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3.2 Konsile und Medikationsanalysen

3.2.7 Hauptkategorie Dosisanpassung an die Nierenfunktion

Insgesamt nahmen 88 der 400 Patienten (22 %) ein Arzneimittel ein, das bei einer eingeschränk-ten Nierenfunktion fehlerhaft dosiert oder kontraindiziert war. Es waren 150 Arzneimittel betroffen, dies entspricht 3 % aller Arzneimittel und je Patient 1,7 Arzneimitteln, die mit einer fehlenden Be-rücksichtigung der eingeschränkten Nierenfunktion verordnet worden waren. Zwei Patienten nahmen vier, 46 der 88 Patienten (52 %) ein und 24 der 88 Patienten (27 %) zwei dieser Arzneimittel ein.

| 94 (I) Verordnung eines Arzneimittels in einer Dosierung, die nach Angaben in der

Fachinformation ungeeignet für die Nierenfunktion des Patienten ist.

Bei 56 von 400 Patienten (14 %) und 70 Arzneimitteln, 1 % aller Arzneimittel, war die Dosierung nicht an die eingeschränkte Nierenfunktion angepasst worden, je Patient 1,3 Arzneimittel. Dabei ent-sprachen die auf Grund der eingeschränkten Nierenfunktion nachträglich berechneten Dosierungen 52 % der verordneten Dosierungen. Bei 33 der 70 Arzneimittel (47 %) konnte die Dosierung über die Q0-Formel berechnet werden, bei 37 der 70 Arzneimittel (53 %) erfolgte die Anpassung auf Grund von Angaben der Fachinformation. Die Patienten, die von einer Dosisanpassung an die Nieren-funktion betroffen waren, hatten eine durchschnittliche GFR von 38,2 ml/min, minimal 12,1 ml/min.

In der nachfolgenden Tab. 41 sind die häufigsten dieser Arzneimittel aufgeführt. Nicht bei allen Patienten war eine Nierenfunktion angegeben, daher sind die tatsächlichen Häufigkeiten vermutlich höher. Besonders häufig war eine Anpassung der Dosierung bei Arzneimitteln der ATC-Gruppe M

„Muskel- und Skelettsystem“ mit 24 von 70 Arzneimitteln (34 %), der ATC-Gruppe C „ kardiovasku-läres System“ mit 20 von 70 Arzneimitteln (29 %), sowie der ATC-Gruppe A „Alimentäres System und Stoffwechsel“ mit 17 von 70 Arzneimitteln (24 %) erforderlich.

Tab. 41: Anpassung der Dosierung der Arzneimittel an die eingeschränkte Nierenfunktion erforderlich (n=70).

Arzneimittel Häufigkeit % ATC-Code

Verordnungen gesamt (%)

% Abweichung der Dosis

Dosisberechnung

Allopurinol 23 33 % V04CJ03 114 (20 %) 54 % Q0 – Konzept

Sitagliptin 10 14 % A10BH01 35 (29 %) 49 % Herstellerangaben in der Fachinformation

Ramipril 7 10 % C09AA05 117 (6 %) 50 % Herstellerangaben in der Fachinformation

Oft handelte es sich dabei um die Urikostatika (M04AA) Allopurinol und Febuxostat (n=1) sowie um die Dipeptidyl-Peptidase-4-Inhibitoren (A10BH) Sitagliptin, Vildagliptin (n=1) und Saxagliptin (n=1). Ebenso waren Arzneimittel, die den Lipidstoffwechsel beeinflussen (C10A) von einer Dosisapassung betroffen, dazu gehörten Simvastatin (n=1) und Fenofibrat (n=5).

(II) Gabe eines Arzneimittels bei eingeschränkter Nierenfunktion, wobei die Gabe nur unter Vorsicht und ärztlicher Kontrolle empfohlen ist.

Bei 24 von 400 Patienten (6 %) und 26 Arzneimitteln war die Gabe bei eingeschränkter Nieren-funktion nur unter besonderer Vorsicht und Überwachung empfohlen. Je Patient entspricht dies 1,1 Arzneimitteln. In der nachfolgenden Tab. 42 sind die häufigsten dieser Arzneimittel aufgeführt.

