• Keine Ergebnisse gefunden

H) Verschimmeltes Heu:

2.5 Interaktionen zwischen Protozoen, Bakterien und Pilzen

Wechselwirkungen zwischen ruminalen Protozoen-, Bakterien- und Pilzpopulationen sind wichtig, um eine Stabilität in der mikrobiellen Gemeinschaft aufrecht zu erhalten und eine gleichmäßige Zusammensetzung mikrobieller Fermentationsprokukte zu gewährleisten (WILLIAMS u. COLEMAN 1997; WOLIN et al. 1997).

Im Gegensatz zu USHIDA et al. (1989a), ARGYLE und FORSTER (1989) sowie ROMULO et al. (1986; weitere Autoren s. Tab. 2.3.1) stellen WILLIAMS und WITHERS (1993) bei der ruminalen Protozoenbesiedlung keine Änderung der Bakterien- und Pansenpilz-konzentrationen fest.

2.5.1 Interaktionen zwischen Protozoen und Bakterien

Zwischen Protozoen und Bakterien finden räuberische, parasitierende und symbiotische Interaktionen statt (WILLIAMS u. LLOYD 1993; WILLIAMS et al. 1993).

Bakterien werden von Pansenziliaten phagozytiert und in zytoplasmatischen Vesikeln verdaut (COLEMAN 1989; BONHOMME 1990; WILLIAMS u. COLEMAN 1992; WELLS u.

RUSSEL 1996). Entodinium caudatum nimmt beispielsweise alle von COLEMAN (1964a) getesteten Bakterienarten auf, während andere Protozoen selektiv bestimmte bevorzugen oder abweisen. Selenomonas ruminantium, Bacillus megaterium, Proteus mirabilis und Butyrivibrio fibrisolvens werden häufig schneller inkorporiert, Escherichia coli und Prevotella ruminicola dagegen nur langsam oder gar nicht (näheres s. bei COLEMAN 1986a). Die von einzelnen Autoren (z. B. WHITE 1969; HINO u. KAMETAKA 1977) in Protozoen gefundenen unterschiedlichen Bakterienarten reflektieren deren Vorkommen im Wachstumsmedium (WILLIAMS u. COLEMAN 1992). Ihre Anzahl nimmt nach der Fütterung kontinuierlich ab (WHITE 1969). Die Aufnahmerate ist dabei abhängig von der Geschwindigkeit, mit der ein Bakterium den Oesophagus des Protozoon passieren und in Nahrungsvesikel geformt werden kann, von der Fähigkeit Beute zu finden, vom ruminalen pH-Wert mit einem Optimum von 6,0 und in geringem Maße von der ruminalen Salzkonzentration (COLEMAN u. SANDFORD 1979a). Es werden sowohl das Verhältnis einzelner Bakterienspezies zueinander als auch die Größe der Bakterienpopulation beeinflußt, die bei ziliatenfreien Tieren um 50 – 90 % erhöht sein kann (NEWBOLD et al. 1996;

WILLIAMS u. COLEMAN 1997).

Entodinium caudatum tötet und verdaut Bakterienspezies auf unterschiedliche Weise und zu unterschiedlichen Prozentraten (COLEMAN u. HALL 1972): Klebsiella aerogenes ist unter anaeroben Bedingungen (intraprotozoal) in der Lage, aus den Zwischenprodukten des Stärkeabbaus Glukose und Maltose eine Polysaccharidkapsel aufzubauen und sich auf diese Weise gegen seine Verdauung zu schützen (COLEMAN 1975b). Phagozytierte Proteus mirabilis können dagegen auch ohne Schutzhülle überleben und sind nach 2,5 Stunden noch zu 82 % sichtbar (COLEMAN 1967a). Gram-negative Bakterien wie Escherichia coli werden abgesehen von der Polysaccharid-Zellmembran vollständig abgebaut. Gram-positive, lysozymempfindliche Keime wie Bacillus megaterium werden aufgrund der raschen Zellwandauflösung schnell verdaut, während lysozymeresistentere wie Staphylococcus aureus

und Streptococcus faecalis als erstes ihren Zellinhalt verlieren, bevor die Digestion der Zellwand beginnt (COLEMAN u. HALL 1972).

Bakterien sind die wichtigste Stickstoffquelle für protozoales Wachstum (WILLIAMS u.

COLEMAN 1997). Ein Teil der bakteriellen Aminosäuren wird unverändert oder als verwandte Säure inkorporiert, ein Teil azetyliert, formyliert oder desaminiert und in den Zell-Pool freigesetzt sowie ein Teil in das Medium abgegeben. Letzterer ist abhängig von der Schnelligkeit, mit der die Bakterienart verdaut werden kann, von dem Energiestatus des Protozoon, wobei mehr bakterieller Kohlenstoff bei Energiemangel frei wird, und von der Salzkonzentration, die bei niedrigen Werten fördernd wirkt (COLEMAN u. SANDFORD 1979a). Bakterielle Nukleinsäuren werden in protozoale Nukleinsäuren assimiliert (COLEMAN 1968). Außerdem dienen Mikroben als Quelle für Protozoenlipide (WILLIAMS 1986) und als Lieferant für Speicherpolysaccharide (WOLIN et al. 1997).

Bakterien leben mit Protozoen auch symbiotisch als Ekto- oder Endobionten zusammen (COLEMAN u. WILLIAMS 1997).

BRETSCHNEIDER und VAN VORSTENBOSCH (1964), PAUL (1990), PAUL et al.

(1990a) sowie JONES (1994) beweisen elektronenmikroskopisch deren Präsenz im Zytoplasma und gelegentlich im Nukleus. HASTINGS (1944) weist sie mit Janusgrün als Vitalfärbung im Ekto- und Endoplasma nach. LLOYD et al. (1996) benutzen eine konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie. Die Anzucht intrazellulärer Bakterien ist jedoch wenig erfolgreich (WHITE 1969; COLEMAN 1989; JONES 1994). PAUL (1990) beobachtet zystenähnlich eingeschlossene Bakterien, die den von LUBINSKY (1955a, b) beschriebenen Sporangien parasitischer Pilze gleichen. Intrazelluläre Bakterien metabolisieren lösliche Protozoenprodukte (COLEMAN 1975a) und sezernieren polysaccharolytische Enzyme, die die von Protozoen phagozytierten Pflanzenzellwände verdauen können (THINÈS-SEMPOUX et al. 1980; JONES 1994). Eine enge Gesellschaft von methanogenen Bakterien zu den Hydrogenosomen von Charonina ventriculi, Isotricha und Entodiniomorphida deutet eine funktionale Beziehung an: einen zwischenartlichen Hydrogen-Transfer (FENCHEL u.

FINLAY 1991; FINLAY et al. 1994; LLOYD et al. 1994, 1996; MILLER 1995).

Zytobiotische Bakterien sind jedoch weitaus häufiger an der äußeren Protozoenpellikula oder bei Holotricha zwischen somatischen Zilien gefangen zu finden (IMAI u. OGIMOTO 1978;

PAUL 1990; JONES 1994). Es handelt sich um Streptococcus bovis und Ruminococcus albus (IMAI u. OGIMOTO 1978), Bacterium A und B, wobei Bacterium B ampicillinempfindlich ist und 3H-Glyzin schneller aufnimmt (COLEMAN u. HALL 1974; COLEMAN 1978c), und um Archaea (LLOYD et al. 1994, 1996). Bei Letzteren läßt der epifluoreszenzmikroskopische Nachweis von Zytochrom F420, einem Elektronentransport-Carrier, auf deren methanogene Aktivität schließen (VOGELS et al. 1980; STUMM et al. 1982; KRUMMHOLZ et al. 1983).

IMAI und OGIMOTO (1978) schätzen den Bakterienbesatz bei holotrichen Ziliaten auf 40 - 50 pro 200 µm² Protozoenoberfläche. VOGELS et al. (1980) finden bei Entodiniomorphiden bei allen Entodinium bursa, bei 80 % der Entodinium longinucleatum, bei > 50 % der Eudiplodinium maggii und bei 10 – 100 % aller Eremoplastron bovis Methanogene an deren Oberfläche.

Die metabolischen Interaktionen erhöhen die Fermentation der Protozoen und verändern deren Stoffwechselprodukte derart, daß Methan anstelle von Wasserstoff akkumuliert, die Butyrat- und Laktatspiegel sinken, während Azetat- und ATP-Produktion ansteigen (HINO 1983; HILLMAN et al. 1988; ELLIS et al. 1990a, b). Darüber hinaus wird die Sauerstoffempfindlichkeit der Methanogenen gesenkt (HILLMAN et al. 1988; ELLIS et al.

1990a, b). Die Methonogenese derartiger Bakterien machen je nach Diät und Protozoenpopulationszusammensetzung zwischen 9 und 37 % der ruminalen Methanproduktion aus (FINLAY et al. 1994; NEWBOLD et al. 1995).

