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3 MOTIVE UND AUSWIRKUNGEN VON UNTERNEHMENS-

3.6 Managerialismustheorie

Kernbestand der Managerialismustheorie ist, dass Unternehmenszusammenschlüsse von Managern zur Maximierung ihres eigenen Nutzens durchgeführt werden68. Es wird also bezweifelt, ob bei der Übernahmeentscheidung des Managements die Interessen der Anteilseigner Berücksichtigung finden.

Ausgangspunkt dieser Überlegungen bildet die Arbeit von BERLE und MEANS (1932) über die Trennung von Eigentum und Leitung in einem Unternehmen. Entscheidend dabei ist, dass die Leitung (das Management) häufig andere Interessen verfolgt als die Eigentümer, und somit hohes Konfliktpotential entstehen kann.

3.6.1 Principal-Agent-Theorie

Der grundlegende Gedanke der Trennung von Eigentum und Leitung wurde in ver-schiedenen „Managerial Models of the Firm“ aufgenommen (BAUMOL (1967), MARRIS

(1964), WILLIAMSON (1964)). Diese manageriellen Modelle liefern einen Erklärungsan-satz, der suggeriert, dass Manager zum Schaden der Eigentümer eigene Ziele stärker verfolgen als die Gewinnmaximierung69.

In BAUMOLs Modell verfolgten Manager das Ziel der Umsatzmaximierung. Dabei wird dem Gewinn lediglich die Funktion einer Nebenbedingung beigemessen, welche erfüllt werden muss, um die Eigentümer zufriedenzustellen70.

In MARRIS Modell hingegen verfolgten die Manager das Ziel der Wachstumsmaximie-rung. MARRIS ist der Auffassung, dass den eigenen Nutzen maximierende Manager die Wachstumsrate als Zielvariable ansehen71.

67 Vgl. SCHMUSCH 2002

68 Vgl. WICKELGREN 2001; vgl. ALBRECHT 1994, S. 22

69 Vgl. ALBRECHT 1994, S. 23

70 Vgl. BAUMOL 1976, S. 46 ff.

71 Vgl. MARRIS 1964, S. 49 ff.

Bei WILLIAMSON verfolgen Manager das Ziel der Maximierung präferierter Ausgaben.

Dabei wurden präferierte Ausgaben als eine zusammengesetzte Variable modelliert, die persönliche Bedürfnisse und Ziele von Managern berücksichtigt72. Als Manage-menteigeninteressen73 werden in der Literatur im wesentlichen folgende Zielsetzungen genannt:

- Streben nach Macht und Prestige, - Streben nach höherem Einkommen,

- Streben nach vermindertem persönlichen Anstellungsrisiko.

Macht und Prestige von Managern sind eng mit Größe und Wachstum des Unterneh-mens verbunden. Die Rentabilität spielt in diesem Zusammenhang häufig eine unter-geordnete Rolle74. Dementsprechend steht das Streben nach Macht unmittelbar mit der Vergrößerung des eigenen Einflussbereiches in Verbindung.

Unter höherem Einkommen verstand WILLIAMSON einerseits die Erhöhung der Gehälter, andererseits aber auch solche Ausgaben der Unternehmung, die den Managern unmit-telbar zugute kommen (Ausgaben für Größe und Ausstattung von Arbeitsräumen, Dienstwagen, Chauffeur etc.75). WILLIAMSON (1964) und PENROSE (1959) argumentier-ten, dass der signifikante positive Zusammenhang zwischen Größe der Unternehmung und Vergütung des Managements einen Wachstumsanreiz für das Top-Management bietet, auch wenn aus diesen Wachstumsaktivitäten keine Gewinne für die Eigentümer zu erwarten sind.

Manager sind daran interessiert, das Risiko des Arbeitsplatzverlustes zu vermindern.

Da eine Reduzierung des Unternehmensrisikos durch Diversifikation mit einer Redukti-on des eigenen persönlichen Anstellungsrisikos einhergeht, ist die Unternehmensdiver-sifikation eine beliebte Managermaßnahme76.

Von entscheidender Bedeutung für die Argumentation der Managerialisten ist, dass die obigen Managementinteressen eng mit der Größe des Unternehmens zusammenhän-gen. Den eigenen Nutzen maximierende Manager streben hiernach ein schnelles

72 Vgl. WILLIAMSON 1964, S. 32 ff.

73 Die Eigentümer verfolgen in erster Linie das Ziel der Sicherheit der Verzinsung ihrer Kapitalanlage

74 Vgl. MUELLER 1969, S. 644

75 Vgl. WILLIAMSON 1964, S. 35

76 Vgl. BÜHNER 1990, S. 8

ternehmenswachstum an. Da Unternehmenszusammenschlüsse in der Praxis den schnellsten Wachstumsweg darstellen, kann an dieser Stelle ein direkter Zusammen-hang zwischen Zusammenschlussaktivität und manageriellen Eigeninteresse bei der erwerbenden Unternehmung hergestellt werden. Dementsprechend behauptete MUELLER (1969) in seiner „managerialistischen“ Erklärung für Zusammenschlüsse, dass Unternehmen Managern die Möglichkeit bieten, deren Machtbereich schnell und um-fassend auszudehnen. MUELLER folgerte daraus, dass Manager aus Eigeninteresse Zu-sammenschlüsse durchführen77.