Mit Vorsicht bei eingeschränkter Nierenfunktion anzuwendende Arzneimittel sind mit 13 von 26 Arzneimitteln (50 %) insbesondere bei der ATC-Gruppe C „kardiovaskuläres System" sowie Glimepirid bei der ATC-Gruppe A „Alimentäres System und Stoffwechsel" zu finden. Auch Angio -tensin-II-Antagonisten (C09CA) wie Candesartan, Valsartan (n=1), Olmesartan (n=1) und

| 95 Telmisartan (n=1) sowie nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika (M01A) wie Ibuprofen (n=2) und Diclofenac (n=1) sollten mit Vorsicht angewendet werden.

Tab. 42: Die häufigsten Arzneimittel, deren Gabe bei eingeschränkter Nierenfunktion nur mit Vorsicht empfohlen ist (n=26).

Arzneimittel Häufigkeit % ATC-Code allerdings können sie auch akut schädigend auf die Niere wirken, beispielsweise bei einer Analgetika-Nephropathie (160), und insbesondere bei bereits bestehender Niereninsuffizienz ein Nierenversagen auslösen (161). Bei Glimepirid und Spironolacton ist die Anwendung bei einer GFR von unter 30 ml/min kontraindiziert.

(III) Gabe eines Arzneimittels bei eingeschränkter Nierenfunktion, wobei die Anwendung bei Niereninsuffizienz kontraindiziert ist.

Bei 48 von 400 Patienten (12 %) war die Gabe eines Arzneimittels auf Grund der eingeschränkten Nierenfunktion laut Fachinformation kontraindiziert. Bei 54 Arzneimitteln, 1 % aller eingenommenen Arzneimittel, entspricht dies durchschnittlich 1,1 Arzneimitteln je Patient. In der nachfolgenden Tab. 43 sind die am häufigsten vorkommenden Arzneimittel dieser Unterkategorie dargestellt.

Tab. 43: Kontraindikation für die Anwendung bei eingeschränkter Nierenfunktion (n=54).

Arzneimittel Häufigkeit % Verordnungen gesamt (%)

ATC-Code Empfehlung

Metformin 26 48 % 103 (25 %) A10BA02 bei einer GFR < 60 ml/min kontraindiziert Spironolacton 6 11 % 51 (12 %) A10BB12 bei einer GFR < 30 ml/min kontraindiziert

Besonders häufig waren mit 28 von 54 Arzneimitteln (52 %) Arzneimittel der ATC-Gruppe A „Alimentäres System und Stoffwechsel“, mit 18 von 54 Arzneimitteln (33 %) Arzneimittel der ATC-Gruppe C „kardiovaskuläres System“ mit 5 von 54 Arzneimitteln (9 %) Arzneimittel der ATC-Gruppe M „Muskel- und Skelettsystem" mit nicht angezeigter Gabe bei Niereninsuffizienz vorhanden. Bei Metformin besteht ein erhöhtes Risiko einer Laktatazidose, Spironolacton führt zu einer weiteren Verschlechterung der Nierenfunktion bis hin zum Nierenversagen. Die Grenze der glomerulären Filtrationsrate, unterhalb derer eine Kontraindikation für Metformin besteht, wurde von 60 ml/min auf 45 ml/min herabgesenkt, offiziell bestätigt durch das BfArM am 27.03.2015 (162). Ebenso waren

| 97

Tab. 44: Die häufigsten Doppelverordnungen beim gesamten Patientenkollektiv (n=165).

A ATC-Code B ATC-Code Häufigkeit % Indikation

Colecalciferol A11CC05 Colecalciferol A11CC05 12 7 % Osteoporoseprophylaxe, Osteoporosetherapie Ipratropiumbromid R03BB01 Tiotropiumbromid R03BB04 12 7 % Asthma bronchiale, COPD Hydrochlorothiazid C03AA03 Hydrochlorothiazid C03AA03 6 4 % Herzinsuffizienz,

Hypertonie

Isosorbiddinitrat C01DA08 Molsidomin C01DX12 6 4 % Herzinsuffizienz, koronare Herzerkrankung

Besonders häufig wurde bei 12 Patienten Colecalciferol in zwei Präparaten kombiniert, ebenso wendeten 12 Patienten die beiden inhalativen Anticholingergika Ipratropiumbromid und Tiotropiumbromid gemeinsam an, diese Kombinationen wurden vom Expertenteam hinterfragt. Das Diuretikum Hydrochlorothiazid war häufig in Kombinationspräparaten mit anderen Antihypertonika verordnet. Die Doppelverordnung von langwirksamen Nitraten trat ebenfalls bei sechs Patienten auf.

