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5 DISKUSSION

5.5 INSEMINATKOMPONENTEN MODULIEREN DIE PMN - TRANSMIGRATION

Widersprüchliche Ergebnisse zur Belegungs-bedingten PMN-Immigration in dem Uterus der Stute, sind sowohl in der Literatur, aber auch in den eigenen Experimenten (s. 4.1.2.2; 5.2) zu finden. Sie fordern weiterführende Untersuchungen zu den Faktoren, die die Chemotaxis der neutrophilen Granulozyten aus den Blutgefässen in das Endometrium sowie in das Uteruslumen regulieren.

Im zweiten Teil der Arbeit wurde deshalb die mögliche Modulation der PMN-Transmigration durch verschiedene Inseminatbestandteile, wie Spermien, Seminalplasma und Frischsamenverdünner, untersucht. Hierzu wurde mit Hilfe einer Transmigrationskammer das Wanderungsverhalten von PMN unter definierten in- vitro-Bedingungen geprüft.

Um festzustellen, ob Spermien direkt bei der Aus lösung inflammatorischer Prozesse am equinen Endometrium eine Rolle spielen, wurden verschiedene in- vitro-Untersuchungen durchgeführt: In einem ersten Schritt wurde die in- vitro-Transmigration von PMN nach Stimulation mit unterschiedlich membrangeschädigten Spermien geprüft. Im zweiten Schritt wurden spermienfreie Waschüberstände in der Transmigrationskammer eingesetzt, die bei wiederholter Zentrifugation membrangeschädigter Spermien gewonnen wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen belegen, dass Spermien mit abnehmender Vitalität und steigender Membranschädigung in vitro eine direkte, signifikante chemoattraktive Potenz für neutrophile Granulozyten haben. Die hier eingesetzten Spermienisolate wiesen nach der Präparation Vitalitätsraten von 50 bis 0 % auf. Leider konnte auf Präparationen mit höherer Vitalität nicht zurückgegriffen werden, da das zu wählende Spermienverdünnungsmedium weder eine PMN-Chemotaxis hemmende noch steigernde Wirkung haben durfte. Somit mussten die Spermien von Seminalplasma befreit und in einem proteinfreien Medium (2%ige Glucoselösung) aufgenommen werden. Damit wurde nie eine höhere Spermienvitalität als 50% erreicht. Die signifikante Zunahme der chemotaktischen Aktivität der PMN auf diesem hohen Niveau der Spermienmembranschädigung lässt trotzdem den Schluss zu, dass dieser Parameter auch die in- vivo-Transmigration der PMN in den Uterus beeinflussen kann. Es ist viel mehr die naheliegendste Erklärung für die differenten durchschnittlichen Uterus-PMN-Konzentrationen, die nach einmaliger IS in den in- vivo-Teilexperimenten I und II erhoben wurden (s. Abb. 7). So scheint die signifikant erhöhte PMN-Transmigration im Teilexperiment II auf die erst 24 h nach Samengewinnung durchgeführte IS und die damit schlechtere Spermienvitalität zurückzuführen zu sein. Damit konnte allerdings nicht geklärt werden, ob vitale Spermien einen direkten chemotaktischen Effekt für PMN haben. In der Literatur gibt es dazu unterschiedliche Aussagen.

TROEDSSON (1995) berichtete, dass die Stärke einer Sperma-induzierten Leukozytenaktivierung in den equinen Uterus vergleichbar mit der einer uterinen Reaktion auf die Kontamination mit Streptococcus zooepidemicus ist. Beim Schwein konnte den

Spermien dagegen in vitro keine chemoattraktive Wirkung attestiert werden (ZEMMRICH 2001). Die Stärke der ausgelösten Entzündungsreaktion im equinen Uterus steht nach KATILA (1995) aber nicht im Zusammenhang mit der Vitalität der Spermien. Nach Insemination mit vitalen und toten Spermien beobachtete die Autorin einen vergleichbaren PMN-Influx. VOGELPOEL und VERHOEF (1985) konnten dagegen nachweisen, dass der Einsatz von toten Spermien im Vergleich zu lebenden Spermien zur schnelleren und mehr als doppelt so hohen PMN-Stimulation zur Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) durch PMN führte. Auch die Studien von REILAS (2000) bestätigen indirekt diese Ergebnisse, da sie nach Applikation von Tiefgefriersperma, welches meist einen sehr hohen Prozentsatz an membrangeschädigten Spermien aufweist, wesentlich höhere PMN-Konzentrationen im equinen Uterus nachweisen konnte, als nach Frischsamenapplikation.

