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Gesundheitsausgabenrechnung

5 GGR als Datenbasis zur Stabilitätsanalyse der Gesundheitswirtschaft

5.2 Die klassische Gesundheitsberichterstattung

5.2.1 Gesundheitsausgabenrechnung

• Gemäß der Abgrenzung des Gesundheitswesens des Statistischen Bun-desamtes erfasst die GAR alle gesundheitsbezogenen Ausgaben, die in-nerhalb eines dreidimensionalen Kontensystems verbucht und ausgewer-tet werden. Im Folgenden werden Inhalt und die grundlegende Methodik dieses komplexen Rechenwerkes vorgestellt. Für eine umfassende und de-taillierte Beschreibung der Systematik wird an dieser Stelle auf das Me-thodenhandbuch des Statistischen Bundesamtes verwiesen.245

Die GAR beschreibt ein sekundärstatistisches Rechenwerk, dass die im Be-reich des Gesundheitswesens verfügbaren Datenquellen zur Ermittlung der Ge-sundheitsausgaben zusammenfasst. Den Ansatzpunkt bildet der letzte Ver-brauch, d.h. der unmittelbare Kontakt zwischen Patient und Leistungserbringer.

Ausgaben für Vorleistungen, wie etwa die Herstellung von Arzneimitteln durch die Pharmaindustrie sowie den Handel mit solchen Präparaten, beispielsweise über Apotheken, finden sich in der GAR nicht explizit wieder. Allerdings sind entsprechende Kosten enthalten, beispielsweise im Fall der Arzneimittel als Vorleistungen im Arzneimittel-Abgabepreis.246

245 Vgl. Destatis – Statistisches Bundesamt (2011c) 246 Vgl. GBE-Bund (2012)

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Die Zielsetzung der GAR besteht in der vollständigen Erfassung aller ge-sundheitsbezogenen Ausgaben unabhängig von der Art der Kostenträger, d.h.

die GAR beinhaltet sämtliche Ausgaben der gesetzlichen und privaten Kranken-kassen, anderer Versicherungssysteme und auch die vom Patienten selbst finan-zierten Leistungen. Die inhaltliche Abgrenzung richtet sich weitestgehend nach der Definition der SHA, vgl. Kapitel 5.1. Zusätzlich werden innerhalb eines er-weiterten Leistungsbereichs zusätzlich gesundheitsbezogene Ausgaben für For-schung und Ausbildung ausgewiesen sowie Einkommensleistungen und Leis-tungen die dem Ausgleich krankheitsbedingter Folgen zu zurechnen sind.

Im Unterschied zum GSK bzw. der GGR werden Vorleistungsverflechtun-gen nicht berücksichtigt. Der Fokus der GAR liegt auf den Gütern und Dienst-leistungen der letzten Verwendung sowie Investitionen und richtet sich nach Leistungen, die in der Regel eine Beteiligung des Patienten voraussetzen. Somit beschäftigt sich die GAR schwerpunktmäßig mit der ökonomischen Belastung der deutschen Volkswirtschaft, die im Zusammenhang mit gesundheitsbezoge-nen Leistungen steht. Die Quantifizierung der Wirtschaftsleistung der Gesund-heitsbranche wird nicht ermittelt, wie etwa der Beitrag zum BIP.247

Das methodische Konzept der GAR besteht aus einem dreidimensionalen Rechensystem bei dem jede Gesundheitsausgabeposition einem Ausgabenträger, einer Leistungsart sowie der leistungserbringenden Einrichtung zugewiesen wird, vgl. Abbildung 19.

247 Vgl. Destatis – Statistisches Bundesamt (2012), S. 4 f

Quelle: Hofmann, 1999 Abbildung 19: Verknüpfung Ausgabenträger und Leistungsarten der GAR

Da die GAR ein sekundärstatistisches Rechenwerk ist, basieren ihre Ergeb-nisse nicht auf primären Datenerhebungen, sondern greifen auf unterschiedliche Datenquellen des Gesundheitswesens zurück. Es handelt sich dabei unter ande-rem um Verwaltungsdaten, Stichprobenerhebungen, Geschäfts- und Jahresbe-richte sowie Sonderauswertungen. Aus diesen Daten werden einzelne Ausga-benpositionen ermittelt und in einem Art Kontensystem verbucht. Diese Vorge-hensweise erfolgt entlang den drei Dimensionen: Ausgabenträger, Leistungsart und Einrichtung. Wie die Beispiele in Tabelle 10 zeigen, gestaltet sich dieses Vorhaben in Abhängigkeit der zugrundeliegenden Datenquelle unterschiedlich kompliziert.248

