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3.5 Stichprobe

3.5.3 Deskriptive Ergebnisse traumatischer Lebensereignisse

3.5.3.1 Female Genital Mutilation

Wie bereits unter Abschnitt 3.5.1 dargestellt, waren 147 (88%) Frauen von FGM betroffen. 60 Frauen (35.9%) berichteten eine Beschneidung nach FGM I und 87 (52.1%) ordneten ihren Beschneidungstyp FGM II/III zu. Im Folgenden werden die deskriptiven Ergebnisse der FGM-Checkliste hinsichtlich Beschneidungsalter und -dauer, kurz- und langfristiger Komplikationen, der partnerschaftlichen Beziehung sowie Infibulation, Defibulation und Re-Infibulation aufgeführt.

Erweiternd befindet sich unter Anhang IV weiteres zum Menarchealter, der Lebensqualität und dem Meinungsbild der Frauen bezüglich ihrer Beschneidung.

Beschneidungsalter. Wie bereits in anderen Studien zum Thema FGM (CSA, 2005, EGLDAM, 2008) zeigt sich auch in der vorliegenden Stichprobe ein relativ breiter Range des Beschneidungs-alters, was auf unterschiedliche kulturell bedingte Beschneidungstraditionen zurückzuführen ist.

Der Range des Beschneidungsalters reicht von 0 bis 15 Jahren, wobei das arithmetische Mittel bei 5.74 Jahren (±4.1) liegt. Somalische Mädchen sind zum Zeitpunkt ihrer Beschneidung durchschnittlich 7.61 Jahre alt (Med = 7, ±0.27, Range 0-15), amharische Mädchen hingegen sind durchschnittlich nur 1.03 Jahre alt, wobei der Median bei 0 Jahren liegt. Nur 4 amharische Frauen (7.7%) gaben an, bei ihrer Beschneidung älter als 3 Jahre gewesen zu sein. 32 Frauen (61.1%) waren jünger als 3 Jahre und 16 Frauen (30.8%) wussten ihr Beschneidungsalter nicht.

In Tabelle 3.5 ist das Beschneidungsalter in Abhängigkeit vom Beschneidungstyp dargestellt.

Tab. 3.5: Beschneidungsalter Oromo/andere 4.09,±4.85, 0-12, Med = 0

n= 11, n≥3= 5

8,±2.0, 6-10 n= 3, n≥3= 3

Beschneidungsdauer. Die Dauer des Eingriffs belief sich für die Gruppe FGM I auf durch-schnittlich 19.4 Minuten (±11.47, Range 1-30) und für die Gruppe FGM II/III auf 54.09 Minuten (±38.29, Range 5-180). Die Gruppen unterscheiden sich damit signifikant (t(72.901)

= -6.04, p ≤ .001). Da ein großer Teil der Frauen keine Aussage zu Beschneidungsdauer treffen konnte beläuft sich die Stichprobengröße hier aufNFGM I = 17 und NFGM II/III = 58. Die verfügbaren Angaben sind als subjektive Wahrnehmung der Beschneidungsdauer zu werten.

Kurz-und Langzeitkomplikationen. Innerhalb der ersten 14 Tage nach dem Eingriff ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten starker Schmerzen, exzessiver Blutungen, Schmerzen beim Wasserlassen, Infektionen und anderer Komplikationen, wie beispielsweise ein erneutes Aufreißen oder Zuwachsen der Narbe, erhöht (s. Abschnitt 2.2.1). Insgesamt bejahten 99 (94.3%) Frauen mindestens eine dieser dargebotenen Komplikationen. Von den 6 Frauen, die keine Komplikationen angaben, hatten 4 Frauen eine Typ I Beschneidung und zwei eine Typ II/III Beschneidung erlebt. Die Art der Komplikationen und deren Häufigkeiten werden in Tabelle 3.6 in Abhängigkeit des Beschneidungstyps dargestellt: Aus der Gruppe FGM I gaben 11 (50%) Frauen an, innerhalb der folgenden 14 Tage nach dem Eingriff starke Schmerzen gehabt zu haben, eine (4.8%) Frau bejahte die Frage nach exzessiven Blutungen, 16 (77.3%) Frauen hatten Schmerzen beim Wasserlassen oder Probleme beim Zurückhalten des Urins.

