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1.2 Kirche als eindimensionale Wirklichkeit aus betriebs- betriebs-wirtschaftlicher Sicht betriebs-wirtschaftlicher Sicht

1.2.2 Kirche als Nonprofit-Organisation

„Nonprofit-Organisation“, „Not-for-Profit-Organisation”, „Nonbusiness-Organisation“

– diese drei Komposita definieren sich über eine negative Abgrenzung: Nonprofit-Organisationen (NPO) sind Nonprofit-Organisationen, die nicht auf Gewinn ausgerichtet sind.

„Sie verkaufen in der Regel nicht individuell nutzbare Güter und/oder Dienstleistungen gegen mindestens kostendeckende Preise.“351 Unter diese Negativ-Abgrenzung gegen-über dem gewinnorientierten Unternehmen fallen öffentliche Verwaltungen, öffentliche Unternehmen und die privaten NPO, die NPO im eigentlichen Sinn sind. Zu den priva-ten NPO zählt die neuere Betriebswirtschaftslehre Vereine, Verbände, Stiftun Wohlfahrtsorganisationen, Clubs, Parteien und unter anderem auch die Kirchen.352 Die Bezeichnung „Nonprofit-Organisation“ weist genau genommen zwei Unterschei-dungen in Abgrenzung zu den Unternehmen auf: Neben dem Hinweis auf die nicht vorhandene Gewinnerzielungsabsicht grenzt sich auch der Terminus „Organisation“

gegen ein gewinnorientiertes Unternehmen ab. Die Nonprofit-Organisation ist ein kom-plexes Gebilde, das aufgrund seines besonderen Auftrags und seiner individuellen Aus-richtung nicht den „üblichen“ marktwirtschaftlich strukturierten Einheiten folgt. In der Betriebswirtschaftslehre der NPO gibt es eine viel diskutierte Frage: Warum werden alle diese „Organisationen“ mit dem Etikett „Nonprofit“ versehen? Die negative

HELMIG,B.,Nonprofit-Organisation, in: Gabler 3, 2175. Vgl. MAYRHOFER,W./SCHEUCH,F., Zwi-schen Nützlichkeit und Gewinn. Nonprofit Organisationen aus betriebswirtschaftlicher Sicht, in:

BADELT,CH./MEYER,M./SIMSA,R.(Hrsg.), H

351

andbuch der Nonprofit Organisation. Strukturen und

352

ern 22003, 49f; SCHWARZ,P.,Management-Brevier für Nonprofit-Organisationen,

353

sg.), Handbuch der Nonprofit Organisation. Strukturen und Management, Management, Stuttgart 42007, 81-97, 81-83.

Vgl. die Nennung von Kirche im Rahmen von Auflistungen beispielhafter NPOs z.B. bei HELMIG, Nonprofit-Organisation, 2175; PURTSCHERT, Marketing für Verbände und weitere Nonprofit-Organisationen, B

Bern 22001, 15.

Die Bezeichnung NPO hat sich erst in den 1970er Jahren etabliert, das NPO-Management ist also ein relativ junger Bereich der Wirtschaftswissenschaften und in Entwicklung. Der Begriff wird wegen seines negativ-abgrenzenden Charakters immer wieder in Frage gestellt und es werden Alternativen angedacht, wie etwa „Social Profit Organisation“, „Zivilgesellschaftliche Organisation“ oder „Frei-willigenorganisation“. Vgl. BADELT, CH./MEYER, M./SIMSA, R., Die Wiener Schule der NPO-Forschung, in: DIES.(Hr

Stuttgart 42007, 1-16, 4.

