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4.4 Kinetik von Replikationsvorgängen in vitro

4.4.2 Kinetik nach Transfektion

Vom Zeitpunkt von 2 h bis zum Zeitpunkt von 24 h nach der Transfektion nahm die Virusgenomlast sowohl in den Zellen als auch in den Zellkulturüberständen um etwa drei log10-Stufen zu. Die größte Menge viraler RNA (1,2 x 109 Kopien/5 x 105 RLI-R-Zellen) wurde während dieser Untersuchung nach 24 h in den Zellen gefunden, nahm danach dort aber kontinuierlich ab. In den Zellkulturüberständen blieb die Virusgenomlast ab dem Zeitpunkt von 24 h nach Transfektion in etwa gleich (Abbildung 23).

1,00E+03 1,00E+04 1,00E+05 1,00E+06 1,00E+07 1,00E+08 1,00E+09 1,00E+10

Kopienl resp. 5,00E+05 Zellen

2 24 48 72

h nach Transfektion

RLI-R-Zellen Zellkulturüberstand

Abbildung 23: Virusgenomlast in RLI-R-Zellen und Zellkulturüberständen nach der Transfektion mit RHDV-RNA.

Insgesamt wurden für die Elektroporation 1,92 x 1011 Kopien RHDV-RNA eingesetzt. Da die Zellen in 16 ml Zellkulturmedium resuspendiert wurden, kann pro Vertiefung einer 24well-Gewebekulturplatte (0,5 ml resuspendierte Zellen) maximal eine Menge von 6 x 109 Kopien Input-RHDV-RNA vorhanden sein.

Mittels des indirekten Immunfluoreszenztestes konnte ab 24 h RHDV-Antigen in den Zellen nachgewiesen werden. Nach 48 h zeigte ein größerer Anteil der Zellen eine brillante grüne Fluoreszenz als nach 24 h. Dieser Anteil positiver Zellen war nach 72 h etwa gleich groß wie zum Zeitpunkt von 48 h, doch die Fluoreszenz war flächiger ausgebreitet (Abbildung 24).

Kinetik von Replikationsvorgängen in vitro

(a) (b)

(c) (d)

Abbildung 24: Nachweis von RHDV-Antigen in RLI-R-Zellen nach der Transfektion mit RHDV-RNA.

Mittels des indirekten Immunfluoreszenztestes wurden die Virusreplikation nach 2 h (a), 24 h (b), 48 h (c) und 72 h (d) überprüft. Für RHDV-Antigen positive RLI-R-Zellen erscheinen grün, während die Zellkerne rot angefärbt sind. Maßstabsbalken = 500 µm.

Nach 2 h waren der Hämagglutinationstest und der Antigen-ELISA noch negativ. Nach 24, 48 und 72 h wurden jeweils 26 HAE (hämagglutinierende Einheiten)/50 µl Zellkulturüberstand und ELISA-indices um 0,200 (0,194 nach 24 h, 0,208 nach 48 h, 0,213 nach 72 h) nachgewiesen.

Etablierung einer multiplex real-time RT-PCR für RHDV

5 DISKUSSION

5.1 Etablierung einer multiplex real-time RT-PCR für RHDV

Die real-time RT-PCR hat mehrere Vorteile gegenüber der konventionellen RT-PCR. Sie erlaubt die Quantifizierung unbekannter RNA-Mengen und ist i.d.R. sensitiver als eine konventionelle RT-PCR. Wenn die Detektion der Amplifikate mit Hilfe von fluoreszenzmarkierten Sonden erfolgt, ist außerdem ein Zuwachs an Spezifität gegeben. Da die Amplifizierung und die Detektion gleichzeitig ablaufen, ist diese Methode schneller und birgt ein geringeres Kontaminationsrisiko (NAZARENKO et al. 1997; SCHWEIGER et al.

2000; BLACK et al. 2002; MCKILLIP u. DRAKE 2004). Aus den genannten Gründen wurde im Rahmen dieser Arbeit ein multiplex real-time RT-PCR assay zur Detektion von RHDV entwickelt und validiert. Sie beinhaltet ein internes Kontrollsystem; und es wurden externe Standards für die absolute Quantifizierung unbekannter Mengen RHDV-RNA konstruiert und eingesetzt.

