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3 MOTIVE UND AUSWIRKUNGEN VON UNTERNEHMENS-

3.1 Effizienztheorie

Die Effizienztheorie basiert auf der Annahme, dass Unternehmenszusammenschlüsse durchgeführt werden, um vorhandene Unternehmensressourcen mit möglichst hoher Effizienz in Outputs umzuwandeln. Diesem Ansatz zufolge ist das durch den Zusam-menschluss entstandene Unternehmen erfolgreicher als die einzelnen Unternehmens-einheiten vor der Fusion, da Ressourcen ökonomischer eingesetzt werden können und damit Kostenersparnisse einhergehen. Die Effizienztheorie erlangte in der US-amerikanischen Wettbewerbspolitik erhöhte Aufmerksamkeit und wird von den Anhän-gern der Chicago School vertreten. Danach sind Unternehmenszusammenschlüsse eher von Effizienzstreben als von Marktmachtkalkülen motiviert. Effizienzvorteile kön-nen durch folgende ökonomische Phänomene erklärt werden:

- Rationalisierungseffekte,

- Economies of Scale und Scope, - Multi-Plant-Economies,

- Vertikale Integration, - Coinsurance,

- Konzept des überlegenden Managements.

Diese Phänomene werden im folgenden näher erläutert.

3.1.1 Rationalisierungseffekte

Produktionsanlagen zweier Unternehmen sind oftmals mit unterschiedlichen Kosten verbunden. Beispielsweise kann eine Anlage des Unternehmens A bereits an der Kapa-zitätsgrenze arbeiten und wegen des hohen Auslastungsgrads mit hohen Grenzkosten assoziiert sein, während eine ähnliche Anlage des Unternehmens B nicht entsprechend beansprucht ist. Durch Fusion beider Unternehmen lassen sich durch eine teilweise Verlagerung der Produktion von Unternehmen A hin zu Unternehmen B Kostenvorteile erzielen. Diese Verlagerung kann auch die Form annehmen, dass sich Unternehmens-teile der beiden Unternehmen jeweils auf bestimmte Produkte spezialisieren15.

3.1.2 Economies of Scale

Mit steigender Betriebsgröße können betriebliche Größenvorteile (economies of scale) realisiert werden. Größenvorteile können in fast allen Bereichen des Unternehmens, beispielsweise in Produktion, Finanzierung, Verwaltung, Lagerhaltung oder im Einkauf, vorliegen. Die Ursachen solcher Größenvorteile sind vielfältig und können z.B. durch die Beseitigung von doppelten Fixkosten entstehen16. So lassen sich beispielsweise Absatz- und Beschaffungswege in einem Unternehmen zentral kostengünstiger auf-bauen und pflegen als bei einer dezentralen Verwaltung. Doppelaufwendungen für Forschungen sind ein weiteres Beispiel für Synergieeffekte, die durch Zusammenle-gung von Unternehmensaktivitäten realisiert werden können. Produktionsanlagen sind meist auf ein bestimmtes Produktionsvolumen ausgelegt. Für die jeweiligen Unter-nehmen A und B ist die Anschaffung einer neuen Anlage trotz hoher variablen Kosten der alten Anlagen oftmals nicht vorteilhaft. Bei einem Zusammenschluss hingegen lassen sich die Anschaffungskosten für eine neue größere Anlage auf ein größeres Pro-duktionsvolumen verteilen17. Schließlich lassen sich aufgrund des höheren Produkt-ionsvolumens bei der Beschaffung von Vorprodukten oftmals günstigere Konditionen erzielen. Economies of Scale sind unternehmens- und branchenspezifisch. In Abbildung 15 wird der Versuch einer Schematisierung genereller Ursachen von eco-nomies of scale vorgenommen:

