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Abgrenzung der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

5 GGR als Datenbasis zur Stabilitätsanalyse der Gesundheitswirtschaft

5.4 Struktur der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

5.4.2 Abgrenzung der Gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Das Stufenmodell

Für die Abgrenzung der GGR wurde das bereits dem GSK zugrundliegende Stu-fenmodell beibehalten. Die statistische Erfassung der Gesundheitswirtschaft be-inhaltet die ersten drei Stufen des in Abbildung 24 enthaltenen Modells. Neben dem Kernbereich des Gesundheitswesens (KGW), der auf den Daten der GAR basiert, enthält die GGR die Branchen der erweiterten Gesundheitswirtschaft (EGW) sowie Informationen über gesundheitsspezifische Vorleistungen. Er-gänzt werden diese drei Bereiche der GGR um die Grundstufen nicht-gesundheitsspezifische Vorleistungen, Ausbildung, Forschung und Entwicklung sowie Investitionen.

Quelle: Henke et al., 2009 Abbildung 24: Abgrenzung der GGR anhand des Stufenmodells

Die Grundstufen dienen zur Darstellung einer konsistenten Abbildung der Verflechtung der Gesundheitswirtschaft mit der Gesamtwirtschaft. Sie enthalten Vorleistungsgüter die nicht unmittelbar der Gesundheitswirtschaft zuzurechnen sind sowie Güter, die zur Bereitstellung der Produktionsfaktoren Investitionen, Ausbildung und F&E dienen. Die in den Grundstufen enthaltenen Güter werden

zwar statistisch erfasst gehören allerdings nach Abgrenzung der GGR nicht in den Bereich der Waren und Dienstleistungen der Gesundheitswirtschaft.

Vorleistungen die hingegen für gesundheitsbezogene Güter Verwendung finden werden innerhalb der Stufe I abgebildet und der Wertschöpfung der Ge-sundheitswirtschaft zugerechnet. Es handelt sich dabei bspw. um Vorleistungen an die Pharmaindustrie oder Erzeugnisse medizintechnischer Geräte für stationä-re Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die Abgstationä-renzung der Stufe I erfolgt anhand der Gesundheitspersonalrechnung sowie weiterer Kostenstrukturdaten des Statistischen Bundesamtes.

Die Abgrenzung der Kerngesundheitswirtschaft (KGW) erfolgt in Stufe II.

Die Basis hierfür bildet die Gesundheitsausgabenrechnung (GAR) des Statisti-schen Bundesamtes. Insgesamt enthält der Kernbereich 9 Gesundheitsbranchen von pharmazeutischer und medizintechnischer Industrie über stationäre und am-bulante Einrichtungen bis hin zu Versicherungsdienstleistern.

Mit der dritten Stufe wird die Gesundheitswirtschaft komplementiert. Sie enthält die Güter des erweiterten Gesundheitsmarktes, unterteilt in 5 weitere Ge-sundheitsbranchen. Somit erfasst die GGR auch die in der GAR enthaltenen pri-vaten Ausgaben des zweiten Marktes sowie Leistungen zur Pflege behinderter Menschen.

Nicht enthalten in der Abgrenzung der GGR sind nach aktuellem Stand271 die Stufen IV, V und VI des Gesundheitssystems. Die vierte Stufe enthält über-wiegend Transferzahlungen mit dem Charakter von Einkommensleistungen, bspw. Krankenhaustagegeld und Lohnfortzahlung. Stufe V beinhaltet den Be-reich Gesundheit in allen LebensbeBe-reichen „health in all policies“. Hierbei han-delt es sich um Sekundär- und Hilfsleistungen mit gesundheitsbezogenen Wir-kungen auf die Bevölkerung, die allerdings außerhalb der geregelten Sozialver-sicherungsleistungen ausgeübt werden und daher schwer zu quantifizieren sind.

Neben Präventionsmaßnahmen des Brandschutzes und Verkehrssicherheit zählt hierzu auch der Bereich des „Ambient Assisted Living“. Unberücksichtigt blei-ben eblei-benfalls die immateriellen Leistungen der sechsten Stufe. Dieser Bereich umfasst Faktoren wie Qualität, Hygiene, Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von Gesundheitsleistungen sowie gesundheitsrelevante Haushaltsproduktion. Neben der nur schwer zu erbringenden Quantifizierung würde die Bewertung und Auf-nahme dieser Güter in Wertschöpfungskategorien zu einer Steigerung des BIP führen, da sie in der Berechnung der VGR nicht enthalten sind.

271 Momentan wird die Aufnahme der Ambient Assisted Living in die GGR geprüft und wird planmäßig bis zum Abschluss des Projekts integriert.

