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FGM I (n≥3= 21)

FGM II/III

(n≥3= 84) χ2(1) Sig.

starke Schmerzen (%) 11 (50) 70 (84.3)a 11.629 .001 exzessive Blutungen (%) 1 (4.8) 19 (22.6) 3.720 .054 Schmerzen beim Wasserlassen/

Inkontinenz (%)

16 (77.3) 79 (94) 5.742 .017

Infektionen/ Fieber (%) 0 30 (36.1)a 11.133 .001

Andere (%) 0 9 (10.7) 2.576 .109

an= 83

Auch im späteren Verlauf ist laut der vorliegenden Eigenberichte das Risiko für bestimmte physische Erkrankungen bei beschnittenen Frauen erhöht: Insgesamt berichteten 94 Frauen (63.9%) mindestens eine Erkrankung, die in Folge ihrer Beschneidung auftrat. In der Gruppe der FGM I gaben 45 (75%) an, keine Langzeitfolgen erlitten zu haben. Weitere 8 Frauen (13.3%) brachten ihre Beschneidung mit einer der aufgezählten Erkrankungen in Zusammenhang und 7 (11.7%) führten zwei und mehr Erkrankungen auf ihre Beschneidung zurück. Im Gegensatz dazu sagten lediglich 8 (9.2%) Frauen der Gruppe FGM II/III, von keiner der genannten Langzeitfolgen betroffen gewesen zu sein. 17 (19.5%) litten unter einer der Erkrankungen, 12 (13.8%) unter zwei, 18 (20.7%) unter drei und 32 (36.8%) unter vier und mehr. Die FGM-Typen unterschieden sich signifikant hinsichtlich der durchschnittlichen Häufigkeit der Komplikationen (MFGM I=.68, ±1.68,Range 0-8;MFGM II/III= 2.95,±1.91, Range 0-7; t(147) = -7.607,p ≤ .001).

Infibulation, Defibulation und Re-Infibulation. In der Untergruppe der Frauen, bei denen eine Beschneidung nach FGM II/III durchgeführt wurde, gaben 82 (94.3%) an, bei dem Eingriff mit Dornen (n = 57, 70.4%), Garn (n = 24, 29.6%) oder anderen Instrumenten (Plastikfäden, lokale Kräuter) infibuliert worden zu sein.

51 (61.2%) dieser Frauen waren zum Zeitpunkt des Interviews bereits verheiratet (gewesen) und konnten Aussagen zu Defibulation und Re-Infibulation treffen. Die Mehrzahl der Frauen (n

= 42, 82.4%) wurde vor der Hochzeitsnacht durch die Beschneiderin, eine Bekannte oder eine andere Person defibuliert, bei 9 Frauen (17.6%) wurde die Defibulation in der Hochzeitsnacht durch den Ehemann vorgenommen.

Zum Zeitpunkt des Interviews hatten 41 Frauen (80.4%) eines oder mehrere Kinder. 44 (86.3%) Frauen gaben an mindestens einmal schwanger gewesen zu sein. 12 Frauen (23.5%) berichteten ein oder mehrere Kinder aufgrund von Komplikationen, die durch die Beschneidung auftraten, verloren zu haben.

Partnerschaftliche Beziehung. Insgesamt gaben 54 Frauen an, verheiratet zu sein. Von die-sen hatten 28 Frauen innerhalb der letzte vier Wochen vor dem Interview sexuellen Kontakt mit dem Partner. Nach eigenen Angaben hatte keine der Frauen außerehelichen Geschlechtsverkehr.

Im Folgenden werden die Fragen nach der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, dem Wunsch nach mehr, weniger oder anderem Verkehr und andere Aspekte der intimen partnerschaftlichen Beziehung in Abhängigkeit des Beschneidungstyps genannt. Auf die Durchführung von statis-tischen Tests wird verzichtet, da im Verhältnis zur der eigentlichen Stichprobengröße wenig Aussagen vorliegen. Dennoch vermitteln die Daten einen Eindruck über die partnerschaftliche Beziehungsdynamik in den Gruppen und werden daher in dieser Form aufgegriffen.