Bislang sind NPO kein wesentlicher Bestandteil der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Diskussi-on, obwohl sie grundsätzlich als Produzentinnen von offen zugänglichen, sozialen und wertschöp-fenden Leistungen erkannt werden. Da sich die meisten Grundlagen- und Einführungswerke der

Be-Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie nicht Profit-Unternehmen bzw. solche Betriebe sind, deren Sinn und Zweck ein erwerbswirtschaftlicher ist: Unternehmen werden gegründet und geführt, um ihren Eigentümern bzw. Kapitalgebern Einkommen (Gewinn, Profit, Unternehmerrente) zu verschaffen. Diesen Zweck erfüllen sie dadurch, dass sie Güter und Leistungen produzieren und diese auf Märkten, meist unter Konkurrenzbedingun-gen, gegen Preise verkaufen, in denen grundsätzlich eine Gewinn- (Profit-)Marge einkalkuliert ist. Nicht so die Nonprofit- oder nicht-erwerbswirt-schaftlichen Organisationen. Deren Zweck bzw. Sinn liegt darin, spezifische Bedürfnis-se bestimmter PersonenkreiBedürfnis-se zu befriedigen. Man nennt sie deshalb auch – im Gegen-satz zum erwerbswirtschaftlichen Unternehmen – bedarfswirtschaftliche Organisatio-nen. In Begriffen der Betriebswirtschaftslehre ausgedrückt: Ein Unternehmen ist eine Profit-Organisation mit sog. „Formalziel-Dominanz“, d.h. Formalziel ist der Gewinn.

Eine Bedarfswirtschaft ist eine Nonprofit-Organisation mit „Sachziel-Dominanz“, d.h.

Sachziel ist die Bedürfnisdeckung oder -befriedigung.354

NPOs haben ihre Entstehung meistens einem Bedürfnis zu verdanken, das weder durch den Staat noch durch den Markt befriedigt werden konnte. Deshalb werden sie in der Betriebswirtschaft auch Organisationen des sog. „Dritten Sektors“ genannt, denn sie befinden sich neben bzw. zwischen den idealtypischen „Polen“ Markt und Staat.355 Sie

triebswirtschaftslehre vorrangig mit der Betriebsform der Unternehmen auseinandersetzen, werden NPO darin oftmals nicht oder nur sehr kurz thematisiert (vgl. zu NPO als Thema in betriebswirt-schaftlichen Lehrbüchern die Zusammenstellung bei MAYRHOFER/SCHEUCH,Zwischen Nützlichkeit und Gewinn, 84-86). Die NPO-Forschung in Europa steckt noch in den „Kinderschuhen“, was ange-sichts der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung des Nonprofit-Sektors in den letzten Jahren etwas verwundert. Mit steigender Auseinandersetzung und Infragestellung des ökonomischen Prinzips der Gewinnmaximierung nimmt in der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre auch die Beschäftigung mit der NPO-Thematik allmählich zu. Unabhängig von der allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grund-lagendiskussion bemüht sich die spezielle NPO-Forschung verstärkt darum, „den – durch große He-terogenität und Vielfalt der ihn determinierenden Organisationseinheiten gekennzeichneten – NPO-Sektor definitorisch ein- und gegen andere NPO-Sektoren abzugrenzen und die terminologische und sektoral-spezifische Basis des NPO-Managements zu legen.“ HELMIG, B.,NPO-Management, in:

Gaber 3, 2186-2188, 2187.

354 Während in der Betriebswirtschaftslehre als Managementtheorie die Parallelität und Abgrenzung der Nonprofit- zur Profit-Organisation wichtig ist, zieht die Volkswirtschaftslehre und Politologie den Trennstrich eher gegenüber der Öffentlichen Verwaltung und spricht von Non-Government-Organisationen (NGO). Die Bezeichnung ist aktuell noch weniger gebräuchlich und wird vor allem auf NPO in Entwicklungsländern, aber auch auf politisch aktive humanitäre oder ökologische Orga-nisationen, wie z.B. Greenpeace, World Wildlife Fund (WWF), Ärzte ohne Grenzen und andere an-gewendet.

355 Vgl. HELMIG,B.,Nonprofit-Sektor, in: Gabler 3, 2175f. CH.BADELT und Kollegen weisen darauf hin, dass der Begriff „Nonprofit-Organisation“ ein spezifisches angelsächsisches Phänomen wider-spiegelt, „das für Europa nur bedingt gültig ist: In der amerikanischen Gesellschaft sind NPO in viel stärkerem Ausmaß eine Alternative und ein Widerpart zum gewinnorientierten Unternehmenssektor als dies in Europa der Fall ist. Das Wort Nonprofit bringt diese Abgrenzung gegenüber den gewinn-orientierten Unternehmen zum Ausdruck, während es in Europa viel öfter darauf ankommt, NPO primär als nicht-staatliche Unternehmen zu begreifen. Der dieses Faktum bezeichnende Ausdruck der ,Nicht-Regierungsorganisation‘ (,Nongovernmental Organization‘, ,NGO‘) ist im Vorfeld großer internationaler Konferenzen bzw. internationaler Organisationen [...] bereits üblich geworden [...], trägt jedoch den Keim anderer Missverständnisse in sich: Wörtlich genommen, müssten nämlich NGOs sowohl gewinnorientierte als auch nicht auf Gewinn orientierte Organisationen umfassen, so-lange sie nur nicht staatlich sind. Dies ist aber in der Praxis natürlich nicht intendiert.“

