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1.2 Kirche als eindimensionale Wirklichkeit aus betriebs- betriebs-wirtschaftlicher Sicht betriebs-wirtschaftlicher Sicht

1.2.1 Der Kontext der Betriebswirtschaftslehre

Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften verdanken ihre Existenz einem Dilemma bzw. Paradoxon: der Begrenztheit, d.h. Knappheit der Güter und der Unbegrenztheit menschlicher Bedürfnisse. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass die Nachfrage nach Gütern, den Mitteln der Bedürfnisbefriedigung, in der Regel größer ist als das Angebot;

es gibt also immer irgendwelche menschlichen Wünsche und Bedürfnisse, die nicht gestillt werden können. Der Weg, um das Dilemma zwischen Bedürfnissen und Ange-bot zu verringern, ist das Wirtschaften.264 Die „naturgegebene Knappheit der Güter, d.h.

das Spannungsverhältnis zwischen Bedarf und Deckungsmöglichkeit, zwingt die Men-schen zu wirtschaften, d.h. bestrebt zu sein, die vorhandenen Mittel so einzusetzen, dass ein möglichst großes Maß an Bedürfnisbefriedigung erreicht wird“.265

„Knappheit – und damit auch die Wirtschaftswissenschaft – ist ein zutiefst irdisches Problem.“266 Der Ausgangs- und Zielpunkt des Wirtschaftens, die Relation zwischen Güterbedarf und seiner Deckungsmöglichkeit, ist quantitativ. Die Wissenschaft der Ökonomie267 trifft Aussagen über in der Realität beobachtbare Sachverhalte, die empi-risch überprüft werden können, also falsifizierbar oder verifizierbar sind. Die Wirt-schaftswissenschaften werden deshalb dem Bereich der Real- oder Erfahrungswissen-schaften zugeordnet, sie sind genauer eine angewandte, praktische (Handlungs-) Wissenschaft.268 Gemeinsam mit Kultur- und Sozialwissenschaften (z.B. Literaturwis-senschaften, Kunst, Recht, Psychologie, Soziologie, Politologie) und Ingenieurwissen-schaften untersuchen sie sozio-ökonomisch-technisch-ökologische Systeme.269

264 Das Ideal des Wirtschaftens ist hier vergleichsweise niedrig, doch realistisch angesetzt: Es geht vordergründig um die Verringerung des Unterschieds zwischen Angebot und Nachfrage, nicht um ein völliges Aufheben des Unterschieds.

265 WÖHE,G./DÖRING,U.,Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, München 232008, 1.

266 FLEßA,Geistlich Denken – Rational handeln, 10.

267 Genau genommen ist „Ökonomie“ bzw. „Ökonomik“ im gegenwärtigen deutschen Wissenschaftsbe-trieb als Bezeichnung für Wirtschaftswissenschaft(en) veraltet. Im englischsprachigen Bereich domi-niert nach wie vor der Terminus „economics“. Die Begriffe lassen sich alle zurückführen auf das griech. oivkonomi,a, die Gesetzmäßigkeit des Hauses bzw. Haushalts.

268 Real- oder Erfahrungswissenschaften lassen sich weiter untergliedern in reine, theoretische und angewandte, praktische Wissenschaften. Der Unterschied besteht in der Fokussierung auf Erklärung von Phänomenen der belebten und unbelebten Natur bzw. in der Fokussierung auf die Gestaltung so-ziologischer, ökonomischer, technischer oder ökologischer Systeme. Für den erstgenannten Bereich der reinen, theoretischen Wissenschaften, wird unter anderem auch die Bezeichnung „Grundlagen-wissenschaften“ verwendet, da hier das Erkenntnisinteresse im Vordergrund steht und die Forschung zumeist ohne konkrete Nutzungsabsichten erfolgt. Für den zweiten Bereich ist auch die Bezeichnung

„Handlungswissenschaften“ üblich, da bei den Forschungsgegenständen sozialer, ökonomischer, technischer und ökologischer Systeme und den damit verbundenen menschlichen Handlungsalterna-tiven die Forschungsbemühungen zusätzlich von einem Gestaltungsinteresse geleitet sind. Vgl.

