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Geschäftliche Handlung

Im Dokument Der Schutz vor unerwünschter Werbung (Seite 188-191)

Teil I Einleitung

B. Internet-Werbeblocker

1. Geschäftliche Handlung

Zum Zentralbegriff des Lauterkeitsrechts – der geschäftlichen Handlung – kann auf obige Aus-führungen802 zur Beurteilung von Direktwerbung verwiesen werden.

a) Angebot kostenpflichtiger Werbeblocker

Freilich ist das kostenpflichtige Angebot und der kostenpflichtige Vertrieb von Adblockern ge-genüber den Konsumenten als Verbrauchern eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG, die auch objektiv geeignet ist, den Absatz des Unternehmens zu fördern.803

b) Angebot kostenloser Werbeblocker

Die meisten Browser-Adblocker werden gegenüber den Konsumenten kostenlos zum Down-load angeboten. Die Frage, ob hierin ein Verhalten zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens zur Förderung des Absatzes liegt, ist umstritten.

a. Vollständige Werbeblocker

Das erforderliche erwerbswirtschaftliche Prinzip, mit einer Tätigkeit Einnahmen zu erzielen, fehlt bei einem rein ideellen Vertrieb eines kostenlosen Adblockers.804 Das Motiv ein

sichere-800 Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 4.7.

801 BT-Drs. 18/6571, S. 15; BGH, GRUR 2016, 825 (Rn. 22) – Tarifwechsel.

802 S. Teil III, Kapitel 6, § 2, A. I.

803 Vgl. OLG Köln, GRUR 2016, 1082 (Rn. 34 ff.); LG Stuttgart, BeckRS 2016, 08024; LG Hamburg, GRUR-RS 2015, 07710 (Rn. 16); LG München I, BeckGRUR-RS 2015, 09562 (Rn. 172 f.); Köhler, WRP 2014, 1017 (1019);

Gomille, GRUR 2017, 241 (245 f.); Nink, CR 2017, 103 (105); Kiersch, Adblocking im Internet und seine lau-terkeitsrechtliche Bewertung, S. 75.

804 LG Hamburg, GRUR-RS 2015, 07710 (Rn. 11); Köhler, WRP 2014, 1017 (1019); Kreutz, Online-Angebote und Werbeblockersoftware, S. 128; Becker/Becker, GRUR-Prax 2015, 245 (248); Nink, CR 2017, 103 (105);

Kiersch, Adblocking im Internet und seine lauterkeitsrechtliche Bewertung, S. 75.

res, freies und werbefreies Internet bzw. Fernsehprogramm durch den Vertrieb von Werbeblo-ckern zu ermöglichen, weist bereits keinen Bezug zum geschäftlichen Verkehr auf, sodass für die rechtliche Beurteilung auf die deliktsrechtlichen Vorschriften zu verweisen ist.805 Etwas anderes kann nur da gelten, wo der kostenlose Vertrieb auf die Förderung eines beliebigen Ge-schäftszwecks gerichtet ist. Dies könnte hier beispielweise dann angenommen werden, wenn der Adblocker durch ein Unternehmen vertrieben wird, welches durch das Angebot auf die Qualität seiner ansonsten entgeltlich vertriebenen Produkte aufmerksam machen möchte. Eine solche Form der Aufmerksamkeitswerbung zur Steigerung der eigenen Verkehrsbekanntheit stellt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zur Förderung des eigenen Wettbewerbs dar und somit im Ergebnis auch eine geschäftliche Handlung.806

b. Differenzierende Werbeblocker als einheitliche geschäftliche Handlung

Für die Fragestellung, ob das Angebot eines kostenlosen, differenzierenden Adblockers eine geschäftliche Handlung darstellt, ist zunächst darauf einzugehen, inwieweit es sich bei dem Angebot um eine oder um zwei unterschiedlich zu beurteilende geschäftliche Handlungen han-delt. Denn während die Werbeblockierung den Nutzern kostenlos angeboten wird, erfolgt die Freischaltung von der Blockierung an die Medienunternehmen erst gegen eine Zahlung.