BADELT/MEYER/SIMSA,Wiener Schule der NPO-Forschung, 5.

unterscheiden sich in ihrer Struktur in wesentlichen Punkten von privaten und öffentli-chen Unternehmen:356

1. Sachziele stehen über den Formalziehen, d.h. die Leistungserstellung – und nicht die Gewinnerzielung – steht im Vordergrund des Organisationszweckes. Dieses Kriterium ist derart wesentlich, dass es im Begriff NPO selbst enthalten ist. CH. BADELT weist zu Recht darauf hin, dass der Begriff „nonprofit“ eigentlich für

„not for profit“ steht, jedoch fälschlicherweise zu „no profit“ umgedeutet wird.357 In diesem Zusammenhang ist auf das häufig begegnende Missverständ-nis aufmerksam zu machen, NPO dürfen keine Gewinne erzielen: NPO „dürfen“

auch Gewinne – oder besser: Überschüsse – erzielen, müssen dies sogar, um In-vestitionen etc. für die Zukunft tätigen zu können, doch die Gewinnerzielung ist nur Mittel zum Zweck, d.h. Mittel, um Ziele der Organisation zu erfüllen. Das Kriterium „nonprofit“, d.h. dass Gewinnerzielung nicht Primärzweck ist, trifft an sich auch für staatliche Organisationen zu, weshalb die spezifischen Organisati-onen des Dritten Sektors als „private NPO“ bezeichnet werden. Der Auftrag ei-ner NPO ist von ihr selbst, z.B. durch ihre Mitglieder, durch einen Stiftungsrat o.Ä., bestimmt oder wird ihr vom Staat übertragen. Die Mission ist aus der Sicht der Träger der NPO zu erfüllen und entspricht nicht immer den Bedürfnissen und Wünschen der anvisierten Zielgruppe.358 Viele Wohlfahrtsorganisationen geben Leistungen an Dritte ab, im Sinne von Hilfe, Unterstützung oder Förde-rung aufgrund eines ethisch-begründeten Auftrags.

2. NPO befinden sich im „Kollektiveigentum“ ihrer Träger, es findet keine Ge-winnausschüttung statt.359

3. Zum Großteil sind NPO mitgliedschaftlich, demokratisch strukturierte Sozial-systeme, die durch mehr oder weniger komplexe Mitbestimmungsprozesse ge-steuert werden.

4. Die Ehrenamtlichkeit der Mandatsträger bzw. der hohe Grad an Ehrenamtlich-keit in NPO ist ein weiteres typisches Wesensmerkmal dieser Organisationen.

Ehrenamtlichkeit kann dabei auf zwei Ebenen existieren: bei Mitgliedern oder berufenen Personen, die zum einen in den obersten Führungsorganen mitwirken, zum anderen bei freiwilligen Helfern, die aktiv auszuführende Tätigkeiten über-nehmen.

5. Vorherrschende, aber nicht alleingültige Rechtsformen sind der eingetragene oder nicht eingetragene Verein, die Genossenschaft oder die Stiftung.360

356 Zur folgenden Aufstellung siehe SCHWARZ, Management-Brevier, 14f; DERS./PURTSCHERT, R./

GIROUD,CH.u.a.(Hrsg.), Das Freiburger Management-Modell für Nonprofit-Organisationen (NPO), Bern 62009, 19f.

357 BADELT/MEYER/SIMSA,Wiener Schule der NPO-Forschung, 5.

358 So stellt z.B. eine Kampagne einer gesundheitsfördernden NPO oder Krankenkasse gegen das Rau-chen meistens kein Bedürfnis für Raucher dar.

