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4. Diskussion

4.2. Lokalisation im Mitochondrium

Durch seine Interaktion mit unterschiedlichen mitochondrialen, zytoplasmatischen, nukleären, ER- und viralen Proteinen kann davon ausgegangen werden, dass HAX1 in verschiedenen zellu-lären Signalwegen eine Rolle spielt (Vafiadaki et al., 2007). Um die exakte Funktion des Prote-ins zu ermitteln, ist der Lokalisationsort des ProteProte-ins entscheidend. Das Protein HAX1 befand sich in den hier durchgeführten Untersuchungen hauptsächlich in den Mitochondrien. Von meh-reren Autoren ist das Protein bereits mittels mikroskopischer Techniken in oder an den Mito-chondrien lokalisiert worden (Suzuki et al., 1997; Dufva et al., 2001; Cilenti et al., 2004;

Yedavalli et al., 2005; Han et al., 2006; Kasashima et al., 2006; Vafiadaki et al., 2007). Die Mitochondrien sind die Quelle des Energiehaushalts der Zelle und spielen eine große Rolle beim intrinsischen Weg der Apoptose durch Cytochrom c-Freisetzung. Andere Arbeitsgruppen wiesen HAX1 im Zytoplasma (Suzuki et al., 1997; Gallagher et al., 2000; Kawaguchi et al., 2000), im endoplasmatischen Retikulum (Suzuki et al., 1997; Gallagher et al., 2000), in den Lammelipodien (Gallagher et al., 2000), im Nukleus (Suzuki et al., 1997; Dufva et al., 2001) oder in der apikalen Membran der Zelle nach (Ortiz et al., 2004; Radhika et al., 2004; Obern-dorfer et al., 2006). Geringe Anteile von HAX1 im ER, Zytoskelett und Nukleus können bei den in dieser Arbeit beschriebenen Ergebnissen nicht ausgeschlossen werden. Bei der Unterschei-dung zwischen der Lokalisation einer sehr kleinen Menge von HAX1 in den Organellen und einer nur vorübergehenden Lokalisation von HAX1 durch beispielsweise Proteintransport kam die angewandte Technik an ihre Grenzen. Auch eine Überlagerung mehrerer Organellen ist bei der Auflösung der Bilder nicht auszuschließen, jedoch befindet sich HAX1 hauptsächlich in den Mitochondrien. Die Lokalisation in den Mitochondrien wurde zudem bereits mit einer anderen Methode, der subzellulären Fraktionierung, von Cilenti und Mitarbeitern bestätigt (Cilenti et al., 2004).

In HeLa-Zellen beschrieben Yedavalli et al. und Kasashima et al. HAX1 in den Mitochondrien, wobei Kasashima et al. auch ein wie in diesen Experimenten genutztes HAX1-FLAG-Konstrukt verwendeten (Yedavalli et al., 2005; Kasashima et al., 2006). Gallagher und Kollegen plädierten hingegen für eine hauptsächliche Lokalisation im ER, wobei ein GST-Konstrukt (siehe Tabelle 6) verwendet wurde (Gallagher et al., 2000). Dieses Ergebnis konnte in den hier durchgeführten Studien nicht reproduziert werden. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Lokalisationsorte

könnten die verschiedenen Zelltypen oder Organellmarker sein, die nicht immer spezifisch nur ein Organell anfärben (Gallagher et al., 2000; Ortiz et al., 2004). Je nachdem, welche Funktion HAX1 in dem Zelltyp und Gewebe ausübt und womit es interagiert, könnte zudem die Ortsbe-stimmung in der Zelle variieren (Vafiadaki et al., 2007). Außerdem wurden bei der Lokalisie-rung von allen Autoren unterschiedliche Konstrukte verwendet, die die Funktion des Proteins beeinflusst haben könnten.

Im Folgenden wird näher die Funktion von HAX1 im Mitochondrium beschrieben, da dies den Hauptlokalisationsort des Proteins darstellt. Suzuki und Kollegen sahen die Rolle des Proteins wegen der Assoziation mit HS1 hauptsächlich in der B-Zell-Signaltransduktion und in der Steu-erung des Überlebens von B-Zellen. Aufgrund der Strukturähnlichkeit zu Bcl-2 wurde eine ähn-liche antiapoptotische Funktion vermutet. Bcl-2 blockiert im Mitochondrium die Senkung des mitochondrialen Membranpotentials. Außerdem könnte HAX1 im Mitochondrium und ER mit anderen Proteinen interagieren, um das Zellüberleben zu steuern (Suzuki et al., 1997).

Bei den meisten Autoren steht die antiapoptotische Funktion des Proteins im Vordergrund, weil es im Mitochondrium lokalisiert ist. Der exakte Mechanismus ist jedoch noch ungeklärt.

Yedavalli und Mitarbeiter stellten bei HAX1-Überexpression einen Schutz der Zelle vor apopto-tischen Stimuli fest (Yedavalli et al., 2005). Viele virale Proteine interagieren mit HAX1 (Kawaguchi et al., 2000; Dufva et al., 2001; Sharp et al., 2002; Yedavalli et al., 2005; Modem und Reddy, 2008). Es wurde vermutet, dass die Viren die antiapoptotische Funktion von HAX1 beeinflussen können. Sie könnten, um eine Immunantwort auf die infizierten Zellen zu vermei-den, HAX1 inhibieren oder über HAX1 das Überleben der Zellen fördern (Yedavalli et al., 2005; Klein et al., 2007).