Die Primer und die TaqMan®-Sonde für RHDV wurden basierend auf einer Consensus-Sequenz aus 27 RHDV-Isolaten in der hochkonservierten Region F des VP60-Gens (NEILL 1992) ausgewählt. Für die Mehrheit dieser Sequenzen wurde eine 100 % Übereinstimmung der Oligonukleotide mit der Sequenz des VP60-Gens gezeigt, so daß die Detektion dieser 27 Isolate erwartet werden konnte. Eine TaqMan®-Sonde wurde ausgewählt, da die Verwendung einer Sonde als zusätzlichem hybridisierenden Oligonukleotid einen Zuwachs an Spezifität (GIBSON et al. 1996; HEID et al. 1996) bedeutet. Das ist insbesondere von Bedeutung, wenn die Detektion von genetisch ähnlichen Viren, wie z.B. dem RCV (CAPUCCI et al. 1996b), ausgeschlossen werden soll. Andere sequenzspezifische Sonden weisen keine entscheidenden Vorteile auf, während ihr Design Schwierigkeiten bereiten kann. Besonders bei der Auswahl von FRET-Sonden für Species- oder Genus-übergreifende real-time PCR assays ist das Auffinden von langen (ca. 50 Nukleotide) homologen Genomabschnitten nicht einfach oder immer möglich. Eine IC-spezifische real-time RT-PCR wurde als heterologes System in dem multiplex assay integriert (HOFFMANN et al. 2005).

In nicht dargestellten Vorversuchen wurden kommerziell erhältliche one-step RT-PCR Kits (QuantiTect™ Probe RT-PCR Kit, SuperScript™ III One-Step RT-PCR System,

DISKUSSION

QIAGEN OneStep RT-PCR Kit) als chemisch-enzymatische Basis für den assay getestet.

Von der Etablierung einer two-step RT-PCR wurde aufgrund des größeren Kontaminationsrisikos abgesehen - es wurden später sehr hohe Virusgenomlasten bis zu 2 x 1010 Kopien/mg Leber beim an akuter RHD verstorbenen Tier nachgewiesen. Eine maximale Sensitivität wurde mit dem SuperScript™ III One-Step RT-PCR System erreicht, weshalb dieses im Weiteren verwendet wurde. Bei diesem Kit besteht die Möglichkeit, die Konzentration der Magnesiumionen im Reaktionsansatz zu variieren und außerdem einen Referenzfarbstoff in der gewünschten Konzentration zuzugeben. Die Magnesiumionen stellen einen Kofaktor der Taq-Polymerase dar (CHIEN et al. 1976), weshalb ihre Konzentration einen entscheidenden Einfluß auf die Sensitivität und Spezifität einer PCR nimmt. Als optimale Konzentration wurden 1,6 mM Magnesiumionen im 25 µl-Reaktionsansatz eingesetzt. Diese Konzentration wurde innerhalb des vom Hersteller empfohlenen Bereiches ermittelt und ist im Vergleich zu anderen real-time PCR-Protokollen relativ gering. Der Grund hierfür ist, daß es sich bei dem SuperScript™ III One-Step RT-PCR System um ein nicht ausschließlich für die real-time RT-PCR entwickeltes Kit handelt. Trotzdem hatte es sich als am besten geeignet für den zu etablierenden real-time RT-PCR assay erwiesen, wobei neben der Sensitivität auch die Möglichkeiten der Optimierung (Variation der Magnesiumionenkonzentration, Zugabe des Referenzfarbstoffes) mit Hinblick auf die Entwicklung eines multiplex assays berücksichtigt wurden. Der Referenzfarbstoff ROX wurde zugesetzt, um Unterschiede in den Fluoreszenzwerten, die nicht mit der Amplifizierung des Zielgens zusammenhängen, zu korrigieren. Ferner wurden für den single assay 20 pmol der RHDV-spezifischen Primer und 2,5 pmol der Sonde vp60-9_fam pro Reaktionsansatz verwendet, womit die frühsten Ct-Werte in Kombination mit maximalen Fluoreszenzwerten erreicht wurden. Empirisch wurde die günstigste Annealing-Temperatur ermittelt, sie lag bei 55 °C und damit ca. 1 bzw. 2 °C unter der Schmelztemperatur der Primer (RYCHLIK et al. 1990). Für den multiplex assay wurde sowohl die Annealing- als auch die Elongations-Phase von 30 s (single assay) auf 45 s verlängert, um so die Synthese der komplementären Stränge beider Amplifikate zu gewährleisten. Die IC-spezifischen Primer wurden dabei in einer limitierten Konzentration von 5 pmol pro Reaktionsansatz eingesetzt, um eine kompetitive Inhibition der Amplifizierung des Zielgens zu vermeiden.