TÖPFER, A., Betriebswirtschaftslehre. Anwendungs- und prozessorientierte Grundlagen, Berlin

22007, 5-7; WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 7f; THOMMEN,J.-P./ACHLEITNER,A-K., All-gemeine Betriebswirtschaftslehre. Umfassende Einführung aus managementorientierter Sicht, Wies-baden 52006, 56f; THOMMEN,J.P., Betriebswirtschaftslehre, in: Gabler 2, 440-445, 444.

269 Der frühere Oberbegriff der „Kulturwissenschaften“ tritt mittlerweile etwas in den Hintergrund, da sich eine gewisse Verselbständigung der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften herausgebildet hat.

Die Einbeziehung oder Ausgliederung der Wirtschaftswissenschaft aus den Kulturwissenschaften

„ist eine Zweckmäßigkeitsfrage. Entscheidend ist allein, was eine solche Einteilung leistet, d.h. vor allem, ob sie in der Lage ist, die einzelnen durch den Gegenstand bestimmten wissenschaftlichen

rend bei den – ebenfalls den Real- und Erfahrungswissenschaften zuzurechnenden – Naturwissenschaften die systematische Erforschung der Natur und ihrer grundlegenden Gesetzmäßigkeiten im Vordergrund ist, steht bei den Kultur-, Sozial- und Wirtschafts-wissenschaften der Mensch bzw. das menschliche Verhalten im Zentrum der For-schungsbemühungen.

Die Wirtschaftswissenschaften teilen sich in zwei Bereiche auf, in die Volkswirtschafts-lehre und die Betriebswirtschafts- bzw. Management- oder FührungsVolkswirtschafts-lehre.270 Beide haben ein gemeinsames Erfahrungsobjekt:271 die Tatsache der Knappheit von Ressour-cen und das hieraus folgende Erfordernis des Wirtschaftens. In pragmatischer Sicht besteht das Erfahrungsobjekt der Wirtschaftswissenschaften im „Markt“ bzw. „im Marktprozess und seinen Akteuren. Da es – zum Glück – keine geschlossene Hauswirt-schaft (,Robinson Crusoe‘-Welt) gibt, bestehen zwischen den Akteuren (WirtHauswirt-schafts- (Wirtschafts-subjekten) ökonomische Austauschbeziehungen (Transaktionen). Der Markt ist hierbei der abstrakte Ort des Tausches, d.h. der Ort, an dem die Transaktionsbeziehungen statt-finden.“272 Die Tatsache der von Natur aus begrenzten Güter und ihrer unbegrenzten Nachfrage führen im Hinblick auf den „Markt“ zur prinzipiellen Unterscheidung von Angebot und Nachfrage bzw. von Anbietern und Nachfragern. Je nach Art der angebo-tenen Leistung lassen sich verschiedene Märkte in Verbindung mit verschiedenen Pro-duktionsgütern unterscheiden: Auf dem „Gütermarkt“ bieten Unternehm(ung)en

Disziplinen im Interesse einer Arbeitsteilung bei der Forschung“ voneinander abzugrenzen.

WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 8; vgl. TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 6f.

Bei der Einteilung der Real- und Erfahrungswissenschaften stellt sich noch eine weitere Frage nach dem Beziehungsverhältnis zwischen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Zum einen können die Wirtschaftswissenschaften als Teilgebiet der Sozialwissenschaften verstanden werden, zum anderen ist es möglich, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften auf einer Ebene beizuordnen. Beiden Diszipli-nen gemeinsam ist der Blick auf den Menschen als soziales Phänomen und die institutionellen und organisatorischen Voraussetzungen für menschliches Handeln und Zusammenleben in Gemeinschaf-ten und GesellschafGemeinschaf-ten. Die Zuordnung zwischen Sozial- und WirtschaftswissenschafGemeinschaf-ten liegt letzt-lich im Auge des Betrachters: fasst man den Begriff der Sozialwissenschaften sehr weit, so sind ne-ben Soziologie, Politologie und Psychologie auch die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften hinzu-zuzählen, da sie auf menschlichem Handeln und Zusammenleben und somit auf einem sozialen Phä-nomen beruhen; fasst man den Begriff der Sozialwissenschaften eng, so treten die Wirtschaftswis-senschaften an ihre Seite, da sie menschliches Handeln weniger in sozialer als in ökonomischer Hin-sicht untersuchen. Die Wirtschaftswissenschaften selbst folgen in den letzten Jahren zumeist der Re-gel der letzteren Zuordnung und verstehen sich als eigenständige Disziplin und interdisziplinärer Kooperationspartner der Sozialwissenschaften. Vgl. auch ALBACH,H., Wirtschaftswissenschaften, in: Gabler 4, 3386-3389, 3386f; WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 45-47.

