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2 LITERATURÜBERSICHT

2.2 E NDOMETRITIS BEI DER S TUTE

2.2.1 Rolle und Pathogenese der equinen Endometritis

Durch Belegung (Natursprung oder IS) oder peripartal kann es zu einer Kontamination des Uterus mit Infektionserregern und damit zur Entzündung des Endometriums kommen. Dies kann zu einer Störung des uterinen Milieus führen und die Fertilität beeinträchtigen. Im Anschluss an eine Besamung wird ein kurzzeitiger, vorübergehender entzündlicher Prozess am Endometrium als physiologisch angesehen. Er is t eine notwendige Reaktion des Organismus auf unterschiedliche Kontaminanten, wie das Hengstsperma, Bestandteile des verwendeten Verdünners oder auch auf die in das Uteruslumen eingebrachten Bakterien (KOTILAINEN et al. 1994, TROEDSSON et al. 1995).

Neben Erkrankungen des Respirationsapparates und Koliken wird die Endometritis als eines der wichtigsten Probleme in der Pferdepraxis eingestuft (DOIG et al. 1981, TRAUB-DARGATZ et al. 1991). Den Hauptgrund für verminderte Fertilität bei Zuchtstuten stellt die persistierende Endometritis dar. ZENT und TROEDSSON (1998) haben in einer Studie mit Vollblutstuten beobachtet, dass in einer repräsentativen Gruppe etwa 15% der Stuten im Anschluss an eine Belegung eine persistierende Endometritis entwickelt haben.

Es wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Uteruslumen einer fertilen Stute keimfrei ist oder von einer nur vorübergehenden, nicht ortsansässigen Mikroflora besiedelt wird, obwohl der Reproduktionstrakt einer Stute durch Deckakt, Abfohlung und tierärztliche Tätigkeiten mit Bakterien oftmals kontaminiert wird. Auch anatomische Veränderungen, wie eine Uro- oder Pneumovagina können für die Entwicklung einer persistierenden Endometritis mitverantwortlich sein (SAMPER et al. 2000). Die physikalischen Barrieren gegen eine Infektion sind die Schamlippen, der Hymenalbereich und die Zervix uteri. Die Möglichkeit der Bakterienisolation aus geschlechtsgesunden Stuten nimmt fortschreitend von der Fossa clitoridis (94%), über Vestibulum (69%) und craniale Vagina (42%) zum Uterus (31%) ab (HINRICHS und KENNEY et al. 1989).

Normalerweise wird die Schleimhaut des Vestibulums und der Clitoris von einer harmlosen Bakterienpopulation besiedelt, welche charakteristischen Schwankungen unterworfen ist. In Verbindung mit gutartigen saprophytischen Organismen können opportunistische Organismen, wie Streptococcus zooepidemicus, Escherichia coli und Staphylococcus spp.

isoliert werden. Die Praeputialschleimhaut des Hengstes weist eine ähnliche Flora auf. Die am häufigsten isolierte Bakterienspezies bei einer akuten Endometritis ist Sc. zooepidemicus, gefolgt von E. coli. Der Uterus antwortet auf eine bakterielle Kontamination mit einem massiven Influx von neutrophilen Granulozyten (PYCOCK und ALLEN 1990), die die Bakterien u.a. durch Phagozytose innerhalb von 24 Stunden eliminieren. Die inflammatorischen Nebenprodukte werden in der Regel mechanisch beseitigt.

2.2.2 „Resistente“ und „empfängliche“ Stuten

Stuten können nach ihrer Fähigkeit, eine bakterielle Infektion zu eliminieren, in empfänglich („susceptible mares“) und resistent („resistant mares“) gegenüber einer persistierenden

Endometritis eingeordnet worden. Bereits 1969 wurde von HUGHES und LOY eine natürliche Resistenz junger Stuten gegenüber einer künstlich erzeugten bakteriellen Infektion festgestellt. Weitere Untersuchungen von PETERSON et al. (1969) haben ergeben, dass nach uteriner Verabreichung einer Sc. zooepidemicus- oder Pseumonaden-Suspension multipare und güste Stuten häufiger eine anhaltende Entzündung entwickelten als Maidenstuten.

HUGHES und LOY entwickelten 1969 diesen Gedanken weiter und bestätigten, dass

„resistente“ Stuten ohne unterstützende medikamentelle Behandlung in der Lage sind, eine induzierte Infektion zu eliminieren, während dies bei empfänglichen Stuten nicht der Fall ist.

RIGBY et al. (2001) postulierten, das annähernd 15% der belegten Stuten eine persistierende Endometritis ausbilden. Die Empfänglichkeit gegenüber einer Endometritis ist kein absoluter Status einer Zuchtstute, da ein Versagen des uterinen Schutzmechanismus meist nur den Prozess der uterinen Clearance verlangsamt. In der Praxis ist eine große Variation hinsichtlich der Formen einer „Empfänglichkeit“ zu beobachten, was bedeutet, dass Stuten oft nicht eindeutig einer der beiden Gruppen, „resistent“ oder „empfänglich“, zugeordnet werden können (PYCOCK et al. 1997).

Bei der IS wird der Samen direkt in die Gebärmutter appliziert, was immer ein Infektionsrisiko darstellt. In der Regel sind die uterinen Abwehrkräfte in der Lage, innerhalb weniger Stunden bis Tage eine Infektion erfolgreich zu bekämpfen. Bei „empfänglichen“

Stuten kann es jedoch zur Entwicklung einer persistierenden Endometritis kommen.