Methanogene Bakterien heften sich selbstständig an Protozoen und können diese möglicherweise auch aus anderen Gründen als nur zur Methanogenese als Oberfläche benutzen (WILLIAMS u. COLEMAN 1992). Das Nahrungsangebot im Pansen spielt für ihre Anheftung eine wichtige Rolle: Vor der Fütterung (Schaf) sind 65 % aller Ziliaten mit diesen assoziiert, nach der Fütterung aber nur 25 % (STUMM et al. 1982).

2.5.2 Interaktionen zwischen Protozoen und Pilzen

Protozoen werden von Pilzkolonien angezogen (JOBLIN 1990). Es finden räuberische und metabolische Interaktionen zwischen beiden Pansenpopulationen statt (WILLIAMS et al.

1993, 1994).

Pilzsporen haben die gleiche Größe wie Bakterien, die von Ziliaten aufgenommen werden, so daß Phagozytose und Verdauung von Zoosporen chytrider Pansenpilze angenommen wird (WILLIAMS u. COLEMAN 1997). Als indirekter Beweis dienen MORGAVI et al. (1994b) in vitro gemeinsame Anzüchtungen von Pilzsporen und Ziliaten. FONTY und JOBLIN (1991) beobachten in vivo Protozoen an der Seite von reifen Pilzsporangien und nehmen an, daß Protozoen sich von freigelassenen Zoosporen ernähren. Defaunation kann im Pansen zu einer erhöhten Zoosporendichte führen (ORPIN 1977c; ROMULO et al. 1986, 1989) oder ohne signifikanten Effekt auf deren Anzahl bleiben (JOUANY 1989). Nach Refaunation wird ein Anstieg der Sporenzahl beobachtet (WILLIAMS u. WIHTERS 1991). JOBLIN (1990) bestätigt mittels Elektronenmikroskopie, daß Polyplastron multivesiculatum, Eudiplodinium maggii und Entodinium spp. fungale Rhizoide und Sporangien aufnehmen.

Bereits 1933 beschreibt JIROVEC das Vorkommen von Sphaerita spp. bei Entodinium simplex. Bei der Untersuchung entodioniomorpher Protozoen beobachtet LUBINSKY (1955a, b) Sphaerita hoari bei 19 % der Spezies Eremoplastron bovis und Sagittospora cameroni bei Eudiplodinium maggii. Nur bei 1 % aller untersuchter Tiere kann der Autor intraprotozoale Pilze auffinden, die jeweils auch nur 2 % der gesamten Pansenprotzoenpopulation parasitisch befallen.

Entodiniomorphe und holotriche Ziliaten sind chitinolytisch aktiv und am Turnover von Pilzproteinen beteiligt (WILLIAMS 1993; MORGAVI et al. 1994a, b; WILLIAMS u.

JOBLIN zitiert in HOBSON 1997). Dieser Umsatz verringert sich nach Defaunation (NEWBOLD u. HILLMAN 1990).

Entodiniomorpha und zellfreie Lysate von Epidinium spp. hemmen Zellulolyse und Hemikarboxyzellulolyse durch Neocallimastix frontalis und Piromyces spp. (JOBLIN 1990;

FONTY u. JOBLIN 1991; WILLAMS et al. 1993; MORGAVI et al. 1994b), fördern aber deren xylanolytischen, hemizellulolytischen und laut MORGAVI et al. (1994b) und WIDYASTUTI et al. (1995) auch zellulolytische Aktivitäten (WILLIAMS et al. 1993, 1994).

2.5.3 Interaktionen zwischen Protozoen und Protozoen

Diplodinium, Elytroplastron, Enoploplastron, Entodinium, Metadinium, Ostracodinium und Polyplastron sind gegenüber anderen Ziliaten räuberisch aktiv, Polyplastron multivesiculatum werden gar „kannibalistische Beutezüge“ nachgewiesen (WILLIAMS u. COLEMAN 1992).

Manche Arten kommen daher nicht gleichzeitig vor, es bildet sich eine der vier Protozoenpopulationstypen im Pansen aus (EADIE 1962b; OGIMOTO u. IMAI 1981).

Phagozytierte Ziliaten werden verdaut und dienen als Proteinquelle (WILLIAMS u.

COLEMAN 1992). Zu weiteren Ausführungen siehe bei Kapitel 2.2.1 und 2.3.3.1.