Infektionen und Fieber traten in dieser Gruppe nicht auf. Dagegen gaben 70 (84.3%) Frauen der Gruppe FGM II/III an, die ersten 14 Tage nach dem Eingriffan starken Schmerzen gelitten zu haben, 19 Frauen (22.6%) in dieser Gruppe bejahten die Frage nach exzessiven Blutungen

und 79 (94%) gaben Schmerzen beim Wasserlassen oder Inkontinenzprobleme an. 30 (36.1%) Frauen hatten Infektionen oder Fieber und 9 (10.7%) Frauen gaben zusätzlich noch andere Beschwerden (meist das Wiederaufreißen der Naht) an.

Aus diesen Daten geht hervor, dass Frauen beider Gruppen an Kurzzeitkomplikationen leiden.

Die Mittelwertsvergleiche weisen darauf hin, dass Frauen der Gruppe FGM II/III ein zusätzliches Risiko für Komplikationen tragen.

Tab. 3.6: Komplikationen nach der Beschneidung

FGM I (n≥3= 21)

FGM II/III

(n≥3= 84) χ2(1) Sig.

starke Schmerzen (%) 11 (50) 70 (84.3)a 11.629 .001 exzessive Blutungen (%) 1 (4.8) 19 (22.6) 3.720 .054 Schmerzen beim Wasserlassen/

Inkontinenz (%)

16 (77.3) 79 (94) 5.742 .017

Infektionen/ Fieber (%) 0 30 (36.1)a 11.133 .001

Andere (%) 0 9 (10.7) 2.576 .109

an= 83

Auch im späteren Verlauf ist laut der vorliegenden Eigenberichte das Risiko für bestimmte physische Erkrankungen bei beschnittenen Frauen erhöht: Insgesamt berichteten 94 Frauen (63.9%) mindestens eine Erkrankung, die in Folge ihrer Beschneidung auftrat. In der Gruppe der FGM I gaben 45 (75%) an, keine Langzeitfolgen erlitten zu haben. Weitere 8 Frauen (13.3%) brachten ihre Beschneidung mit einer der aufgezählten Erkrankungen in Zusammenhang und 7 (11.7%) führten zwei und mehr Erkrankungen auf ihre Beschneidung zurück. Im Gegensatz dazu sagten lediglich 8 (9.2%) Frauen der Gruppe FGM II/III, von keiner der genannten Langzeitfolgen betroffen gewesen zu sein. 17 (19.5%) litten unter einer der Erkrankungen, 12 (13.8%) unter zwei, 18 (20.7%) unter drei und 32 (36.8%) unter vier und mehr. Die FGM-Typen unterschieden sich signifikant hinsichtlich der durchschnittlichen Häufigkeit der Komplikationen (MFGM I=.68, ±1.68,Range 0-8;MFGM II/III= 2.95,±1.91, Range 0-7; t(147) = -7.607,p ≤ .001).

Infibulation, Defibulation und Re-Infibulation. In der Untergruppe der Frauen, bei denen eine Beschneidung nach FGM II/III durchgeführt wurde, gaben 82 (94.3%) an, bei dem Eingriff mit Dornen (n = 57, 70.4%), Garn (n = 24, 29.6%) oder anderen Instrumenten (Plastikfäden, lokale Kräuter) infibuliert worden zu sein.

51 (61.2%) dieser Frauen waren zum Zeitpunkt des Interviews bereits verheiratet (gewesen) und konnten Aussagen zu Defibulation und Re-Infibulation treffen. Die Mehrzahl der Frauen (n

= 42, 82.4%) wurde vor der Hochzeitsnacht durch die Beschneiderin, eine Bekannte oder eine andere Person defibuliert, bei 9 Frauen (17.6%) wurde die Defibulation in der Hochzeitsnacht durch den Ehemann vorgenommen.

Zum Zeitpunkt des Interviews hatten 41 Frauen (80.4%) eines oder mehrere Kinder. 44 (86.3%) Frauen gaben an mindestens einmal schwanger gewesen zu sein. 12 Frauen (23.5%) berichteten ein oder mehrere Kinder aufgrund von Komplikationen, die durch die Beschneidung auftraten, verloren zu haben.

Partnerschaftliche Beziehung. Insgesamt gaben 54 Frauen an, verheiratet zu sein. Von die-sen hatten 28 Frauen innerhalb der letzte vier Wochen vor dem Interview sexuellen Kontakt mit dem Partner. Nach eigenen Angaben hatte keine der Frauen außerehelichen Geschlechtsverkehr.

