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2 LITERATURÜBERSICHT

2.1 I NSTRUMENTELLE S AMENÜBERTRAGUNG (IS) BEI DER S TUTE

2.1.7 Immunmodulatorisch wirksame Bestandteile des Inseminats

Spermien

Während der Spermatoge nese, der epididymalen Reifung und des Kontaktes mit dem Sekret der akzessorischen Geschlechtsdrüsen bei der Ejakulation kommt es zu einer kontinuierlichen Ausbildung eines Spermienmembran-Polypeptid-Profils. Diese charakteristische Ober-flächenstruktur stellt ein potentielles Antigen für den weiblichen Genitaltrakt dar, in dem es daraufhin zur Antikörperproduktion kommt (ANSBACHER 1981, HAAS und BEER 1986).

Allerdings ist die Gefahr der Immunisierung bei unseren domestizierten Haussäugetieren geringer als beim Menschen, da sie innerhalb ihres reproduktiven Lebens nur wenige Male besamt werden (MATOUSEK 1985). Um festzustellen, welche Rolle Spermien bei der Auslösung inflammatorischer Prozesse am equinen Uterus spielen, wurden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt. TROEDSSON (1995) berichtete, dass die Stärke einer

Sperma- induzierten Leukozytenrekrutierung in dem equinen Uterus vergleichbar mit der einer uterinen Reaktion auf die Kontamination mit Streptococcus zooepidemicus ist. Das verwendete Sperma war vo n Seminalplasma und Bakterien befreit worden. Auch in anderen Spezies wie Ratte und Maus (AUSTIN 1957), Ziege und Schaf (MATTNER 1986), Kaninchen (TYLER 1977), Mensch (COHEN 1984) und Schwein (ROZEBOOM et al. 1999) konnte eine Sperma- induzierte intrauterine Leukozytenimmigration nachgewiesen werden.

MARONI und WILKINSON (1971) beobachteten die Anlockung von Makrophagen durch mit Serum oder Plasma inkubierten humanen Spermien. CLARK und KLEBANOFF (1976) demonstrierten in- vitro den chemoattraktiven Effekt von in Serum inkubierten bovinen und humanen Spermien vorwiegend auf neutrophile Granulozyten, wobei speziesspezifische Unterschiede bezüglich der Intensität der Anlockung bestanden. Die Autoren gehen davon aus, dass Spermien die Komplementkaskade über den „a lternativen Weg“ aktivieren und damit chemoattraktive Komplementkomponenten gebildet werden. Im Gegensatz zum

„klassischen Weg“ wird dabei die Komplementaktivierung in Abwesenheit von Antikörpern ausgelöst. Im Plasma vorhandene spontan aktivierte Komplementkomponenten (C3b) binden an die Oberfläche von Pathogenen (hier Spermien) und lösen so die weiteren Schritte der Komplementkaskade aus (JANEWAY und TRAVERS 1997).

TROEDSSON et al. (1998) bestätigen am Beispiel der Hengstspermien, dass Komplementkomponenten essentiell für die chemoattraktive Wirkung der Spermien sind. So haben equine Spermien allein oder in hitzeinaktiviertem Blutplasma keinen migrationsfördernden Effekt auf PMN, während Spermien inkubiert in Blutplasma oder uterinem Sekret chemoattraktive Eigenschaften zeigen. Daraus schließen die Autoren auf das Vorkommen von uterinen Komplementkomponenten, wie sie auch schon beim Kaninchen von JONES et al. (1988) beschrieben wurden. Neben dem Weg der Komplementaktivierung scheint beim Schwein ein zusätzlicher komplement-unabhängiger Mechanismus für die Spermien- induzierte Chemotaxis der PMN zu existieren (ROZEBOOM et al. 2001). Epididymale und gewaschene Eberspermien zeigten eine chemoattraktive Wirkung auf PMN sowohl in frischem Blutplasma als auch in hitzeinaktiviertem Blutplasma.