Aus der Gruppe der nicht beschnittenen Frauen waren sieben verheiratet, eine geschieden oder getrennt lebend und drei verwitwet. Von den verheirateten Frauen, gaben drei an während der letzten vier Wochen mit ihrem Ehemann geschlafen zu haben. Neun Frauen beantworteten weitere Fragen zum Thema Geschlechtsverkehr, wobei jeweils alle aussagten, dass ihr Ehemann nicht unter Impotenz oder Erektionsstörungen leide, der Geschlechtsverkehr stets aus freiem

Wille geschehe und auf die Gefühle der Frau seitens des Mannes eingegangen werde.

Aus der Gruppe der Typ I beschnittenen Frauen waren 25 verheiratet, 11 geschieden oder getrennt lebend und 7 verwitwet. 15 der verheirateten Frauen haben ihren Angaben zufolge während der letzten 4 Wochen durchschnittlich 1.95 mal Geschlechtsverkehr (±1.36, Range 0 - 5) gehabt. 9 Frauen waren mit der Häufigkeit zufrieden, eine Frau hätte gerne häufiger Geschlechtsverkehr und 5 Frauen weniger häufig. Eine Frau gab an, dass ihr Ehemann unter Impotenz beziehungsweise Erektionsstörungen leide. Bei der Mehrzahl der Frauen (n = 33, 55%) fand der Geschlechtsverkehr auf freiwilliger Basis statt und die Gefühle der Frauen wurden berücksichtig (n = 34, 88%). Eine Minderheit von 10 (24.4%) Frauen gab an, mit ihrem Ehemann über ihre Beschneidung geredet zu haben.

Von den Frauen, die eine Beschneidung nach Typ II/III erfahren hatten, waren 13 verheiratet, 19 geschieden oder getrennt lebend, 16 verwitwet und 6 Frauen lebten in einer polygamen Ehe. 10 der verheirateten Frauen gaben an, während der letzten vier Wochen durchschnittlich 3.10 (±2.26, Range 0 - 7) mal Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Nur eine Frau war mit der Häufigkeit zufrieden, 6 Frauen hätten gerne weniger Sex und drei Frauen mehr. Die Frage, ob ihr Ehemann unter Impotenz oder Erektionsstörungen leide, beziehungsweise litt, konnten insgesamt 41 Frauen beantworten (geschiedene und verwitwete Frauen einbezogen).

Drei Frauen bejahten die Frage. 26 (56.5%) von 46 Frauen, die bereit waren die Fragen zum Geschlechtsverkehr weiter zu beantworteten, gaben an, dass partnerschaftliche Intimitäten auch ohne ihr Einverständnis durchgeführt würden. Bei 25 (53.2%) der Befragten wurden die Gefühle der Frau beim Geschlechtsverkehr nicht berücksichtig. 36 (75%) von 48 Frauen hatten ihren Angaben zufolge nicht mit ihrem Ehemann über ihre Beschneidung und die damit zusammenhängenden Gefühle gesprochen. Außerdem wurden die Frauen gefragt, ob sie zur sexuellen Stimulation oder Unterdrückung von Schmerzen oder anderen Gefühlen während des Geschlechtsverkehrs Khat kauten. Dies wurde von allen Frauen verneint.

FGM-Schweregrad. Anhand der FGM-Checkliste wurde neben den Einzelauswertungen ein Maß für den Schweregrad der Beschneidung gebildet. Abbildung 3.2 beschreibt die Verteilung

der Werte in Bezug auf die konventionelle Typisierung weiblicher Genitalverstümmelung der WHO. Die Gruppe FGM I hat einen Mittelwert von -2.82 (±1.9, Range -4.44-2.70). Der Mittelwert der Gruppe FGM II/III liegt im positiven Bereich bei 2.86 (±3.1,Range -4.44-9.44).