Im Folgenden werden die Fragen nach der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, dem Wunsch nach mehr, weniger oder anderem Verkehr und andere Aspekte der intimen partnerschaftlichen Beziehung in Abhängigkeit des Beschneidungstyps genannt. Auf die Durchführung von statis-tischen Tests wird verzichtet, da im Verhältnis zur der eigentlichen Stichprobengröße wenig Aussagen vorliegen. Dennoch vermitteln die Daten einen Eindruck über die partnerschaftliche Beziehungsdynamik in den Gruppen und werden daher in dieser Form aufgegriffen.

Aus der Gruppe der nicht beschnittenen Frauen waren sieben verheiratet, eine geschieden oder getrennt lebend und drei verwitwet. Von den verheirateten Frauen, gaben drei an während der letzten vier Wochen mit ihrem Ehemann geschlafen zu haben. Neun Frauen beantworteten weitere Fragen zum Thema Geschlechtsverkehr, wobei jeweils alle aussagten, dass ihr Ehemann nicht unter Impotenz oder Erektionsstörungen leide, der Geschlechtsverkehr stets aus freiem

Wille geschehe und auf die Gefühle der Frau seitens des Mannes eingegangen werde.

Aus der Gruppe der Typ I beschnittenen Frauen waren 25 verheiratet, 11 geschieden oder getrennt lebend und 7 verwitwet. 15 der verheirateten Frauen haben ihren Angaben zufolge während der letzten 4 Wochen durchschnittlich 1.95 mal Geschlechtsverkehr (±1.36, Range 0 - 5) gehabt. 9 Frauen waren mit der Häufigkeit zufrieden, eine Frau hätte gerne häufiger Geschlechtsverkehr und 5 Frauen weniger häufig. Eine Frau gab an, dass ihr Ehemann unter Impotenz beziehungsweise Erektionsstörungen leide. Bei der Mehrzahl der Frauen (n = 33, 55%) fand der Geschlechtsverkehr auf freiwilliger Basis statt und die Gefühle der Frauen wurden berücksichtig (n = 34, 88%). Eine Minderheit von 10 (24.4%) Frauen gab an, mit ihrem Ehemann über ihre Beschneidung geredet zu haben.

Von den Frauen, die eine Beschneidung nach Typ II/III erfahren hatten, waren 13 verheiratet, 19 geschieden oder getrennt lebend, 16 verwitwet und 6 Frauen lebten in einer polygamen Ehe. 10 der verheirateten Frauen gaben an, während der letzten vier Wochen durchschnittlich 3.10 (±2.26, Range 0 - 7) mal Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Nur eine Frau war mit der Häufigkeit zufrieden, 6 Frauen hätten gerne weniger Sex und drei Frauen mehr. Die Frage, ob ihr Ehemann unter Impotenz oder Erektionsstörungen leide, beziehungsweise litt, konnten insgesamt 41 Frauen beantworten (geschiedene und verwitwete Frauen einbezogen).

Drei Frauen bejahten die Frage. 26 (56.5%) von 46 Frauen, die bereit waren die Fragen zum Geschlechtsverkehr weiter zu beantworteten, gaben an, dass partnerschaftliche Intimitäten auch ohne ihr Einverständnis durchgeführt würden. Bei 25 (53.2%) der Befragten wurden die Gefühle der Frau beim Geschlechtsverkehr nicht berücksichtig. 36 (75%) von 48 Frauen hatten ihren Angaben zufolge nicht mit ihrem Ehemann über ihre Beschneidung und die damit zusammenhängenden Gefühle gesprochen. Außerdem wurden die Frauen gefragt, ob sie zur sexuellen Stimulation oder Unterdrückung von Schmerzen oder anderen Gefühlen während des Geschlechtsverkehrs Khat kauten. Dies wurde von allen Frauen verneint.

FGM-Schweregrad. Anhand der FGM-Checkliste wurde neben den Einzelauswertungen ein Maß für den Schweregrad der Beschneidung gebildet. Abbildung 3.2 beschreibt die Verteilung

der Werte in Bezug auf die konventionelle Typisierung weiblicher Genitalverstümmelung der WHO. Die Gruppe FGM I hat einen Mittelwert von -2.82 (±1.9, Range -4.44-2.70). Der Mittelwert der Gruppe FGM II/III liegt im positiven Bereich bei 2.86 (±3.1,Range -4.44-9.44).

Die Gruppen unterscheiden sich signifikant (F(2, 162) = 123.31, p ≤ .001).

Abb. 3.2: Der FGM-Schweregrad in Relation zu den konventionellen FGM-Typen

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