Ausgehend von der Trennung von Eigentum und Leitung und dem daraus resultieren-den Agency-Konflikt haben sich zwei weitere Zusammenschlusstheorien entwickelt:

- die „Free Cash Flow Theory of Takeovers”, - die „Marktkontrolltheorie”

JENSEN brachte durch seine „Free Cash Flow Theory“ zum Ausdruck, dass Manager be-müht sind, Auszahlungen an die Eigentümer so gering wie möglich zu halten, da Aus-zahlungen die Ressourcen ihrer Kontrolle beeinträchtigen und damit ihre Macht redu-zieren78.

Zusammenschlüsse stellen eine Möglichkeit für die Verwendung von Finanzmitteln in-nerhalb des Unternehmens dar. Die „Free Cash Flow Theory” besagt, dass Manager von Unternehmen mit hohen „Free Cash Flows“ eher Zusammenschlüsse mit niedrige-ren Erfolgsaussichten durchfühniedrige-ren79. Die Verwendung von „Free Cash Flows“ im Inte-resse der Manager liefert also eine weitere Erklärung für das Entstehen von Unter-nehmenszusammenschlüssen.

Bei der Marktkontrolltheorie sind Unternehmen als ein externer Kontrollmechanismus anzusehen, der die Abweichungen der Manager von den Eigentümerinteressen be-grenzt80. Manager, die in erster Linie ihre Eigeninteressen verfolgen, nutzen die Unter-nehmensressourcen im Sinne der Eigentümer nicht optimal. Die sich aus einer optima-len Ressourcenverwendung ergebende Gewinnchance veranlasst die Teilnehmer des Marktes zur Übernahme des Unternehmens, Auswechselung des Managements und auf diese Weise Etablierung des im Interesse der Eigentümer geführten Unternehmens.

77 Vgl. MUELLER 1969, S. 644 ff.

78 Vgl. JENSEN 1986, S. 323

79 Vgl. JENSEN 1988, S. 34

80 Vgl. TRAUTWEIN 1990, S. 285; SCHERER 1988, S. 69 f.; STILLMAN 1983, S. 226

Diese Theorie interpretiert Zusammenschlüsse also als eine Methode zur Umgehung des Agency-Problems. Die Managerialismustheorie argumentiert dementsprechend, dass das Agency-Problem nicht gelöst wird und die Zusammenschlussaktivität eine Manifestation des Agency-Problems ist.

Empirisch wird in der Wirtschaftspresse häufig das Vorliegen von Managementinteres-sen bei ZusammenschlüsManagementinteres-sen unterstellt81. Neben diesen eher spekulativen Aussagen finden sich auch in der wissenschaftlichen Literatur einige direkte Hinweise, die die Managerialismustheorie untermauern. So kamen z.B. RAVENSCRAFT und SCHERER (1987) aufgrund mehrerer studienbegleitender Fallstudien zu dem Ergebnis, dass „empire-building-motives“ bei vielen Zusammenschlüssen präsent sind82.

YOU et al. konnten zeigen, dass die Verluste der Eigentümer des erwerbenden Unter-nehmens am größten sind, wenn Manager ein Motiv sowie die Möglichkeit hatten, den eigenen Nutzen zu mehren. Diese Bedingungen sind gegeben, wenn die Manager und Direktoren nur einen geringen Anteil der Aktien des kaufenden Unternehmens halten, oder wenn der Anteil der Direktoren, die gleichzeitig Teil des Managements sind, rela-tiv groß ist. Ein signifikanter Einfluss der Bedeutung der Anteile des kaufenden Unter-nehmens am Vermögen seiner Manager und Direktoren konnte dagegen nicht festge-stellt werden83.

FAULI-OLLER und MOTTA (1996) zeigten theoretisch in Abhängigkeit von der Entloh-nungsstruktur sowohl für den Cournot- als auch für den Bertrand-Wettbewerb den Anreiz zur Durchführung von auch unprofitablen Fusionen für Manager. Je stärker die Bezahlung des Managements umsatzabhängig statt gewinnabhängig ist, desto größer ist der Anreiz für die Durchführung von auch unprofitablen Fusionen. Für das Vorliegen eines Prinzipal-Agent-Problems gibt es außerdem auch Hinweise aus ökonometrischen Studien (MORCK und YEUNG 1997).

81 Vgl. DEMMER 2002; WIRTSCHAFTSWOCHE Nr. 6 vom 01.02.2001, S. 47-53: „Ende des Wahns“;

LEBENSMITTELZEITUNG vom 22. Juni 2001, S. 29: „Ernüchterung nach dem Fusionstraum“; TRAUTWEIN 1990, S. 288

82 Vgl. RAVENSCRAFT/SCHERER 1987, S. 214

83 Vgl. YOU et al. 1986, S. 217