Die Gruppen unterscheiden sich signifikant (F(2, 162) = 123.31, p ≤ .001).

Abb. 3.2: Der FGM-Schweregrad in Relation zu den konventionellen FGM-Typen

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3.5.3.2 Familiäre Gewalt

148 Frauen (89.2%) der Gesamtstichprobe berichteten mindestens ein Ereignis familiärer Gewalt, wobei 143 Frauen (96.6%) angaben, das entsprechende Ereignis auch häufiger als einmal erlebt zu haben. Insgesamt wurden durchschnittlich 6.11 derartige Ereignisse (±4.6, Range 0-21) mindestens einmal erlebt (No FGM: x¯ = 5.56, ±3.5, Range 0-14; FGM I: x¯ = 6.62, ±4.5, Range 0-21; FGM II/III:x¯= 5.92, ±4.8, Range 0-18). Die Gruppen unterscheiden sich nicht signifikant (F(2, 53.67) = .671,p = .515).

Um den Schweregrad der Ereignisse abzuschätzen, wurden verschiedene Punkte des A-Kriteriums

(Angst, Hilflosigkeit, Empfindung von Unfairness, physische Verletzung und Bedarf medizinischer Versorgung) abgefragt. Insgesamt haben dabei 94 Frauen (56.3%) mindestens einmal große Angst, Hilflosigkeit oder Unfairness empfunden. 70 Frauen (41.9%) wurden bei mindestens einem der Ereignisse verletzt, so dass Narben zurückgeblieben sind.

3.5.3.3 Traumatische Lebensereignisse (gesamt)

Insgesamt berichteten die Frauen 3.07 (±2.2, Range 0-7) traumatische Lebensereignistypen.

Die Gruppe der nicht beschnittenen Frauen erlebte durchschnittlich 1.20 (±1.4,Range 0-5), die der nach Typ I beschnittenen Frauen 3.05 (±1.8,Range 1-8) und die der nach Typ II/III beschnittenen Frauen 3.54 (±2.4; Range 0-11) Ereignisse. Die Gruppen unterscheiden sich signifikant (F(2, 164)= 10.94,p ≤ .001). Post-Hoc-Analysen ergaben signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen No FGM und FGM I (p≤ .001) sowie zwischen No FGM und FGM II/III (p ≤ .001). Der Unterschied zwischen FGM I und FGM II/III zeigte keine Signifikanz (p = .417). Abbildung 3.3 bildet die traumatischen Lebensereignistypen wie sie von der Ereignisliste der Posttraumatic Stress Diagnostic Scale (PDS) abgefragt werden und deren Häufigkeiten für die verschiedenen Beschneidungstypen ab.

Abb. 3.3: Traumatische Lebensereignisse

0%! 20%! 40%! 60%! 80%! 100%!

Folter!

Sexueller Übergriff (Fremder)!

Gefangenschaft!

Lebensgefährdende Krankheit!

Gewalttätiger Übergriff (Fremder)!

Sexueller Übergriff (Familie/Bekannte/r)!

Anderes traumatisches Ereignis ! Naturkatastrophe!

Krieg!

Sex <18 mit jemandem ≥5 Jahre älter ! Unfall!

Gewalttätiger Übergriff (Familie/Bekannte/r)!

FGM !

Gesamt (N=167)!

FGM II/III (n=87)!

FGM I (n=60)!

No FGM (n=20)!

3.6 Statistische Auswertung

Bisher wurde in diesem Kapitel die praktische Durchführung der Untersuchung (Rahmenbedin-gungen, Ablauf des Interviews, Instrumente) erläutert und die Verteilung soziodemographischer Merkmale der Stichprobe dargestellt. Darüber hinaus wurde die körperliche Gesundheit, FGM als traumatisches Lebensereignis, das Ausmaß der familiären Gewalt sowie die Art und Häufigkeit traumatischer Lebensereignistypen beleuchtet.

Im nächsten Schritt werden nun die in dieser Arbeit angewandten statistischen Verfahren beschrieben.