359 Bei Genossenschaften gibt es in begrenztem Maß Ausnahmen von diesem Prinzip.

6. Der Zusammenschluss von Gruppen und Organisationen zu einer NPO erfolgt in der Regel freiwillig.361 Das Prinzip der Freiwilligkeit ist eng verbunden mit dem Prinzip der Ehrenamtlichkeit (Nr. 4), sodass beide Prinzipien als die wichtigsten Ressourcen einer NPO gelten.362

Ist Kirche demnach eine NPO? – Tatsächlich besteht im Rahmen betriebswirtschaftli-cher Fachliteratur eine weitestgehende Einheit über die grundsätzliche Klassifikation der Kirche als NPO.363 Analysiert man die genannten Eckpunkte einer NPO im Hin-blick auf ihre Relevanz für die katholische Kirche, so erhält man folgendes Ergebnis.

1. Die Kirche ist an einem Ziel ausgerichtet: Sie soll Zeichen und Werkzeug,

Heilssakrament in der Welt für das Reich Gottes sein. „Dass es sich dabei um ein vorgegebenes und nicht um ein ausgehandeltes Oberziel handelt, ändert nichts an der grundsätzlichen Zielgerichtetheit der Kirche“,364 urteilt M.MERTES

treffend. Auch wenn die Terminologie des „Ziels“ für kirchlichen Sprachge-brauch eher unüblich ist, gibt es doch einige Autoren, die den theologischen Sendungsauftrag der Kirche explizit als Zielsetzung benennen. Als einer der ers-ten hat P.M. ZULEHNER in den 1980er Jahren die Zielausrichtung der katholi-schen Kirche so präzisiert: „Das Primärziel kirchlicher Praxis ist der von Jesus her überlieferte Auftrag.“365

2. Den Aspekt der Gewinnausschüttung bzw. „Überschussverwendungsbeschrän-kung“ als Charakteristikum der NPO Kirche hat ebenfalls MERTES als erster ein-gehend untersucht und herausgestellt, dass die Haushaltsaufstellungen der katho-lischen Kirche in Deutschland bzw. der Diözesen als Körperschaft(en) des öf-fentlichen Rechts nur solche Ausgaben enthalten dürfen, die zur Aufgabenerfül-lung erforderlich sind. Die Ausschüttung von Überschüssen an die Mitglieder zählt nicht zu den Aufgaben der Kirche und ist nicht vorgesehen. Weiter kommt MERTES zum Urteil, dass das kirchliche Gesetzbuch zwar kein ausdrückliches Verbot der Ausschüttung von Überschüssen, wohl aber eine Festlegung der Verwendung überschüssiger Finanzmittel für andere Zwecke vorsieht (cc. 1284f CIC/1983).366

360 PURTSCHERT weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich in neuerer Zeit Sportvereine aus diesem Grund die Rechts- und Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft wählen, da sie im eigentli-chen Sinn erwerbswirtschaftliche Organisationen sind. DERS.,Marketing für Verbände, 45.

361 In Deutschland, Österreich und zahlreichen anderen europäischen Ländern bestehen daneben auch Zwangsverbände, wie die Kammern der Wirtschaft und der freien Berufe (z.B. Wirtschafts-, Arbei-ter-, Landwirtschafts-, Ärzte-, Anwaltskammer etc.).

362 Vgl. SIMSA,R.,NPOs und die Gesellschaft: eine vielschichtige und komplexe Beziehung. Soziologi-sche Perspektiven, in: BADELT,CH./MEYER,M./SIMSA,R.(Hrsg.), Handbuch der Nonprofit Organi-sation. Strukturen und Management, Stuttgart 42007, 120-140, 125f.

363 Vgl. z.B. HELMIG, Nonprofit-Organisation, 2175; PURTSCHERT, Marketing für Verbände, 49f;

SCHWARZ,Management-Brevier, 15; THOMMEN/ACHLEITNER,Betriebswirtschaftslehre, 64; MERTES, Controlling in der Kirche, 138-146.