15 Vgl. FEHL/OBERENDER 1989, S. 142 ff.

16 Nach ALBRECHT 1994, S. 6 ff.

17 Vgl. PAPROTTKA 1996, S. 49 ff.

Abbildung 15: Mögliche Ursachen von economies of scale

Ursachen von econom ies of scale

R eale econ om ies of scale Peku niäre econom ies of scale au fgru nd von M arktm ach t

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an SCHMIDT 1999, S. 86

3.1.3 Economies of Scope

Oftmals können neben produktionsabhängigen Kostenvorteilen auch Kostenersparnis-se durch gemeinsame Produktion von mehreren verschiedenen Produkten realisiert werden18. Diese Verbundvorteile entstehen formal, wenn die Durchschnittskosten bei gemeinsamer Produktion geringer sind als die Summe der Durchschnittskosten bei separater Herstellung. Im Gegensatz zu den economies of scale erwachsen die Kos-tenersparnisse aus der Reichweite der unternehmerischen Tätigkeiten (scope)19. Eco-nomies of scope beruhen auf gemeinsam genutzten Produktionsfaktoren (shared in-puts) für die Herstellung verschiedener Güter20. Es kann sich dabei um unteilbare Pro-duktionsfaktoren handeln, die durch die Produktion nur eines Guts nicht ausgelastet sind, oder um Produktionsfaktoren, die bei der Verwendung für ein Gut unentgeltlich auch für ein zweites Gut zur Verfügung stehen. Verbundvorteile resultieren dann ent-weder aus niedrigeren Durchschnittskosten oder aus der Erlössteigerung infolge ver-besserter Produktqualität.

18 Vgl. SETH 1990, S. 101

19 Vgl. KINNE 2000, S. 28

Ein Beispiel für Verbundvorteile auf der Produktionsseite kann eine Maschine sein, die für mehrere Erzeugnisse nutztbar ist und bei Produktion eines Erzeugnisses alleine nicht an ihre Kapazitätsgrenze stößt.

Synergetische Effekte sind im Falle der verbundenen Produktion von zwei oder mehre-ren Gütern - insbesondere beim Einsatz von finanziellen, technologischen oder unter-nehmerischen Ressourcen - möglich21:

- Finanzvorteile infolge des geringeren Konkursrisikos von Konglomeraten und damit niedrigeren Fremdkapitalzinsen sowie erweiterten Kreditrahmen,

- Marketingvorteile durch Verwendung eines Markennamens für verschiedene Produkte (z.B. „Porsche“ für Autos und Brillen),

- Kostenersparnisse in Forschung und Entwicklung im Falle sog. Abfallentwick-lungen; Ersparnis von Such- und Informationskosten bei den Verwendungen von Erfindungen (shared input),

- Kostenvorteile beim Einsatz des dispositiven Faktors durch gemeinsame Stabs-abteilungen sowie bessere Ausnutzung der Führungsqualitäten des Manage-ments für verschiedene Produkte (public input).

Formell können die economies of scope folgendermaßen dargestellt werden:

SC =

y) K(x,

y) K(x, -y) K(0, K(x,0) +

X 100

K(x,0) bzw. K(0,y) stellen die Produktionskosten für die jeweiligen Güter x und y in zwei unabhängigen Unternehmen dar, während K(x,y) die entsprechenden Produkti-onskosten in einem zusammengeschlossenen Unternehmen repräsentieren. Ist die Messzahl22 SC positiv, liegen economies of scope vor. Der Index misst den prozentual eingesparten Kostenanteil, der entsteht, sobald beide der Güter in einem Unterneh-men hergestellt werden. Negative Indexwerte hingegen deuten auf das Vorhandensein von Kostennachteilen (diseconomies of scope) bei gemeinsamer Produktion hin. Ursa-che hierfür kann beispielsweise Bürokratie in Großunternehmen und die damit verbun-dene mangelnde Motivation von Mitarbeitern sein23.