(I) Doppelte Verordnung derselben Wirkstoffe, die ATC-Codes stimmen in allen 7 Stellen überein.

Es waren 53 von 400 Patienten (13 %) von einer Doppelverordnung, bei der die ATC-Codes der Arzneimittel in allen sieben Stellen übereinstimmten, betroffen mit insgesamt 60 Doppelverord-nungen. Dies entspricht je Patient 1,1 DoppelverordDoppelverord-nungen. In der nachfolgenden Tab. 45 sind die häufigsten dieser Doppelverordnungen aufgeführt.

Tab. 45: Die häufigsten Doppelverordnungen mit Übereinstimmung der ATC-Codes in allen sieben Stellen (n=60).

A ATC-Code B ATC-Code Häufigkeit % Indikation

Colecalciferol A11CC05 Colecalciferol A11CC05 12 20 % Osteoporoseprophylaxe, Osteoporosetherapie Hydrochlorothiazid C03AA03 Hydrochlorothiazid C03AA03 6 10 % Herzinsuffizienz,

Hypertonie

Ramipril C09AA05 Ramipril C09AA05 3 5 % Herzinsuffizienz,

Hypertonie

Die enthalten Wirkstoffe wurden je in zwei unterschiedlichen Präparaten verabreicht, teilweise in einem Mono- und einem Kombinationspräparat, wie Ramipril, Valsartan (n=2) oder Candesartan (n=2), in zwei Kombinationspräparaten wie Calcium (n=2) oder in unterschiedlichen Dosierungen in zwei verschiedenen Monopräparaten oder galenischen Formulierungen, wie unter anderem Levothyroxin (n=2) oder Metamizol (n=2).

(II) Gabe von zwei Arzneimitteln für dieselbe Indikation, wobei die ATC-Codes in 5 Stellen übereinstimmen.

Bei 53 von 400 Patienten (13 %) war je eine Doppelverordnung vorhanden, wobei die ATC-Codes der Arzneimittel in fünf Stellen übereinstimmten. Bei insgesamt 63 Doppelverordnungen entspricht dies je Patient 1,2 Doppelverordnungen. In der nachfolgenden Tab. 46 sind die häufigsten dieser Doppelverordnungen aufgeführt.

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Tab. 46: Die häufigsten Doppelverordnungen mit Übereinstimmung des ATC-Codes in 5 Stellen (n=63).

A ATC-Code B ATC-Code Häufigkeit % Indikation

Ipratropiumbromid R03BB01 Tiotropiumbromid R03BB04 12 19 % Asthma bronchiale, COPD Amlodipin C08CA01 Nifedipin C08CA05 5 8 % Hypertonie, Angina pectoris Furosemid C03CA01 Torasemid C03CA04 5 8 % Herzinsuffizienz, Hypertonie Die gemeinsame Gabe von zwei inhalativen Anticholinergika oder zwei inhalativen kurzwirksamen Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten bei COPD oder Asthma bronchiale wie Salbutamol und Fenoterol (n=4) oder die gemeinsame Gabe zweier Antiepileptika wie Gabapentin und Pregabalin (n=3) wurden hinterfragt. Ebenso waren eine Blutdruck- oder Herzinsuffizienztherapie mit den zwei Wirkstoffen Amlodipin und Nifedipin oder Furosemid und Torasemid vom Expertenteam mit einer Rückfrage an den behandelnden Arzt versehen worden.

(III) Gabe von zwei Arzneimitteln für dieselbe Indikation, wobei die ATC-Codes in 4 Stellen übereinstimmen.

Die Medikationen von 24 von 400 Patienten (6 %) enthielten je eine Doppelverordnung mit der Übereinstimmung der ATC-Codes in vier Stellen. In dieser ATC-Code Übereinstimmung handelte es sich mit 6 von 24 Kombinationen (25 %) am häufigsten um die Kombination der beiden Nitratdona-toren ISDN und Molsidomin (n=6) bei Angina pectoris. Auch Kombinationen von Arzneimitteln der ATC-Gruppe N06A „Antidepressiva" waren betroffen (n=6), darunter Doxepin (n=3), Agomelatin (n=2), Sertralin (n=2), Amitriptylin, Trimipramin, Paroxetin, Fluoxetin oder Citalopram (je n=1) und Kombinationen von Analgetika (n=5) wie Fentanyl (n=2) mit Morphin oder Oxycodon/

Naloxon sowie Diclofenac (n=3) mit Naproxen, Etoricoxib oder Ibuprofen.