270 Die Namensverwendung zwischen Betriebswirtschafts-, Management- oder Führungslehre ist unein-heitlich, die Begriffe werden in der Wissenschaft zumeist gleichberechtigt verwendet; Management bzw. Managementlehre kann je nach Einteilung der Teilfächer der Betriebswirtschaft jedoch auch ei-ne Unterdisziplin kennzeichei-nen. Inei-nerhalb der Wirtschaftswissenschaften sind die Unterschiede hierbei groß und „Betriebswirtschaft“ wie „Management“ im Extremfall schillernde Begriffe.

Die Finanzwissenschaft als Lehre vom öffentlichen Haushalt wird traditionell der Volkswirtschafts-lehre zuordnet. Vgl. WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 10.

271 „Das Erfahrungsobjekt kennzeichnet den wahrnehmbaren Realitätsausschnitt, der den Hintergrund bzw. Ausgangspunkt des Erkenntnisstrebens darstellt, bzw. innerhalb dessen sich die Erkenntnisob-jekte manifestieren.“ SCHMALEN,H./PECHTL,H.,Grundlagen und Probleme der Betriebswirtschaft, Stuttgart 132006, 1; vgl. zum Thema Erfahrungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre auch TÖPFER, Be-triebswirtschaftslehre, 7-10.

272 Ebd.

sum-, Investitionsgüter oder Dienstleistungen an, die sie gegen einen Preis privaten Haushalten (Konsumenten) für ihre Konsumzwecke oder anderen Unternehm(ung)en für deren Produktionsprozesse überlassen. Auf dem „Arbeitsmarkt“ stellen private Haushalte (Arbeitnehmer) ihre Arbeitskraft gegen Lohn zur Verfügung. Diesen Produk-tionsfaktor „Arbeit“ benötigen wiederum Unternehm(ung)en, d.h. Arbeitgeber zur Durchführung ihrer Produktionsprozesse. Auf dem „Kapitalmarkt“ offerieren Investo-ren (Kapitalgeber) andeInvesto-ren Haushalten und Betrieben (Kapitalnehmern) „Geld“ (Kapi-tal), wobei sie als Gegenleistung Zinsen sowie die Rückzahlung des Kapitals einfordern.

Volks- und Betriebswirtschaftslehre beschäftigen sich also beide mit der Aufgabe der

„restlosen Erfassung und Erklärung des gesellschaftlichen Teilbereichs ,Wirtschaft‘, d.h. des Komplexes menschlicher Handlungen, Verhaltensweisen und Institutionen, die auf die Unterhaltsfürsorge gerichtet sind.“273

Das Erfahrungsobjekt der Volks- und Betriebswirtschaftslehre ist identisch, nämlich der

„Markt“, doch unterscheiden sich beide Disziplinen in ihrem jeweiligen Erkenntnisob-jekt und nehmen dabei eine Art Arbeitsteilung vor: Die Volkswirtschaftslehre unter-sucht in „makroökonomischer“ Perspektive Wirtschaftssysteme und -ordnungen, ge-samtwirtschaftliche Probleme, Markt und Wettbewerb und die ökonomische Bedeutung der Staatstätigkeit. Die später entstandene Betriebswirtschaftslehre274 beschäftigt sich mit den „mikroökonomischen“ Aktivitäten in einzelnen Betrieben.275 Auf anschauliche Weise lässt sich diese Arbeitsteilung mit einem Vergleich verdeutlichen: Der Blickwin-kel der Volkswirtschaftslehre ähnelt einer „Vogelperspektive“, aus der heraus eine Ge-samtwirtschaft mit all ihren Innen- und Außenbeziehungen in den Blick genommen