Etablierung einer multiplex real-time RT-PCR für RHDV

Bei der hergestellten positiven Kontrolle (PC) handelt es sich genau wie bei der internen Kontrolle (IC) um in vitro-transkribierte RNA. Beide Kontrollen sind damit nicht-infektiös, und ferner kann die IC universell in verschiedenen assays verwendet werden (HOFFMANN et al. 2005).

Die PC dient der Überprüfung der Funktion von Primern und Sonde. Außerdem wurden aus einer Verdünnungsreihe externe RNA-Standards hergestellt, die die absolute Quantifizierung unbekannter RNA-Mengen ermöglichen. Mittels dieser RNA-Standards wurde eine analytische Sensitivität von 10 Kopien PC RNA/Reaktion und ein dynamischer Bereich des assays über 10 log10-Stufen nachgewiesen. Somit kann der real-time RT-PCR assay für RHDV zum einen dort eingesetzt werden, wo hohe Virusgenomlasten erwartet werden, z.B. in der akuten Phase der Erkrankung, die in anderen Studien mittels konventioneller RT-PCR untersucht wurde (GUITTRE et al. 1996; SHIEN et al. 2000). Zum anderen ist die Verwendung bei speziellen Fragestellungen, wie der Untersuchung einer möglichen Viruspersistenz, bei denen eine hochsensitive Methode benötigt wird, möglich.

Die IC dient der Überprüfung der Effizienz der RNA-Isolierung, der RT und der PCR in jeder einzelnen Probe. Sie wird während der RNA-Isolierung nach der Lyse der Probe und Inaktivierung von RNasen zugesetzt und kann so eine Degradation der RNA oder inhibitorische Effekte, z.B. bei problematischen Proben wie Leber oder Faeces, aufdecken.

Somit ist die Verwendung einer IC eine wichtige Basis zur absoluten Quantifizierung und darüber hinaus im Hinblick auf den speziellen Tropismus des RHDV als Calicivirus (Leber, Darm) unabdingbar. Die IC wird im multiplex assay koamplifiziert und detektiert. Ein häufig beschriebenes Problem von multiplex assays ist eine Inhibition der Amplifizierung der Zielsequenz, die mit einem Verlust an Sensitivität für das Zielgen einhergeht (HOFMANN 2003; PERSSON et al. 2005). Das konnte vermieden werden, indem die Konzentration der IC-spezifischen Primer limitiert, für die IC eine deutlich größere Amplifikatlänge als für das Zielgen gewählt und die IC nur in limitierter Menge eingesetzt wurde (HOFFMANN et al.

2005). Entsprechend konnte eine identische Sensitivität des single und multiplex assays für RHDV nachgewiesen werden. Bei großen Mengen viraler RNA wurde jedoch eine Inhibition der Amplifizierung der IC beobachtet. Diese stellt kein Problem dar, weil die IC dazu dient, falsch negative Ergebnisse auszuschließen (HOFMANN 2003). Außerdem besteht immer die Möglichkeit, RHDV-RNA und IC in zwei unabhängigen Reaktionen zu amplifizieren.

