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und das Problem der Auswahl der Inhalte des Lehrens und Lernens

4.2 Kategoriale Bildung und elementare Didaktik: Grund- Grund-idee, Entwicklungen und Diff erenzierungen – Analyse

4.2.3 Kategoriale Bildung und elementare Didaktik

Im Folgenden wird nun genauer auf die Grundidee der kategorialen Bildung und auf den Modus der von Klafki als „Verknüpfung oder Verschmelzung“ bezeichne-ten Synthese der Grundkategorien „Subjekt und Objekt“ im Prozess der Bildung eingegangen. Von da aus wendet sich die Argumentation dem „Problem des Ele-mentaren“ sowie weiteren didaktischen Anschlussperspektiven zu. Klafki entwi-ckelte im zweiten Teil seiner Doktorarbeit das Verständnis kategorialer „Bildung“

systematisch und setzt in Anlehnung an Weniger mit folgenden grundlegenden Bestimmungsversuchen an:

• Bildung sei „jene Verfassung des Menschen, … die ihn in den Zustand versetzt, sowohl sich selbst als auch seine Beziehungen zur Welt in Ordnung zu brin-gen“. Insofern sei Bildung „eine Kategorie des Seins“, nicht (bloß) des „Wissens oder Erlebens“ (Klafki, 1964, S. 295).

• Bildung gehe nicht „aus dem Menschen allein hervor“, sondern setze „Begeg-nung und Auseinandersetzung mit Dingen und Vorgängen der Welt“ voraus.

Bildung sei jenes „Phänomen“, in dem „wir – im eigenen Erleben oder im Ver-stehen anderer Menschen – unmittelbar der Einheit eines subjektiven (forma-len) und eines objektiven (materia(forma-len) Moments innewerden“. Diese „Einheit“

sei nicht als ein „nicht nur, sondern auch“ (als bloße Addition) zu verstehen, sondern Ausdruck einer „kategorialen Verschmelzung“ (ebd., S. 296).

• Der gemeinte Prozess sei schwer und nur mit „verschränkenden“ Formulierun-gen zu beschreiben: Bildung bedeute: „Erschlossensein einer dinglichen und geistigen Wirklichkeit für einen Menschen (objektiver Aspekt), aber zugleich:

Erschlossensein dieses Menschen für diese seine Wirklichkeit (subjektiver As-pekt)“. Die doppelseitige Erschließung geschehe als Sichtbarwerden von allge-meinen Inhalten auf der objektiven Seite und als Aufgehen allgemeiner Ein-sichten, Erlebnisse, Erfahrungen auf Seiten des Subjekts. Anders formuliert:

„Das Sichtbarwerden von allgemeinen Inhalten auf der Seite der Welt ist nichts an-deres als das Gewinnen von Kategorien auf der Seite des Subjektes. Jeder erkannte oder erlebte Sachverhalt auf der objektiven Seite löst nicht eine subjektive, forma-le Kraft aus oder ist Übungsmaterial solcher subjektiven Kräfte, sondern ist selbst Kraft in einem übertragenen Sinn, insofern – und nur insofern – er ein Stück Welt erschließt und verfügbar macht.“ (ebd., S. 297)

Wendet man sich von hieraus dem Problem des „Elementaren“ und dem dort mit-klingenden Problem der Bewältigung der schulischen Stofffülle zu, so schieden für Klafki zwei diskutierte Lösungsansätze von vornherein aus: a) eine materiale Lösungsvariante in Form einer „Kanonisierung von Stoffen“: Auswahl, Bestim-mung, klare Festschreibung von Inhalten auf Lehrplanebene oder qua Theorie und b) die formale Lösungsvariante mit dem Merkmal der „Gegenstands-Indifferenz“:

Inhalte würden hiernach als beliebig austauschbar erklärt, Praxis würde an all-gemeinen Erziehungsprinzipien oder entwicklungspsychologisch-biologischen Grundsätzen orientiert.

Eine Lösungsstrategie aus Sicht der „kategorialen“ Bildungstheorie (begehba-re Variante c) entwickelte Klafki auf folgendem Wege: Der Bildungseinrichtung Schule schrieb er die Aufgabe der „Bildung zur Selbstbildung“ zu (ebd., S. 414).

Bildungsprozesse würden in der freien Welt-Begegnung von Menschen – unter Bedingungen vorzufi ndender gesellschaftlicher Realität – nicht zwangsläufi g in der Art, wie oben beschrieben, Wirklichkeit, zumindest nicht „allen“ Menschen ohne Weiteres zuteil. Durch Bildung zur Selbstbildung müsse Schule bewirken, dass von der Grundlage dort entwickelter „elementarer“ Kompetenzen tatsächlich selbständige Aneignung von Welt möglich werde. In Folge des Gelingens der Ent-wicklung „elementarer“ (nicht formaler) Kompetenzen zur Selbstbildung wäre die Schule von dem Zwang befreit, alles und jedes zur Vermittlung zu bringen, was die

„Welt“ an Lerngegenständen bereithält.