(IV) Gabe von zwei Arzneimitteln für dieselbe Indikation, wobei die ATC-Codes nicht übereinstimmen.

17 von 400 Patienten (4 %) waren von einer Doppelverordnung betroffen, bei der sich die ATC-Codes nur im ein- bis dreistelligen Bereich glichen. Es handelte sich dabei um 18 Doppelverord-nungen und je Patient um 1,1 DoppelverordDoppelverord-nungen. In der nachfolgenden Tab. 47 sind die am häufigsten auftretenden Arzneimittelkombinationen dieser Unterkategorie aufgeführt.

Tab. 47: Die häufigsten Doppelverordnungen mit Übereinstimmung des ATC-Codes in ein bis drei Stellen (n=18).

A ATC-Code B ATC-Code Häufigkeit % Indikation

Hydrochlorothiazid C03AA03 Torasemid C03CA04 2 11 % Herzinsuffizienz, Hypertonie Torasemid C03CA04 Xipamid C03BA10 2 11 % Herzinsuffizienz, Hypertonie Hydrochlorothiazid C03AA03 Xipamid C03BA10 1 6 % Herzinsuffizienz, Hypertonie

Die Diuretika Hydrochlorothiazid, Torasemid oder Xipamid wurden gemeinsam verordnet (n=5), allerdings kann die Kombination aus Schleifen- und Thiazid-Diuretikum als sequentielle Nephron-blockade, beispielsweise bei „Diuretikaresistenz“, pharmakologisch sinnvoll und indiziert sein, eine besondere Begründung und Kontrolle sind insbesondere bei älteren Patienten notwendig (163,164).

| 100 auf. Das Expertenteam empfahl bei 29 der 400 Patienten (7 %) eine Ergänzung der Schmerztherapie, eine Bedarfsmedikation oder eine Obstipationsprophylaxe bei Opioid-Gabe. Zu ergänzende oder feh-lende Arzneimittel bei weiteren Krankheiten des Kreislaufsystems wie Hypertonie oder Herzinsuffi-zienz ergaben sich bei 33 der 400 Patienten (19 %). Auch wurde eine ergänzende Osteoporose-Thera-pie oder -prophylaxe bei 11 der 400 Patienten (6 %) empfohlen. Eine fehlende medikamentöse The-rapie des Diabetes mellitus aus dem Bereich der endokrinen, Ernährungs- und Stoffwechselkrankhei-ten bei fehlendem Hinweis auf eine diätetische Einstellung ergab sich bei 6 der 400 PatienStoffwechselkrankhei-ten (4 %).

3.2.10 Selbstmedikation

Die vom Expertenteam als risikoreich angesehenen Arzneimittel der Selbstmedikation sind nach-folgend dargestellt. Es handelt sich dabei ebenfalls um Medikationsfehler, allerdings können diese Fehler nicht den potentiellen Verordnungsfehlern zugeordnet werden, da der behandelnde Arzt keine Kenntnis von der Einnahme der Präparate hatte, und somit das Wissen und die Verantwortung für die gesamte Medikation alleine beim Patienten lag. Die Einteilung der Haupt- und Unterkatego-rien wurde beibehalten. Einige UnterkategoUnterkatego-rien enthielten keine Arzneimittel der Selbstmedikation und sind daher nicht aufgeführt. Nachfolgende Tab. 49 zeigt einen Überblick über die Medikations-fehler im Bereich der Selbstmedikation.

Hauptkategorie Indikation

In der Hauptkategorie „Indikation" waren 72 von 400 Patienten (18 %) von insgesamt 135 einge-nommenen Arzneimitteln der Selbstmedikation ohne vorliegende Indikation betroffen mit durch-schnittlich 1,9 Arzneimitteln. Die Aufschlüsselung in den drei Unterkategorien ist nachfolgend darge-stellt. In der Unterkategorie „Indikation unklar" war keine Selbstmedikation enthalten.