Der Datensatz wurde mit SPSS 17 (Windows) bearbeitet.

3.6.1 Fehlende Werte

Vor Beginn der Berechnungen wurden fehlende Werte identifiziert und ergänzt. Diese kamen bei den Fragebögen zur Ängstlichkeit und Depressivität (HSCL) sowie dem Fragebogen zur Dissoziation (ShuDis) vor. Die fehlenden Werte wurde durch die Mittelwerte des jeweiligen Gesamtfragebogens ersetzt.

3.6.2 Mittelwertsvergleiche

Ein Teil der Hypothesen erforderte den Vergleich von Mittelwerten. Dafür wurden der t -Test (Vergleich von 2 Mittelwerten) und varianzanalytische Verfahren (Vergleich von >2 Mittelwerten) als Methoden gewählt.

Varianzanalytische Verfahren. Zur Überprüfung von Mittelwertsunterschieden bei mehr als zwei Gruppen wurden einfaktorielle Varianzanalysen (ANOVA) durchgeführt. Die Voraussetzun-gen der ANOVA sind: Unabhängigkeit der Gruppen, Intervallskalierung der abhängiVoraussetzun-gen Variable, univariate Normalverteilung der Testwerte und Varianzhomogenität. Die Unabhängigkeit der Gruppen und die Intervallskalierung der abhängigen Variablen waren im Sinne von Bortz &

Schuster (2010) gegeben. Die univariate Normalverteilung wurde mit dem Kolmogorov-Smirnov-Test überprüft. Da dieser als konservativ gilt, wurden im Falle einer Signifikanzz-Werte für die Schiefe und Kurtosis als zusätzliches Entscheidungskriterium herangezogen. Die Gesamt-stichprobe kann als klein bis mittelgroß eingestuft werden. Aus diesem Grund wurde hierfür ein 99%-iges Signifikanzniveau festgelegt. Ab einem Wert vonzSchiefe/ zKurtosis < 2.58 muss daher die Annahme einer Normalverteilung der Testwerte verworfen werden (Field, 2009). Dies ist für die Variable familiäre Gewalt der Fall. Es handelt es sich um eine Abweichung hinsichtlich der Kurtosis in Richtung Schmalgipfligkeit. Diese stellt keine Gefahr für die Robustheit derF- und der Welch-Statistik dar (Bortz & Schuster, 2010; Diehl & Arbinger, 2001), weshalb hier auf die Ausweichung auf ein nicht-parametrisches Verfahren verzichtet werden kann.

Die Annahme der Varianzhomogenität wurde mit dem Levene-Test überprüft. Die Verletzung

letzterer kann bei gleich großen Stichprobenumfängen hingenommen werden. Für die vorliegen-den Gruppen (NNo FGM = 18,NFGM I = 60 undNFGM II/III = 87) ist dies jedoch nicht der Fall.

Damit ist die Gültigkeit des F-Tests unter Varianzheterogenität erheblich gefährdet. Um die Robustheit zu erhalten, wurde bei Verdacht auf Varianzheterogenität auf die Welch-Statistik zurückgegriffen (Diehl & Arbinger, 2001). Weiterhin wurden die Hypothesen zweiseitig getestet.

In Anbetracht des Stichprobenumfangs (N = 167) kann somit das Fehler-I-Risiko kontrolliert werden (Diehl & Arbinger, 2001).

Für Post-Hoc-Analysen wurde bei varianzhomogenen Gruppen Hochberg’s GT2 durchgeführt und für den Vergleich von varianzheterogenen Gruppen wurde der Games-Howell-Test her-angezogen. Diese gelten auch bei nicht-orthogonalen Stichproben als robust (Field, 2009).

Anhang V fasst die Ergebnisse zur Überprüfung der Normalverteilung und der Varianzhomoge-nität für die einzelnen Variablen zusammen.