273 WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 10. Vgl. ALBACH,Wirtschaftswissenschaften, 3386f.

274 Die Betriebswirtschaftslehre ist eine relativ junge Wissenschaftsdisziplin und kaum älter als 100 Jahre. Zwar finden sich erste Buchhaltungsbelege zum kaufmännischen Rechnen bereits als Tonta-feln in den Hochkulturen des Alten Orients um 3000 v.Chr. und lassen sich seit dieser Zeit immer wieder verschiedene kaufmännische Informationen und Kennzahlen zu technischen und wirtschaftli-chen Projekten nachweisen (z.B. auch „Oikonomikos“, die landwirtschaftliche Betriebslehre Xeno-phons oder Aristoteles Lehre vom Wissenschaftsbetrieb, Ähnliches auch bei Sokrates, Platon und Epikur). Vom 12. Jahrhundert an steigt die Ausdehnung des Schriftverkehrs im Bereich des Rech-nungswesens bis hin zum Meilenstein der systematischen Darstellung der sog. doppelten Buchfüh-rung“ durch Luca Pacioli im 15./16. Jahrhundert. Als Lehre und wissenschaftliche Disziplin etablier-te sich die Betriebswirtschaft – wie die Wirtschaftswissenschafetablier-ten an sich – zunächst durch die Gründung von Handels-Hochschulen (1898: erste Handels-Hochschulen in Aachen, Leipzig, St. Gal-len, Wien; 1908: Gründung der Harvard Business School) und in den folgenden Jahren durch syste-matische Ausdifferenzierung in verschiedene Ansätze und Teilfächer. Von der bereits etablierten Volkswirtschaftslehre (Nationalökonomie) wurde die etwas jüngere Betriebswirtschaftslehre als Re-chen- und Kunstlehre geringgeschätzt und es dauerte bis in die 1920er Jahre, dass sich die Betriebs-wirtschaftslehre als eigenständige Disziplin eine gewisse Reputation erwarb. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konzentrierte sie sich vor allem auf die Etablierung innerhalb des Fachbereichs der Wirtschaftswissenschaften, was im engen Schulterschluss mit der Volkswirtschaftslehre zumindest bei einem Teil der ursprünglichen Handelshochschulen zur Integration in die Universitäten als wirt-schaftswissenschaftliche Fakultäten führte. In den 1950er Jahren, flankiert vom deutschen wie welt-weiten Wirtschaftswachstum, begann schließlich der rasante Aufstieg der Betriebswirtschaftslehre zu einer an den Universitäten überaus populären Disziplin. Vgl. SCHWEITZER,M.,Einleitung: Grundfra-gen, in: ABWL1,1-22,1-5; THOMMEN,Betriebswirtschaftslehre, 440f; WÖHE/DÖRING, Betriebs-wirtschaftslehre, 21-23; TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 21-23.

275 Vgl. WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 4.

wird, während die Betriebswirtschaftslehre das wirtschaftliche Geschehen in einer Ge-sellschaft eher aus einer „Froschperspektive“ analysiert.276

Die Betriebswirtschaftslehre nimmt Betriebe in den Blick; dies klingt logisch, doch was ist damit konkret gemeint? Umgangssprachlich werden die Begriffe „Betrieb“ und „Un-ternehmen“ bzw. „Unternehmung“ synonym gebraucht. Die Betriebswirtschaftslehre hingegen differenziert: Betriebe sind „planvoll organisierte Wirtschaftseinheiten, in denen Sachgüter und/oder Dienstleistungen hergestellt und abgesetzt werden.“277 „Un-ternehmen“ bzw. „Unternehmungen“278 sind marktwirtschaftlich orientierte Betriebe, also eine Untereinheit der Betriebe, und durch folgende Merkmale gekennzeichnet: sie ruhen prinzipiell auf den drei Säulen des Autonomieprinzips, des erwerbswirtschaftli-chen Prinzips und des Privateigentumsprinzips.279 Neben den Unternehmen bzw. als eine Art Gegenüber zu den gewinnorientierten Unternehmen kennt die Betriebswirt-schaft „gemeinnützige“ oder „öffentliche Betriebe“.280 Gemeinnützige Betriebe, sog.