Einnahme eines Arzneimittels, für welches keine Indikation vorliegt: 23 von 400 Patienten (6 %) nahmen 50 Arzneimittel in Selbstmedikation ein, am häufigsten Mineralstoffe wie Magnesium, Zink, Calcium, Omega 3 oder Biotin.

Einnahme eines Arzneimittels, bei dem gemäß Studienlage kein Wirksamkeitsnachweis gegeben ist: 48 von 400 Patienten (12 %) nahmen 82 Arzneimittel in Selbstmedikation ein, bei denen die Experten keinen Wirksamkeitsnachweis sahen und auch keine Indikation vorlag, insbesondere Weißdorn, Acetylcystein, Artischocke, Cranberry und Kieselerde.

Ein Arzneimittel wird ohne ersichtliche Indikation in Dauertherapie eingenommen, eine Bedarfsgabe wäre gegebenenfalls ausreichend: es nahmen 3 von 400 Patienten (1 %) drei Arznei-mittel in Selbstmedikation ein wobei eine Dauergabe nicht erforderlich ist, dazu gehörten Zink, Kalium und Simeticon.

| 101

Tab. 49: Übersicht über die Haupt- und Unterkategorien der eingenommenen Arzneimittel der Selbstmedikation (n=400).

Anzahl Patienten % Arzneimittel (-kombinationen) versch. Arznei- mittel (-kombi- nationen)

Häufigste Arzneimittel (Anzahl)

Indikation 72 18 % 135 72

I fehlende Indikation 23 6 % 50 37 Magnesium (20) , Zink (6), Calcium (4), Omega 3 (4)

II kein Wirksamkeitsnachweis 48 12 % 82 41 Weißdorn (4), Acetylcystein (2), Artischocke (2), Cranberry (2), Kieselerde (2)

III risikoreiche Dauertherapie 5 1 % 5 4 Natriumpicosulfat (2), Bisacodyl (1), Cranberry (1), Kalium (1)

Interaktion 22 6 % 28 18

II schwerwiegend 9 2 % 11 7 Acetylsalicylsäure/Ginkgo (3), Cranberry/Phenprocoumon (2)

III moderat 13 3 % 14 8 Calcium/Levothyroxin (5), Ginkgo/Omeprazol (2), Clopidogrel/Ginkgo (2)

III 4stelliger ATC-Code 2 1 % 2 2 Natriumpicosulfat/Bisacodyl (1), Lactulose/Flohsamenschalen (1) IV 1-3stelliger ATC-Code 1 0 % 1 1 Krillöl/Omega 3 (1)

Hauptkategorie Risikomedikamente

Es nahmen 9 von 400 Patienten (2 %) je ein Arzneimittel der Selbstmedikation ein, das ein Risiko-arzneimittel darstellt. In der Unterkategorie „PRISCUS-Arzneimittel" war kein Arzneimittel enthalten.

Einnahme eines Arzneimittels, das auf Grund des Krankheitsbildes des Patienten risikobehaftet ist:

4 von 400 Patienten (1 %) nahmen Acetylsalicylsäure, Chinin, Naproxen oder Kalium/Magnesium ein.

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Einnahme eines Arzneimittel als Dauertherapie, wobei eine Dauertherapie mit einem erhöhten Risiko verbunden ist: 5 von 400 Patienten (1 %) nahmen Natriumpicosulfat, Bisacodyl, Cranberry oder Kalium ein.

Hauptkategorie Interaktion

Insgesamt waren 22 Patienten von 28 Interaktionen zwischen einem verordneten Arzneimittel und einem Arzneimittel, das in Selbstmedikation ohne Wissen des Arztes eingenommen wurde be-troffen, zwischen den Arzneimitteln der Selbstmedikation selbst bestanden keine Interaktionen. Dies entspricht einem Anteil von 6 % aller Patienten, und je Patient durchschnittlich 1,3 Interaktionen. Es gab keine Interaktion mit Arzneimitteln der Selbstmedikation in den Untergruppen „keine Angabe",

„widersprüchliche Angaben/keine Interaktion" und „kontraindizierte Interaktion". Insbesondere diese Interaktionen sind für den behandelnden Arzt schwer identifizierbar und daher häufig unent-deckt und unbeachtet.