2.6 Flagellaten

Flagellata (Geißeltierchen) sind Protozoen, die wenigstens während eines Entwicklungstadiums Geißeln als Bewegungsorganellen besitzen (WIESNER u. RIBBECK 1991). Zur Zeit geht man von fünf verschiedenen Pansenflagellaten aus, die alle zur Klasse Zoomastigophorea, Unterstamm Mastigophora und zum Stamm Sarkomastigophora gehören (OGIMOTO u. IMAI 1981). Sie sind mit einer Länge von 4 - 15 µm relativ klein, besitzen einen ellipsoiden bis bohnenförmigen Körper, drei bis fünf anteriore Flagellen und einen Nukleus am anterioren Zellende.

In vielen früheren Arbeiten (z. B. BECKER u. TALBOTT 1927; DAS GUPTA 1935) sind Pilzsporen mit Flagellaten verwechselt worden (EADIE 1962a; WARNER 1966a, b, c;

ORPIN 1974, 1975, 1977a).

2.6.1 Beschreibung und Klassifikation

Chilomastix caprae gehört zur Ordnung Retortamonadida, Familie Retortmonadidae.

FONSECA (1915) und DAS GUPTA (1935) beschreiben sie bei der Ziege: Chilomastix caprae ist bei einer Größe von 8,3 µm x 4,4 µm bohnenförmig und weist drei nach vorn gerichtete Flagellen sowie eine rückläufige auf, die im ausgeprägten zytostomalen Spalt unduliert.

Monocercomonas ruminantium gehört zur Ordnung Trichomonadida, Familie Monocercomonadidae (BRAUNE 1913). Monocercomonas ruminantium ist bohnenförmig, 4,8 µm x 4,1 µm groß und hat drei vordere Flagellen sowie eine rückläufige (JENSEN u.

HAMMOND 1964; OGIMOTO u. IMAI 1981).

Monocercomonas caprae wird bei der indischen Ziege beschrieben (DAS GUPTA 1935). Es ist mit 9 µm x 6 µm größer als Monocercomanas ruminantium und hat vier nach vorn gerichtete Flagellen.

Pentatrichomonas hominis gehört zur Ordnung Trichomonadida, Familie Trichomonadidae.

Es ist das am häufigsten beobachtete Flagellum im Pansen (JENSEN u. HAMMOND 1964;

OGIMOTO u. IMAI 1981), hat einen elliptischen Körper mit einer Größe von 7,5 µm x 5,6 µm, besitzt fünf vordere Flagellen und eine weitere entlang einer undulierenden Membran mit freiem Ende und weist einen dicken Achsenstab auf, der die Zelle um ein Drittel bis eine Hälfte der Körperlänge überragt.

Tetratrichomonas buttreyi gehört zur Ordnung Trichomonadida, Familie Trichomonadidae und kommt bei Rind (JENSEN u. HAMMOND 1964) und Schwein (HIBLER et al. 1960) vor. Es ist elliptisch, 5,3 µm x 4,8 µm groß, besitzt vier vordere Flagellen, eine undulierende Membran und einen feinen Achsenstab mit langer Spitze.

2.6.2 Infektion des Wirtstieres und Populationsdichte

Die Übertragung von Pansenflagellaten erfolgt wahrscheinlich wie bei Pansenziliaten: durch direkten Kontakt, Kontamination mit Speichel oder Aerosolen (DEHORITY u. ORPIN 1997).

Frühere Beobachtungen, daß Flagellaten auch über weite Distanzen übertragen werden können, beziehen sich alle auf Organismen, die mittlerweile als Pilzsporen identifiziert werden konnten (BECKER 1929; BECKER u. HSIUNG 1929; EADIE 1962a).

Wichtigste Lebensvoraussetzungen sind ruminale pH-Werte größer als 6,5, da Flagellaten niedrigere pH-Werte nicht überleben können (WILLIAMS u. COLEMAN 1992).

Monocercomonas ruminantium und Chilomastix caprae werden bei Kälbern bereits sechs Tage nach der Geburt beobachtet (LENGEMANN u. ALLEN 1959; BRYANT u. SMALL 1960; EADIE 1962a).

Die berichteten Flagellaten-Konzentrationen liegen generell unter 105 Zellen pro ml Pansenesaft (WILLIAMS u. COLEMAN 1992). Ihre Zahl ist höher, bevor Ziliaten den Pansen besiedeln (EADIE 1962a), und nach Defaunation erwachsener Wirtstiere (HUNGATE 1978). WARNER (1962b, 1966a) findet bis zu 25mal erhöhte Populationsdichten unmittelbar nach der Fütterung vor, die sechs bis zwölf Stunden später ihre Minima erreichen. Viele der mitgezählten Organismen sind jedoch Phykomezeten (WULFF 2000) zuzuordnen, die nach Fütterung Zoosporen entlassen, die sich innerhalb einer Stunde in ihre vegetative Form verwandeln (ORPIN 1975).