VOGELPOEL und VERHOEF (1985) studierten mittels Chemolumineszenzmessung die spermieninduzierte Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) durch PMN im Beisein von Serum. Es konnte gezeigt werden, dass Spermien in erster Linie über den „alternativen Komplementweg“ und teilweise auch über Immunglobuline PMN aktivieren können. Der

Einsatz von toten Spermien führte im Vergleich zu lebenden Spermien zur schnelleren und mehr als doppelt so hohen Aktivierungsrate der PMN.

Seminalplasma

Nach einer Bedeckung dient das Seminalplasma (SPL) als Bestandteil des Inseminats dem Schutz und der Ernährung der Spermien im weiblichen Genitale (WABERSKI et al. 1995b, c). Bei verlängerter Exposition konnten dagegen nachteilige Effekte des SPL auf die Spermien bei Pferd und Rind nachgewiesen werden (PICKETT et al. 1975; AMANN et al.

1987; MAGISTRINI et al. 1988; PRUITT et al. 1993). Durch seinen hohen Östrogengehalt (ca. 10 ng/ml) und die daraus resultierende Freisetzung des uterokontraktilen PGF aus dem porcinen Endometrium hat SPL einen positiven Einfluss auf den passiven Spermientransport (CLAUS 1990, WABERSKI et al. 1995b). Zusätzlich reguliert es den zeitlichen Ablauf der Kapazitation (WABERSKI et al. 1999b). Bei der Sau wurde eine ovulationsvo rverlegende Wirkung des SPL nachgeweisen (WABERSKI et al. 1999a, NORDEN 2000).

Von Spermien befreites SPL war beim Kaninchen (TYLER 1977) und beim Menschen (COHEN 1984) nicht chemoattraktiv für PMN. In einer Studie von REILAS (2001) hatte dagegen die intrauterine Verabreichung von SPL eine Neutrophilie im equinen Uterus zur Folge. Ebenso konnte die Autorin nachweisen, dass der Zusatz von SPL zu aufgetauten Spermien keine Reduzierung der uterinen inflammatorischen Reaktion bewirkt. Hingegen konnten ROZEBOOM et al. (1999) nach der Insemination von reinem SPL und Spermien mit SPL etwa 30% weniger Leukozyten aus dem uterinen Lumen von Jungsauen isolieren, als nach der Verabreichung von Spermien in PBS. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von CLARK und KLEBANOFF (1976) sowie von TROEDSSON et al. (1999) bei humanem, bovinem und equinem SPL. Die Autoren zeigten einen negativen Einfluss von mit Serum inkubiertem SPL auf Chemotaxis und Phagozytoseaktivität von PMN. Sie gehen von einer Hemmung des „alternativen Komplementwegs“ aus, der für die spermienbedingte Anlockung der Zellen ins uterine Lumen verantwortlich sein könnte. ROZEBOOM et al. (2000) setzten porcines SPL und Spermien in Blutplasma sowie in hitzeinaktiviertem Blutplasma in einer Transmigrationskammer ein und verglichen die daraufhin einsetzende Wanderung porciner PMN gege nüber einer Negativ- (Fetales Kälberserum) und einer Positivkontrolle (Lipopolysaccharid-aktiviertes Blutplasma). Bei Anwesenheit von SPL wanderten durchschnittlich 40-50% weniger PMN als bei Anwesenheit von gereinigten Spermien. Dabei

hatte die Hitzeinaktivierung des Blutplasmas keinen Einfluss. Aus diesen Ergebnissen und aus denen der oben beschriebenen in vivo-Versuche (ROZEBOOM et al. 1999) ziehen die Autoren den Schluss, dass porcines SPL über Hemmung der Komplementkaskade und die Blockierung bisher nicht identifizierter hitzestabiler, chemotaktischer Faktoren suppressiv auf die besamungsbedingte uterine inflammatorische Reaktion wirkt.

