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Einfluß der Protozoen auf das Wirtstier hinsichtlich seiner Gesundheit, Verdauungsstörungen und Nahrungsmitteltoxizität

H) Verschimmeltes Heu:

2.4 Einfluß der Protozoen auf das Wirtstier hinsichtlich seiner Gesundheit, Verdauungsstörungen und Nahrungsmitteltoxizität

Zusätzlich zu ihren Auswirkungen auf die Futterverdaulichkeit und deren Nährgehalt beeinflussen Pansenprotozoen durch metabolische Aktivitäten die Entstehung von ruminalen Verdauungsstörungen, die sich auf die Gesundheit des gesamten Wirtstieres auswirken können (WILLIAMS u. COLEMAN 1992).

2.4.1 Laktatazidose

Laktat kommt im Futter (wie z. B. in Silage) und als Zwischenprodukt im mikrobiellen Kohlenhydrat- und Lipidstoffwechsel des Pansens vor. Gewöhnlich akkumuliert es nicht (WILLIAMS u. COLEMAN 1992; s. a. 2.2.5 und 2.2.6).

Steigt jedoch die Menge an leicht verdaulichen Kohlenhydraten im Futter stark an, sinkt der ruminale pH-Wert durch deren Abbau zu insbesondere L-Milchsäure und zu flüchtigen Fettsäuren ab, die unter diesen Bedingungen leicht resorbiert werden. Es kommt zu Anorexie, ruminaler Stase, Diarrhoe und Dehydration (HUBER 1976). Die Laktatbildung wird zudem durch das selektive Überleben bakterieller, azidophiler Milchsäurebildner gefördert (NEWBOLD et al. 1986b).

Protozoen stabilisieren die ruminale Fementation und somit auch den pH-Wert, indem sie Stärke aufnehmen, nicht in Laktat sondern in Speicherpolysaccharide verwandeln und nur allmählich zu flüchtigen Fettsäuren abbauen (WHITELAW et al. 1972; MACKIE et al. 1978;

KARIYA et al. 1989). Außerdem sind Entodiniomorphe fähig, Laktat 15mal schneller zu Propionat und Butyrat zu verstoffwechseln als Bakterien (CHAMBERLAIN et al. 1983;

NEWBOLD et al. 1986a, 1987; WILLIAMS u. COLEMAN 1992).

Tab. 2.30: Postprandialer Milchsäurespiegel im Pansen (mM/l) faunierter und defaunierter Schafe bei Verfütterung melassierter Rübenschnitzel nach NEWBOLD et al.

(1986a)

Tierstatus Stunden nach Futteraufnahme

0,5 1 1,5 2 3 5 Fauniert 3,1 3,9 3,2 3,3 3,2 3,1 Defauniert 3,9 6,6 11,1 13,9 7,8 6,1

2.4.2 Pansentympanie

Das Auftreten einer Pansentympanie wird beeinflußt durch die genetisch festgelegte Anfälligkeit eines Tieres, durch die Futterzusammensetzung und durch Pansenmikroben (CLARKE u. REID 1974). Die Krankheit äußert sich in umfangsvermehrten linken Quadranten, reduzierter Futteraufnahme, verminderte Gewichtszunahme sowie herabgesetzter Milchleistung und kann zum Tod führen (WILLIAMS u. COLEMAN 1992). Es wird

zwischen Tympanie mit dorsaler Gasblase und Tympanie mit schaumiger Gärung unterschieden.

Bei letzterer bildet sich stabiler eiweißhaltiger Schaum, der Fermentationsgase aufnimmt und dadurch den für Wiederkäuer notwendigen Ruktus verhindert (WILLIAMS u. COLEMAN 1992). Protozoen fördern die schaumige Gärung einerseits durch Bildung von Gasen und andererseits durch die Bereitstellung schaumstabilisierender Substanzen (GUTIERREZ et al.

1961; BARTLEY et al. 1975; EL FOULY u. LENG 1981): Holotrichen-Protein, das bei pH-Werten von 5,5 bis 6,5 stabil ist (JONES u. LYTTLETON 1972), und freigesetzte Speicheramylopektine (CLARK u. REID 1974). Außerdem nehmen sie glykolipidhaltige Chloroplasten auf, die als freie Partikel im Pansen oberflächenaktiv sind (OXFORD 1958, 1959; MANGAN 1959). Eine Prädestination für diese Erkrankung sind kleereiche Weiden, was mit einer großen Anzahl von Epidinium spp. und wenigen Holotrichen einhergeht (MOATE 1989).

Aus diesen Gründen werden Versuche mit Dimetridazolen, Kupfersulfat und Antibiotika unternommen, die Protozoen zu eliminieren (BARTLEY 1965; CLARKE 1966; CLARKE u.

REID 1974; CLARKE et al. 1969; DAVIS u. ESSIG 1972; KATZ et al. 1986).

Pansentympnien mit schaumiger Gärung treten aber auch bei defaunierten Tieren auf, ihre Anfälligkeit und der Schweregrad der Erkrankung sind jedoch gemindert (WILLIAMS u.