364 Ebd., 141.

365 ZULEHNER,P.M.,Pastoraltheologie, Düsseldorf 1989, 33.

366 Vgl. MERTES,Controlling in der Kirche, 140.

Die für NPOs geforderte Tatsache des Kollektiveigentums ist im Rahmen der katholischen Kirche so umgesetzt, dass die Diözesen bzw. Pfarreien in Form von kirchlichen Stiftungen verantwortlich zeichnen für den Großteil der kirchlichen Gebäude und Besitztümer. Die Mitglieder sind zur Mitarbeit und Mitbestim-mung in diesen Stiftungen, z.B. über den Vermögensverwaltungsrat, aufgerufen.

3. Der Wirtschaftswissenschaftler MERTES urteilt auch hier treffend über das Krite-rium der mitgliedschaftlichen Struktur der NPO Kirche, dass es „zumindest in eingeschränkter Weise“ erfüllt ist: „Trotz der grundsätzlich hierarchisch gepräg-ten Führungsorganisation der katholischen Kirche können Elemente mitglied-schaftlicher Mitbestimmung und Führungsausübung identifiziert werden“,367 wie zum Beispiel im Pfarrgemeinde- und pfarrlichen Vermögensverwaltungsrat, im Diözesanpastoral- und Diözesankirchensteuerrat. „Eine mitgliedschaftliche Struktur ist somit zwar nicht in Reinform gegeben, kann aber für die Erfüllung des Kriteriums in ausreichender Weise unterstellt werden.“368 Das mit dem Mit-gliedschaftskriterium eng verbundene Komplexitätskriterium im Sinne wirt-schaftswissenschaftlich-systemtheoretischen Verständnisses weist die NPO Kir-che insofern auf, als eine umfassende und für Individuen nachvollziehbare Dar-stellung der Abläufe, d.h. sach- und zwischenmenschlicher Beziehungen, auf-grund der komplexen Organisation und ihrer Aufgaben und Ziele nicht möglich ist.

4. Die Ehrenamtlichkeit freiwilliger Helfer, genau genommen aller Mitglieder ist eine Grundbedingung für die Realisierung des Ziels, d.h. Sendungsauftrags der Kirche. Denn einmal sind alle Getauften zur „Ausübung der Sendung berufen, die Gott der Kirche zur Erfüllung in der Welt anvertraut hat“ (c.204 §1 CIC/1983), nach c.210 haben alle Gläubigen die Pflicht, „je nach ihrer eigenen Stellung ihre Kräfte einzusetzen, ein heiliges Leben zu führen sowie das Wachs-tum der Kirche und ihre ständige Heiligung zu fördern“ und nach c.211 sind alle Gläubigen verpflichtet und berechtigt, „dazu beizutragen, dass die göttliche Heilsbotschaft immer mehr zu allen Menschen aller Zeiten auf der ganzen Welt gelangt.“ Über den allgemeinen Auftrag zu Ehrenamtlichkeit hinaus, ist die Ein-bindung Ehrenamtlicher in die obersten Führungsorgane nur ansatzweise ver-wirklicht (z.B. auf Gemeinde-Ebene durch Mandat im Pfarrgemeinderat, jedoch ohne explizite Mitwirkungsmöglichkeit in der Leitung bzw. Mitbestimmung über die Leitung einer Pfarrei; ähnlich auf Diözesanebene durch Mandat in

Vgl. auch c.1284 CIC/1983: „§1. Alle Verwalter sind gehalten, ihr Amt mit der Sorgfalt eines Haus-vaters zu erfüllen. §2. Deshalb müssen sie […] n.6 das Geld, das nach Bestreitung der Ausgaben üb-rigbleibt und nutzbringend angelegt werden kann, mit Zustimmung des Ordinarius für Zwecke der juristischen Person anlegen […]“ sowie c.1285: „Nur innerhalb der Grenzen der ordentlichen Ver-waltung sind die Verwalter befugt, aus dem beweglichen Vermögen, das nicht zum Stammvermögen gehört, für Zwecke der Frömmigkeit oder der christlichen Caritas Schenkungen zu machen.“