Teilweise wird vertreten, dass im Angebot eines kostenlosen differenzierenden Adblockers keine einheitliche geschäftliche Handlung zu erblicken sei und damit das Freischaltungsange-bot vom Vertrieb der Werbeblocker getrennt beurteilt werden müsse. Wenn der Vertrieb des Werbeblockers an die Internetnutzer entgeltlos erfolge, könne hierin keine geschäftliche Hand-lung gesehen werden. Stelle man jedoch auf das entgeltliche Freischaltungsangebot der Blo-ckierung ab, so liege eine geschäftliche Handlung nur gegenüber den Medienunternehmen als sonstigen Marktteilnehmern vor.807

Dieser Ansicht ist entgegenzutreten. Zunächst verkennt sie, dass selbst bei isolierter Betrach-tung des Angebots an die Verbraucher dennoch eine geschäftliche Handlung vorliegt, da auch hier eine hinreichende mittelbare Förderung des Absatzes verfolgt wird.808 Die geschäftliche

805 Vgl. hierzu Schippel, AfP 2017, 185 (188).

806 Vgl. BGH, WRP 1985, 330 (331) – Bliestal-Spiegel; BGH, NJW 1982, 335 – Bäckereifachzeitschrift; BGH, NJW 1956, 588 – Freiburger Wochenbericht; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 2 Rn. 8, m. w. N., 27; so auch Kiersch, Adblocking im Internet und seine lauterkeitsrechtliche Bewertung, S. 77 f.

807 Köhler, WRP 2014, 1017 (1020).

808 Ähnlich BGH, GRUR 2018, 1251 (1253) – Werbeblocker II.

Handlung der Freischaltung bedingt insoweit die zuvor stattfindende Blockierung der Werbe-elemente. Es besteht erst eine Nachfrage nach einem Eintrag in die Whitelist, weil zuvor in einem ersten Schritt alle Werbeanzeigen blockiert wurden.809

Zudem ist es nicht vertretbar, dieses als Einheit zu betrachtende Geschäftsmodell künstlich auf-zuspalten, wenn zwischen den einzelnen Handlungen eine solche Zusammengehörigkeit be-steht, dass zumindest eine der Handlungen ohne die jeweils andere nicht existieren würde.810 Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Whitelist ein eigenes Produkt darstellen würde.

Eine Whitelist als Angebot an die Werbeunternehmen ohne die dazugehörige Blacklist ergibt jedoch weder funktional noch wirtschaftlich betrachtet einen Nutzen. Auf der Grundlage, dass der Geschäftszweck sich nach der objektiv nach außen tretenden Zweckrichtung bestimmt811, kann auch auf rechtlicher Ebene nur von einer zusammengehörigen geschäftlichen Handlung ausgegangen werden.

Auch bei der von Internetserviceprovidern eingesetzten Werbeblockierung auf Netzwerkebene liegt nicht nur beim entgeltpflichtigen Angebot des Werbeblockers als Zusatzdienst an den Kunden eine geschäftliche Handlung vor, sondern auch dadurch, dass der Internetservicepro-vider das Angebot dazu nutzt, den werbenden Unternehmen einen Anreiz zu geben, die Wer-bung freizukaufen. Er fördert somit auch hier seinen eigenen Wettbewerb durch ein kostenloses Angebot.

Für dieses Ergebnis spricht auch eine Analogie aus der Rechtsprechung bezüglich der Vertei-lung kostenloser Anzeigenblätter. Hier wurde eine geschäftliche HandVertei-lung bejaht, wenn die kostenlose Abgabe der Absatzförderung anderer Dienstleistungen wie der Profitabilität des An-zeigenteils diene.812 Dies ist bei kostenlosen differenzierenden Adblockern nicht anders. Bieten die Blocker-Vertreiber ihre Software entgeltlos gegenüber Verbrauchern an, so dient dies letzt-lich der Erhöhung der Reichweite des Produkts. Dies hat zur Folge, dass das Angebot an die Medienunternehmen, sich einen Platz auf der Whitelist zu erwerben, attraktiver gemacht wird.813 Dass die Freischaltung für kleinere Internetseiten teilweise entgeltlos erfolgt, ändert hieran nichts, denn auch hierdurch wird nur der Anreiz für größere Medienunternehmen

ver-809 Vgl. LG Hamburg, GRUR-RS 2015, 07710 (Rn. 22).

810 BGH, GRUR 2018, 1251 (1253) – Werbeblocker II; Kreutz, Online-Angebote und Werbeblockersoftware, S.134.

811 Keller, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/, UWG, § 2 Rn. 15

812 BGH, WRP 1985, 330 (331) – Bliestal-Spiegel; BGH, NJW 1982, 335 – Bäckereifachzeitschrift; BGH, NJW 1956, 588 – Freiburger Wochenbericht.

813 LG München I, Urt. v. 22. März 2016 – 33 O 5017/15, Rn. 49, juris.

stärkt, sich entgeltlich auf die Freischaltliste einzukaufen. Somit liegt grundsätzlich beim Ver-trieb eines Adblockers mit integrierter Whitelist eine geschäftliche Handlung vor, wenn die Whitelist dazu benutzt wird, Werberessourcen gegen Entgelt von der Blockade auszuneh-men.814

Im Dokument Der Schutz vor unerwünschter Werbung (Seite 188-191)