Einnahme zweier Arzneimittel mit einer schwerwiegenden Interaktion: bei den Polymedikationen von neun Patienten waren elf Interaktionen, die von den Datenbanken als „schwerwiegend" ein-gestuft waren, enthalten, durchschnittlich 1,2 Interaktionen je Patient. Am häufigsten trat die Interaktion zwischen Acetylsalicylsäure und Ginkgo sowie diejenige zwischen Cranberry und Phenprocoumon auf.

Einnahme zweier Arzneimittel mit einer moderaten Interaktion: bei 13 Patienten waren 14 Inter-aktionen in den Medikationen enthalten, die von den Datenbanken als „moderat" eingestuft wurden, je Patient durchschnittlich 1,1 Interaktionen, darunter die Interaktionen zwischen Calcium und Levothyroxin, Ginkgo und Omeprazol sowie Ginkgo und Clopidogrel.

Gabe zweier Arzneimittel mit einer geringfügigen Interaktion: drei Patienten waren von je einer geringfügigen Interaktion betroffen, darunter die Interaktion zwischen Calcium und Hydrochlorothiazid.

Hauptkategorie Kontraindikation

Das einzige Arzneimittel in der Selbstmedikation bei einem Patienten mit Kontraindikation war Chinin, das als Medikament bei Wadenkrämpfen bis zum 30.03.2015 als apothekenpflichtiges Arznei-mittel ohne Rezept erhältlich war, seitdem besteht eine Verschreibungspflicht für Chinin (165). Es kann bei bestehenden Herzrhythmusstörungen diese verstärken, alternativ sollte Magnesium abends eingenommen werden.

| 103 Hauptkategorie Dosierung

Es nahmen elf Patienten je ein Arzneimittel in Selbstmedikation ein, bei dem die Dosierung fehler-haft war.

Einnahme eines Arzneimittels in einer Dosierung, die oberhalb der in der Fachinformation angegebenen Therapieempfehlung oder Leitlinien liegt: ein Patient nahm Colecalciferol ergänzend bei einer Osteoporose-Therapie in einer zu hohen Dosierung ein.

Einnahme eines Arzneimittels zu einem fehlerhaften Applikationszeitpunkt: bei 9 Patienten lag eine morgendliche anstelle einer abendlichen Einnahme von Magnesium bei bestehenden nächtlichen Wadenkrämpfen vor.

Einnahme eines Arzneimittels als Bedarfsgabe anstelle einer Dauertherapie: ein Patient nahm Cromoglicinsäure als Bedarfstherapie ein, wobei die pharmakologische Wirkung nur bei einer regelmäßigen Einnahme erreicht wird.

Hauptkategorie Dosisanpassung an die Nierenfunktion

Ein Patient nahm Calcium bei bestehender Nierenfunktionsstörung ein, wobei Vorsicht geboten ist und eine Kontrolle der Calcium- und Phosphat-Homöostase erfolgen sollte.

Hauptkategorie Doppelverordnung

Bei acht Patienten lag je eine Arzneimittelkombination vor, bei denen die Einnahme eines der Präparate ausreichend wäre.

Übereinstimmung der ATC-Codes der Präparate in allen 7 Stellen: vier Patienten nahmen je zwei Präparate dieser Doppeleinnahme ein, dazu gehörten bei zwei Patienten die Wirkstoffe Colecalciferol, sowie Cyanocobalamin und Kalium.

Übereinstimmung der ATC-Codes der Präparate in 5 Stellen: ein Patient nahm die Kombination der Expektorantien Acetylcystein und Cineol ein.

Übereinstimmung der ATC-Codes der Präparate in 4 Stellen: zwei Patienten nahmen die Kombina-tionen der Laxantien Natriumpicosulfat/Bisacodyl und Lactulose/Flohsamenschalen ein.

