über die A

lasse sse

Intercept .10 -.07

Zufriedenheit mit Lehrperson -.32*** -.28***

Leistungsbezogene Klassenführung -.02 0

Lehrerethos Beziehungsorientierung .06 .09

Bildungsorientierung -.16** -.15***

level-2-Varianz .05 .12**

level-1-Varianz .78*** .79***

-2*log (likelihood) 1138.9 1821.8

erklärte Varianz level 1 16.1% 9%

Legende: ***: p<.001, **: p<.01, *: p<.05n= 432 /682

Schülerinnen und Schüler, die mit ihrem Lehrer / ihrer Lehrerin zufrieden sind und die ihren

mmenhang

tsstörungen durch Lehrermerkmale (

n-Tabelle 6.13: Erklärung von Unterrich Mehrebene

analyse, Schülersicht)

Lehrer / ihre Lehrerin als bildungsorientiert beschreiben, haben nicht nur bessere Schulleistungen (vgl. Kapitel 6.3.4), sondern stören auch weniger im Unterricht. Noch wichtiger für das Ausmass der Störungen ist jedoch die Zufriedenheit mit der Lehrper-son. Jugendliche, die mit ihrer Lehrperson zufrieden sind, erbringen zwar keine besse-ren Leistungen, stöbesse-ren jedoch signifikant weniger häufig den Unterricht.

Als nächstes ist nun von Interesse, ob sich - wie theoretisch angenommen - auch Klassenmerkmale auf das Ausmass von individuell berichteten Unterrichtsstörungen auswirken. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über den Zusa

Eltern und Schülerverhalten im Unterricht 136

von

6. Klasse 8. Klasse Klassenmerkmalen und das Ausmass der berichteten Unterrichtsstörungen. Dabei wurden alle Prädiktoren als level-2-Prädiktoren in die Analyse einbezogen.

Intercept .76*** .27**

Prozentualer Anteil von Knaben .03 .02

Prozentualer Anteil von Kinder, die angeben häufig zu

plagen .16* .23***

Klassenklima / Klassenzufriedenheit -1.4*** -.50*

Schultyp Sekundarschule - -.10

Gemischt - -.38

level-2-Varianz 0 .03

level-1-Varianz .87*** .88***

-2*log (likelihood) 1217.8 1899.4

erklärte Varianz level 1 12.5% 8.3%

Legende: ***: p<.001, **: p<.01, *: p<.05n= 451 / 694

Wie aus der obenstehenden Tabelle ersichtlich wird, haben das Klassenklima und der prozentuale Anteil von Kindern je Klasse, die angeben, häufig zu plagen, einen sub-stantiellen Zusammenhang mit dem Ausmass der berichteten Unterrichtsstörungen.

Keinen Einfluss hat die Zusammensetzung der Klasse hinsichtlich des Geschlechts.

In der achten Klasse führt der Einbezug der oben aufgeführten Prädiktorvariablen dazu, dass die sonst auf dem 0.01 Niveau signifikante level-2-Varianz verschwindend klein wird, d.h. die klassenspezifischen Unterschiede im Ausmass der berichteten Un-terrichtsstörungen sind nicht mehr signifikant. Auch die Zugehörigkeit zu einer Sek-, Real- oder Mischklasse kann Unterschiede im Ausmass der berichteten Unterrichtsstö-rungen nicht erklären. Vielmehr stellen das in einer Klasse herrschende Klassenklima sowie der prozentuale Anteil je Klasse von Kindern, die angeben, häufig zu plagen, wichtige Prädiktoren für das Ausmass berichteter Unterrichtsstörungen dar.

Während für die erbrachten Leistungen weder das Klassenklima noch der prozen-tuale Anteil je Klasse von Kindern, die angeben, häufig zu plagen, eine Rolle spielen, sind diese für das Ausmass der berichteten Unterrichtsstörungen von entscheidender Bedeutung.