20 Vgl. PANZAR/WILLIG 1981, S. 268 ff.

21 In Anlehnung an SCHMIDT 1999, S. 101

22 Ausmaß der Kostenvorteile

3.1.4 Multi-Plant-Economies

Analog können in der mehrbetrieblichen gegenüber der einbetrieblichen Produktion Kostenvorteile beobachtet werden24. Vorteile der Mehrbetrieblichkeit (multi-plant-economies) bestehen, wenn eine Gütermenge in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben zu geringeren Gesamtkosten als in mehreren Unternehmen mit jeweils ei-nem Betrieb hergestellt werden kann. „Zum Tragen“ kommen diese Kostenvorteile, sobald die Bedingungen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten gegen eine Reali-sierung der technisch optimalen Betriebsgröße sprechen. Dies ist der Fall, wenn der Ausschöpfung betrieblicher Größenvorteile steigende Transportkosten, ein erhöhtes Risiko von Produktionsausfällen oder hohe Durchschnittskosten bei Kapazitätsunter-auslastungen gegenüberstehen25.

3.1.5 Vertikale Integration

Vorteile der vertikalen Integration liegen bei mehrstufigen Produktionsprozessen dann vor, wenn die Organisationskosten bei unternehmensinterner Koordination von aufein-anderfolgenden Produktionsstufen in einem Unternehmen geringer sind als die Trans-aktionskosten bei marktlicher Koordination26. Allerdings können Kostenvorteilen der vertikalen Integration Produktionskostennachteile durch nicht ausgeschöpfte econo-mies of scale gegenüberstehen27. Dies geschieht, sobald aufeinanderfolgende Ferti-gungsstufen unterschiedlich optimale Produktionskapazitäten aufweisen. Betriebliche Größenvorteile können nur dann auf allen integrierten Produktionsstufen realisiert werden, wenn das Unternehmen über eine mindestoptimale Betriebsgröße in Höhe des kleinsten gemeinsamen Vielfachen verfügt. Andernfalls können Kostennachteile auf einzelnen Produktionsstufen auftreten. In solchen Fällen ist abzuwägen, ob die Kos-tenvorteile betrieblicher Größe oder die Kostenersparnisse hierarchischer Koordination überwiegen.

23 Vgl. SCHMIDT 1999, S. 102

24 Vgl. SCHERER 1975

25 In Anlehnung an KINNE 2000, S. 29

26Vgl.WILLIAMSON 1989, S. 135 ff. und die dort genannten Quellen

27 Vgl. SCHERER/ROSS 1990, S. 109

3.1.6 Coinsurance

Eine rein finanzielle Begründung für Zusammenschlüsse zwischen Unternehmen, deren Einkommensströme nicht vollständig korrelieren, lieferten HIGGINS und SCHALL (1975) sowie LEWELLEN (1971) in der sogenannten „Coinsurance Hypothesis“.

Wenn die Einkommensströme zwei sich zusammenschließender Unternehmen nicht vollständig korrelieren, z.B. aufgrund unterschiedlicher Abhängigkeit vom Konjunktur-zyklus, führt das am Gesamtunternehmen zu einer Stabilisierung der Einkommens-ströme und zu einer Reduktion der zeitlichen Gewinnschwankungen28.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt dabei ist die Möglichkeit der internen Subventionie-rung. Gewinne, die von einem Unternehmen erzielt werden, können zur Tilgung von Verlusten in einem anderen Unternehmen verwendet werden29. Dementsprechend wird das Risiko der Zahlungsunfähigkeit verringert. WESTON und CHUNG (1983) sprachen in diesem Zusammenhang von einer verminderten Konkurswahrscheinlichkeit und einem daraus resultierenden niedrigeren Gegenwartswert der Konkurskosten. Infolge dessen kann es zu einer Reduktion der Kapitalkosten kommen30.

In der Literatur finden sich zahlreiche empirische Untersuchungen, die auf die Existenz des Coinsurance-Effekts - zumindest bei konglomeraten Zusammenschlüssen - hinwei-sen31. AMIT und LIVNAT (1988) hingegen kamen in ihrer Untersuchung zu dem Ergeb-nis, dass eine „pure financial diversification“ zwar mit stabileren Cashflows, aber auch mit niedrigeren Rentabilitäten verbunden ist32.