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Abgrenzung der Güter und Einrichtungen

Grundlage der Abgrenzung gesundheitsbezogener Güter ist die Endnachfrage.

Güter die nach Definition der Gesundheitswirtschaft zuzurechnen sind stellen verwendungsseitig Ausgaben bzw. Konsum der Bevölkerung oder Exporte da.

Auf der Entstehungsseite induzieren diese Ausgaben für Gesundheit Umsätze in gesundheitsrelevanten Branchen anhand derer die verschiedenen Wirtschafts-zweige der Gesundheitswirtschaft abgegrenzt werden. Somit definiert der Kon-sum gesundheitsbezogener Waren und Dienstleistungen die Wirtschaftsbereiche der Gesundheitswirtschaft und grenzt sie von den restlichen volkswirtschaftli-chen Wirtschaftsbereivolkswirtschaftli-chen ab.

Die Abgrenzung gesundheitsrelevanter Güter erfolgt dabei anhand einer Reihe von Kriterien und Beurteilungen wie dem objektiven Gesundheitsnutzen, Gesundheitsrelevanz von Leistungen, Kaufabsicht der Konsumenten sowie pro-dukt- und unternehmensbezogener Abgrenzungen. Hinzu kommen die Vorleis-tungsproduzenten der Gesundheitswirtschaft, insbesondere die Akteure der pharmazeutischen, medizintechnischen und augenoptischen Industrie, medizini-sche Labore sowie der Großhandel mit Gesundheitsgütern.

Quelle: Henke et al., 2009 Abbildung 25: Entstehung der Gütergruppen der GGR

Es liegt dabei der Abgrenzung des Kernbereichs der Gesundheitswirtschaft die Güterabgrenzung der GAR zugrunde. Den 3118 SPositionen der IO-Rechnung stehen in dem Fall insgesamt 1200 Einzelpositionen, unterteilt in 18

Leistungsarten, 14 Einrichtungstypen und 8 Ausgabenträgern den Gütergruppen der GAR gegenüber, vgl. Abbildung 25.

Während die Abgrenzung der Güter des Kerngesundheitswesens mittels der funktionalen Abgrenzung nach Leistungsarten der GAR bestimmt wird bzw.

anhand objektiver Relevanzkriterien vergleichsweise einfach zu realisieren ist, erfolgt die Auswahl der Güter des erweiterten Gesundheitsmarktes zumeist nur anhand von subjektiven Nutzenbewertungen. Bereits in der GAR sind zahlreiche Güter enthalten, deren Nutzen nur subjektiv zu bewerten ist, hierzu zählen bspw.

Implantate, OTC-Präparate und IgeL-Leistungen. Unter Berücksichtigung von Marktforschungsdaten wurden nur diejenigen Güter aufgenommen die vorder-gründig aus gesundheitlicher Sicht von Relevanz sind. Die erweiterte Gesund-heitswirtschaft beinhaltet daher weitere umfassende Bereiche und schließt Ge-sundheitsgüter mit ein, die einer gesunden Ernährung bzw. Lebensweise dienen sowie soziale Dienstleistungen für die Eingliederung und Pflege behinderter Menschen.

Zudem erfolgt die Unterteilung in den ersten und zweiten Gesundheitsmarkt.

Der zweite Gesundheitsmarkt umfasst sämtliche Gesundheitsgüter, die weder von einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse noch durch staatliche Mittel finanziert werden. Dementsprechend beinhaltet der erste Gesundheitsmarkt die-jenigen Waren und Güter, die durch das bestehende Finanzierungssystem des Gesundheitswesens erstattet werden. In Abbildung 26 befindet sich eine Über-sicht der dem zweiten Markt zugehörigen Teilmärkte.

Quelle: Henke et al., 2009 Abbildung 26: Zweiter Gesundheitsmarkt der GGR

Durch die zweidimensionale Abgrenzung in die Richtungen KGW und EGW sowie erster und zweiter Gesundheitsmarkt ergibt sich eine vier Felder-matrix, vgl. Abbildung 27. Mit ihr lassen sich die vorhandenen Gesundheitsgü-ter in vier Fälle unGesundheitsgü-terscheiden:

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• Gütergruppen des Kerngesundheitswesens, deren Leistungen durch die Kran-kenkassen finanziert werden und somit dem ersten Markt zugehörig sind.

• Gütergruppen die dem Kernbereich der Gesundheitswirtschaft angehören und dem zweiten Gesundheitsmarkt zuzuordnen sind, bspw. IGeL-Leistungen und OTC-Präparate

• Gütergruppen der erweiterten Gesundheitswirtschaft sowie des ersten Ge-sundheitsmarktes, also diejenigen Güter die nicht mehr der Kerngesund-heitswirtschaft zugeordnet werden und dem ersten Markt angehören. Hierzu zählen unter anderem Ausbildung, Forschung und Entwicklung sowie Heime für werdende Mütter.