276 Vgl. TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 15. Vgl. hierzu auch KOSIOL,der von einer mikroskopischen Betrachtungsweise der Betriebswirtschaftslehre und von einer makroskopischen der Volkswirt-schaftslehre spricht (KOSIOL,E.,Erkenntnisgegenstand und methodologischer Standort der Betriebs-wirtschaftslehre, in: ZfB 31 [1961], 129-136, 134).

277 Ebd., 79. Vgl. DAUTZENBERG,N./VOIGT,K.-I.,Betrieb, in: Gabler 1, 404f, 404.

278 Ein „Unternehmen“ bzw. eine „Unternehmung“ bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch ein zielorientiertes – möglicherweise auch Gefahren ausgesetztes – Handeln. Die Wirtschafts-, Sozial- und Rechtswissenschaften fassen diese Begriffe wesentlich enger im Sinn eines bestimmten wirt-schaftlichen Gebildes oder Funktionszusammenhangs. Vgl. ENDERLE,G.,Unternehmen, in: LWE, 1093-1100, 1093f. In der vorliegenden Arbeit werden die beiden Termini „Unternehmen“ und „Un-ternehmung“ im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang synonym verwendet. Vgl. z.B. auch O.A., Unternehmen, in: Gabler 4, 3035f.

279 Nach dem Autonomieprinzip ist der Eigentümer des Unternehmens in seinen betrieblichen Entschei-dungen (z.B. Preise, Produkte, Wahl der Mitarbeiter oder Kapitalgeber, Vertrags-Abschlüsse) wei-testgehend frei und keiner (staatlichen) Lenkungsbehörde unterworfen. Das erwerbswirtschaftliche Prinzip meint das unternehmerische Bestreben, durch Produktion und Absatz (Vermarktung) von Gütern Gewinne zu erzielen (Gewinnstreben, Gewinnmaximierung). Das Prinzip des Privateigen-tums spricht die Verfügungsrechte an den Produktionsmitteln und am Gewinn den Eigentümern eines Unternehmens zu. Vgl. SCHMALEN/PECHTL,Betriebswirtschaft, 2.

280 „Unter einem Betrieb verstehen nicht alle Betriebswirte eine ökonomische, technische, soziale und umweltbezogene Einheit mit der Aufgabe der Bedarfsdeckung, selbständigen Entscheidungen und eigenen Risiken. Die Definitionsversuche sind vielmehr nicht nur zahlreich, sondern zu großen Teilen auch in ihren Merkmalen verschieden. Dies liegt daran, dass der reale Betrieb eine komplexe kulturelle Erscheinung ist, die Gegenstand einer ganzen Reihe von Wissenschaften sein kann. Je nachdem unter welchem betriebswirtschaftlichen Aspekt man sich diesem Realgebilde nähert, kann die Definition durchaus verschieden ausfallen. Dabei wäre zu erwarten, dass zumindest die Be-triebswirte unter sehr verwandten Blickwinkeln zu ähnlichen Betriebsbegriffen kommen müssten.

Dies trifft jedoch nur in einem sehr begrenzten Umfange zu.“ SCHWEITZER,M.,Gegenstand und Me-thoden der Betriebswirtschaftslehre, in: ABWL 1, 23-82, 38f.

