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2.2 Bedeutung der Protozoen für die ruminale Fermentation und das Wirtstier insgesamt

2.2.3 Bedeutung der Protozoen im Lipidstoffwechsel

Protozoen sind in der Lage, ihren Bedarf an Fetten und Fettsäuren aus der aufgenommenen Nahrung und aus bakteriellen Lipiden zu decken (VAN DER HONING u. TAMMINGA 1986). Sie sind allerdings auch fähig, Fette und Lipide aus Vorstufen wie Azetat und Monosaccharide de novo zu synthetisieren (HARMEYER u. HEKIMOGLU 1968;

EMMANUEL 1974; DEMEYER et al. 1978).

Bei holotrichen Ziliaten ist folgendes zu beobachten:

Flüchtige kurzkettige Fettsäuren werden zu langkettigen metabolisert, Azetat und Butyrat zu Palmetat und anderen Fettsäuren mit geradzahliger Kohlenstoffanzahl assimiliert.

Demgegenüber werden Propionat zu Fettsäuren mit ungradzahligem Anteil an Kohlenstoffatomen wie Pentadekanoid- und Heptadekanoidsäuren verstoffwechselt (EMMANUEL 1974; SAINI et al. 1977). Dabei finden Kettenverlängerungen durch 2 C-Atome und -verkürzungen um 1 C-Atom durch α-Oxidation oder um 2 C-Atome durch eine reduzierte β-Oxidation statt. HARMEYER und HEKIMOGLU (1968), WILLIAMS und HARFOOT (1976) sowie DEMEYER et al. (1978) zeigen, daß vor allem Azetat in zelluläre Lipide umgebaut wird. Auch langkettige Fettsäuren werden aus dem Medium aufgenommen und zu komplexen Lipiden (Phospholipide und Sterolester) oder in den freien Fettsäurepool assimiliert (GUTIERREZ et al. 1962; WILLIAMS et al. 1963; DEMEYER et al. 1978;

GIRARD u. HAWKE 1978). Glyzerol findet seinen Weg sowohl über den Phosphoglyzerin- als auch über den Plasmalogenweg in sn-Glyzerol-3-Phosphat (PRINS u. VAN GOLDE 1976). Diätetische Sterole werden überwiegend zu Cholestanol modifiziert (KATZ u.

KEENEY 1967; WILLIAMS u. DINUSSON 1973a). Einfach ungesättigte Oktadekanoidsäuren können durch Reduktion produziert, mehrfach ungesättigte und verzweigte langkettige Fettsäuren nur aus dem Medium direkt aufgenommen werden (EMMANUEL 1974; ABAZA et al. 1975). Eine Biohydrogenisierung ungesättigter Fettsäuren ist dagegen nicht eindeutig nachzuweisen (CHAPULA u. KUTCHES 1968;

ABAZA et al. 1975; GIRARD u. HAWKE 1978), obwohl GUITERREZ et al. (1962) bei Isotricha prostoma, WILLIAMS et al. (1963) bei Isotricha intestinalis und DEMEYER et al.

(1978) bei Isotricha spp. Hydrogenisierungen bei Linolsäure und bei Ölsäure zu Stearinsäure beobachten.

Allgemein wird die fermentative Aktivität von Isotricha prostoma und Isotricha intestinalis entscheidend durch kurzkettige Fettsäuren mit 2 - 6 C-Atomen, Tributyrin und Methylderivate von ruminalen Fettsäuren mit 12 und 14 C-Atomen gefördert (GUITERREZ et al. 1962;

WILLIAMS et al. 1963). Kurzkettige Fettsäuren mit 2 - 6 C-Atomen, Methylderivate von Laurin- und Myristinsäure und Ölsäure stimulieren die Gasproduktion bei Isotricha spp..

Untersuchungen zum Lipidmetabolismus reiner Lösungen entodiniomorphider Protozoen wurden bisher kaum durchgeführt:

Entodinium caudatum phagozyiert aus dem Medium Partikel, die Öltropfen (COLEMAN u.

HALL 1969) und Chloroplasten (HALL et al. 1974) enthalten. Entodinium caudatum und Entodinium simplex nehmen Stearin-, Öl-, Linol- und Palmitinsäure auf und metabolisieren nur die drei letzten zu Phospholipiden (GUITERREZ et al. 1962; BROAD u. DAWSON 1975). Eine Veresterung findet anschließend größtenteils nicht statt. Zur Synthese von Fettsäuren und Triglyzeriden werden Azetat, Propionat und Butyrat als Ketteninitiatoren und Malonat als Kettenverlängerer (EMMANUEL 1974) wie bei der Fettsäurensynthese bei Escherichia coli (BRESSLER u. WAKIL 1961) benutzt. EMMANUEL (1974) kann auch α- und β-Oxidationen an langkettigen Fettsäuren nachweisen. D- und besonders L-Laktat wird von Entodiniomorphida zu Propionat und Butyrat metabolisiert mit der höchsten Umsatzrate bei Raygras-Silage-gefütterten Tieren (1,12 g Laktat pro g Protozoenprotein pro Stunde).

Bakterien verstoffwechseln dagegen Milchsäure nur langsam, so daß der Laktat-Gehalt im Pansen defaunierter Tiere gewöhnlich erhöht ist (CHAMBERLAIN et al. 1981, 1983;

NEWBOLD et al. 1986a, b, 1987). Sie hemmt darüber hinaus die Faserverdauung (FAY u.