• Gütergruppe, des erweiterten als auch zweiten Gesundheitsmarktes. Hierzu zählen privat finanzierte Gesundheitsleistungen, wie bspw. Gesundheitsreisen und gesunde Nahrungsmittel.

Quelle: Henke et al., 2009 Abbildung 27: GGR nach Teilmärkten

Festlegung des Kontenrahmens und der Kontenstruktur der GGR

Zur Erstellung der GGR erfolgt eine Neugliederung der Kontenstruktur der symmetrischen Input-Output-Tabellen. Der Kontenrahmen basiert dabei auf den Güterkonten der VGR und besteht auf der Aufkommensseite aus drei Gliede-rungstiefen, vgl. Tabelle 14. Auf der obersten Ebene erfolgt zunächst die Zuord-nung der Güter in die drei Bereiche Kerngesundheitswirtschaft (KGW),

erwei-terter Bereich der Gesundheitswirtschaft (EGW) sowie den restlichen Bereich der „nicht Gesundheit“ (NG).

Tabelle 14: Gliederung der GGR

Bereiche Gütergruppen Güter

Nicht gesundheitsrelevanter Wirtschaftsbereich 71 2558

Kernbereich der Gesundheitswirtschaft 9 90 darunter 36

Güter in beiden Bereichen erweiterter Bereich der Gesundheitswirtschaft 5 470

Quelle: Eigene Darstellung

Diese drei Bereiche enthalten auf der zweiten Gliederungsebene pen. Für den nicht gesundheitsrelevanten Bereich entsprechen die 71 Gütergrup-pen der statistischen Güterklassifikation CPA wie sie auch in den Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes verwendet werden. Die Gesundheits-wirtschaft beinhaltet weitere 14 Gütergruppen, von denen 9 der Kerngesund-heitswirtschaft und 5 der erweiterten GesundKerngesund-heitswirtschaft angehören, vgl. Ab-bildung 15.

Die unterste Ebene entspricht den 3.118 Gütern der SIO-Klassifikation für die Gesamtwirtschaft von denen 524 Güter als gesundheitsrelevant gelten, 90 im Kernbereich, 470 im erweiterten Bereich und 36 Güter sind beiden Bereichen zuzuordnen. Die Klassifikation der einzelnen Güter erfolgt über die Bestimmung von Gesundheitskoeffizienten. Diese nehmen einen Wert zwischen 0 und 100%

an und bestimmen über den Anteil der gesundheitsbezogenen Verwendung des Gutes. Somit wird für jedes Gut anhand ausgewiesener Quellen überprüft, ob es vollständig, teilweise oder gar nicht gesundheitsrelevant ist und dementspre-chend klassifiziert. Anhand der eindeutigen Zuordnung der Güter in die jeweili-gen Gütergruppen erfolgt die Aggregation der 14 Gruppen der Gesundheitswirt-schaft.

Für eine symmetrische Gliederung und einen unmittelbaren Bezug zur VGR wurden die Wirtschaftszweige entsprechend der Güterstruktur gewählt. Alterna-tiv wäre auch eine Klassifikation nach Einrichtungen wie in der GAR möglich gewesen, wurde aber wegen der Ausrichtung auf wirtschafts- und gesundheits-politische Fragestellungen als weniger geeignet angesehen.

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Tabelle 15: Die 14 Gesundheitsbranchen der GGR

KGW

G 1 Pharmazeutische Erzeugnisse G 2 Medizintechnische Geräte G 3 Sonstige Waren des Kernbereichs G 4 Einzelhandelsleistungen des Kernbereichs

G 5 Private Versicherungen zur Deckung gesundheitlicher Risiken G 6 Gesundheitsrelevante Sozialversicherungen und Verwaltung G 7 Dienstleistungen stationärer Einrichtungen

G 8 Dienstleistungen nicht-stationärer Einrichtungen G 9 Sonstige Dienstleistungen des Kernbereichs

EGW

G 10 Dienstleistungen der privaten Haushalte G 11 Biologische und funktionelle Lebensmittel

G 12 Sonstige Gesundheitswaren des Erweiterten Bereichs G 13 Dienstleistungen für Sport, Fitness und Wellness

G 14 Sonstige Gesundheitsdienstleistungen des Erweiterten Bereichs Quelle: Eigene Darstellung

5.4.3 Bestandteile der Gesundheitswirtschaftlichen