Je nach Perspektive lassen sich verschiedene Betriebsauffassungen unterscheiden: eine soziologi-sche, die den Betrieb als soziale (Gruppen-)Einheit betrachtet; eine technisoziologi-sche, die die maschinelle Ausstattung der Wirtschaftseinheit in den Vordergrund rückt; eine rechtliche, die Haushalte und Dienststellen der öffentlichen Verwaltung vom öffentlichen Betriebsbegriff ausklammert; eine wirt-schaftliche, die den Betrieb vordergründig ökonomisch, jedoch auch in Verbindung mit technischen, sozialen, ökologischen oder medizinischen sieht. Auch im Rahmen des hier vorrangig angewendeten ökonomischen Betriebsbegriffs differieren die Bezeichnungen und Kategorisierungen. Betriebe las-sen sich dann z.B. auch einteilen in „Unternehmen“ (als Betriebe der Fremdbedarfsdeckung) und

„Haushalte“ (als Betriebe der Eigenbedarfsdeckung). Die weitere Untergliederung setzt sich dann fort in private und öffentliche Unternehmen (jeweils nochmals untergliedert in Sachleistungs- und Dienstleistungsunternehmen) und in private Haushalte (ursprüngliche und abgeleitete) und öffentli-che Haushalte (Körperschaften, Anstalten, Öffentlich-rechtliöffentli-che Stiftungen). Vgl. ebd., 29-33.

„Nonprofit-Organisationen“,281 verfolgen aufgrund ihrer Satzung oder externer Aufla-gen keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern andere Ziele; sie streben beiläufig ledig-lich eine langfristige Deckung ihrer Kosten an: der erzielte Umsatz aus dem Absatz ihrer Leistungen sollte die Betriebskosten abdecken. Auch „öffentliche Betriebe“ agie-ren in der Regel nicht vordergründig nach dem Gewinnprinzip, sondern handeln im öffentlichen Interesse bzw. im Auftrag der „öffentlichen Hand“, also des Staates, nach dem Kostendeckungsprinzip (z.B. städtische oder kommunale Versorgungsbetriebe) oder nach dem Zuschussprinzip (Museum, Theater, Sozialeinrichtungen).282

Die relativ neue betriebswirtschaftliche Unterteilung in marktwirtschaftliche, d.h. ge-winnorientierte und nicht-gege-winnorientierte Betriebe zeigt, dass das viel beschworene – und in anderen Kontexten oftmals negativ beurteilte – „ökonomische Prinzip“ der Be-triebswirtschaftslehre nicht mehr länger nur als Gewinnmaximierung bzw. als Maxi-malprinzip (im Sinn von Ertragsmaximierung) oder MiniMaxi-malprinzip (im Sinn von Ein-satzminimierung) verstanden werden kann. Als Konkretisierung des allgemeinen Ver-nunftprinzips (Rationalprinzip) steht das ökonomische Prinzip gerade auch für optimale, d.h. bestmögliche Zielerreichung und schließt materiellen wie immateriellen „Gewinn“

ein. 283

Erfahrungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist der Markt, Erkenntnisobjekt sind alle Arten von Betrieben, worin liegt nun das Ziel dieser Wissenschaftsdisziplin? Zentrales

281 Vgl. zur Typisierung von Nonprofit-Organisationen ausführlicher den folgenden Abschnitt 1.2.2 Kirche als Nonprofit-Organisation in dieser Arbeit.

282 Vgl. DAUTZENBERG/VOIGT,Betrieb, 404f; TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 9 u. 24; WÖHE/DÖRING, Betriebswirtschaftslehre, 2 u. 35-37; THOMMEN/ACHLEITNER,Betriebswirtschaftslehre, 37f.

283 Vgl. zum ökonomischen Prinzip als Rationalprinzip WÖHE/DÖRING, Betriebswirtschaftslehre, 1f;

TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 26-29. Gewinnmaximierung galt lange Zeit als das Identitätsprin-zip der Betriebswirtschaftslehre, wurde in den letzten Jahren jedoch zunehmend in Frage gestellt.

„Die Kritik an der Gewinnmaximierung als Identitätsprinzip setzte daran an, dass sich die Betriebs-wirtschaftslehre auf diese Weise einseitig den Interessen der Unternehmer zuwende. […] Auch […]

war aber festzustellen, dass die Gewinnmaximierung in dieser Ausschließlichkeit nicht als praktische Zielsetzung vorherrschte. Die Zielkonzeption von Betrieben/Unternehmen umfasst i.d.R. eine ganze Reihe von Einzelzielen […], und dabei steht die Maximierung des Gewinns nicht immer an vorders-ter Stelle“ (ebd., 27). Vgl. zur Kritik am Prinzip der Gewinnmaximierung auch WÖHE/DÖRING, Be-triebswirtschaftslehre, 18f.