367 MERTES,Controlling in der Kirche, 143.

368 Ebd.

schöflichen Beratungsgremien, aber ohne direkte Mitwirkungsmöglichkeit in der Leitung bzw. Mitbestimmung über die Leitung der Diözese; Vergleichbares gilt für die universalkirchliche Ebene). Eine Feststellung der allgemeinen NPO-Forschung trifft auch auf die Kirche zu: „In den Organen der NPO sind meistens Ehrenamtliche tätig, während die kontinuierliche Aufgabenerfüllung durch voll-amtliche Angestellte […] wahrgenommen wird. Das Zusammenwirken dieser beiden Gruppen schafft eines der wesentlichen Managementprobleme.“369

5. Die katholische Kirche in Deutschland besitzt den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Da die NPO-Definition keine bestimmte Rechtsform ver-pflichtend vorschreibt, sondern die Rechtsformen von NPOs nur allgemein kate-gorisiert, steht die katholische Kirche, mit ihren Untergliederungen als Körper-schaft(en) des öffentlichen Rechts dieser NPO-Einteilung nicht entgegen.

6. Die Freiwilligkeit des Zusammenschlusses der Mitglieder zur NPO Kirche ist dadurch gegeben, dass nach c.748 §2 CIC/1983 niemand das Recht hat „Men-schen zur Annahme des katholi„Men-schen Glaubens gegen ihr Gewissen durch Zwang zu bewegen.“ Die Entscheidung für die Taufe als Beginn der Zugehörig-keit zur katholischen Kirche ist eine freiwillige.370

MERTES sieht das Mindestmaß an Freiwilligkeit darin erfüllt, dass Mitarbeit, Mitgliedschaft und Spenden freiwillig sind: „Das Freiwilligkeitskriterium wird […] in allen drei Bereich erfüllt. So gibt es ausgeprägte Formen ehrenamtlicher Mitarbeit und die freie Wahl des Austritts (Taufe) sowie des formalen Austritts aus der Organisation.“371

Da die katholische Kirche alle Kriterien der NPO-Definition erfüllt, kann sie aus be-triebswirtschaftlicher Perspektive als „Nonprofit-Organisation“ verstanden werden. In der NPO-Forschung wird sie der Kategorie der privaten, soziokulturellen NPO zuge-ordnet und steht – je nach Beurteilung – auf einer Stufe mit Sport- und Freizeitvereinen bzw. Privatclubs und spiritistischen Zirkeln oder Sekten: allen ist gemeinsam, dass sie

„gemeinsame Aktivitäten im Rahmen kultureller, gesellschaftlicher Interessen, [bzw.]

Bedürfnisse der Mitglieder“372 betreiben. Die folgende Tabelle zeigt den Überblick der Arten von NPO und die Klassifizierung der Kirche.

369 HELMIG,Nonprofit-Organisation, 2175.

370 In diesem Zusammenhang ist auch auf c.787 §2 CIC/1983 hinzuweisen, der die in der Mission Täti-gen daran erinnert, dass die TaufwilliTäti-gen nicht mit Zwang zur Taufe geführt werden sollen, sondern

„frei darum bitten[d]“.

371 MERTES,Controlling in der Kirche, 142. Korrekterweise weist MERTES an dieser Stelle auch darauf hin, dass ein Austritt aus der Kirche – nach theologischem Verständnis – nicht möglich ist, und setzt dies in Bezug zur Gewährleistung von Freiwilligkeit: „Auch wenn man dies als Nichterfüllung des Kriteriums der Freiwilligkeit ansehen würde, hätte dies keine Folgen für die Gesamterfüllung des Kriteriums, da die anderen Formen der Freiwilligkeit gegeben sind. Die Freiwilligkeit finanzieller Zuwendungen ergibt sich zum einen durch die Möglichkeit des staatsrechtlichen Kirchenaustritts sowie zum anderen durch die nach eigenem Belieben zu gestaltenden Spenden von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern“ (ebd.).