OVEJERO 1986) und kann in höheren Konzentrationen zur Laktatazidose führen (s. 2.4.1).

Protozoen scheinen somit einen antiazidotischen Effekt zu haben (WILLIAMS u.

COLEMAN 1992).

Cholin wird von Entodinium caudatum durch einen sehr effektiven, noch nicht näher bestimmten Mechanismus aufgenommen (BROAD u. DAWSON 1975; BYGRAVE u.

DAWSON 1976) und mittels Cholinkinase schnell in Phosphorylcholin umgewandelt. Der Transportmechanismus ist sehr spezifisch und nur durch Hemicholinium-3 100 %-ig zu hemmen. Cholin ist für das Wachstum von Epidinium caudatum essentiell (BROAD u.

DAWSON 1976). Da dieser Stoff generell nur von Pansenziliaten und nicht von -bakterien aufgenommen wird, dient er COLEMAN et al. (1980a) und LENG (1982) als Marker in in- vivo-Studien.

Somit geht zusammenfassend mit der Fettsäurenmetabolisierung durch Panseninfusorien eine veränderte Zusammensetzung ruminaler Fette einher: hoher Gehalt an gesättigten Fettsäuren, Vorkommen verzweigter Fettsäuren, Anwesenheit eines komplexen Gemisches an ungesättigten Fettsäuren. Bemerkenswert ist ebenso die antiazidotische Wirkung aufgrund des Abbaus von Laktat durch entodiniomorphe Ziliaten.

2.2.3.1 Lipidzusammensetzung bei Pansenprotozoen im Vergleich zu Pansenbakterien

Pansenprotozoen enthalten mehr Phospholipide und ungesättigte Fettsäuren als Pansenbakterien (HARFOOT 1981b; VAN DER HONING u. TAMMINGA 1986). 70 % der Lipidkomponenten holotricher Ziliaten sind Phospholipide. Palmitinsäure ist dabei der häufigste Vertreter der Fettsäuren in allen Lipidklassen, Cholestanol der häufigste unter den Sterolen.

Tab. 2.12: Lipidzusammensetzung der Pansenmikroorganismen (CHRISTIE 1981) a) Lipidklassen % der Gesamtlipide

Protozoen Bakterien freie Fettsäuren 10,0 30

Phospholipide 85,5 27 Mono-, Di-, Triglyzeride 3,4 -

Sterolester, Wachse 0,7 - unbekannt - 43 b) Fettsäuren % der Gesamtfettsäuren

Protozoen Bakterien C 14 : 0 - 3,9 C 25 : 0 3,4 8 C 16 : 0 43,1 31 C 18 : 0 9,3 15 C 18 : 1 18,4 6 C 18 : 2 16,0 2,7

Als Hauptkomponenten der Phospholipide können Phosphatidylethanolamin (21 %), Phosphatidylethanolamin-Plasmalogen (22 %) und Phosphatidylcholin (28 %) identifiziert werden (KATZ u. KEENEY 1967; KEENEY 1970). Sie enthalten alle eine signifikante Menge an verzweigten Ketten und an ungesättigten Fettsäuren in β(2)- und gelegentlich α(1)-Position. Bei Entodinium caudatum (DAWSON u. KEMP 1967) und bei Isotricha spp.

ist die seltene 2-Aminoethylphosphonsäure entdeckt worden, bei Isotricha spp. in einer Menge von 26 - 223 mg pro g Gesamtstickstoff (ABOU AKKADA et al. 1968b;

WHITELAW et al. 1983). Phosphatidyl-N-(2-Hydroxyethyl)-Alanin ist in der unspezifischen Phospholipidfraktion holotricher Ziliaten aufgetaucht (DAWSON u. KEMP 1969).

Die Nicht-Phospholipidfraktion setzt sich zusammen aus Sterol (18,5 %), nicht veresterten freien Fettsäuren (34 %), aliphatischen Alkoholen (6,8 %), Monoglyzerid (4,8 %), Diglyzerid (10,1 %) und Hydroxysäure (6,8 %). Cholesterol und α-Spinasterol sind die wesentlichen Vertreter der Sterole (KATZ u. KEENEY 1967). Neben Palmitinsäure kommen auch geringere Mengen an verzweigten und unverzweigten Fettsäuren mit 14 - 18 C-Atomen als Lipidbestandteil vor (KATZ u. KEENEY 1967; WILLIAMS u. DINUSSON 1973a).

Tab. 2.13: Phospholipid-Zusammensetzung gemischter Pansenprotozoen nach DAWSON und KEMP (1967)

Phospholipid prozentualer Anteil an der Phospholipid-Zusammensetzung gemischter Pansen-protozoen

Phosphatidylcholin 36,3 %

Phosphatidylcholin-Plasmalogen 0,9 %

Phosphatidylethanolamin 18,7 %

Phosphatidylethanolamin-Plasmalogen 9,5 %

Phosphatidylserin 0,0 %

Phosphatidylinositol 3,1 %

Aminoethylphosphonat-Plasmalogen 1,9 %

Phosphatidsäure 1,4 %

Diglyzerid-Aminoethylphosphonat 11,0 % Glyzerinetherphospholipide 4,5 %

Zeramid-Aminoethylphosphonat 4,1 % Zeramid-Ethanolaminphosphat 2,2 %

Sphingomyelin 2,0 %

nicht identifiziert 0,8 %