Außerdem konnte aufgezeigt werden, dass Spermien auch ohne eine bakterielle Kontamination eine entzündliche Antwort im Uterus induzieren (KATILA et al. 1995;

TROEDSSON 1995). Diese Arbeiten deuten an, dass die Intensität der uterinen entzündlichen Reaktion von der Konzentration und/oder dem Volumen des Inseminates abhängt. Dies bedeutet, dass konzentrierter Samen (Tiefgefriersperma) eine stärkere entzündliche Reaktion im Uterus hervorruft als frisches oder verdünntes Sperma. Nach PARLEVLIET et al. (1997) ist die Intensität der uterinen entzündlichen Reaktion auf eine Besamung vielmehr von den Spermien selbst als vom Samenverdünner abhängig. Nach bisherigen Erkenntnissen hat die Vitalität der Spermien keinen signifikanten Einfluss auf den PMN-Influx in den Uterus (KATILA 1997).

Die transiente Endometritis im Anschluss an eine Belegung klingt spontan innerhalb von 24 bis 72 Stunden ab, so dass das Uterusmilieu dann bereit für die Aufnahme und Versorgung des Embryos ist. Diese Form der Endometritis ist somit eine physiologische Reaktion, um den

Uterus von überschüssigen Spermien, Seminalplasma und von Entzündungsprodukten zu reinigen, bevor der Embryo ca. 5 Tage nach der Befruchtung aus dem Eileiter in das Uteruslumen übertritt. Wenn dagegen die Endometritis bis zum 4. oder 5. Zyklustag fortbesteht, gefährdet das Uterusmilieu das Überleben des Embryos im Uterus. Ausserdem kann es im Ergebnis einer entzündungsbedingten Freisetzung von PGF2a zur Luteolyse und damit zum vorzeitigen Eintritt der Rosse kommen (NEELY et al. 1979).

Die meisten Studien über Immunglobuline, Opsonine und die funktionellen Fähigkeiten von neutrophilen Granulozyten aus dem Uterus von „empfänglichen“ Stuten konnten die Vermutung einer eingeschränkten Immunantwort als entscheidende Krankheitsursache bisher nicht bestätigen (ALLEN und PYCOCK 1989). Dagegen beobachteten LIU et al. (1985) bei PMN „empfänglicher“ Stuten eine reduzierte Phagozytosefähigkeit und stellten ausserdem einen Defekt in der Opsonisierung durch Komplementfaktoren und Antikörper fest.

EVANS et al. (1986) wiesen darauf hin, dass eine verminderte physikalische Drainage der Gebärmutter verantwortlich für eine erhöhte Empfänglichkeit der Stute für die Entstehung einer Endometritis sein könnte. Die mechanische Fähigkeit des Uterus zur Elimination von Bakterien, inflammatorischen Trümmern und Flüssigkeitsansammlungen wird heute häufig als ein kritischer Faktor der uterinen Selbstreinigung gesehen. Die myometriale Aktivität ist häufig bei älteren und multipaaren Stuten reduziert (EVANS und IRVINE 1986). Bei einem Vergleich von empfänglichen und resistenten Stuten hinsichtlich der Eliminierung eines nicht-antigenen Markers aus dem Uterus, konnten TROEDSSON und LIU (1991) eine verzögerte mechanische Clearance bei den empfänglichen Stuten nachweisen. Es ist eine logische Schlussfolgerung, dass jegliche Beeinträchtigung dieser Funktion (z.B. der myometrialen Kontraktilität) eine Stute empfänglich für eine persistierende Endometritis macht (TROEDSSON et al. 1991, 1993; LEBLANC et al. 1994).

Das Erkennen einer für eine Endometritis empfänglichen Stute ist häufig schwierig, da schon geringgradige Veränderungen des uterinen Milieus Störfaktoren sein können, welche mit den gebräuchlichen Untersuchungsmethoden nur schwierig zu erfassen sind. Viele Stuten zeigen vor der Belegung keine Anzeichen einer Endometritis, reagieren aber trotzdem mit einer persistierenden Entzündung.

Der Vorbericht ist unter Praxisbedingungen ein sehr nützliches Hilfsmittel zur Erkennung einer solchen „empfänglichen“ Zuchtstute. Zum Nachweis uteriner

Flüssigkeitsansammlungen, welche für eine verminderte uterine Clearance sprechen, setzte sich in der Praxis die Ultraschalluntersuchung durch. Die Anwesenheit von vermehrter Flüssigkeit im Uteruslumen vor einer Belegung kann als deutlicher Hinweis auf eine nachfolgende besamungsinduzierte persistierende Entzündungsreaktion gewertet werden (PYCOCK und NEWCOMBE 1996). ÖZGEN et al. (1997) machen für Flüssigkeitsansammlungen im Uterus auch hormonelle Dysregulationen verantwortlich, die über eine gestörte Expression von Östrogen- und Progesteronrezeptoren im Endometrium zur Hypersekretion der Uterindrüsen führen könnte. Weitere Ursachen einer uterinen Flüssigkeitsakkumulation können sowohl eine Übersekretion durch Uterindrüsen, als auch Störungen des Lymphabflusses sein (RASCH et al. 1996). Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist jedoch noch nicht sicher geklärt, ob die Flüssigkeitsakkumulation das Resultat einer Überproduktion, eines Defizits der mechanischen Clearance über die Zervix oder eines Mangels der lymphatischen Resorption darstellt. Eine Kombination aller drei möglichen Ursachen scheint möglich.