PRAKASH und LANG (1980) demonstrierten im humanen System, dass SPL in der Lage ist, Spermien vor Antikörpererkennung und Phagozytose zu schützen. Dabei maskieren oder modifizieren Komponenten des SPL (z.B. Polyamine, Transglutaminase) die Spermienantigene. Auch die im Zuge der Phagozytose erfolgende Produktio n von reaktiven Sauerstoffspezies durch Makrophagen und neutrophile Granulozyten wird durch das SPL von Mensch (SKIBINSKI et al. 1992) und Rind (BAMBERGER et al. 1984) gehemmt. Diese Ergebnisse konnten durch einen in- vivo-Versuch bei Stuten bestätigt werden. Nach experimentell induzierter akuter Endometritis sind Stuten mit in SPL oder Verdünner suspendierten Spermien inseminiert worden. Während bei Anwesenheit von SPL 77 % der Stuten tragend wurden, konnte bei Verwendung von Verdünner ohne SPL nur bei 5 % der Stuten eine Trächtigkeit nachgewiesen werden. Aufgrund z.T. widersprüchlicher Resultate hinsichtlich der chemotaktischen Wirkung bzw. der Wirkungsweise von SPL und seiner Komponenten sind weitere Studien über die Rolle des SPL im Besamungsgeschehen erforderlich.

Frischsamen-Verdünner (FV)

Die Art und Weise, wie mit dem gewonnenen Samen verfahren wird, richtet sich nach seiner späteren Verwendung als Frischsamen, Versandsamen oder Tiefgefriersamen. Für die Frischsamenverdünnung stehen z.B. der Kenney-Verdünner, ein Magermilch-Verdünner oder ein glycinhaltiger- Eigelb-Verdünner zur Verfügung (SAMPER et al. 2000).

Samenverdünner sind isotone Medien mit Pufferkapazität. Sie enthalten schützende Stoffe, die das Überleben der Spermatozoen außerhalb des Reproduktionstraktes der Stute sichern.

Hierzu gehören auf der einen Seite die Lipoproteine, zu finden in Eigelb- und Magermilchpräparationen, die Spermien vor Schädigung durch Abkühlen oder Gefrieren schützen. Weiterhin sind Substrate, wie z.B. Glucose für den Energie-Stoffwechsel der Spermien, enthalten. Ausserdem werden dem FV Antibiotika zugesetzt, um bakterielles

Wachstum zu reduzieren bzw. zu verhindern, da eine Kontamination mit ubiquitären Keimen bei Samengewinnung und –aufbereitung nicht ganz zu vermeiden ist. Der gewonnene und beurteilte Samen sollte innerhalb weniger Minuten nach der Ejakulation mit einem 37°C warmen FV je nach Lagerungszeit und Spermienkonzentration etwa in einem Verhältnis von 1 : 1 (Sperma zu Verdünner) und einer Konzentration von 25-50 x 106 Samenzellen/ml verdünnt werden. Dann wird er sukzessiv auf 5°C abgekühlt, um den Metabolismus der Spermien zu hemmen (VARNER et al. 1987). Weiterhin erfolgt häufig ein Zusatz von zuvor abzentifugiertem Seminalplasma in einer Endkonzentration von 5-20% (JASKO et al. 1991).

REILAS et al. (2001) überprüften inflammatorische Effekte von verschiedenen, in der Praxis gebräuchlichen FV, indem anschließend an die intrauterine Applikation eine Uterusspülung durchgeführt wurde. Nach Verabreichung von PBS, einem Eigelb- sowie einem Magermilchverdünner konnten, z.B. im Gegensatz zum Natursprung und zur Applikation von tiefgefrorenem Samen, nur geringe PMN-Konzentrationen im Uterus nachgewiesen werden.

FIALA et al. (2002) konnten dagegen nach einer intrauterinen Infusion eines Magermilchverdünners wesentlich höhere PMN-Zahlen nachweisen. Die uteri dieser Stuten wurden nach 2, 4 und 24 Stunden mittels Katheter und PBS gespült. Es war ein kontinuierlicher Anstieg der PMN-Zahlen zu verzeichnen mit einem Maximum nach 24 Stunden.