Für einzelne Ausgabenpositionen liegen sehr präzise Angaben vor. In ande-ren Fällen erfolgt die Zuordnung anhand erstellter Schlüssel, Experteneinschät-zungen oder aber im Vergleich zu ähnlichen Ausgabenpositionen. Eine Aus-nahme bilden die Investitionen sowie die Leistungen des erweiterten Gesund-heitsbereichs, bei ihnen wir auf eine Zuordnung des Bereichs Einrichtungen ver-zichtet.249

248 Vgl. Henke, K. D., Neumann, K., Schneider, M. (2009), S. 58 249 Vgl. Destatis – Statistisches Bundesamt (2011c) S. 9

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Tabelle 10: Beispielrechnungen für das Kontensystem der GAR Konto Text Wert in Mio.€

Ausgaben-träger

Leistungsart Erbringende Einrichtung Beispiel: Rechnungsergebnisse der GKV

KV444 Kontaktlinsen von Optikern

3,882 GKV Hilfsmittel Einzelhandel/

Gesundheits-handwerk Beispiel Sozialhilfestatistik

SH301 Hilfe bei Krankheit (außerhalb von

Quelle: Rechnungsergebnisse der GKV (KJ1-Statistik), Sozialhilfestatistik

Die Stärken des GAR liegen in der detaillierten Abbildung der Verwendung, Finanzierung und Leistungserbringung gesundheitsbezogener Güter. Zudem ba-siert das Rechenmodell auf internationalen Standards der WHO und OECD, so-dass ein konsistenter Vergleich des Kernbereichs der Gesundheitswirtschaft möglich ist. Für eine wirtschaftspolitische Betrachtung liegt der Nachteil der GAR vor allem darin, dass weder die Vorgänge in den Vorleistungsindustrien noch der Außenhandel Betrachtung findet. Erfasst wird lediglich die inländische Endnachfrage, die große Teile des zweiten Marktes nicht berücksichtigt.250

Das Statistische Bundesamt stellt die jährlichen Daten der GAR im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes251 in vergleichbarer Form ab dem Berichtsjahr 1992 bereit. Durch frei gestaltbare Tabellen lassen sich individuelle Auswertungen nach den drei Kategorien: Art der Einrichtung, Art der Leistung und Ausgabenträger sowie Kombinationen untereinander generieren. Die ein-zelnen Klassen sowie ihre Unterklassen sind in Tabelle 11 abgebildet. Im Zeit-raum 1992 – 2009 stiegen die Gesundheitsausgaben in Deutschland kontinuier-lich von 158.628 Mio. € auf 278.345 Mio. €. Dies entspricht einem durchschnitt-lichen Wachstum von rund 4,4%.

250 Vgl. Henke, K. D., Neumann, K., Schneider, M. (2009), S. 84 251 Abrufbar unter www.gbe-bund.de

Tabelle 11: Kategorien der dreidimensionale Gliederung der GAR Leistungsart Unterklassen (sofern vorhanden) Investitionen

Prävention/Gesundheitsschutz Allgemeiner Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung, Früherkennung, Gutachten und Koordination

Ärztliche Leistungen Grundleistungen, Sonderleistungen, Laborleistungen, Strahlendiagnostische Leistungen

Pflegerische/therapeutische Leistungen

Pflegerische Leistungen, Therapeutische Leistungen, Mutterschaftsleistungen

Unterkunft und Verpflegung

Waren Arzneimittel, Hilfsmittel, Zahnersatz (Material- und Laborkosten), Sonstiger medizinischer Bedarf Transporte

Verwaltungsleistungen

Art der Einrichtung Unterklassen (sofern vorhanden) Gesundheitsschutz

Ambulante Einrichtungen Arztpraxen, Zahnarztpraxen, sonstige Praxen, Apothe-ken, Gesundheitshandwerk und -einzelhandel, Ambu-lante Pflege, Sonstige ambuAmbu-lante Einrichtungen Stationäre und

teilstationäre Einrichtungen

Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrich-tungen, Stationäre und teilstationäre Pflege

Rettungsdienste

Öffentliche Haushalte Gesetzliche Unfallversicherung Gesetzliche Krankenversicherung Private Krankenversicherung Soziale Pflegeversicherung Arbeitgeber

Gesetzliche Rentenversicherung Private Haushalte und Organisationen

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