6.5

merk

klärung von Unterrichtsstörungen durch Klassenmerkmale (Mehrebenenanalyse)

Fazit

Der Befund von Krumm (1996), dass Eltern für die Erklärung von Schülerverhal-ten wichtig sind, konnte in unserer Untersuchung bestätigt werden. Unser Kapitel be-schäftigte sich jedoch nicht nur mit der Frage, welchen Erklärungswert die Eltern für das Schülerverhalten haben, vielmehr haben wir in diesem Kapitel ein Prozessmodell dargestellt, theoretisch fundiert und empirisch überprüft, das die Leistungen der Schü-ler/innen und ihre Bereitschaft, den Unterricht zu stören, mehrperspektivisch erklärt.

Einerseits spielen die Erwartungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Eltern eine Rolle, andererseits haben wir schulspezifische Variablen wie Lehrer- und

Klassen-male in dieses Modell einbezogen. Schliesslich wurden SchülermerkKlassen-male wie Mo-tivation, Volition und Fähigkeitsselbstkonzept berücksichtigt, welche die Bereitschaft beeinflussen, gute Leistungen zu erbringen und den Unterricht zu stören.

Tabelle 6.14: Er

Eltern und Schülerverhalten im Unterricht 137

Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der Eltern auch in der Schweiz in seinem Ausmass nicht zu unterschätzen ist. So liegt bei den Sechstklässlern die Vari-anzaufklärung durch Elternmerkmale im Deutschtest zwischen 19.8% (elterliches Ver-halten) und 26.3% (Attributionen), im Mathematiktest zwischen 12.4% (VerVer-halten) und 26.8 % (Attributionen). Bei den Achtklässlern ist die Varianzaufklärung etwas weniger hoch, beträgt aber immer noch zwischen 20.2% (Attributionen) und 22.7% (Verhalten) bei den Deutschtests und zwischen 8.3% (elterliches Verhalten) und 14.1% (Erwartun-gen) bei den Mathematiktests. Die Wichtigkeit von Elternmerkmalen nimmt also mit zunehmenden Alter etwas ab, ihr Einfluss bleibt aber bestehen. So konnte in einer wei-terführenden Analyse mittels Strukturgleichungsmodellen gezeigt werden, dass die el-terliche Erwartung an das Leistungsverhalten der Schülerinnen und Schüler im Klas-senvergleich einerseits direkt mit den Testleistungen zusammenhängt, jedoch auch über die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler moderiert wird. Während bei den Sechstklässlern der direkte Pfad zwischen den elterlichen Erwartungen und den Schü-lerle

hohe Zuwendung geprägten Erziehungsstil praktizie-ren.

ihr direkter Einfluss auf die S

ehlendem Interesse erklä

ept für die Erklä-rung von Schülerleistungen eine wichtige Rolle spielt. Einen geringeren ErkläErklä-rungswert

r die Schülerleistungen haben dagegen die Motivation und die Volition. Allerdings stören diejenigen Schülerinnen und Schüler häufiger, welche von einer niedrigen

Voli-istungen deutlich ausgeprägter war als der indirekte Pfad über die Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler, bleibt bei den Achtklässlern der direkte Zusammenhang zwischen der elterlichen Erwartung und den Testleistungen zwar bestehen, nimmt aber in seiner Wichtigkeit deutlich ab.

Für die Erklärung von Unterrichtsstörungen kann ebenfalls nicht allein auf Schü-lermerkmale zurückgegriffen werden, obwohl Unterrichtsstörungen in Eltern-Lehrpersonen-Gesprächen meist individualisiert auf Schülerebene angegangen werden.

Schülerinnen und Schüler neigen weniger dazu, den Unterricht zu stören, wenn Eltern hohe Erwartungen bezüglich des Leistungsverhaltens im Klassenvergleich haben, die Kinder als selbständig bei der Erledigung der Hausaufgaben wahrnehmen sowie einen autonomieunterstützenden, durch

Ungünstig wirken sich dagegen ein stark strukturierender und kontrollierender Er-ziehungsstil, viele Konflikte wegen der Hausaufgaben sowie bei den Achtklässlern die elterliche Zuschreibung von schlechten Leistungen auf Fähigkeit und Interesse aus.

Die Schichtzugehörigkeit spielt zwar für die Ausprägung gewisser Elternmerkmale eine Rolle (z. B. Erwartungen an den höchsten Schulabschluss),

chülerleistungen ist jedoch gering und auf die Unterrichtsstörungen vernachlässig-bar.