DISKUSSION

Im Rahmen der Validierung der real-time RT-PCR für RHDV wurde deren Sensitivität mit einer etablierten konventionellen RT-PCR und einem Antigen-ELISA verglichen. Dabei wurden jeweils die beiden beschriebenen Subtypen des RHDV verwendet. Die real-time RT-PCR war mehrere log10-Stufen sensitiver als die konventionelle RT-PCR mit 30 Zyklen. Daraufhin wurden 40 Zyklen in der konventionellen RT-PCR verwendet, um eine Vergleichbarkeit der Reaktionsbedingungen zu erhalten. Nun war die real-time RT-PCR mindestens eine log10-Stufe sensitiver als die konventionelle RT-PCR. Die höhere Sensitivität erklärt sich durch die Amplifizierung eines deutlich kürzeren Fragmentes als in der konventionellen RT-PCR (TOOULI et al. 2000). Es traten Probleme bei der Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der konventionellen RT-PCR in den höchsten Verdünnungen des templates auf, die sich wahrscheinlich mit einer Kreuzkontamination zwischen den Proben - bedingt durch ein dreischrittiges Protokoll - begründen lassen. Die real-time RT-PCR war mehrere Größenordnungen sensitiver als der Antigen-ELISA. Positive Ergebnisse im Antigen-ELISA entsprachen etwa 107 Kopien/Reaktion und mehr. Da kein Zellkultursystem für RHDV besteht, ist die real-time RT-PCR somit die zur Zeit sensitivste Methode zur Detektion des RHDV, die außerdem eine große „Robustheit“, d.h. eine hohe Reproduzierbarkeit und ein geringes Kontaminationsrisiko, aufweist.

Die Spezifitätstests ergaben eine 100 % Spezifität des assays für RHDV. Alle getesteten RHDV-Stämme waren positiv, während die anderen verwendeten Viren und Organe negativer Tiere keine FAM-Fluoreszenz oberhalb des Fluoreszenzschwellenwertes erzeugten. Das in Italien beschriebene apathogene RCV (CAPUCCI et al. 1996b, accession number X96868) wurde von der Autorengruppe nicht für die Untersuchung der Spezifität im Rahmen der Validierung der real-time RT-PCR für RHDV zur Verfügung gestellt. Da die Sonde vp60-9_fam in der zentralen Region drei fehlerhafte Basenpaarungen mit der RCV-Sequenz aufweist, der Primer vp60-7_for eine solche am 3´-Nukleotid zeigt und eine weitere fehlerhafte Basenpaarung im Primer vp60-8_rev vorhanden ist, ist die Detektion des RCV jedoch höchst unwahrscheinlich.

Zusammenfassend wurde eine real-time RT-PCR als neue Methode zur Detektion des RHDV etabliert und in Anlehnung an das „Manual of Diagnostic Tests and Vaccines for Terrestrial Animals“ der OIE validiert (ANONYMUS 2004). Dabei sind die Stufe 1 (Durchführbarkeitsstudien - d.h. Auswahl von Methode, Kontrollen und Standards)

Nachweis der Persistenz von Virusgenom in rekonvaleszenten sowie immunisierten und danach feldvirusexponierten Kaninchen sowie im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten die Stufe 2 (Etablierung und Standardisierung - d.h. Auswahl, Optimierung und Standardisierung sowohl der Konzentration der Reagentien als auch der Protokolle, Bestimmung der analytischen Sensitivität und Spezifität, vorläufige Wiederholbarkeitsstudien) des 5 Stufen umfassenden Validierungsprozesses abgeschlossen. Es ist geplant, im Rahmen der sich anschließenden Stufe 3 (Bestimmung der Testleistung) anhand von Referenzproben sowohl infizierter als auch nicht infizierter Tiere die diagnostische Sensitivität und Spezifität zu kalkulieren, wobei der geforderte Vergleich mit einem „Goldstandard“ aufgrund der fehlenden Definition eines solchen nicht möglich sein wird. Die Wiederholbarkeit, Reproduzierbarkeit, Präzision und Akkuratheit sollen überprüft werden. Danach sollte die Leistung weiter beobachtet werden (Stufe 4) und letztendlich die Validierung weitergeführt und ausgeweitet werden (Stufe 5). Im Moment steht die im Rahmen dieser Arbeit etablierte real-time RT-PCR zum Nachweis des RHDV für spezifische, hochsensitive und quantitative Untersuchungen im Rahmen von in vivo- und in vitro-Studien zu Verfügung.

5.2 Nachweis der Persistenz von Virusgenom in rekonvaleszenten sowie