Es gibt bislang sechs verschiedene Ansätze, über welche Mechanismen HAX1 Apoptose inhi-biert. Eine erste mögliche Erklärung zum Mechanismus der von Suzuki et al. vermuteten antia-poptotischen Wirkung von HAX1 wurde im Zusammenhang mit der Hemmung von Caspase 9 von Han und Kollegen gegeben (Han et al., 2006). Bei der Apoptoseinduktion translozieren einige Caspase 9-Moleküle zum Mitochondrium. Diese wurden, wie von der Arbeitsgruppe festgestellt, im Mitochondrium von HAX1 gespalten und damit der Zelltod verhindert. Da au-ßerdem bei unterschiedlichen Behandlungen der Zellen (Fas-Behandlung, γ-Strahlung, Serum-deprivation, Bax-induzierte Apoptose) eine antiapoptotische Wirkung von HAX1 festgestellt wurde, wurde vermutet, dass HAX im intrinsischen und extrinsischen Weg der Apoptose inhi-bierend wirken kann (Han et al., 2006; Shaw und Kirshenbaum, 2006).

HAX1 interagiert zudem mit Caspase 3. Lee et al. zeigten, dass HAX1 bei Apoptose, die mit dem Chemotherapeutikum Etoposid ausgelöst wurde, von Caspase 3 geschnitten wurde (Lee et al., 2008). Umgekehrt schützte HAX1-Überexpression vor Apoptose, indem HAX1 die Caspase 3-Aktivität hemmte (Hemmung von Caspase 3).

Einen Zusammenhang zwischen der Lokalisation von HAX1 in dem endoplasmatischen Retiku-lum und den Mitochondrien zeigten Vafiadaki und Mitarbeiter (Vafiadaki et al., 2007). Sie nehmen an, dass HAX1 das Überleben der Zelle durch die Regulierung des Ca 2+- Gleichge-wichts im ER kontrolliert, womit bei der Aktivierung der Apoptose eine Verbindung zwischen ER und Mitochondrium hergestellt sein könnte (Vafiadaki et al., 2008).

Nicht nur die Interaktion mit Caspasen auch die Stabilisierung des mitochondrialen Memb-ranpotentials durch HAX1 wurde schon beschrieben (Sharp et al., 2002; Klein et al., 2007).

Durch die Hemmung der Cytochrom c-Ausschüttung wird Apoptose verhindert.

Einen weiteren möglichen Mechanismus der Inhibierung der Apoptose zeigten Chao und Kolle-gen (Chao et al., 2008). PARL assoziiert in der inneren Mitochondrienmembran mit HAX1, woraufhin HAX1 Omi/HtrA2, eine in die Mitochondrien importierte, unprozessierte Serinpro-tease, PARL präsentiert. Omi/HtrA2 wird von PARL prozessiert und das reife Protein O-mi/HtrA2 wieder in den Intermembranraum freigesetzt. In Lymphozyten wird durch die Pro-zessierung von HtrA2/Omi die Anreicherung von aktiviertem Bax in der äußeren mitochondri-alen Membran verhindert, was die Zelle vor Apoptose schützt. HAX1 ist demnach an der antia-poptotischen Funktion von Omi/HtrA2 beteiligt. Bei Apoptoseinduktion hingegen wird HAX1 von Omi/HtrA2 inhibiert. Omi/HtrA2 wirkt dann proapoptotisch, indem es IAPs schneidet und Caspase-abhängige Apoptose ausgelöst wird (Cilenti et al., 2004). Omi/HtrA2 kann aber auch in Caspase-unabhängiger Apoptose als aktive Protease proapoptotisch wirken, wobei dieser Me-chanismus noch ungeklärt ist (Verhagen et al., 2002; Cilenti et al., 2004).

Einen weiteren Ansatz zur Erklärung der antiapoptotischen Wirkung in Bezug auf die mito-chondriale Lokalisation zeigten Kasashima und Kollegen. Der Interaktionspartner von HAX1 PHB2 (Prohibitin 2) spielt in der Aufrechterhaltung der mitochondrialen Morphologie eine gewisse Rolle (Kasashima et al., 2006). Eine Änderung der Morphologie ist ein Zeichen für Apoptose, wobei vermutet wird, dass der programmierte Zelltod durch eine gestörte Fusion und Fission der Mitochondrien ausgelöst wird (Suen et al., 2008). Proteine wie PHB2, die die Form und Struktur der Mitochondrien schützen, wirken deshalb antiapoptotisch. Da HAX1 mit PHB2 interagiert, könnte es indirekt an der Aufrechterhaltung der mitochondrialen Morphologie betei-ligt sein.

Zusammenfassend hat mitochondriales HAX1 unterschiedliche Möglichkeiten im Mitochondri-um in die Apoptose einzugreifen: Passiv, indem es die antiapoptotische Wirkung von O-mi/HtrA2 verstärkt und aktiv durch die Interaktion mit Caspase 3 und 9 und durch Stabilisie-rung des mitochondrialen Membranpotentials. Alle diese Mechanismen könnten die antiapopto-tische Funktion von HAX1 erklären. Zudem scheint auch die Beteiligung von HAX1 bei ande-ren Signalkaskaden möglich, da HAX1 zu kleinen Teilen im Zytoplasma lokalisiert ist und dort mit vielen Proteinen interagieren kann.