Von praktischer Bedeutung könnten die Resultate des zweiten in- vitro-Experimentes zu chemoattraktiven Effekten membrangeschädigter Spermien sein (s. Abb. 13). Hier zeigte sich, dass der Zentrifugationsüberstand einer 100 % membrangeschädigten Spermienpräparation hohe chemoattraktive Potenz aufwies. Schon der Überstand der zweiten von vier Zentrifugationen zeigte eine um etwa 60 % geringere Chemoattraktivität für PMN auf. Diese Ergebnisse beweisen einerseits, dass bei Spermienmembranschädigungen chemoattraktive Substanzen in die Umgebung freigesetzt werden. Es sollte aber geprüft werden, ob das Entfernen dieser Stoffe (z.B. Zentrifugation von länger gela gertem Frischsperma unmittelbar vor IS) v.a. bei empfänglichen Stuten zur geringeren Inzidenz von Belegungs-induzierten Endometritiden und damit zur Verbesserung der Fruchtbarkeit beiträgt. Eine weitere Konsequenz könnte die präferentielle IS von Frischsamen unmittelbar nach der Gewinnung bei diesen Stuten sein.

Der verwendete Magermilch-Eidotter-Frischsamenverdünner wurde ebenfalls auf seine Chemoattraktivität für equine Blut-PMN geprüft. Es konnte eine starke chemoattraktive Wirkung nachgewiesen werden. Für die ausgeprägten Schwankungen der uterinen PMN-Zahlen nach einmaliger IS in den in- vivo-Teilexperimenten I und II konnten die unterschiedlichen Verdünnerchargen allerdings nicht verantwortlich gemacht werden. Von REILAS (2000) wurden verschiedene, in der Praxis gebräuchliche Verdünner Stuten intrauterin appliziert und die resultierenden uterinen PMN-Zahlen bestimmt. Eine

Chemoattraktivität konnte allen Verdünnern zugesprochen werden, wobei die uterinen PMN-Zahlen im Vergleich zu den in dieser Arbeit nach IS beobachteten relativ niedrig waren.

Seminalplasma (SPL) zeigte in Verdünnungen bis 1:100 eine vollständige, die Chemotaxis der PMN hemmende Wirkung. In einer Verdünnungsreihe des SPL mit einem konstanten Anteil des Chemokins rhIL-8 war erst bei einer SPL-Verdünnung von 1:500 die Hemmung der IL-8-induzierten PMN-Migration durch SPL nicht mehr zu sehen (s. Abb. 14). Auch in Studien beim Schwein (ZEMMRICH 2001) gelang es bei ähnlicher Versuchsmethodik einen negativen Einfluss von hohen Konzentrationen an SPL auf die Chemotaxis der PMN nachzuweisen. Während REILAS (2000) beim Pferd durch Zusatz von SPL zu einer Besamungsportion keine Reduzierung der uterinen inflammatorischen Reaktion bewirken konnte, wiesen ROZEBOOM et al. (1999) im porcinen Uterus eine n geringeren PMN-Influx nach Beimengung von SPL zum Samen nach.

Zusammenfassend für diese in-vitro-Experimente kann hypothetisiert werden, dass bei IS durch Zunahme der Spermienmembranschädigungen (Steigerung der PMN-Chemotaxis), durch Einsatz von Frischsamenverdünnern (Steigerung der PMN-Chemotaxis) und durch Entfernen des Seminalplasmas (potentiell die PMN-Chemotaxis inhibierend) summarisch der PMN-Influx in den Stutenuterus gegenüber dem Natursprung wesentlich gesteigert war. Dies könnte sich v.a. bei für die Entstehung einer persistierenden Endometritis „empfänglichen“

Stuten negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken.