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2.1 Die Rabbit Haemorrhagic Disease

2.1.3 Epidemiologie und Bekämpfung

Erstmals wurde die RHD 1984 in China beschrieben (LIU et al. 1984), wo sie bei Kaninchen auftrat, die aus Deutschland importiert wurden. Es sind ausschließlich adulte Kaninchen der Species Oryctolagus cuniculus empfänglich. Heute ist die Erkrankung nahezu weltweit

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verbreitet und tritt in Asien, Europa, Afrika, Mittel- und Nordamerika auf (MITRO u.

KRAUSS 1993). Die RHD ist in der Liste B der OIE (frz. Office International des Èpizooties, internationales Tierseuchenamt) aufgeführt. Aufgrund der hohen Mortalität und der schnellen Ausbreitung der Erkrankung wurde die Eignung des RHDV zur Bekämpfung der Wildkaninchenplage in Australien untersucht. Während der Versuche auf einer Insel erreichte das Virus 1995 das Festland von Australien und wurde zwei Jahre später nach illegaler Freisetzung auch in Neuseeland nachgewiesen (THOMPSON u. CLARK 1997; KOVALISKI 1998).

Das RHDV hat eine hohe Kontagiosität und Tenazität (SMID et al. 1991), weshalb neben dem direkten Kontakt der Tiere auch die indirekte Übertragung durch belebte und unbelebte Vektoren von Bedeutung ist. Die Ausscheidungswege sind nicht vollständig aufgeklärt.

Mittels des Hämagglutinationstestes konnte das RHDV in Gallenflüssigkeit detektiert werden, Konjunktivaltupferproben und konzentrierte Urinproben waren nur sehr schwach positiv.

Durch RT-PCR wurde virale RNA in Kotproben, Urin und Gallenflüssigkeit nachgewiesen (NOWOTNY et al. 1993; SHIEN et al. 2000).

Das Auftreten klinischer Erscheinungen ist abhängig vom Alter der Tiere und der Immunitätslage. Es erkranken ausschließlich adulte Kaninchen. Bis heute ist nicht geklärt, warum Tiere bis zu einem Alter von 10 - 12 Wochen experimentell infizierbar sind, aber keine klinischen Symptome zeigen. Bei 4 Wochen alten Tieren wurden eine akute transiente Neutropenie, ein Anstieg der Aktivität der hepatischen Transaminasen sowie Infiltrate von Lymphozyten und eine geringgradige Zellschädigung in der Leber nachgewiesen (FERREIRA et al. 2004, 2005). Mittels Immunhistologie konnten PRIETO et al. (2000) bei 6 Wochen alten Tieren und MIKAMI et al. (1999) bei 2 bzw. 4 Wochen alten Tieren in der Leber RHDV-Antigen nachweisen. SHIEN et al. (2000) beobachteten bei 4 - 5 Wochen alten Tieren Fieber und eine Serokonversion. Mittels RT-PCR konnten sie virale RNA in den ersten Tagen nach der Infektion in diversen Organen und bis zu 47 d.p.i. in der Gallenflüssigkeit und der Milz nachweisen.

Da in Australien sowohl in Seren gesunder Kaninchen aus dem Jahre 1996 als auch in Seren, die vor dem Auftreten der RHD auf dem Festland gewonnen wurden, RHDV-spezifische Antikörper nachgewiesen wurden, wurde die Existenz eines nicht-pathogenen Calicivirus vor dem Jahre 1995 postuliert (NAGESHA et al. 2000). Das apathogene RCV, das insbesondere

LITERATURÜBERSICHT

im Darm vorkommt, wurde als potentieller Vorläufer des RHDV beschrieben (CAPUCCI et al. 1996b). Die Infektion von Kaninchenpopulationen mit diesem Virus führt zu einer Seroprävalenz von 100 % in adulten Tieren, die einen Kreuzschutz gegenüber dem RHDV bewirkt (CAPUCCI et al. 1997).

In letzter Zeit wurde aufgrund serologischer Untersuchungen und der Detektion viraler RNA in Organen von gesunden Kaninchen eine Viruspersistenz als bedeutender Faktor in der Epidemiologie diskutiert. FORRESTER et al. (2003) wiesen virales Genom in kompletter Länge in Lebern mittels nested RT-PCR und Sequenzierung nach und schlossen daraus auf persistierende RHDV-Infektionen in Neuseeland. Virale RNA wurde weiterhin mittels nested RT-PCR in Seren aus den Jahren 1955 bis 1980 aus Großbritannien detektiert (MOSS et al. 2002). Diese Arbeitsgruppe schlußfolgerte, daß ein avirulentes RHDV in der Population zirkulierte und diskutierte ebenfalls die Persistenz eines virulenten oder genetisch ähnlichen avirulentem RHDV trotz der Anwesenheit von Antikörpern. Experimentelle Beweise für diese These fehlen bisher.

Kaninchen, die RHDV-spezifische Antikörper aufweisen, sind vor der Erkrankung geschützt.

Es gibt aber auch serologische Hinweise auf ein RHDV-ähnliches Virus, das keine Kreuzimmunität bewirkt (MARCHANDEAU et al. 2005). Nach einer Vakzinierung bildet sich eine schützende Immunität innerhalb eines Zeitraums von ca. einer Woche aus; der Schutz bleibt für mindestens ein Jahr erhalten (ANONYMUS 2004).

Da die RHD eine i.d.R. akut verlaufende und nicht therapierbare Erkrankung ist, steht bei der Bekämpfung neben hygienischen Maßnahmen die prophylaktische - und evtl. auch metaphylaktische - Impfung im Vordergrund. Die kommerziell erhältlichen Vakzinen basieren auf inaktivierten und mit Adjuvans versetzten Leberhomogenaten von experimentell infizierten Kaninchen. Zur Zeit sind in Deutschland die Impfstoffe Cunivak RHD (Impfstoffwerk Dessau-Tornau), Lapimed® RHD (Merial) und RIKA-VACC (Riemser Arzneimittel) zur RHD-Prophylaxe sowie der Kombinationsimpfstoff Dercunimix®

(Merial) mit zusätzlichem Schutz gegen die Myxomatose erhältlich. Es handelt sich ausschließlich um monovalente Vakzinen, die aber ebenfalls - wenn auch mit geringerer Effizienz - einen Schutz gegen den seit 1998/1999 vermehrt nachgewiesenen zweiten Subtyp des RHDV verleihen. Verschiedene Subunitvakzinen sind in den letzten 15 Jahren entwickelt und unter experimentellen Bedingungen eingesetzt worden. Sie gewährleisten einen Schutz

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vor der Infektion mit RHDV, bislang ist aber keine dieser Vakzinen auf dem Markt erhältlich.

Als Expressionssysteme für das VP60 als Hauptimmunogen des RHDV sind Escherichia coli (BOGA et al. 1994), Saccharomyces cerevisiae (BOGA et al. 1997), Pichia pastoris (FARNOS et al. 2005) und transgene Pflanzen (CASTANON et al. 1999;

FERNANDEZ-FERNANDEZ et al. 2001) verwendet worden. Weiterhin wurden virale Expressionssysteme wie Vaccinia- (BERTAGNOLI et al. 1996b), Kanarienpocken- (FISCHER et al. 1997), Myxoma- (BERTAGNOLI et al. 1996a; BARCENA et al. 2000;

TORRES et al. 2001) und Bakuloviren (LAURENT et al. 1994; MARIN et al. 1995;

NAGESHA et al. 1995; PLANA-DURAN et al. 1996) genutzt. Bei der Expression des VP60 über rekombinante Bakuloviren setzt sich das Protein zu so genannten

„virus-like particles (VLPs)“ zusammen, die ebenfalls immunogen wirken (LAURENT et al.

1994; NAGESHA et al. 1995; SIBILIA et al. 1995; PLANA-DURAN et al. 1996).

2.1.4 Laboratoriumsdiagnose