In neuerer Zeit rückt das (grundlegendere) ökonomische Prinzip im Sinn ökonomisch rationalen Handelns und zugleich ökologisch verantwortungsvollen Handelns und Verhaltens von Menschen bzw. Wirtschaftssubjekten in den Fokus. Was in diesem Zusammenhang in der Betriebswirtschafts-lehre als „Unternehmensethik“ bezeichnet und eingefordert wird, ist in der (Moral-)Theologie seit längerem als „Verantwortungsethik“ oder spezielle „Wirtschaftsethik“ bekannt. Im Zuge der Neuori-entierung bzw. -ausrichtung des betriebswirtschaftlichen Ökonomieprinzips sind diese Erkenntnisse auch in der Betriebswirtschaft nicht mehr länger nur Randerscheinungen – und werden als letztes Kapitel oder Anhängsel in ökonomischen Lehrbüchern abgehandelt –, sondern nehmen prominentere Positionen ein. Vgl. z.B. die explizite Leitfrage „Wie passen Betriebswirtschaftslehre und Unterneh-mensethik zusammen?“ auf S. 1 (!) sowie den Abschnitt „1.5 UnternehUnterneh-mensethik“ im Einleitungska-pitel bei PÖSCHL/PECHTL,Betriebswirtschaftslehre, 1 u. 12-15. „Unternehmensethik“ ist z.B. – im-merhin – letztes Kapitel (11.5) im Lehrbuch von THÖMMEN/ACHLEITNER,Betriebswirtschaftslehre, 1043-1057. Im renommierten Standardwerk von WÖHE bzw. WÖHE/DÖRING (aktuell in 23. Auflage) finden sich (noch) keinerlei Hinweise auf Unternehmens- oder (Wirtschafts-)Ethik und diesbezügli-che Fragestellungen; auch die Einführung von TÖPFER erwähnt „Unternehmensethik“ nur an einer Stelle in Zusammenhang mit Unternehmensphilosophie und -kultur. Vgl. WÖHE/DÖRING, Betriebs-wirtschaftslehre; TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 108.

Forschungsziel ist „die Aufdeckung von Ursachen-Wirkungs-Beziehungen, und zwar aus dem eigenen Erkenntnisobjekt heraus sowie ggf. unter Einbeziehung und Nutzung von Forschungsergebnissen anderer Wissenschaftsdisziplinen.“284 Diesem allgemeinen Forschungsziel dienen die drei Erkenntnisziele: Betriebswirtschaftslehre arbeitet de-skriptiv, deklarativ und konstruktiv. Mit dem Ziel, die Realität, genauer den Realitäts-ausschnitt des Marktes, zu beschreiben, stehen die Wirtschaftswissenschaften nicht allein, denn die angrenzenden sozialwissenschaftlichen Disziplinen sind in der Lage die empirischen Phänomene von Markt- und Tauschbeziehungen zu analysieren; im Zuge ihrer Orientierung am Rationalitäts- und Gewinnprinzip beschreibt die Betriebswirt-schaft den Markt jedoch mit eigener fachspezifischer Terminologie und setzt so die Grundvoraussetzungen für die Anpeilung ihrer weiteren Ziele. In deklarativer Hinsicht hat sie das Ziel, gesetzmäßige Aussagen – im Sinn von Wenn-dann- bzw. Ursache-Wirkungs-Beziehungen – über betriebliche Sachverhalte zu treffen. Hier können sich allerdings Probleme betriebswirtschaftlicher Theoriebildung zeigen, da – anders als etwa in der Physik oder Mathematik – „Naturgesetze“ fehlen und eine allgemeine Theo-riebildung aufgrund der Vielfalt betrieblicher Phänomene nahezu unmöglich ist. Am Ende und Höhepunkt des Erkenntnisprozesses der Betriebswirtschaftslehre steht das Gestaltungsziel: Die Fachdisziplin der Betriebswirtschaft will Handlungsempfehlungen im Hinblick auf vorgegebene Ziele formulieren. Da dies vor allem die Optimierung betrieblicher Prozesse und Entscheidungsprobleme betrifft, wird dieses Vorgehen als