Übereinstimmung der ATC-Codes der Präparate in ein bis drei Stellen: ein Patient nahm die Kombi-nation Krillöl und Omega 3 ein.

| 104

3.3 Ergebnisse der Fragebögen zur Bewertung der Zuverlässigkeit der Datenbasis der vorliegenden Verordnungsfehler

Zur Bewertung der Zuverlässigkeit der Datenbasis bei Konsilerstellung (s. Kapitel 2.4) wurden die an fünf Experten verteilten Fragebögen zur Auswertung herangezogen. Alle fünf Fragebögen waren vollständig ausgefüllt zurückgegeben worden. Drei der fünf Experten hatten je die einzelnen ein bis drei Beispiele der Kategorien bewertet anstelle der einzelnen Unterkategorien im Allgemeinen. Von den 33 Kategorien ergab sich ein Anteil von 16 (48 %) für das Vorliegen der Einstufung A, die be-schreibt, dass vermutlich ein Verordnungsfehler vorhanden ist und die zur Auswertung der Medika-tionen vorliegenden InformaMedika-tionen vollständig und zuverlässig sind, sowie ein Anteil von 17 der 33 Kategorien (52 %) für das Vorliegen der Kategorie B, dass die Daten gegebenenfalls unzureichend oder unvollständig sind und erst eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt diese angenom-menen potentiellen Verordnungsfehler klären würde und sich eine eventuell als Risikomedikation eingestufte Verordnung als doch keine solche herausstellen könnte.

Es zeigte sich, dass insbesondere in den Bereichen Indikation, Interaktion und Dosierung die Ein-stufung als potentielle Verordnungsfehler mit einer häufigen Nennung von EinEin-stufung B vom Exper-tenteam hinterfragt wurde. Vier der vier Indikations-, fünf der sechs Interaktions- und fünf der elf Dosierungs-Unterkategorien wurden in der Zuverlässigkeit ihrer Datengrundlage hinterfragt. Dies be-deutet, dass zum einen erforderliche Daten fehlten oder fehlerhaft waren, so dass der potentielle Verordnungsfehler nicht vorlag, oder der behandelnde Arzt würde nach Ansicht des Expertenteams diesen potentiellen Verordnungsfehler erfasst haben, so dass ausreichendes Monitoring oder Auf-klärung des Patienten die potentiellen Risiken minderten und die Verordnung nicht als fehlerhaft zu bezeichnen war. Im Bereich der Interaktionen ging das Expertenteam im Wesentlichen davon aus, dass dieser theoretisch vorliegende Medikationsfehler dem behandelnden Arzt bekannt war, und daher nicht als Verordnungsfehler anzusehen war.

Die Kategorien Kontraindikation und Versorgungslücke wurden vollständig, die Bereiche Risiko-medikamente (2 von 3), Dosierung (6 von 11), Nierenfunktion (2 von 3) und Doppelverordnung (3 von 4) fast vollständig vom Expertenteam mit Stufe A bewertet. Diese Kategorien wurden als poten-tiell vorliegende Verordnungsfehler angesehen. Insbesondere die Unterkategorien „ PRISCUS-Arznei-mittel", „risikoreiche Dauertherapie" und „kontraindizierte Interaktion" sowie die Gabe von Arznei-mittelkombinationen mit Übereinstimmung in vier bis sieben Stellen des ATC-Codes, die Gabe von Arzneimitteln mit fehlender Dosisanpassung oder Kontraindikation bei eingeschränkter Nieren-funktion, eine fehlerhafte Applikationsfrequenz, -art oder -zeitpunkt wurden vom Expertenteam mit der Stufe A als dem vermutlichen Vorliegen eines potentiellen Verordnungsfehlers bewertet.

| 105 Bei den mit Stufe B eingeschätzten Unterkategorien (beispielweise schwerwiegende, moderate oder geringfügige Interaktion, unklare Dosierung oder Über-/Unterschreitung der therapeutischen Dosierung) muss das Vorliegen eines potentiellen Verordnungsfehlers stark hinterfragt werden. Als besonders zuverlässig in der Datengrundlage (Einstufung „A“) wurden die Kategorien Risikoarznei-mittel, Kontraindikation, Nierenfunktion, Doppelverordnung und Versorgungslücke angesehen. Hier kann vermutet werden, dass die dem Expertenteam zur Auswertung vorliegenden Daten tatsächlich der Realität entsprechen und eine Einstufung als potentieller Verordnungsfehler als begründet ange-sehen werden kann. Ein Grund dafür liegt in der relativ hohen Zuverlässigkeit der Daten im Bereich Medikation, also dem Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein einer Verordnung. Hier kann von einer korrekten Angabe der Einnahme der Arzneimittel ausgegangen werden. In nachfolgender Abb. 32 sind die vom Expertenteam den Unterkategorien zugeordneten Zuverlässigkeiten „A“ und

„B“ dargestellt.