372 SCHWARZ,Management-Brevier, 15.

Trägerschaft Zweck, Aufgabe Arten, Typen

Abbildung 2: Typologie der Nonprofit-Organisation (deutscher Sprachraum)373

373 In Anlehnung an: SCHWARZ,Management-Brevier, 15.

Diese Klassifizierung der Kirche als NPO und die Subsumierung der wichtigsten NPO-Eigenschaften auf die konkrete Gestalt der katholischen Kirche zeigt, dass sich die An-nahmen der NPO-Forschung nicht eins zu eins umsetzen lassen, sondern gewisse Spiel-räume offen lassen. Dies ist kein Negativkriterium gegen die letztgültige Anwendbar-keit der NPO-Kriterien, sondern zeigt vielmehr eine Eigenart der NPO: organisationale Spezifika von NPOs können nicht in letzter Konsequenz verallgemeinert werden und bilden keine „trennscharfe Abgrenzung gegenüber anderen Organisationen, in Bezug auf zwei Aspekte allerdings stimmen Forschungsergebnisse weitgehend überein: Ers-tens sind NPO […] besonders stark organisationalen Widersprüchen ausgesetzt und haben de facto weniger Möglichkeiten, diese durch die Priorisierung von Anforderun-gen oder Logiken zu handhaben. Zweitens ist eine durchgängig beobachtbare Beson-derheit ihre hohe Orientierung an Ideologien und Moral. Insgesamt zeichnet die For-schung ein Bild, wonach NPOs weniger Merkmale rationaler, effizienzorientierter Or-ganisation als andere OrOr-ganisationen aufweisen.“374

Widersprüche sind kein ausschließliches Spezifikum von NPOs, alle Organisationen müssen mit nicht lösbaren Konflikten umgehen. Die spezielle NPO-Forschung hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit den Widersprüchen innerhalb von NPO befasst und dabei mehrere Charakteristika herausgearbeitet, die insbesondere auch für die NPO katholische Kirche zutreffen:375

1. Viele NPO weisen eine Ambiguität von Zielen auf. In vielen Untersuchungen zu NPO lässt sich eine „spezifisch ausgeprägte Mehrdimensionalität der Ziele“376 beobachten, gerade auch im Hinblick auf die monothematische Zielsetzung ge-winnorientierter Unternehmen (nämlich: Gewinnerzielung bzw. -maximierung).

Der Hinweis auf die „Mehrdimensionalität“ gilt für die NPO katholische Kirche in nahezu idealtypischer Weise: Ihr Ziel und ihre Aufgabenstellung, Zeichen und Werkzeug, also Heilssakrament für die Welt zu sein, ist ja nicht nur der ge-schichtlich-konkreten Dimension von Kirche, sondern – im Zuge des eschatolo-gischen Vorbehalts – auch der Ausrichtung auf das schon jetzt begonnene aber am Ende der Zeit noch voll zu verwirklichende Reich Gottes geschuldet.

2. Ein zweites Problem ergibt sich für NPO in der Messung von Erfolg und Effizi-enz. In NPO ist es „typischerweise nur sehr begrenzt möglich, operationalisier-bare und konsensuelle Kriterien für Erfolg zu definieren.“377 Da in der Be-triebswirtschaftslehre Erfolg eng verknüpft ist mit dem ökonomischen Prinzip der Gewinnmaximierung, ist „Erfolg“ im Sinn von Leistungszunahme ein nicht immer gern gehörtes Stichwort in NPO. „Erfolg ist keiner der Namen Gottes“378

374 SIMSA,NPOs und die Gesellschaft, 126.

375 Vgl. zur folgenden Auflistung ebd., 127.

376 Ebd.

377 Ebd.

378 Dieses Diktum wird dem jüdischen Religionsphilosophen M. BUBER zugeschrieben (nach GRONEMEYER,R./ROMPEL,M.,Erfolg ist keiner der Namen Gottes. Zur gesellschaftlichen Funktion von Kirche, in: THOMÉ,M.(Hrsg.), Theorie Kirchenmanagement. Potentiale des Wandels [Kirche &

oder „Erfolg ist ein schillernder Begriff“379 heißt es dementsprechend auch im kirchlichen Bereich.380 Kirche ist sich zwar ihres Sendungsauftrags bewusst, kennt aber keine Festschreibung von Zielen im betriebswirtschaftlichen Sinn,

oder „Erfolg ist ein schillernder Begriff“379 heißt es dementsprechend auch im kirchlichen Bereich.380 Kirche ist sich zwar ihres Sendungsauftrags bewusst, kennt aber keine Festschreibung von Zielen im betriebswirtschaftlichen Sinn,