Hiermit war eine Lösungsrichtung zum Problem des Elementaren angedeutet, der Lösungsweg selbst bedurfte jedoch weiterer Konkretion. Es schloss sich die Frage an, wie die Entwicklung „elementarer Kompetenzen zur Selbstbildung“

didaktisch weiter zu denken und durch praktische Maßnahmen zu unterstützen wäre. An der Stelle kommt Klafkis Modell der „Didaktischen Analyse“ ins Spiel (Klafki, 1963, im Weiteren zit. nach Aufl . 1975, S. 126-154). Ziel der durch die Di-daktische Analyse vorzubereitenden schulischen Unterrichtsprozesse war die Be-förderung grundlegender Befähigungen, mit deren Unterstützung Vorgänge und Dinge von Welt refl exiv, rückbezogen auf eine entscheidende personale Instanz, das „Selbst“ (als das refl ektierende und refl ektierte Ich) verstehbar und handelnd verfügbar würden. Im Unterricht sollten entsprechende Kompetenzen mit Hilfe

„selbstständiger“ Vermittlungsformen (in einem „demokratischen“ Unterrichtsstil) sowie in Auseinandersetzung mit beispielhaften Gegenständen (Inhalten) von Welt in einem „thematisch strukturierten“ Prozess entwickelt werden (ebd., 137f.). Ein erster Schritt war die „Umformung“ der zur Thematisierung erwogenen komplex oder spezialisiert entwickelten Inhalte „von Welt“ (nach Klafki: der Erwachsenen-Welt) in Richtung struktureller Vereinfachung, Rückführung auf „ursprüngliche Formen und Grundideen“ oder m.a.W.: Erschließung von Welt für die Subjekte (Kinder, Jugendliche). So erschlossen, in den Erlebnis- und Verstehens-Horizont der Lernenden gebracht bzw. „elementar verfügbar“ gemacht, würden zugleich die Subjekte selbst für die Inhalte dergestalt erschlossen, in der diese sich in der „Er-wachsenenwelt“ präsentieren. Diese könnten nun, in einem zweiten Schritt, zum Ansatzpunkt fruchtbarer, spezieller fachlich-fachwissenschaftlich ausgerichteter Bildungsprozesse werden. Schließlich sollte in einem bedeutsamen dritten Schritt eines durch die Didaktische Analyse nahegelegten Vermittlungsprozesses erneut eine Perspektiverweiterung mit Blick auf den zu behandelnden Gegenstand im Sinne „exemplarischen“ Lernens erfolgen. An der Stelle war der Rahmen zuvor er-folgender speziellerer fachwissenschaftlicher Betrachtungen wieder zu überschrit-ten und eine refl exiv-produktiv-handelnde Beziehung zu „Schlüsselproblemen von Welt“ herzustellen (Klafki, 1975, S. 135).

Die drei eben angedeuteten Schritte des Gesichtspunktes der „thematischen Strukturierung“ im Kontext der Didaktischen Analyse Klafkis werden nun noch-mals in Verbindung mit drei qualitativen Grundfragen, die ebenfalls in themen-konstituierender Hinsicht an die Unterrichtsgegenstände zu richten sind, beleuch-tet:

a) Fundamental scheint uns in dem Zusammenhang eine mit der Didaktischen Analyse zu refl ektierende Frage nach der „Gegenwartsbedeutung“ einer The-matik für die Lernenden zu sein: Didaktisch konstruktive Konsequenz dieses Momentes wäre u. E. die o.a. Transformation von Inhaltsaspekten nach dem Prinzip der Elementarisierung: Erschließung des Gegenstandes für Subjekte durch Formveränderung, Vereinfachung, Wahl grundlegender Artikulations-formen der Thematik aus der Lebenswelt, dem Erfahrungshorizont von Ler-nenden.

b) Eine weitere Frage, nach der „Zukunftsbedeutung“ einer Thematik, sollte mehr den Blick auf die Objektseite bzw. die speziellere Erscheinungsform des Ge-genstandes in der „Erwachsenenwelt“ (Gesellschaft, Kultur, auch: fachwis-senschaftliche Inhaltssichten) lenken. Von zuvor geschaffenen Grundlagen aus (Erschließung einer Thematik für die Subjekte nach dem Gesichtspunkt der „Gegenwartsorientierung“) würde es nun möglich werden, Lernende mit

entwickelten komplexeren Formen des Gegenstandes in fruchtbare Berührung zu bringen und an diesen Kompetenzen im Hinblick auf Selbstbildung weiter auszuformen.

c) Klafki sprach mit einer weiteren Frage, nach der „exemplarischen Bedeutung“

ein u. E. gerade für die Innovation von Sportunterricht hoch aktuelles Moment der Unterrichtskonstituierung an: Im Anschluss an eine begründete themati-sche Spezifi zierung sollte an der Stelle eine Perspektivenerweiterung auf allge-meinere, fachübergreifende „Sinn- und Sachzusammenhänge“, Probleme von Bedeutung für Subjekt und Welt erfolgen, die in einer Thematik – vielleicht verschlüsselt – mit enthalten sind (vgl. Klafki, 1975, S. 135). Klafki führte später, im Kontext der neuen Allgemeinbildungsdiskussion „exemplarische Schlüsselprobleme“ von Welt an: die „Friedensfrage“, das Problem Bildung

„für alle“, das „Leistungsprinzip“, globale „Gesundheit“ u. W. (Klafki, 1985).

Wir betrachten diese Thematiken zugleich als Solche, die originär in der Sache bzw. im fachlichen Gegenstand Bewegung, Spiel und Sport mit enthalten sind und sinnvolle Ansatzpunkte für exemplarisches Lernen in einem von uns anvi-sierten innovativen Sportunterricht bilden.10

4.2.4 Von der kategorialen Bildung zu einem