Mittelwertsvergleiche nominaler Daten. Um Mittelwertsunterschiede nominaler Daten zu untersuchen, wurde Pearson’s χ2 -Test durchgeführt. Hier konnte für alle Variablen von einer Unabhängigkeit der Daten ausgegangen werden. Es wurde jedoch nicht immer eine Zellhäufigkeit von >5 erreicht (Bortz & Schuster, 2010), weshalb der exakte Test nach Fisher zusätzlich durchgeführt wurde. Da sich die Ergebnisse jedoch als äquivalent erwiesen, wird hier im WeiterenPearson’s χ2 -Test angewandt und dessen Ergebnisse aufgeführt.

3.6.3 Korrelationen

Um die Zusammenhänge zweier intervallskalierter Beobachtungen zu beschreiben, wurde Pearson’s Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient und der entsprechende Signifikanztest be-rechnet. Verschiedenartige Verletzungen der Annahmen stellen keine Gefahr der Robustheit des Signifikanztests dar (Wainer & Thissen, 1976).

3.6.4 Regressionsanalyse

In dieser Arbeite kommt die lineare Regression zur Vorhersage kontinuierlicher Kriteriumsvaria-blen zum Einsatz. Im Folgenden werden das Verfahren und dessen Annahmen kurz erläutert.

Multiple lineare Regression. Multiple lineare Regressionsanalysen werden häufig in For-schungsbereichen eingesetzt, in denen „real-world” Zusammenhänge aufgeschlüsselt werden sollen und in denen experimentelle Manipulationen von Einflussvariablen schwierig sind, wie dies in dieser Stichprobe der Fall ist. Es wird dabei hypothesengeleitet untersucht, welcher Einfluss Prädiktor X1 hat, wenn der Effekt von Prädiktor X2 (und Xn) kontrolliert wird (Tabachnick &

Fidell, 2007).

Bei der Berechnung und dem sich anschließenden Generalisierungsbemühen (multipler) linearer Regressionsmodelle sind folgende Punkte zu beachten. Zunächst ist das Verhältnis des Stichpro-benumfangs (N) zu den Prädiktoren (m) wichtig. Als Daumenregel für die Interpretation der Gesamtpassung des Regressionsmodells (R2) gilt N ≥ 50 + 8m. Zur Interpretation einzelner Regressionskoeffizienten ist ein Stichprobenumfang von N ≥ 104 + m erforderlich (Green, 1991). Die vorliegenden Berechnungen beziehen sich auf einen Stichprobenumfang von N = 106, wodurch die Generalisierung der aufgeklärten Varianz (R2) und die Interpretation der einzelnen Regressionkoeffizienten durch den Stichprobenumfang nicht eingeschränkt ist.

Außerdem ist die Erfüllung der Annahmen Normalverteilung, Linearität, Homoskedastizität und die Unabhängigkeit der Residuen für die Generalisierung von Regressionmodellen wichtig und mögliche Ausreißer der Gleichung sollten identifiziert werden. Dies erfolgte graphisch anhand eines P-P-Diagramms der kumulierten Wahrscheinlichkeiten und des Streudiagramms der standardisierten Residuen. Ausreißerwerte wurden überCook’s Distanz identifiziert. Des Weiteren wurden Multikollinearität (Konditionsindex, Korrelationen) und mögliche Nullvarianzen ausgeschlossen. Die Überprüfung der Annahmen ist im Anhang V dargestellt. Nicht alle Regressionsmodelle dieser Arbeit können ohne Weiteres generalisiert werden. Verletzungen der Annahmen werden im Ergebnisteil für die einzelnen Berechnungen vermerkt (Tabachnick &

Fidell, 2007).

3.6.5 Operationalisierte Hypothesen

Im Folgenden werden die unter Abschnitt 2.4 aufgeführten Alternativhypothesen nochmals genannt und deren Operationalisierung auf der Basis der eben dargestellten Methoden erläutert.

3.6.5.1 FGM und psychische Gesundheit

Der Zusammenhang von FGM mit der psychischen Gesundheit wird durch univariate Varianz-analysen, Chi2-Tests und lineare Regressionsanalysen untersucht.