„entscheidungsorientierter Ansatz“ bezeichnet.285 Handlungsempfehlungen lassen sich zum einen durch Beobachtung und Erfahrung gewinnen – dies ist der typische Ansatz, den Unternehmensberatungen verfolgen. Ein zweiter Ansatz ist die Anwendung von betriebswirtschaftlichen Theorien: aufgrund des Ursache-Wirkungs-Prinzips einer The-orie lässt sich bestimmen, welche Entscheidung unter bestimmten Rahmenbedingungen

284 WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 39.

285 Kurz gefasst ließe sich auch formulieren: „Wirtschaften ist Wählen. Immer wieder sind Auswahlent-scheidungen darüber zu treffen, wie die begrenzten Ressourcen, die knappen Mittel bzw. vorhande-nen Güter in möglichst ertragreiche und z.B. auch umweltschovorhande-nende Verwendungen gelenkt werden können.“ TÖPFER,Betriebswirtschaftslehre, 55. Vgl. zum entscheidungsorientierten Ansatz der Be-triebswirtschaftslehre auch WÖHE/DÖRING,Betriebswirtschaftslehre, 25f u. 42-44.

Für die ganze Betriebswirtschaftslehre – nicht nur für ihre Erkenntnisprozesse – gilt: Der entschei-dungstheoretische Ansatz ist nur einer von vielen Ansätzen und Paradigmen, die sich zum Teil er-gänzen, zum Teil aber auch widersprechen. So gibt es alternierend auch den systemorientierten An-satz (Unternehmen als System aus Subsystemen), den situativen AnAn-satz (Berücksichtigung von Außen-Einflüssen auf das Unternehmen), den verhaltensorientierten Ansatz (allgemeine Verhaltens-theorien als Erklärungsmuster für ökonomische Abläufe), institutionenökonomische Ansätze (Unter-nehmens- und Organisationsform im Vordergrund) oder der systemisch-konstruktive Ansatz (Kom-bination systemtheoretischer und ökonomischer Erkenntnisse). Lag der betriebswirtschaftlichen Theoriebildung in den Anfangsjahren dieser Disziplin allein „klassisches“ ökonomisch-rationales Denken (Unternehmen als „homo oeconomicus“ mit Maxime der Gewinnerzielung) zugrunde, so tre-ten in den letztre-ten Jahr(zehnt)en systemisch-evolutorische Denkweisen (Eigendynamik des Prozess-geschehens, so dass dieses nur beschränkt steuerbar, wohl aber mit Impulsen ausstattbar ist) in den Vordergrund. Vgl. THOMMEN,Betriebswirtschaftslehre, 441; WÖHE/DÖRING, Betriebswirtschaftsleh-re, 23-32.

eine bestimmte Wirkung ergibt bzw. welche Wirkung welche Handlungen erfordert.286 Zur Erreichung dieser Erkenntnisziele greift die Betriebswirtschaftslehre auf unter-schiedliche Methoden zurück, die sie zum Teil auch aus anderen Disziplinen für ihre eigenen Zwecke adaptiert, so zum Beispiel in den Anwendungsbereichen der Wirt-schaftsmathematik, -statistik, -informatik oder der (sozialwissenschaftlich-soziologi-schen) Systemtheorie.

Als Lehr- und Forschungsgebiet kann die Betriebswirtschaftslehre nach funktionalen, genetischen, institutionellen oder problemorientierten Aspekten gegliedert werden.

Tatsächlich kommen alle diese – durchaus divergierenden – Systematiken nicht nur in der Theorie, sondern gerade in der Forschung und Praxis und konkreten Einteilung der

Tatsächlich kommen alle diese – durchaus divergierenden – Systematiken nicht nur in der Theorie, sondern gerade in der Forschung und Praxis und konkreten Einteilung der