Die zahlreichen signifikanten Korrelationen zwischen Eltern- und Schülermerkma-len weisen – neben den bereits erwähnten Befunden der Strukturanalysen - darauf hin, dass es Zusammenhänge zwischen Elternerwartungen, -einstellungen und – verhaltensweisen und den Schülermerkmalen gibt. Dieser Befund ist zwar erwartet worden, aber nicht ganz unproblematisch, denn die Wahrnehmung der Eltern und die Selbsteinschätzung der Kinder unterliegt gewissen Stereotypisierungen. So erklären sich die Eltern bei Mädchen eine gute Note häufiger mit Fleiss als bei Knaben, und sie be-richten von weniger Konflikten mit Hausaufgaben. Bei Realschülerinnen und Realschü-lern kommt es signifikant häufiger vor als bei Primar- und SekundarschüRealschü-lern, dass sich die Eltern schlechte Leistungen mit mangelnden Fähigkeiten und f

ren. Auch die Schülerinnen und Schüler selber schätzen sich je nach Geschlecht und Schultyp unterschiedlich ein. So haben Mädchen ein signifikant niedrigeres Fähig-keitsselbstkonzept in Mathematik, und zwar auf allen drei Schulstufen, obwohl sich ihre Leistungen erst in der 8. Klasse von denjenigen der Knaben unterscheiden.

Dieser Befund ist insofern brisant, als das Fähigkeitsselbstkonz fü

Eltern und Schülerverhalten im Unterricht 138

tion und intrinsischen Motivation berichten. Weniger häufig stören Schülerinnen und e- und mnach nicht nur für das Leistungsverh

- r-–

-ie dagegen wirkt sich nicht leistungsfördernd aus, und es spielt auch keine Rolle, ob die Schüler/innen mit ihrer Lehrperson zufrieden sind. Al-Klassenklima – unabhängig von der besuchten Klassenstufe resp. vom Schultyp - von

deut al

-Schüler mit einem hohen Fähigkeitsselbstkonzept und einer guten Konfliktlös Kritikfähigkeit. Kognitive, soziale und motivationale Schülermerkmale sind de

alten relevant, vielmehr sind sie auch für das Ausmass der berichteten Unterrichtsstörungen wichtig. In der achten Klasse können die Schüler merkmale sogar bedeutend mehr Varianz im Hinblick auf die Unterrichtsstörungen als auf die Testleistungen erklären.

Schülerverhalten hängt also sowohl mit Eltern- als auch Schülermerkmalen zu-sammen. Dabei können Elternmerkmale Schülerleistungen besser erklären als Unte richtsstörungen. Bei den Schülermerkmalen ist es – insbesondere für die Achtklässler genau umgekehrt. Für die Erklärung von Unterrichtsstörungen haben die Schülermerk male eine bedeutendere Aussagekraft als die Elternmerkmale.

Die in unserem Modell einbezogenen Variablen auf Klassenebene (Lehrer- und Klassenmerkmale) tragen (mit Ausnahme der Strukturvariable „Schultyp“) zur Erklä-rung von Schülerleistungen wenig bei. Am wichtigsten ist das Lehrerethos: Schülerin-nen und Schüler, die ihre Lehrperson als eher bildungsorientiert wahrnehmen, erbringen bessere Leistungen als solche, die sie als eher beziehungsorientiert beschreiben. D leistungsbezogene Klassenführung

lerdings hat die Zufriedenheit mit der Lehrperson einen Erklärungswert für die Ausprä-gung von Unterrichtsstörungen. Auch berichten Jugendliche aus Klassen mit gutem

lich weniger Unterrichtsstörungen. Auch wird in Klassen, in denen es prozentu wenig Kinder gibt, die angeben, häufig zu plagen, weniger gestört.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich unser Prozessmodell bei der em pirischen Überprüfung bewährt hat. Schülerverhalten lässt sich nur unter Berücksichti-gung des komplexen Wechselspiels zwischen schulischen und häuslichen Einflussfakto-ren angemessen erfassen und erkläEinflussfakto-ren, wobei die Eltern mit ihEinflussfakto-ren Einstellungen und ihrem Verhalten in diesem Wechselspiel eine Schlüsselrolle spielen.

Zusammenarbeit: Konzepte und Wirkungen 139

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