Hypothese 1a

H1: Bei dem Eingriffder weiblichen Genitalverstümmelung ist das subjektive A-Kriterium der PTBS nach DSM-IV erfüllt.

Diese erste Hypothese untersucht, ob der Eingriff der weiblichen Genitalverstümmelung das subjektive A-Kriterium nach DSM-IV erfüllt. Diese wird deskriptiv über den Prozentsatz an Frauen, die während des Eingriffs intensive Angst oder Hilflosigkeit empfanden, getestet. Liegt dieser über 75%, ist die Annahme von FGM als traumatisches Lebensereignis als gerechtfertigt anzusehen.

H1: Die FGM-Gruppen unterscheiden sich.

Die FGM-Gruppen werden über den Chi2-Test verglichen.

Hypothese 1b

H1: Die FGM-Gruppen unterscheiden sich in der Gesamtzahl retrospektiv berichteter Gefühle während des Eingriffs.

Anhand eines t-Tests werden die FGM-Gruppen hinsichtlich der Häufigkeit der retrospektiv berichteten Gefühle (Nervosität, intensive Angst, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Nicht-Privileg) während des Eingriffs verglichen.

Frauen, die vor ihrem 3. Lebensjahr beschnitten wurden, werden aufgrund der infantilen Amnesie (Peterson, Warren & Short, 2011) aus diesen Analysen (Hypothese 1a und 1b) ausgeschlossen.

Dasselbe gilt für Frauen die aufgrund von Schmerzmitteleinnahmen keine Aussage zu ihren Gefühlen treffen konnten.

Hypothese 2

H1: Die FGM-Gruppen unterscheiden sich in der Häufigkeit psychischer Störungen (PTBS, Ängstlichkeit, Depressivität, Major Depression, Substanzmissbrauch und -abhängigkeit und einer psychotischen Störung).

Anhand von Chi2-Tests werden die FGM-Gruppen hinsichtlich der Häufigkeit psychischer Störungen (Diagnose nach DSM-IV) verglichen.

Hypothese 3

H1: Die FGM-Gruppen unterscheiden sich hinsichtlich der Häufigkeit/Intensität ihrer psycho-pathologischen Symptome (PTBS, Dissoziation, Ängstlichkeit, Depressivität).

Diese Hypothesen wurden mit univariaten Varianzanalysen getestet. Dabei wurde auf die in diesem Fall robustereWelch-Statistik zurückgegriffen und es wurden Post-Hoc-Tests anhand desGames-Howell-Tests durchgeführt (Bortz & Schuster, 2010; Diehl & Arbinger, 2001).

Hypothese 4

H1: Je schwerer die Beschneidung, desto höher die Symptomatik der PTBS, der Ängstlichkeit und der Depressivität sowie der Gesamtpsychopathologie unter Kontrolle der Effekte weiterer traumatischer Lebensereignistypen und familiärer Gewalt.

Hypothese 4 wird durch mehrere univariate hierarchische Regressionen auf die abhängigen Variablen PTBS, Ängstlichkeit, Depressivität und Gesamtpsychopathologie untersucht, bei der der FGM-Schweregrad, die Anzahl traumatischer Lebensereignistypen und die familiäre Gewalt als Prädiktoren eingefügt werden.

Die Gesamtpsychopathologie setzt sich aus den Summenwerten der PSS-I, der ShuDis und dem HSCL zusammen. Aufgrund unterschiedlicher Skalierungen, beziehungsweise Ankersetzungen (PSS-I: 0 - 3; ShuDis: 0 - 3, HSCL: 1 - 4), wurden die einzelnen Items des HSCL umcodiert, an die des PSS-I angepasst und anschließend aufsummiert.

3.6.5.2 Haarkortisol, FGM, Trauma und PTBS

Um die Zusammenhänge zwischen Haarkortisol mit FGM, der Anzahl traumatischer Lebensereig-nistypen und PTBS zu beleuchten, wurdent-Tests, univariate Varianzanalysen und Korrelationen berechnet.