3.1.7 Konzept des überlegenden Managements

Einen weiteren Erklärungsansatz verbesserter Effizienz liefert das Konzept des überle-genden Managements. In der Literatur werden auch häufig die Bezeichnungen „ineffi-cient management hypothesis“, „improved management hypothesis“ oder „internal efficiency hypothesis“ verwendet33.

Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind Unternehmen, die aufgrund ineffizienten Managements ihre Ressourcen nicht optimal nutzen. Erhalten potentielle Käufer

28 Vgl. BÜHNER 1990, S. 14

29 Vgl. BÜHNER/SPINDLER 1986, S. 603

30 Vgl. WESTON/CHUNG 1983, S. 4

31 SETH 1990, S. 431, nennt mehrere solcher Untersuchungen und kommt selbst auch zu diesem Ergebnis.

32 Vgl. AMIT/LIVNAT 1988, S. 99

33 Vgl. ALBRECHT 1994, S. 10

formationen über ein solch ineffizient geführtes Unternehmen, so wird das Unterneh-men demnach Ziel eines Übernahmeversuches. Der Käufer setzt voraus, dass das übernommene Unternehmen nach dem Zusammenschluss besser geführt werden kann.

Dem Konzept des überlegenen Managements zufolge geht also einem Zusammen-schluss eine Periode ineffizienter Unternehmensleitung beim Kaufobjekt voraus. Der Zusammenschluss beendet diese Periode und unterstellt die Ressourcen des Kaufob-jektes der Kontrolle des überlegenden Managements. Zusammenschlüsse können da-mit als Antwort auf eine suboptimale Unternehmensstrategie des Kaufobjektes ange-sehen werden34.

Die Relevanz des Konzepts des überlegenden Managements in der Praxis konnte CLARKE (1987) bestätigen. In Diskussionen mit potentiellen Käufern wurden die eigen-en überlegeigen-endeigen-en Managemeigen-entfähigkeiteigen-en oft als einziger Grund für eine verbesserte Effizienz unter neuer Kontrolle genannt35.

3.1.8 Zwischenergebnis

In Presse- und Geschäftsberichten werden Unternehmenszusammenschlüsse in erster Linie durch Effizienzpotentiale begründet. Der hohe Anteil gescheiterter Fusionen (vgl.

Kapitel 4.2) lässt aber vermuten, dass das Effizienzstreben zumindest nicht das allei-nige Motiv zur Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen ist36. PORTER

(1987) gelangte in diesem Zusammenhang zu der Überzeugung, dass „die wenigsten Manager, die von Synergie reden, eine klare Vorstellung haben, was sie damit mei-nen“. „Damit ist Synergie oftmals nichts weiter als ein gedankenloses Lippenbekennt-nis oder die nachträgliche Rechtfertigung einer Diversifikation, die aus ganz anderen Gründen vorgenommen wurde37“. TRAUTWEIN (1990) kam bei seinen empirischen Überprüfungen zu dem gleichen Resultat. Er nannte eine Reihe von Fällen, in denen Manager Synergien zur Rechtfertigung ihrer Zusammenschlüsse angeführt haben, und vergleicht diese Darstellung mit den Aussagen unabhängiger Beobachter. Die festge-stellten Unterschiede bestätigten PORTERs These38. Im weiteren werden zusätzliche relevante Motive von Unternehmenszusammenschlüssen näher analysiert.

34 Vgl. MALATESTA 1983, S. 157

35 Vgl. CLARKE 1987, S. 13

36 Vgl. DEMMER 2002

37 Vgl. PORTER 1987, S. 38-41 nach ALBRECHT 1994, S. 10

38 Vgl. TRAUTWEIN 1990, S. 285