Da Pansenflagellaten nur in geringer Zahl vorkommen und wahrscheinlich nur lösliche Substrate verwerten können, schätzt CLARKE (1977) ihre Bedeutung in der ruminalen Fermentation als gering ein.

2.6.3 Kultivierung

JENSEN und HAMMOND (1964) kultivieren geklonte Anzüchtungen von Pentatrichomonas hominis aus dem Pansen von Rindern in Medien, die Zäkumextrakt enthalten (Diamond`s Medium), und in Thioglykollat-Medien (DIAMOND 1957). Sie beobachten bei dieser Spezies eine Generationszeit von 5,2 Stunden und eine von drei bis fünf variierende Anzahl an anterioren Flagellen.

Tetratrichomonas buttreyi kann dagegen nur in Medien aus Zäkumextrakten überleben, während Monocercomonas ruminantium nicht länger als ein paar Tage angzüchtet werden kann (JENSEN u. HAMMOND 1964).

2.7 Resumée

Der Wiederkäuer nimmt Pansenprotozoen durch Kontakt mit faunierten Tieren auf.

Besiedlung und Entwicklung der Protozoenpopulation ist dabei abhängig vom Pansen-pH-Wert und einer gut etablierten Bakterienflora. Einfluß nehmen des weiteren geographische Lage und Fütterung.

Protozoen beteiligen sich aktiv am Stickstoff-, Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel:

• Zwar bewirkt die Pansenfauna einen Abbau der Futterrohproteine aufgrund ihrer protoelytischen Fähigkeiten sowie einen Umbau bakterieller Proteine aufgrund deren Phagozytose, doch ist Protozoenprotein von höherem Wert für das Wirtstier. Der Anteil essentieller Aminosäuren (Histidin, Leuzin, Isoleuzin, Valin) ist gegenüber ihrem Ausgangswert im Futter erhöht.

• Protozoen fördern die Futterverdaulichkeit, insbesondere die der schwer verdaulichen Zellwanbestandteile. Sie stabilisieren die Fermentation und somit auch den pH-Wert im Pansen, indem sie Futterpartikel aufnehmen, deren Stärke nicht in Laktat sondern in Speicherpolysaccharide umwandeln und nur langsam wieder abbauen.

• Panseninfusorien verändern die Zusammensetzung ruminaler Fette: Sie sorgen für hohe Gehalte an gesättigten Fettsäuren und steuern zum Vorkommen verzweigter und ungesättigter Fettsäuren bei. Pansenprotozoen an sich enthalten darüber hinaus mehr Phospholipide als Pansenbakterien. Durch ihr Vermögen Laktat abbauen zu können, wirken sie antiazidotisch.

Die Methanogenese als energieverbrauchender Prozeß läuft bei faunierten Tieren verstärkt ab.

Die Milchfettsynthese ist nach Defaunation erniedrigt, die Milchmenge durch die Protein-Verfügbarkeit im Intestinaltrakt jedoch erhöht.

Allgemein betrachtet profitieren Wiederkäuer von einer Defaunation bei energiereichen Diäten, wenn im Pansen ein äquater Gehalt an abbaubaren Stickstoffverbindungen verfügbar ist (typische Futterzusammensetzung bei Masttieren und in tropischen Regionen). Faunation ist dagegen bei energie- statt proteinlimitierten Rationen von Vorteil.

Pansenprotozoen beeinflussen durch ihre metabolischen Aktivitäten die Gesundheit des Wirtstieres: So fördern sie einerseits die schaumige Gärung, setzen aber andererseits die Diarrhoe-Anfälligkeit von Kälbern herab. Sie begünstigen das Wollwachstum, wirken antiazidotisch, reduzieren Nitrat zu Nitrit, bauen Zearalenon ab und wirken einer Kupferakkumulation entgegen.

Pansenprotozoen werden darüber hinaus durch die Gabe verschiedener Stoffe (Futtermittel, Hormone, Vitamine, Spurenelemente, Antibiotika, Ionophore, Myko- und Phytotoxine) gefördert oder gehemmt.

In den folgenden Untersuchungen soll daher überprüft werden, inwiefern eine erwünschte Protozoenpopulation hinsichtlich ihrer Konzentration an kleinen, mittleren und großen Individuen durch Gabe definierter Futterzulagen beeinflußt wird.

3. Eigene Untersuchungen