Hypothese 5a

H1: Die Mittelwerte des Haarkortisols unterscheiden sich signifikant zwischen den FGM-Gruppen.

Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde eine univariate Varianzanalyse durchgeführt.

Hypothese 5b

H1: Je höher der FGM-Schweregrad, desto höher die Haarkortisolwerte.

Dieser Zusammenhang wurde über eine Korrelation nach Pearson erfasst.

Hypothese 6

H1: Je höher die Anzahl traumatischer Lebensereignistypen, desto höher die Haarkortisolwerte.

Diese Annahme wurde durch eine Korrelation nach Pearson überprüft.

Hypothese 7

H1: Die Mittelwerte des Haarkortisols unterscheiden sich bei Frauen mit Diagnose einer PTBS im Vergleich zu traumatisierten (1 traumatisches Lebensereignis) und nicht traumatisierten (kein traumatisches Lebensereignis) Kontrollpersonen.

Diese Annahmen wurde durch eine univariate Varianzanalyse überprüft.

3.7 Zusammenfassung

Der Methodenteil dieser Arbeit erläuterte zunächst die Umsetzung der Studie vor Ort (Jijiga, Somali Region, Äthiopien). In Kooperation mit einer lokalen nicht-Regierungsorganisation wurden von Psychologinnen und Psychologiestudentinnen der Universität Konstanz mit 167 Frauen im Alter von 13 - 80 Jahren diagnostische Interviews durchgeführt. Letztere umfassten neben Fragen zur Soziodemographie und der körperlichen Gesundheit einen ausführlichen Teil zur Erfassung traumatischer Lebensereignissen und zur Diagnose von PTBS (PSS-I), Major Depression, Substanzabhängigkeit und -missbrauch sowie der psychotischen Störung (M.I.N.I.). Darüber hinaus wurde die Depressivität und Ängstlichkeit (HSCL) erfasst. Die Haarproben zur Analyse des Haarkortisolgehalts wurden zu Beginn des Interviews nach der Einverständniserklärung entnommen.

Anschließend wurden die angewandten diagnostischen Intrumente präsentiert und die Stichprobe beschrieben. 18 Frauen (12%) gaben an, nicht beschnitten zu sein, 60 (35.9%) berichteten eine Beschneidung nach Typ I und 87 (52.1%) eine Beschneidung nach Typ II/III. Zwei Frauen wussten nicht, ob sie beschnitten sind. Physische Komplikationen waren in Zusammenhang mit FGM II/III am höchsten und wie erwartet auch der FGM-Schweregrad. Das Ausmaß der erlebten familiären Gewalt unterschied sich nicht zwischen den FGM-Typen, während nicht beschnittene Frauen bezüglich der Anzahl traumatischer Lebensereignistypen signifikant weniger Ereignisse nannten als die beiden FGM-Gruppen.

Zuletzt wurden dann die in dieser Arbeit angewandten, statistischen Methoden erläutert und die Operationalisierung der im ersten Kapitel formulierten Hypothesen dargestellt. Für den ersten Teil der Hypothesen, welcher sich mit dem Zusammenhang von FGM und der psychischen Gesundheit befasst, kommen t-Tests, ANOVAs und Pearson’s χ2 -Tests sowie Regressions-analysen zum Einsatz. Der zweite Teil der Hypothesen untersucht den Zusammenhang von Haarkortisol mit FGM, der Anzahl traumatischer Lebensereignistypen und PTBS anhand von t-Tests, einer Korrelation und ANOVAs.

Das folgende Kapitel beschreibt die Ergebnisse der Hypothesentestungen.

4 Ergebnisse

Zunächst werden die Ergebnisse zu der Annahme, dass FGM das Kriterium A der PTBS nach DSM-IV (APA, 1994) erfüllt, präsentiert (Hypothese 1). Anschließend werden die Hypothesen hinsichtlich der Zusammenhänge von FGM mit der psychischen Gesundheit (Hypothesen 2, 3 und 4) dargestellt.