3.4 Ergebnisse der Delphi-Methode zur Bestimmung des Schweregrads der potentiellen Verordnungsfehler

Von ursprünglich acht verteilten Fragebögen der ersten Delphi-Runde wurden sechs Fragebögen mit den Einschätzungen der Experten zurückgegeben, die sechs Fragebögen der zweiten Delphi-Runde wurden vollständig mit Einzeleinschätzungen zurückgegeben.

3.4.1 Konvergenz der Stimmverteilung in den Delphi-Runden und Bildung eines Gruppenkonsenses

Durch die Schweregrad-Einstufung nach der Delphi-Methode in zwei Runden konnte eine Konver-genz der Stimmverteilung erzielt werden. In der ersten Delphi-Runde wurden 5 von 33 Kategorien (15 %) mit drei, 25 von 33 Kategorien (76 %) mit zwei verschiedenen Schweregraden eingestuft und 3 von 33 Kategorien (9 %) einstimmig mit einem Schweregrad bewertet, in der zweiten Delphi-Runde ergab sich keine Kategorie mit drei verschiedenen Schweregraden. Ebenso wurde eine Minderung der Einstufung in zwei verschiedene Schweregrade auf 22 von 33 Kategorien (67 %) sowie ein Anstieg der Anzahl Kategorien mit einstimmiger Schweregradbewertung auf 11 von 33 Kategorien (33 %) be-obachtet (Tab. 50).

1. Runde % 2. Runde % Tab. 50: Stimmverteilung in den Delphi-Runden zur Ein-stufung des Schweregrads der Verordnungsfehler.

Einstufung in drei verschiedene Schweregrade 5 15 % 0 0 % Einstufung in zwei verschiedene Schweregrade 25 76 % 22 67 %

Einstufung in einen Schweregrad 3 9 % 11 30 %

Insgesamt ist eine Tendenz zur Vereinheitlichung der Meinung durch die zweite Runde zu ver-zeichnen. Dies bedeutet, die Experten haben durch die Kenntnis der Einstufungen ihrer Kollegen ihre

| 106 erste Einschätzung variiert und sich deren Bewertung angenähert. Eine Verteilung der Einstufungen auf alle drei Schweregrade, wie sie in der ersten Delphi-Runde in fünf Kategorien vorlag, ist bei keiner Kategorie mehr vorhanden, und auch die Anzahl derjenigen Kategorien, die von den Experten in zwei verschiedene Schweregradeinstufungen eingeteilt wurden, ist um drei Kategorien von 25 auf 22 sunken. Die Anzahl derjenigen Kategorien, die einstimmig eingeschätzt wurden ist von 3 auf 11 ge-stiegen. Bei 22 Kategorien ist die Anzahl der eingestuften Schweregradkategorien gleich geblieben, bei elf Kategorien ist sie gesunken, in fünf Fällen von zwei auf eine, in drei Fällen von drei auf zwei und in zwei Fällen von drei auf eine Schweregradkategorie. Somit lässt sich zum einen eine Konver-genz der Schweregradbewertungen von der Einschätzung in drei verschiedene Schweregrade hin zu

| 106 erste Einschätzung variiert und sich deren Bewertung angenähert. Eine Verteilung der Einstufungen auf alle drei Schweregrade, wie sie in der ersten Delphi-Runde in fünf Kategorien vorlag, ist bei keiner Kategorie mehr vorhanden, und auch die Anzahl derjenigen Kategorien, die von den Experten in zwei verschiedene Schweregradeinstufungen eingeteilt wurden, ist um drei Kategorien von 25 auf 22 sunken. Die Anzahl derjenigen Kategorien, die einstimmig eingeschätzt wurden ist von 3 auf 11 ge-stiegen. Bei 22 Kategorien ist die Anzahl der eingestuften Schweregradkategorien gleich geblieben, bei elf Kategorien ist sie gesunken, in fünf Fällen von zwei auf eine, in drei Fällen von drei auf zwei und in zwei Fällen von drei auf eine Schweregradkategorie. Somit lässt sich zum einen eine Konver-genz der Schweregradbewertungen von der Einschätzung in drei verschiedene Schweregrade hin zu