COLEMAN 1992).

2.4.3 Detoxifikation

Pansenmikroben sind in der Lage, einige Futtertoxine zu entgiften (s. Diss. MAIWORM 1994). Protozoen erweisen sich speziell bei der Reduktion von Nitrat und Nitrit und bei der Entgiftung bestimmter Mykotoxine aktiver als Bakterien (YOSHIDA et al. 1982; WILLIAMS u. COLEMAN 1992).

Trichozethene von Aspergillus spp. und Fusarium spp. werden im Pansen partiell in unschädlichere Formen abgebaut: Zearalenon zu α-und β-Zearalenol, die Peptidbindung von Ochratoxin A hydrolisiert und Diazetoxyskirpenol und T-2-Toxin deazetyliert (HULT et al.

1976; KIESLING et al. 1984; WESTLAKE et al. 1989). Diazetoxyskirpenol und T-2-Toxin sind Inhibitoren des Proteinstoffwechsels.

Mimosin der tropischen Leguminose Leucanea leucocephala wird im Pansen zu 3-Hydroxy-4-(1H)-Pyridon, einer goitrogenen Substanz, hydrolysiert (HEGARTY et al. 1964, 1976). Es wird bei mit Konzentrat gefütterten Tieren überwiegend von Bakterien abgebaut (TANGENDJAJA et al. 1983; KUMAR et al. 1987), bei mit Luzerne, Heu oder Digitaria pentzii gefütterten Tieren dagegen hauptsächlich von Protozoen (SHIROMA u. AKASHI 1976; TANGENDJAJA et al. 1983).

2.4.4 Toxizität von Mineralstoffen und Spurenelementen

Es gibt nur wenige Arbeiten über die Rolle von Protozoen im ruminalen Mineralstoff- und Spurenelementsroffwechsel.

IVAN et al. (1986) und IVAN (1988, 1989a, b) stellen bei defaunierten Schafen eine erhöhte Anfälligkeit für chronische Kupferintoxikationen fest. Kupfer akkumuliert in der Leber, sein Wert von normalerweise unter 0,5 mg pro g Trockensubstanz Leber steigt auf 1 mg an, eine Intoxikation tritt ab 1 - 3 mg auf. Kupferspiegel und Ferroxidase-Aktivität sind im Plasma erhöht. Die Autoren vermuten, daß Protozoen durch den Abbau sulfathaltiger Aminosäuren die Sulfid-Konzentration im Pansen erhöhen. Sulfid und Kupfer reagieren zu einem unlöslichen Produkt, dem Kupfersulfid.

Die Verstoffwechslung von Selenomethionin wird durch Pansenziliaten ebenso wenig beeinflußt (HIDIROGLOU u. JENKINS 1974) wie die Freisetzung von Zink, Mangan, Eisen und Kupfer aus dem Futter (IVAN u. VEIRA 1982). Sekretion und Absorption von Kalzium, Magnesium und Phosphor sind in Anwesenheit von Protozoen verändert (BOILA u.

PHILLIPS 1988). Im Gegensatz zu KREUZER und KIRCHGESSNER (1990) vermuten IVAN et al. (1986) eine Änderung der Bioverfügbarkeit einiger Spurenelemente (s. Abb. 2.5).

Exzessive Futterzusätze an Kupfer (SZUECS et al. 1982) oder Zink (DURAND u.

KAWASHIMA 1980) kann gerell zu einem Rückgang der Protozoenpopulationsdichte führen.

Abb. 2.5: Veränderungen hepatischer Konzentrationen von Kupfer ( ), Eisen ( ) und Zink ( ) beim Schaf nach Defaunation (nach WILLIAMS u. COLEMAN 1992 und IVAN et al. 1986); offene Symbole stehen für Werte von defaunierten Tieren, geschlossene für Werte von faunierten Tieren

Dauer des Experiments (h) Hepatische Konzentration

(mg/kg TM)

2.4.5 Diarrhoe

POUNDEN und HIBBS (1950) beobachten bei faunierten Kälbern eine geringere Anfälligkeit für milde Diarrhoen.

2.4.6 Erscheinungsbild des Wirtstieres

Bei Vergleichsstudien zwischen inokulierten und protozoenfrei gehaltenen Kälbern bemerken unter anderen ABOU AKKADA und EL-SHAZLY (1964), daß faunierte Tiere allgemein ein besseres Erscheinungsbild vorweisen können. BECKER (1932), POUNDEN und HIBBS (1950), BRYANT u. SMALL (1960), EADIE (1962a) sowie ITABASHI u. MATSUKAWA (1979) berichten, daß das Abdomen protozoenfreier Kälber leicht vergrößert oder aufgebläht und deren Fell rauher ist. Als Ursache für diese Aufgeblähtheit kommen eine erhöhte Futteraufnahme (BRYANT u. SMALL 1960) oder die verstärkt ablaufende postruminale Verdauung in Frage (DEMEYER et al. 1982b).