Der zweite Teil dieses Kapitels untersucht die Zusammenhänge von Haarkortisol und FGM (Hypothese 5), der Anzahl traumatischer Lebensereignistypen (Hypothese 6) und PTBS (Hypothese 7). Darüber hinaus wird die Fragestellung zu Dissoziation und Haarkortisol explorativ untersucht.

Die Voraussetzungen der statistischen Modelle der Hypothese 4 können als erfüllt angesehen werden (s. Anhang V), wenn nichts gegenteiliges im jeweiligen Abschnitt des Ergebnisteils erwähnt wird.

4.1 FGM und psychische Gesundheit

In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse zu der ersten Fragestellung in der Reihenfolge aufgeführt, wie sie bereits aus Abschnitt 2.4 und Abschnitt 3.6.5 bekannt ist. Für jede Hypothese wird zunächst die Fragestellung wiederholt, das statistische Vorgehen kurz erläutert und anschließend das Ergebnis präsentiert.

4.1.1 Hypothese 1

Die erste Hypothese untersucht, ob der Eingriff der Beschneidung das subjektive A-Kriterium nach DSM-IV erfüllt und ob sich die FGM-Gruppen darin unterscheiden. Zunächst werden im Folgenden die deskriptiven Analysen und die Ergebnisse der Gruppenvergleiche aufgeführt.

Das Gefühl von Nervosität empfanden 21 Frauen (100%) der Gruppe FGM I und 78 (95.1%) der Gruppe FGM II/III. Etwas darunter lagen die Berichte intensiver Angst: 18 Frauen (85.7%) der Gruppe FGM I und 77 (93.9%) der Gruppe FGM II/III gaben an während des Eingriffs intensive Angst gehabt zu haben. Hilflosigkeit nannten 15 Frauen (71.4%) der Gruppe FGM I und 71 (86.6%) der Gruppe FGM II/III. Ein relativ geringer Teil der Frauen meinte, ihr Bewusstsein verloren zu haben (FGM I:n = 2, 9.5%; FGM II/III:n = 11, 13.8%). Insgesamt gaben 51 Frauen an, neben diesen Gefühlen auch das Gefühl des Privilegs beschnitten zu werden empfunden zu haben. Im Gegensatz dazu fühlte sich über die Hälfte der Frauen der Gruppe FGM I (n = 13, 61.9%) nicht privilegiert und 40 Frauen der Gruppe FGM II/III (48.8%). Mehr als die Hälfte der Frauen dieser Gruppe verstanden die Beschneidung demnach als Privileg.

Tabelle 4.1 gibt an, wie häufig intensive Angst, Nervosität, Hilflosigkeit und Ohnmacht von den Frauen berichtet wurden.

Viele Angaben der Untergruppe FGM I stammen laut der Befragten aus Erzählungen von Eltern und anderen Familienmitgliedern. Mädchen, die bei ihrer Beschneidung unter 3 Jahre alt sind, können sich, trotz der Tatsache, dass stressreiche Ereignisse generell besser abgespeichert werden (Peterson et al., 2011), meist gar nicht oder nur vage an das Ritual erinnern. Diese Untergruppe wird daher bei der deskriptiven Auswertung der Gefühle während der Beschneidung sowie bei der Testung von Hypothese 1 ausgeschlossen (n≤3= 45). Darüber hinaus wird die Validität der Aussagen durch die Einnahme von Analgetika vor und während des Rituals bei insgesamt 35 Frauen (33.3%), von denen 32 (30.5%) eine Spritze und 4 (3.8%) Tabletten bekamen, eingeschränkt. Konnten die Probanden aufgrund der Medikamente keine Aussage zu ihren Gefühlen während des Eingriffs treffen, wurde die Antwort aus der Analyse ausgeschlossen.

Dies ist in Tabelle 4.1 gekennzeichnet (a,b).